Fl. Nr. 1115, Gemarkung Zusmarshausen, Schloßstr. 2, Zusmarshausen; Beschluss zur Abwendungsvereinbarung oder zur Ausübung des Vorkaufsrechts


Daten angezeigt aus Sitzung:  053. Sitzung des Marktgemeinderates, 11.10.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Marktgemeinderat (Markt Zusmarshausen) 053. Sitzung des Marktgemeinderates 11.10.2022 ö 2

Beschluss

Die Verwaltung wird beauftragt, das Vorkaufsrecht fristgerecht zur Durchsetzung der Sanierungsziele und zum Wohl der Allgemeinheit auszuüben.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 5

Kurzbericht

Sachvortrag:
Der Sachverhalt ist bekannt, auf die Marktgemeinderatssitzung vom 29.09.2022 wird verwiesen. Mit Mail vom 04.10.2022 wurde der Käufer nochmals zur Äußerung auf der Grundlage der nun konkretisierten Ziele aufgefordert. Der Beschluss vom 29.09.2022 wurde ihm schriftlich mitgeteilt. Eine Rückmeldung war bis zur Erstellung dieser Sitzungsvorlage (04.10.2022) natürlich noch nicht zu erhalten. Die Verwaltung verliest in der Sitzung die Rückmeldung des Käufers.
Es ist nun ein Beschluss zu fassen, entweder ein Beschluss zur Billigung der Abwendungsvereinbarung zwischen MZ und Schlosspalais oder ein Beschluss zur Ausübung des Vorkaufsrechts.



Diskussionsverlauf:
Erster Bürgermeister Bernhard Uhl ergreift das Wort und ist der Ansicht, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts einer kleinen Enteignung gleichkommt. Auch wenn im Zuge von ISEK das Vorkaufsrecht nunmehr ausgeübt werden sollte, sieht er mit dem Grundstück Schlossstraße 2 für den Markt Zusmarshausen keinen Mehrwert, lediglich eine Mehrbelastung. Wer die Mehrbelastung übernehmen soll, ist nicht geklärt. In der Verwaltung steht hierfür kein Personal zur Verfügung. Für diesen Millionenbetrag hätte der Markt Zusmarshausen bereits eine Veranstaltungshalle an anderer Stelle zu bauen können, die auf die Bedürfnisse der Vereine abgestimmt, neu, innovativ und gut durchdacht ist. Stattdessen soll den Vereinen jetzt ein Gebäude mit Sanierungsstau angeboten werden. Es bleibt abzuwarten, was die Vereine davon halten. Der Mehrheitsbeschluss für ein Vereinszentrum zum Wohl der Allgemeinheit ist demokratisch zustande gekommen. Ein Vereinszentrum ist keine Pflichtaufgabe einer Kommune, sondern eine freiwillige Aufgabe. Frau Rechtsanwältin … hat darauf hingewiesen, dass der Markt Zusmarshausen zwar einen vernünftigen Bescheid zur Ausübung des Vorkaufsrechts ordentlich erlassen kann. Ob dieser vor dem Verwaltungsgericht standhalten wird, ist offen und fraglich. Erster Bürgermeister Bernhard Uhl plädiert daher nach wie vor für eine Abwendungsvereinbarung mit dem Ziel, den Straßersaal zeitlich begrenzt zu erhalten und eine Wohnbebauung durch den Käufer zuzulassen. Er wird daher heute gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts stimmen. Er geht davon aus, dass die große Mehrheit des Gremiums für das Vorkaufsrecht stimmen wird und bittet darum, sich danach intensiv und zeitnah um die sogenannte „Neue Mitte“ am ehemaligen Pfarrhof zu kümmern. Hier könnte tatsächlich ein städtebauliches Ziel verfolgt werden. 

