13. Änderung des Flächennutzungsplanes "Flächen für Windenergieanlagen"


Daten angezeigt aus Sitzung:  036. Sitzung des Marktgemeinderates, 16.12.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Marktgemeinderat (Markt Zusmarshausen) 036. Sitzung des Marktgemeinderates 16.12.2021 ö 4

Beschluss

Das Verfahren zur 13. Änderung des Flächennutzungsplanes „Fläche für Windenergieanlagen“ wird eingestellt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 11, Dagegen: 0

Kurzbericht

Sachvortrag:
Auf die Darstellung in der Sitzung des Marktgemeinderates am 15.10.2020 wird verwiesen. Es wurde folgender Beschluss gefasst: „Die Verwaltung wird beauftragt, das Verfahren zur 13. Änderung des FNP „Fläche für Windenergieanlagen – Konzentrationszone“ fortzuführen und zu einem Abschluss zu bringen. Sachverhalt und Rechtslage sind vom beauftragten Ingenieurbüro Kling-Consult aufzuarbeiten und auf den neuesten Stand zu bringen.“ 

Auf der Grundlage dieses Beschlusses erfolgte durch das Ing. Büro eine Aufarbeitung und anschließend eine erneute öffentliche Auslegung gem. § 4 a Abs. 3 i. V. m. § 3 Abs. 2 BauGB in der Zeit vom 08.02.2021 bis einschließlich 15.03.2021. 

Mit Schreiben vom 11.03.2021 nahm das Landratsamt Augsburg dazu Stellung. Die Stellungnahme wurde dem Markt Zusmarshausen mit Mail vom 31.03.2021 vom Ingenieurbüro Kling Consult übermittelt. Die Stellungnahme aus den Fachbereichen Bauleitplanung / Bauordnung lautet wie folgt: 

Zu o. g. Änderung des Flächennutzungsplanes bestehen folgende Bedenken und Anmerkungen:

