Änderung der Bayerischen Bauordnung 2025; Auswirkungen auf das gemeindliche Satzungsrecht


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Marktgemeinderates, 25.03.2025

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Markt Altomünster) Sitzung des Marktgemeinderates 25.03.2025 ö 2

Sach- und Rechtslage

Im Zuge der Änderung des Bauordnungsrechts durch das erste und zweite Modernisierungsgesetz 2024 soll - laut Begrünung des Gesetzestextes - eine Deregulierung und Verwaltungsvereinfachung stattfinden sowie der Bürokratieabbau gestärkt werden. Das Kernziel ist „mehr zu ermöglichen und weniger zu verhindern“.

Insbesondere in den Bereichen der Bayerischen Bauordnung (BayBO) sowie der Anwendung der Garagen- und Stellplatzverordnung (GaStellV) haben sich zahlreiche rechtliche Änderungen ergeben, deren Inhalte zukünftig alleinig über gemeindliche Satzungen und nicht mehr über gesetzliche Grundlagen geregelt werden können. Bereits bestehende Satzungen sind entsprechend abzuändern und an das neue Bauordnungsrecht anzupassen.

Derzeit sind folgende bereits bestehende Satzungen des Marktes betroffen:
  • Stellplatzsatzung vom 28.05.2008
  • Werbeanlagensatzung vom 19.12.1989

Folgende Satzungen sind derzeit nicht vorhanden, könnten zur genaueren Regelung des jeweiligen Bereiches jedoch erlassen werden, da im Zuge des Modernisierungsgesetzes der derzeitige Handlungsspielraum der bestehenden BayBO teilweise entfällt oder eingeschränkt wird:
  • Spielplatzsatzung 
  • Einfriedungssatzung
  • Satzung zum Ausschluss von Bodenversiegelung, nicht begrünten Steingärten, sowie ähnlich eintönigen Flächennutzungen mit hoher thermischer oder hydrologischer Last oder erheblich unterdurchschnittlichem ökologischen oder wohnklimatischen Wert („Versiegelungssatzung“)  

Im Zuge der heutigen Sitzung des Marktgemeinderates werden die einzelnen Sachverhalte zu den vorherig genannten Satzungen vorgestellt und ein Grundsatzbeschluss gefasst, ob von der Verwaltung ein jeweiliges Satzungsmuster ausgearbeitet und über dieses in einer zukünftigen Sitzung Beschluss gefasst werden soll.


Stellplatzsatzung

Bisher ergab sich aus Art. 47 BayBO i.V.m der GaStellV die Verpflichtung Stellplätze für Anlagen zu errichten bei denen Zu- oder Abfahrtsverkehr zu erwarten war. Die Ausgestaltung ergab sich in der Regel durch die jeweils gültige kommunale Stellplatzsatzung.

Durch die entsprechenden rechtlichen Änderungen des Modernisierungsgesetzes entfällt die Verpflichtung zur Errichtung notwendiger Stellplätze zum 01.10.2025 ersatzlos. Eine Stellplatzpflicht besteht nur noch, sofern die Gemeinde dies ausdrücklich per Satzung anordnet. Entsprechende Obergrenzen der möglichen Ausgestaltung ergeben sich aus der Anlage zu § 20 der GaStellV. Eine Beibehaltung der derzeit bestehenden Stellplatzsatzung von 28.05.2008 ist nicht möglich, da diese die entsprechenden Obergrenzen übersteigt. 

Ohne den Erlass einer entsprechenden Stellplatzsatzung ist zu befürchten, dass zukünftig keine Stellplätze mehr auf privaten Grundstücken errichtet werden. Öffentliche Straßen und sonstige Grundstücke würden übermäßig durch den tatsächlich weiterhin vorhandenen Stellplatzbedarf belastet werden. 

