Vorstellung des Nahverkehrsplans mit Beschlussfassung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 22.03.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Sitzung des Gemeinderates 22.03.2022 ö beschließend 3

Vorgang

Historie zur Fortschreibung des Nahverkehrsplans 

Das Landkreis-Mobilitätskonzept vom 31.03.2018 enthält für das Verkehrssegment Öffentlicher Verkehr (ÖV) zwei Initialprojekte: Zum einen die Entwicklung eines bedarfsorientierten ÖPNV-Angebotskonzepts und zum anderen die Fortschreibung des Nahverkehrsplans mit Entwicklung einer Gesamtstrategie für den ÖV.        

Beide Initialprojekte wurden zu einer Auftragsvergabe zusammengefasst, bei welcher die Firma Gevas humberg & partner Ingenieurgesellschaft für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik mbH aus München den Zuschlag erhielt. 

Der Endbericht zur Nahverkehrsplan-Fortschreibung, der den Zwischenbericht um die Kapitel 9 bis 12 ergänzt, liegt nun vor.

Dieser Endbericht wurde im Januar 2022 in einer Sitzung der Arbeitsgruppe Nahverkehrsplan sowie in einer Bürgermeisterrunde vorgestellt und es konnte hierzu jeweils nach der Klärung noch offener Fragen eine grundsätzliche Zustimmung eingeholt werden. Anregungen und Anpassungsvorschläge aus diesen beiden Sitzungen wurden geprüft und entsprechend in den vorliegenden Endbericht eingearbeitet.

Mit Beschlussfassung im Kreistag soll der bislang gültige Nahverkehrsplan vom Dezember 2004 fortgeschrieben werden.


Die Ergebnisse im Überblick

Der Nahverkehrsplan ist ein Planungsinstrument, über welches im gesamten Kreisgebiet eine Grundversorgung bei den Mobilitätsangeboten mit öffentlichen Verkehrsmitteln festgelegt und weiterentwickelt werden soll. Ziel hierbei ist, durch ein deutlich verbessertes Angebot möglichst viele Personen für die Nutzung des ÖPNV zu gewinnen bzw. zum Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen.

Aufgrund separater Untersuchungen zur Tarifgestaltung in der aktuell anlaufenden Grundlagenstudie zu einem Verkehrsverbund für die Landkreis Berchtesgadener Land und Traunstein wurde bei der Nahverkehrsplan-Fortschreibung der Fokus auf Angebotsverbesserungen gelegt. Die einzelnen Schritte hierzu umfassen die Festlegung von Qualitätsstandards beim Bedienungsumfang, d.h. bei der räumlichen und zeitlichen ÖPNV-Erschließung des Kreisgebietes. Insofern wurden die Qualitätsstandards nach Gebietsmerkmalen (ländlich, verdichtet, zentral), Tagesarten (Werktage, Ferientage, Wochenenden) und Tageszeiten (Normalverkehrszeit, Schwachverkehrszeit) untergliedert.

Das Zielnetz der Angebotsgestaltung umfasst in Abhängigkeit von den jeweiligen Merkmalsausprägungen das gesamte Spektrum von einer Premiumbedienung im 30-Minuten-Takt, über das im Stundentakt bediente Bus-Hauptliniennetz, das ohne Taktung bediente Bus-Ergänzungsnetz bis hin zum vorab zu bestellenden Bedarfsverkehr.

Aufgrund der sehr unterschiedlichen Angebotsniveaus sowie aus steuerlichen Gründen wird für die drei Stadtbusverkehre in Bad Reichenhall, Freilassing und Laufen eine Beibehaltung der ÖPNV-Aufgabenträgerschaft bei diesen Städten empfohlen.

Die zwei im Nahverkehrsplan vorgeschlagenen Bus-Premiumlinien mit einem Halbstundentakt umfassen die beiden quer zur Schienenerschließung verlaufenden Relationen von Bad Reichenhall bzw. Berchtesgaden (mit Verlängerung zum Königssee) nach Salzburg. Das Hauptbusliniennetz beinhaltet 9 Linien mit einem vorgesehenen Stundentakt. Bei fünf Ergänzungslinien werden Angebotsergänzungen zur Erreichung von Mindeststandards bei der Bedienungsqualität empfohlen. Durch ein landkreisweites Rufbussystem soll eine flächendeckende Erschließung durch bedarfsgerechte On-Demand-Verkehre mit einer gemeinsamen Anruf- und Dispositionszentrale aufgebaut werden.

