Vollzug der Haushaltswirtschaft; hier: Verzinsung des Anlagekapitals kostenrechnender Einrichtungen in der Gemeinde Bodenwöhr


Daten angezeigt aus Sitzung:  04./2023. Sitzung des Gemeinderates April, 27.04.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat 04./2023. Sitzung des Gemeinderates April 27.04.2023 ö beschließend 5

Sachverhalt für die Öffentlichkeit

Das Gebührenaufkommen der kostenrechnenden Einrichtungen soll die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten decken, aber – wegen des angeordneten Benutzungszwangs – nicht übersteigen (Art. 8 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KAG). 
Zu den ansatzfähigen Kosten gehört insbesondere auch eine angemessene Verzinsung des Anlagekapitals (Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG). Anlagekapital ist das im Anlagevermögen gebundene Kapital (Anschaffungs- und Herstellungskosten abzüglich Abschreibungen [§ 87 Nr. 2 KommHV-K]). Der abgabenrechtliche Begriff des Anlagekapitals ist gleichbedeutend mit dem haushaltsrechtlichen Begriff.

Das kommunale Abgabenrecht selbst bestimmt keine konkrete Höhe des kalkulatorischen Zinsfußes (Prozentbetrag) oder des kalkulatorischen Zinssatzes (Dezimalbetrag); die Verzinsung des Anlagekapitals soll lediglich „angemessen“ sein.
Die Bestimmungen der KommHV über die kalkulatorischen Kosten übernehmen die Formulierung des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG und normieren in § 12 Abs. 1 Nr. 2 KommHV-K ebenfalls lediglich eine „angemessene“ Verzinsung. Eine weitergehende Konkretisierung, insbesondere zur Festsetzung des kalkulatorischen Zinssatzes, hat der Gesetzgeber nicht getroffen.

Das StMI hat durch IMBek vom 02.07.2001, AIIMBl S. 252, die VV Nr. 6 zu § 12 KommHV-K wie folgt gefasst:
„Der Zinssatz für die Verzinsung des Anlagekapitals (§ 87 Nr. 2 KommHV) sollte sich an einem mehrjährigen Mittel der Kapitalmarktrenditen orientieren.“
Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen in Prozent, nicht saisonbereinigt; Jahresdurchschnitt auf Basis der Monatswerte nach Laufzeiten (Nr. 5.3.2 zu § 12 KommHV-K, Kommunales Haushalts- und Wirtschaftsrecht in Bayern, Schreml/Bauer/Westner):

Stand
Alle Laufzeiten
31.12.1982
9,1
31.12.1983
8,0
31.12.1984
7,8
31.12.1985
6,9
31.12.1986
6,0
31.12.1987
5,8
31.12.1988
6,0
31.12.1989
7,1
31.12.1990
8,9
31.12.1991
8,7
31.12.1992
8,1
31.12.1993
6,4
31.12.1994
6,7
31.12.1995
6,5
31.12.1996
5,6
31.12.1997
5,1
31.12.1998
4,5
31.12.1999
4,3
31.12.1999
4,3
31.12.2000
5,4
31.12.2001
4,8
31.12.2002
4,7
31.12.2003
3,7
31.12.2004
3,7
31.12.2005
3,1
31.12.2006
3,8
31.12.2007
4,3
31.12.2008
4,2
31.12.2009
3,2
31.12.2010
2,5
31.12.2011
2,6
31.12.2012
1,4
31.12.2013
1,4
31.12.2014
1,0
31.12.2015
0,5
31.12.2016
0,1
31.12.2017
0,3
31.12.2018
0,4
31.12.2019
-0,1
31.12.2020
-0,2
31.12.2021
-0,1
10-Jahres-Durchschnitt
0,5
20-Jahres-Durchschnitt
2,0
25-Jahres-Durchschnitt
2,6
30-Jahres-Durchschnitt
3,3

Norbert Schima kommt in seinem Aufsatz „Zur Höhe des kalkulatorischen Zinssatzes“ in Kommunalpraxis BY Nr. 12/2003 zum Ergebnis, dass die vorstehend abgedruckten Werte der „Umlaufrenditeninländischer Inhaberschuldverschreibungen in Prozent nicht saisonbereinigt“ zur Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen gem. § 12 KommHV-K herangezogen werden können.

In seinem Beschluss vom 23.10.2018 – 20 N 17.621 hat sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit der Frage der angemessenen Verzinsung des Anlagekapitals i. S. von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG befasst. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass grundsätzlich zwei unterschiedliche Herangehensweisen für die Bemessung eines angemessenen kalkulatorischen Zinssatzes besteht. Es kann sowohl ein Zinssatz nach den aktuellen Gegebenheiten, mit der Gefahr von größeren Schwankungen, als auch ein auf längerer Zeit beizubehaltender Zinssatz gewählt werden.

Eine Orientierung an einem mehrjährigen Mittel der Kapitalmarktrenditen, im konkreten Fall an den vorstehenden abgedruckten Umlaufrenditen inländischer Schuldverschreibungen, hielt er unter Verweis auf Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht Teil VI, Frage 4, 3.3 und Schima, Kommunalpraxis Bayern 2003 für zulässig.

Die Gemeindeverwaltung schlägt deshalb vor, die Möglichkeit an der Orientierung an dem mehrjährigen Mittel der Kapitalmarktrenditen wahrzunehmen. Die Orientierung an den 25-Jahres- bzw. den 30-Jahres-Durchschnitt scheint für die örtlichen Gegebenheiten der Gemeinde Bodenwöhr passend. Es wird die Festlegung eines kalkulatorischen Zinsfußes in Höhe von 3,0 % vorgeschlagen

Die Festlegung sollte nach 4 Jahren erneut erfolgen.

Beschluss

Der Gemeinderat Bodenwöhr beschließt:

Der kalkulatorische Zinsfuß wird für den Zeitraum 01.01.2024 bis 31.12.2027 auf 3,0 % festgesetzt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 13, Dagegen: 0

Datenstand vom 30.01.2024 08:43 Uhr