Aus Ziffer 1 der Begründung lässt sich folgender Anlass dieser Flächennutzungsplanänderung entnehmen: „Anlass der Planung ist die Absicht des Marktes Zusmarshausen, die Errichtung von Windkraftanlagen im Gemeindegebiet planungsrechtlich zu steuern und hierfür geeignete Flächen festzulegen. Ein geeignetes Instrument hierfür ist die Ausweisung einer Konzentrationszone im Flächennutzungsplan. Die Darstellung einer Konzentrationszone im Flächennutzungsplan steht der Errichtung von Windenergieanlagen i. S. d. § 35 (1) Nr. 5 BauGB an anderer Stelle des Gemeindegebietes – außerhalb der Konzentrationszone – als öffentlicher Belang i. S. d. § 35 (1) BauGB regelmäßig entgegen. Somit bewirkt die Ausweisung der Fläche umgekehrt eine Steuerung von Vorhaben auf die von der Marktgemeinde als geeignet eingestuften Flächen.“
Wir gehen deshalb davon aus, dass der Markt Zusmarshausen durch dieses Bauleitplanverfahren Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen darstellen möchte, mit der Folge, dass an anderen Standorten innerhalb des Gemeindegebiets auf der Grundlage des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Windkraftanlagen unzulässig wären (vgl. hierzu § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB: „Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.“).
Für die Zwecke des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sieht das BauGB die Aufstellung sachlicher Teilflächennutzungspläne vor, diese können auch für Teile des Gemeindegebiets aufgestellt werden (vgl. § 5 Abs. 2 b BauGB). Der Teilflächennutzungsplan mit seinen Rechtswirkungen bezieht sich auf den Außenbereich der Gemeinde oder auf einen Teil des Außenbereichs der Gemeinde: Innerhalb der festzulegenden Grenzen des räumlichen Teilflächennutzungsplans werden die Flächen und Gebiete für Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 1 (hier Nr. 5) BauGB (= „Konzentrationsflächen“) unter Berücksichtigung der speziellen Anforderungen zur Erzielung der Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 dargestellt. Seine Darstellungen haben die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 nur innerhalb des Gebiets des räumlichen Teilflächennutzungsplans und nicht auch außerhalb. 
Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BVerwG vom 13.12.2012, Az. 4 CN 1.11) hat die Gemeinde ihrer Konzentrationszonenplanung ein Planungskonzept zu Grunde zu legen, in dessen erstem Arbeitsschritt diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln sind, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in „harte“ und „weiche“ untergliedern. Diesen Unterschied muss sich der Planungsträger auf dieser ersten Stufte des Planungsprozesses bewusstmachen und ihn dokumentieren. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen. Bei den „harten Tabuzonen“ handelt es sich um Flächen, deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB scheitert. Hat die Gemeinde von der Gesamtheit der Außenbereichsflächen die beiden o. a. Tabuflächen abgezogen, bleiben die Potenzialflächen, die in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen sind. Nach Anwendung dieses dritten Schrittes der „Subtraktionsmethode“ verbleibt die Kontrollüberlegung, ob mit der/den danach dargestellten Konzentrationsfläche(n) der Windenergie substanziell Raum geschaffen worden ist. 
Der vorliegende Entwurf der 13. Flächennutzungsplanänderung erfüllt diese Anforderungen an einen sachlichen Teilflächennutzungsplan nicht, sodass die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht zur Anwendung kommen kann. 
Insbesondere umfasst der Geltungsbereich dieser Flächennutzungsplanänderung lediglich die „Konzentrationsfläche für Windkraft“. Der Geltungsbereich umfasst jedoch keine Flächen, denen die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zukommen könnte. Auch die Begründung genügt nicht den Anforderungen an die Rechtsprechung. Den ausgelegten Unterlagen sind lediglich die Raumanalyse von 2012 mit diversen Karten beigefügt. Weitere konkrete Ausführungen hierzu und zur Abwägung der Belange und Interessen enthält die Begründung nicht. Darüber hinaus widerspricht die in der Begründung (z. B. in Ziffer 1) genannte Absicht der Gemeinde, dass „ggf. die Ausweisung einer weiteren Konzentrationsfläche im Flächennutzungsplan erfolgen“ müsse der vorgesehenen Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. 
Aus diesen Gründen bestehen erhebliche Bedenken gegen den vorgelegten Entwurf.

Aufgrund dieser Stellungnahme fand am 30.11.2021 eine Besprechung mit Vertretern des Landratsamtes Augsburg sowie dem beauftragten Ingenieurbüro statt. Bei diesem Gespräch wurden die Gründe für die Stellungnahme des Landratsamtes ausführlich erläutert. Vom Gespräch wurde ein mit dem LRA abgestimmter Aktenvermerk wie folgt gefertigt:


„Anlass für den Besprechungstermin war die Stellungnahme des Landratsamtes Augsburg, Bauleitplanung/Bauordnung vom 11.03.2021 (Dok. Nr. 075228) im Rahmen der erneuten öffentlichen Auslegung gemäß § 4 a Abs. 3 i.V.m. § 3 Abs. 2 BauGB vom 08.02.2021 bis einschließlich 15.03.2021. 

Von Seiten der Vertreter des Landratsamtes wird ausgeführt, dass der derzeitige Entwurf i. d. Fassung vom 26.11.2020 nicht geeignet ist, um rechtssicher die Ausschlusswirkung für die Privilegierung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu erzielen. („Im Außenbereich ist ein Vorhaben … zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es der … Nutzung der Windenergie ….dient. ……Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben ….. in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan ….. eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.)

Eine Ausschlusswirkung wird dadurch erzielt, dass durch eine positive Ausweisung an anderer Stelle/an anderen Stellen im Gemeindegebiet die Möglichkeit besteht, den übrigen Planungsraum freizuhalten. Instrumentarium ist ein sog. Sachlicher Teilflächennutzungsplan gem. § 5 Abs. 2b BauGB („Für die Zwecke des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB können sachliche Teilflächennutzungspläne aufgestellt werden; sie können auch für Teile des Gemeindegebiets aufgestellt werden.“). 