Inhaltlich können in einer neuen Stellplatzsatzung folgende Regelungen getroffen werden:
  • Begründung einer Stellplatzpflicht für bestimmte bauliche Maßnahmen (ausgenommen für Nutzungsänderungen und Dachgeschossausbauten zu Wohnzwecken sowie der Aufstockung von Wohngebäuden)
  • Regelung von Stellplatzzahlen, jedoch maximal nach der Anlage zur GaStellV oder weniger
  • Art und Weise des Stellplatznachweises auf dem Baugrundstück oder in einem in der Nähe gelegenen Grundstück oder alternative mit einer Stellplatzablöse ggf. mit einem Wahlrecht des Bauherrn 
  • Regelung zur Stellplatzablöse sowie Höhe der Ablösebeträge, jedoch mit Obergrenze der tatsächlichen Kosten für die Herstellung eines entsprechenden Stellplatzes
  • Ggf. Einschränkung auf einen bestimmten örtlichen Geltungsbereich
  • Pflicht zur Herstellung von Fahrradabstellplätzen sowie Bau von Elektroladestationen an Stellplätzen
  • Pflicht zur Erstellung von Besucherstellplätzen im Rahmen der Obergrenze der Anlage zur GaStellV
  • Abweichungen von der Stellplatzpflicht bei Erstellung von z.B. zusätzlichen Fahrradstellplätzen oder Koppelung an ein Mobilitätskonzept

Der Erlass einer Stellplatzsatzung, die Regelungen zur Beschaffenheit von Stellplätzen (z.B. Größe, Ausstattung, Begrünung, Anteil barrierefreier Stellplätze etc.) treffen soll, ist nach der Übergangsvorschrift nur noch bis 30.09.2025 möglich. 

Die Höhe einer möglichen Stellplatzablöse ist an die tatsächlichen Kosten für die Herstellung eines entsprechenden Stellplatzes gekoppelt. Laut Auskunft des IB Mayr betragen die durchschnittlichen Kosten für die Herstellung eines Stellplatzes in gepflasterter Ausführung derzeit ca. 140,00 € netto pro m². Bei der Annahme der Maße eines Stellplatzes nach der GaStellV mit einer Länge von 5,0 Meter und einer Breite von 2,5 Metern betragen die durchschnittlichen Herstellungskosten 2.082,50 € (5 m Länge x 2,5 m Breite x 140,00 € x 19% Mehrwertsteuer). Fraglich ist inwieweit die Grundstückspreise nach den Bodenrichtwerten der jeweiligen Ortsteile zusätzlich als Herstellungskosten in Ansatz gebracht werden können. 


Werbeanlagensatzung

Der Markt Altomünster hat am 19.12.1989 eine Werbeanlagensatzung erlassen, welche abweichend von dem damals geltenden Art. 68 BayBO alle Werbeanlagen, auch jene unter der damals eigentlich genehmigungsfreien Größe von 0,6 m², und Fahnenmasten die getrennt von baulichen Anlagen auf privaten Grundstücken errichtet werden sollen, als genehmigungspflichtig einstuft. 

Durch die bereits zahlreichen Änderungen der BayBO zwischen Erlass der Satzung und dem heutigen Datum ist der Art. 68 der BayBO inzwischen nicht mehr mit der Behandlung von Werbeanlagen belegt. 

Nach der derzeit gültigen Fassung des Art. 57 Abs. 1 Nr. 12 BayBO werden v.a. folgende Werbeanlagen als verfahrensfrei eingestuft:

  • Werbeanlagen am Ort der Leistungserbringung, in Auslagen oder an Schaufenstern
  • Werbeanlagen mit einer Ansichtsfläche bis zu 1 m²
  • Werbeanlagen die nicht von öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind
  • Werbeanlagen die nach ihrem erkennbaren Zweck nur vorübergehend für höchstens zwei Monate angebracht werden
  • Werbeanlagen in Gewerbe-, Industrie- und vergleichbaren Sondergebieten an der Stätte der Leistung soweit sie nicht in die freie Landschaft wirken mit einer freien Höhe von bis zu 10 Metern


Spielplatzsatzung

Bisher ergab sich aus Art. 7 BayBO die Verpflichtung bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen einen ausreichend großen Kinderspielplatz anzulegen. Die Ausgestaltung konnte durch eine kommunale Spielplatzsatzung geregelt werden. Bisher hat der Markt von diesem Recht zur Regelung der Ausgestaltung keinen Gebrauch gemacht. 