Mit den identifizierten Ansätzen für Angebotsverbesserungen sollten verschiedene ebenfalls die Attraktivität des ÖV steigernde Begleitmaßnahmen einhergehen. Hier ist an erster Stelle die Herstellung der Barrierefreiheit anzuführen, des weiteren z.B. die Verbesserung von Schnittstellen für die Multi- und Intermodalität, die Einführung des E-Ticketing (digitaler Vertrieb) und die Busbeschleunigung. In längerfristiger Perspektive wären auch die Einrichtung von weiteren Bahnstationen sowie die Realisierung einer Regionalstadtbahnverbindung von Salzburg über Marktschellenberg bis zum Königssee zu erwähnen.


Weiterer Zeitplan für die Umsetzung von Maßnahmen

Nach Durchführung der Anhörung zum Entwurf des Endberichts der Nahverkehrsplan-Fortschreibung soll der bisherige Nahverkehrsplan im Mai 2022 per Beschluss des Kreistags durch dessen Fortschreibung ersetzt werden.

Die zeitliche Umsetzung der in der Nahverkehrsplan-Fortschreibung vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahmen für den ÖPNV ist – soweit es die durch den Landkreis zu finanzierenden Angebotsverbesserungen betrifft – aus dem Investitionsplan für die Jahre 2022 bis 2031 abzuleiten. Der dargelegte Investitionshochlauf sieht für das Jahr 2022 Sofortmaßnahmen auf zwei Linienbusverbindungen (Linien Teisendorf – Anger – Piding – Bad Reichenhall und Laufen – Saaldorf-Surheim – Freilassing) vor, die ab dem Jahr 2023 um ein landkreisweites Bedarfskonzept (Rufbusverkehre) sowie um Angebotsausweitungen auf zwei weiteren Linienbusverbindungen ((Salzburg)-Marktschellenberg-Berchtesgaden und Berchtesgaden-Königssee) ergänzt werden sollen. Für das Jahr 2024 ist eine weitere Angebotsverbesserung auf der direkten Linienbusverbindung Bad Reichenhall-Salzburg vorgesehen. Durch die geplante Integration des Landkreises BGL in einen Verkehrsverbund sollten voraussichtlich ab 2025 mit der dann größeren organisatorischen und personellen Schlagkraft auf 12 weiteren Linienbusverbindungen Angebotsverdichtungen vorgenommen werden können.

Bei Umsetzung aller Maßnahmen aus dem Nahverkehrsplan mit dem dargestellten Umfang belaufen sich die Kosten auf jährlich rund 4 Mio. Euro brutto. Hiervon sind Förderungen in Höhe von rund 60 % (ÖPNV-Zuweisung) und zusätzliche Fahrgeldeinnahmen abzuziehen.

Alle Maßnahmen zur Angebotsverbesserung, die mit einer Finanzierung durch den Landkreis als ÖPNV-Aufgabenträger verbunden sind, müssen jeweils durch die zuständigen Kreisgremien separat beschlossen werden. Die Ausarbeitung des konkreten Leistungsverzeichnisses bzw. der Vorabbekanntmachung wird darüber hinaus im Voraus mit den betreffenden Kommunen abgestimmt. 

Grundsätzlich ist die Weiterentwicklung des ÖPNV im Berchtesgadener Land stets unter den Vorbehalt der notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen zu stellen.


Nächste Schritte:
Bis zur Beschlussfassung des Nahverkehrsplans im Kreistag sind folgende Schritte geplant.