Dazu muss sich die Gemeinde jedoch entschlossen haben, eine Steuerung für die Errichtung von Anlagen zur Windenergienutzung über eine Konzentrationszone/Konzentrationszonen für Windenergieanlagen im Gemeindegebiet erzielen zu wollen und der Teilflächennutzungsplan muss in seinen Bestandteilen detailliert darstellen, dass das GESAMTE Gebiet des Teilflächennutzungsplanes daraufhin untersucht worden ist, dass und warum vorhandener Raum eben NICHT für Windkraftanlagen geeignet ist (Stichwort „harte und weiche Tabuzonen“, etc.). Eine reine Positivplanung – wie vorliegend – für eine bestimmte Fläche genügt nicht. Der vorliegende Entwurf vom 26.11.2020 kann nicht mit geringen bis mäßigen Nachbesserungen auf einen rechtssicheren Stand gebracht werden. Falls die Gemeinde einen Teilflächennutzungsplan mit einer Steuerungswirkung für Windenergieanlagen anstrebe, ist eine grundsätzliche und umfangreiche Überarbeitung/Ergänzung der Unterlagen erforderlich; ggf. ist ein gänzlich neues Verfahren anzuraten.

Der bloße Abschluss des FNP-Verfahrens, ohne eine steuernde Wirkung für das übrige Gebiet der Marktgemeinde zu erzielen, ist entbehrlich, weil die Anlagen bereits immissionsschutzrechtlich genehmigt und gebaut sind.  

Seit 2013 hat sich die Rechtsprechung weiterentwickelt. Die Ansprüche an die Begründung solcher Teilflächennutzungspläne sind seitdem sehr streng. Bei einem Einzelvorhaben zur Errichtung einer oder mehrerer WKA´s wird inzident über § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auch eine Prüfung des zugrunde liegenden Flächennutzungsplans/Teilflächennutzungsplans vorgenommen werden. 

Die Gemeinde kann politisch entscheiden zu lassen, ob ein rechtssicherer Teilflächennutzungsplan dieser Art vorbereitet werden solle. Von Seiten der Vertreter des Landratsamtes wird jedoch darauf hingewiesen, dass in der gegenwärtigen politischen Kulisse damit gerechnet werden muss, dass ggf. die 10-H-Regelung für Bayern fallen wird. Auch unter diesem Gesichtspunkt könne es ratsam sein, die FNP-Änderung nicht abzuschließen, sondern zu beobachten, wie sich die zu erwartenden politischen Entscheidungen auf Gemeindeebene auswirken werden.“ 

Aufgrund der Stellungnahme des Landratsamtes Augsburg, Bauleitplanung/Bauordnung vom 11.03.2021, des Gespräches mit den Vertretern des Landratsamtes am 30.11.2021 und der Kostendarstellung der 3 möglichen Varianten in der Marktgemeinderatssitzung am 14.10.2021 empfiehlt die Verwaltung dem Marktgemeinderat, das Verfahren zur 13. Änderung des Flächennutzungsplanes „Flächen für Windenergieanlagen“ nicht mehr weiter zu verfolgen, sondern einzustellen. 

Es wird dem Marktgemeinderat deshalb folgender Beschluss vorgeschlagen: „Das Verfahren zur 13. Änderung des Flächennutzungsplanes „Flächen für Windenergieanlagen“ wird eingestellt.“



Diskussionsverlauf:
MR Reitmayer möchte wissen, ob sich rechtlich in dieser Angelegenheit etwas verändert hat. Seines Erachtens war es doch so, dass bei der Ausweisung eines Vorranggebietes für Windkraft die restlichen Flächen des Gemeindegebiets von Windkraftanlagen ausgeschlossen sind. 
Erster Bürgermeister Bernhard Uhl antwortet ja, seit 2013 hat sich die Rechtsprechung weiterentwickelt. 

Datenstand vom 25.01.2022 11:57 Uhr