SGL … informiert über den Sachverhalt wie folgt: 

In der Marktgemeinderatssitzung vom 29.09.2022 ist die Beschlussfassung über die Konkretisierung der Ziele der Sanierungssatzung erfolgt. Dieses lautet: 

„Wir wollen das Objekt zu einem Vereinszentrum entwickeln. Es soll eine Heimat für die vielen ehrenamtlichen Vereinsverantwortlichen werden. Wir haben ein gut funktionierendes Vereinsleben in unserer Marktgemeinde, welches schon langjährig gesellschaftlich sehr wichtige Themen übernimmt. Ich denke dabei vor allem auch an die Angebote für unsere Kinder und Jugendlichen. Es gibt genügend Bedarf der Ortsvereine die auf der Suche nach Räumlichkeiten sind. Dies könnten Proberäume (Etwa für die Marktkapelle), Büroräume, Lagerräume, oder eben auch Besprechungsräume sein. Eine gemeinsame Nutzung dieser Infrastruktur würde positive Synergieeffekte mit sich bringen und eine noch bessere Vernetzung der Vereine wäre möglich. Das Thema Innerortsentwicklung ist bei allen Fraktionen immer noch ein großes Thema und könnte hier wirklich sinnvoll umgesetzt werden.“ 

Verkäufer und Käufer wurden vom Beschluss informiert und um nochmalige Stellungnahme gebeten. 

Die erneute Anhörung des Käufers aufgrund der Konkretisierung gem. Art. 28 BayVwVfG ist am 04.10.2022 erfolgt 

Die Rückmeldung des Käufers vom 06.10.2022 lautet wie folgt:

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister Uhl,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 04.10.2022. Unsere Absichten in Bezug auf das Objekt haben wir Ihnen mit Schreiben vom 18.08.2022 und im Rahmen unserer Vorstellung während der MGR-Sitzung am 08.09.2022 dargestellt. Daran hat sich nichts geändert.  Wir wären gerne bereit, mit dem MZ partnerschaftlich zusammenzuarbeiten und den vorhandenen Veranstaltungsraum bei Bedarf für Vereine oder direkt für die Gemeinde zur Verfügung zu stellen. Eine Ausrichtung als „Haus der Vereine“ entspricht jedoch nicht unserem Konzept. Auf dieser Basis erscheint uns der Abschluss einer Abwendungsvereinbarung nicht zielführend.“

Frau …weist ausdrücklich auf Art. 83 der Bayerischen Verfassung -BV- sowie auf die Art. 7,57 und 8,58 der Bayerischen Gemeindeordnung -GO- hin. Es handelt sich hier um eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises (Art. 57 GO). 

Wir befinden uns, so Frau …, mit einem „Haus der Vereine“ im Bereich der freiwilligen Leistungen/Aufgaben einer Gemeinde, keine Pflichtaufgabe.

Zur rechtlichen Würdigung von Frau Rechtsanwältin …: 

Wird das Vorkaufsrecht ausgeübt, kann der Bescheid auf Grundlage der nun beschlossenen Sanierungsziele gut begründet werden. Wird hiergegen nicht geklagt, ist alles in Ordnung. Wird geklagt, prüft das Gericht, ob die Ausübung zum Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Hier besteht ein gewisses Risiko, dass das Gericht die beschlossenen Sanierungsziele in Frage stellt. Es kann sein, dass festgestellt wird, dass die Entscheidung für diese Sanierungsziele nicht allein davon getragen wurden, dass diese an dieser Stelle städtebaulich sinnvoll sind, sondern von der Aussicht, dass die Gemeinde eine Gelegenheit hat, das Eigentum zu erwerben. Wenn dies festgestellt wird, stehen die Ziele in Frage und damit wäre dann die Ausübung zum Wohl der Allgemeinheit nicht mehr zu rechtfertigen. Ob es dazu kommt oder nicht, hängt natürlich maßgeblich davon ab, was der Kläger im gerichtlichen Verfahren vorträgt und ob er hierauf abstellt und vor allem auch ob sich darauf Hinweise in den gesamten Unterlagen (v.a. Sitzungsprotokolle) finden lassen. Unproblematisch ist, dass diese Ziele erst nach Abschluss des Kaufvertrages konkretisiert wurden, problematisch kann es aber sein, falls Ziele gewählt wurden, die ohne Vorkaufssituation für ein privates Grundstück eher nicht beschlossen worden wäre, weil sich ihre Umsetzung auf Dauer als wenig wahrscheinlich dargestellt hätte. Das muss im Gerichtsverfahren entsprechend verteidigt werden, wofür es wegen der Besonderheiten auf dem Grundstück durchaus Ansätze gibt. 