17. Februar bis              8. April 2022
Formale Anhörung der Kommunen, Verkehrsunternehmen und Träger öffentlicher Belange mit Einholung von Stellungnahmen
03.05.2022
Vorbratende Beschlussfassung im Ausschuss für Umweltfragen, Energie, Landkreisentwicklung und Mobilität
20.05.2022
Beschlussfassung im Kreistag

Beratung

GR Ernst Peter fragt nach, ob tatsächlich ab April die günstigen Ausbildungstickets verkauft werden sollen. Herr Wick antwortet, dass nur noch der Haushaltsbeschluss fehlt und dann kann es losgehen. Weiterhin möchte GR Ernst Peter wissen, ob die Kosten für den ÖPNV noch seriös kalkuliert werden können. Erste Busunternehmen schlagen wegen der hohen Treibstoffkosten schon Alarm. Diese Frage stellt sich auch der Landkreis. Laut Herrn Wick ist eine seriöse Kalkulation momentan nicht möglich. Mit einer Preisgleitklausel kann dies etwas abgefangen werden. Als letztes möchte er wissen, ob die angedachten 70.000,- Betriebskosten für den Ainringer Rufbus immer zu zahlen sind. Herr Wick antwortet, dass für einen landkreisweiten Rufbus erst die Aufgabenträgerschaft von der Gemeinde Ainring an den Landkreis übergeben werden muss. 
Dr. Friedhelm Schneider erkundigt sich nach der Ausschreibung für den Rufbus und ob darin die Motorisierung vorgegeben werden kann. Sämtliche Vorgaben in der Ausschreibung kommen vom Landratsamt. Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, auch die clean vehicle directary. GR Bernhard Dusch ist aufgefallen, dass die Hauptbuslinien um Ainring einen Bogen machen und die Ergänzungslinien nur über Freilassing laufen, warum? Herr Wick erklärt dies mit den zwei Bahnhaltepunkten und der dadurch halbstündlichen Erschließung. Die großen Ortsteile in der Gemeinde Ainring sind gut angebunden. Die kleineren im westlichen Gemeindegebiet eher weniger und eine Anbindung ist nicht wirtschaftlich. GR Stefan Eberl fragt nach, warum die Gemeinde Ainring mit 9 % der Landkreisbevölkerung 13 % der Kosten tragen soll. Seiner Meinung ist der Nahverkehrsplan auf touristische Zwecke im Süden ausgelegt. Herr Wick antwortet, dass nur Teile verbessert werden. Der Stundentakt im südlichen Landkreis kann bei den Buslinien nicht weggenommen werden. Das würde eine Verschlechterung bedeuten. GR Ernst Peter stellt fest, die Gemeinde zahlt viel und bekommt wenig dafür. Herr Wick erläutert, dass der Nahverkehrsplan kein Haushaltsplan ist. Jede einzelne Maßnahme muss vom Kreistag nach vorheriger Absprache mit den betroffenden Gemeinden beschlossen werden. Die Gemeinde Ainring profitiert momentan schon von dem Halbstundentakt der Bahn. GR Dietrich Nowak findet die Kostenschätzung mit 3 – 5 Euro keine saubere Kalkulation. Er möchte wissen, ob die Kreiskämmerin die Zahlen in dem Kreishaushalt mit aufgenommen hat. Herr Wick bestätigt die Aufnahme der Zahlen in den Kreishaushalt und der Finanzplanung. Dem GR Christian Stehböck gefällt das Konzept nicht, konkret das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Das Nahverkehrskonzept wurde in verschiedenen Gremien erarbeitet. Beteiligt waren Verkehrsunternehmen, die Politik und übergeordnete Behörden so Herr Wick. GR Josef Ramstetter spricht die Taktung im Linienverkehr an, in der auch die Schüler befördert werden. Diese sei teilweise so eng, dass die Schüler den Bus verpassen und dann 2 Stunden auf den nächsten warten oder die Eltern die Kinder abholen müssen. Die Eltern können aber nicht immer die Kinder holen, da sie in der Arbeit sind. Herr Wick nimmt die Anregung mit, da im Herbst eine neue Ausschreibung für die betroffene Linie erfolgt. 

Beschluss

Die Gemeinde Ainring erklärt sich mit den Inhalten des Endberichts zur Fortschreibung des Nahverkehrsplans für den Landkreis Berchtesgadener Land vom Februar 2022 einverstanden. Für die Verwirklichung von Angebotsverbesserungen ist im Vorfeld stets eine Detailabstimmung zwischen dem Landkreis und den jeweils betroffenen Gemeinden erforderlich.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 10, Dagegen: 8

Datenstand vom 13.04.2022 07:10 Uhr