Durch die entsprechenden rechtlichen Änderungen des Modernisierungsgesetzes entfällt die Verpflichtung zur Errichtung von Spielplätzen ersatzlos. Eine Pflicht zur Errichtung von Spielplätzen besteht nur noch, sofern die Gemeinde dies ausdrücklich per Satzung anordnet. 

Ohne den Erlass einer entsprechenden Spielplatzsatzung ist zu befürchten, dass zukünftig keine Spielplätze mehr auf privaten Grundstücken errichtet werden. Eine Nutzung von öffentlichen Spielplätzen würde in den Vordergrund treten. Durch die erhöhte Nutzung ist damit zu rechnen, dass Umfang und Ausstattung dieser Spielplätze zukünftig erweiterten werden müssen und ein erhöhter Unterhaltsbedarf auf Kosten des Marktes entsteht.

Inhaltlich können in einer Spielplatzsatzung folgende Regelungen getroffen werden:
  • Angemessene Größe und Ausstattung der Spielplätze
  • Lage des Spielplatzes
  • Regelungen zur Art der Erfüllung
  • Regelungen zur Ablöse der Spielplatzpflicht

Die entsprechende Satzung ist nur für Gebäude anwendbar, die mit mehr als fünf Wohnungen ausgestattet sind.


Einfriedungssatzung

Aus Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 BayBO leitet sich ab, dass Grundstückseinfriedungen und ähnliche Vorhaben bis zu einer Höhe von 2 Metern im Innenbereich verfahrensfrei bzw. im Außenbereich unter gesonderten Vorschriften bei privilegierten Planungen verfahrensfrei errichtet werden können. Genauere Einschränkungen zur Ausgestaltung können durch eine kommunale Einfriedungssatzung geregelt werden. Bisher hat der Markt von diesem Recht zur Regelung keinen Gebrauch gemacht. 

Inhaltlich können in einer Einfriedungssatzung folgende Regelungen getroffen werden:
  • Notwendigkeit von Einfriedungen
  • Art der Einfriedung
  • Gestaltung der Einfriedung
  • Höhe der Einfriedung


Satzung zum Ausschluss von Bodenversiegelung, nicht begrünten Steingärten, sowie ähnlich eintönigen Flächennutzungen mit hoher thermischer oder hydrologischer Last oder erheblich unterdurchschnittlichem ökologischen oder wohnklimatischen Wert („Versiegelungssatzung“)  

Nach der alten Fassung des Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 der BayBO steht den Gemeinden grundsätzlich ein Recht zu Satzungen über die Gestaltung Plätzen für bewegliche Abfallbehälter, der Gestaltung und Bepflanzung der bebauten Grundstücke zu erlassen.

Durch die entsprechenden rechtlichen Änderungen des Modernisierungsgesetzes entfällt der gestalterische Ansatz. Der Gesundheitsschutz und Umweltauswirkungen treten in den Vordergrund. Zukünftig regelt eine Satzung nach der neuen Fassung der BayBO dann ein Verbot der Bodenversiegelung, nicht begrünten Steingärten sowie ähnlich eintönigen Flächennutzungen mit hoher thermischer oder hydrologischer Last oder erheblich unterdurchschnittlichen ökologischen oder wohnklimatischen Wert. Die entsprechende Zielsetzung ist bei der Begründung der Satzung zum Ausdruck zu bringen. 

Eine entsprechende Satzung beinhaltet weitreichende Überschneidungen mit der städtebaulichen Zielsetzung bzw. den Festsetzungen von Bebauungsplänen, gilt jedoch auch für Bereiche für welche solche nicht vorliegen.

Bestehende Satzungen treten mit Ablauf des 30.09.2025 außer Kraft. Dies betrifft nach Ministeriumsauffassung auch Regelungen in Bebauungsplänen, welche Regelungen für Freiflächen- und Grünordnungsgestaltung beinhalten, da diese hier rein formal aus zwei Satzungsteilen bestehen, sofern die getroffenen Regelungen ausdrücklich gestalterischer Qualität sein sollen. 