Frau Rechtanwältin … kann zusagen, dass auf Grundlage der Ziele ein vernünftiger Bescheid erlassen werden kann. Jedoch kann sie nicht versprechen, dass dieser vor Gericht halten wird. Ob das Vorkaufsrecht dennoch ausgeübt werden soll, ist Entscheidung des Gemeinderats. Frau … kann hier keine eindeutige Empfehlung aussprechen, sondern nur darauf hinweisen, dass die Erfolgsaussichten einer Klage gegen den Bescheid offen sind. Die Ausübung auf Grundlage dieser nun beschlossenen Sanierungsziele ist nicht offensichtlich rechtswidrig, sie ist aber auch nicht offensichtlich unter jeder möglichen rechtlichen Beleuchtung rechtmäßig und damit nicht völlig risikofrei, wenn es zur Klage kommt. 

Die Gemeinderäte sollten sich in der Diskussion nicht alleine auf die Wahrscheinlichkeit einer Klage und die Aussichten einer solchen beschränken, sondern vor allem auch darüber Gedanken machen, was die Ausübung für die Beteiligten, also vor allem den Käufer, bedeutet und warum aus ihrer Sicht die Ausübung trotzdem zum Wohl der Allgemeinheit erfolgen soll. 

Wenn der Bescheid erlassen wird und der Käufer hiergegen klagt, kann immer noch das Gespräch mit ihm gesucht und eine einvernehmliche Lösung gefunden werden. Der Gemeinde ist es nicht verwehrt, nach Ausübung des Vorkaufsrechts doch noch einen Vertrag mit dem Käufer zu schließen und in diesem Rahmen den Bescheid dann wieder aufzuheben. Hierüber wird der Marktgemeinderat zu entscheiden haben, falls der Käufer klagt und ein Einigungsvorschlag im Raum steht. 

Es erfolgt eine Diskussion des Gremiums, dass es dem Verkäufer unbenommen geblieben wäre, den Gasthof in seinem Sinne selbst weiterzuführen und nicht zu verkaufen. Es ist es nunmehr wichtig zu überlegen, was mit dem Objekt geschehen soll. Die Entscheidung hierüber ist für die Gemeinde und deren Bürger zukunftsweisend. Das Bedürfnis der Vereine nach einem Vereinszentrum besteht bereits seit Jahren. Mit Blick auf die Zukunft und die Innenentwicklung sollte daher das Vorkaufsrecht ausgeübt werden, allerdings muss man sich auch über die Konsequenzen im Klaren sein und die Verantwortung hierfür übernehmen. 

Aus der Mitte des Gremiums werden Bedenken angemeldet, dass bei Ausübung des Vorkaufsrechts auf den Markt Zusmarshausen enormen Kosten zukommen werden für den Unterhalt des Anwesens. Es erscheint daher der Abschluss einer Abwendungsvereinbarung sinnvoller. 

Jedoch wird auch angemerkt, dass der Käufer und sein Konzept nicht alle Gremiumsmitglieder überzeugt habt. Auch wenn eine Abwendungsvereinbarung mit dem Käufer geschlossen wird, ist fraglich, ob er sich letztendlich auch an diese hält und alles umsetzt. 

Datenstand vom 04.11.2022 10:06 Uhr