Dies hat zur Folge, dass grünordnerische Festsetzungen aus städtebaulichen Gründen wirksam bleiben, jedoch jene, die aus gestalterischen Gründen festgesetzt wurden, außer Kraft treten. Zukünftig ist in Bebauungsplänen daher die städtebauliche Notwendigkeit einer grünordnerischen Festsetzung ausreichend zu begründen. 

Inhaltlich können in einer Versiegelungssatzung folgende Regelungen getroffen werden:
  • Verbot der Bodenversiegelung
  • Verbot von nicht begrünten Steingärten und eintönigen Flächennutzungen
  • Verbot von versickerungsunfähigen Bodenbelägen bei Zufahrten, Terrassen und Stellplätzen 


Verantwortung für den Vollzug

Für den Erlass der jeweiligen Satzungen ist der Markt Altomünster als materiell rechtsetzende Behörde ortsrechtlich zuständig. 
Nach Auskunft des Bayerischen Städtetages ist für den Vollzug das Landratsamt als untere Bauaufsichtsbehörde zuständig.

Im Baugenehmigungsverfahren sind diese örtlichen Satzungen gemäß Art. 81 Abs. 1 BayBO im Prüfungsumfang des vereinfachten Genehmigungsverfahrens des Landratsamtes enthalten (Art 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) BayBO) und müssen darauf überprüft werden.
Darüber hinaus obliegt auch der weitere Vollzug der Satzungen dem Landratsamt als untere Bauaufsichtsbehörde (Art. 54 Abs. 2 Satz 1 BayBO: „und die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden“).
Die bauaufsichtliche Tätigkeit des Landratsamtes konzentriert sich jedoch auf die Verfolgung von Fällen, in denen Sicherheitsbedenken bestehen (Baufällige Gebäude, Brandschutz u.ä.) und in denen eine Belastung Dritter unterbunden werden muss (Einhaltung Abstandsflächen, unzulässige Immissionen etc.).
Weiterhin liegt der Fokus auf Fällen, in denen ein hohes öffentliches Interesse besteht, z.B., wenn einzelne Verstöße von Seiten der Behördenleitung einer Kommune angetragen werden.

Grundsätzlich wird aber jeder baurechtliche Verstoß, der dem Landratsamt bekannt wird, erfasst und priorisiert. Aufgrund der geringen Personalbesetzung und dem hohen Aufkommen solcher Fälle ist dort aber erfahrungsgemäß mit einer deutlich verzögerten Bearbeitung zu rechnen.

Die Gemeindeverwaltung konnte in den letzten Jahren kaum Beanstandungen bzw. Behebung von Mängeln bei der abweichenden Ausführung von Stellplätzen oder Spielplätzen durch das Landratsamt feststellen.


Empfehlung der Verwaltung

Um dem gesetzlichen Ziel des Bürokratieabbaus nicht entgegen zu arbeiten ergehen aus Sicht der Verwaltung folgende Empfehlungen:
  • Neuerlass einer Stellplatzsatzung in der Gemeinderatssitzung am 22.07.2025
  • Aufhebung der Werbeanlagensatzung in der Gemeinderatssitzung am 22.07.2025
  • Kein Erlass einer Spielplatzsatzung 
  • Kein Erlass einer Einfriedungssatzung
  • Kein Erlass einer Versiegelungssatzung


Eine gemeindliche Kontrolle der Satzungsregelungen ist aus personellen Gründen derzeit nicht möglich.

Beschluss 1

  1. Der Neuerlass einer Stellplatzsatzung wird für die Gemeinderatssitzung am 22.07.2025 vorbereitet. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 20, Dagegen: 0

Beschluss 2

  1. Die Aufhebung der Werbeanlagensatzung wird für die Gemeinderatssitzung am 22.07.2025 vorbereitet.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 20, Dagegen: 0

Beschluss 3

  1. Das Thema Einfriedung wird nicht Gegenstand einer Satzung. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 1

Beschluss 4

  1. Die jeweiligen Themen Spielplatz und Versiegelung werden für eine Gemeinderatssatzung möglichst Ende des Jahres 2025 vorbereitet.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 20, Dagegen: 0

Datenstand vom 09.04.2025 09:27 Uhr