Vom Planungsverband Region Oberland (RPV 17) dem die Landkreise Bad Tölz – Wolfratshausen, Miesbach, Weilheim und Garmisch – Partenkirchen angehören wird der Regionalplan fortgeschrieben. Den Vorsitz führt der hiesige Landrat Josef Niedermaier. Ein Thema bei der Fortschreibung ist dabei seit dem sogenannten Osterpakt aus dem April 2022 die Ausweisungspflicht für Windkraftanlagen. In der Kabinettssitzung am 17.05.2022 wurde im Bayerischen Landtag der Bayerische Energieplan verabschiedet. Darin ist geregelt, dass bis zu 2 % der Landesfläche von Bayern für Windkraftanlagen ausgewiesen werden müssen. Die Umsetzung der Ausweisung muss über die Regionalplanung geregelt werden.
In der Folge wurde festgelegt, dass bis 2027 1,1 % der Staatsfläche ausgewiesen werden müssen. Bis Ende 2032 muss die Ausweisung von gesamt 1,8 % der Landesfläche umgesetzt sein. Für die Region 17 sind umgerechnet die 1,1 % der Regionsfläche ca. 4.350 ha und die 1,8 % der Regionsfläche entsprechen 7.120 ha.
Aus dem Erreichen bzw. Nichterreichen dieser Ziele ergibt sich:
- Aufhebung der 10 H Regelung
- Entfall der regionalplanerischen und kommunalen Ausschlusswirkungen
- Privilegierung (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) für WKA entfällt außerhalb der Windenergiegebiete
Die Auswahl der Flächen erfolgte nach Kriterien im Ausschlussverfahren. Im ersten Schritt wurden Tabukriterien („harte“ Ausschlusskriterien) wie z.B. Wohnbauflächen, Gewerbe- und Industriegebiete, Wohnnutzungen im Außenbereich, Naturschutzgebiete, Alpenraum, Fließ- und Standgewässer und Vorranggebiete für Bodenschätze über die Karte gestülpt.
Im zweiten Schritt wurden dann Restriktionskriterien („weiche“ Ausschlusskriterien) wie z.B. Pufferzuschlag zur Wohnbauflächen, FFH-Gebiete, Landschaftsschutzgebiete, Wiesenbrütergebiete, Alpenraum, Vorranggebiete für Hochwasser und Vorbehaltsgebiete für Bodenschätze über den Plan gelegt.
Nach Abzug aller von Tabu- und Restriktionskriterien behafteten Flächen verbleiben die Potienzialflächen bzw. Suchräume. Die verbliebenen Potienzialflächen wurden dann mittels Einzelfallbetrachtung auf mögliche Konflikte der Windkraftnutzung mit den Belangen vor Ort untersucht. Das Ergebnis führte dann entweder zu einem direkten Ausschluss der Flächen oder zu Flächen auf denen Windkraftanlagen möglich sind.
Der derzeitige Planungsstand ist die konsolidierte Suchraumkulisse. Im nächsten Schritt erfolgt die informelle Kommunenbeteiligung.
Aus der am 12.03.2024 vorgestellten Suchraumkulisse ergibt sich grob gesagt, dass südlich von Bad Tölz keine Windkraftvorrangflächen sind und die in Frage kommenden Flächen sich überwiegend im Norden der Region Oberland befinden werden. Somit befinden sich auch Flächen im nördlichen Gemeindegebiet von Dietramszell.
In der letzten Sitzung des Planungsverbandes, wo wir online teilnehmen konnten, wurde folgendes weitere Vorgehen mitgeteilt:
Ab Mitte April finden Bürgermeister-Dienstbesprechungen statt in denen die Flächen vorgestellt werden. Im Vorfeld werden alle Gemeinden einen Beteiligungsleitfaden mit Kartenmaterial zur konsolidierten Suchraumkulisse ihrer Gemeinde zugesandt bekommen.
Das bis dato vorgelegte Kartenmaterial ist so grob dargestellt, dass die genau betroffenen Gebiete nicht genau festgestellt werden können. Von der Gemeinde Dietramszell wurden deshalb Karten mit einem geeigneten Maßstab angefordert um hier eine erste Einschätzung vornehmen zu können. Eine Vorstellung im Rahmen einer Bürgermeisterdienstbesprechung alleine ist nicht zielführend.
Verhältnis Regionalplanung zu kommunaler Planung Windenergie:
Die Ausweisung im Regionalplan erfolgt in Form von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten. Dies bindet die Gemeinde in der gleichen Form wie Vorrang- und Vorbehaltsgebiete anderer Nutzungen.
Ein Vorranggebiet hat den Charakter eines Ziels der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG („verbindliche Vorgabe“). Es ist für die bestimmte raumbedeutsame Funktion oder Nutzung vorgesehen.
Andere raumbedeutsame Nutzungen sind in diesen Gebieten ausgeschlossen, soweit diese nicht mit dem Ziel vereinbar sind. Windenergieanlagen sind in Vorranggebieten Windenergienutzung im Außenbereich privilegiert zulässig.
Im Unterschied dazu sind in Vorbehaltsgebieten den bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen (in diesem Fall Windenergie) bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen besonderes Gewicht bezumessen. Vorranggebiete haben den Charakter eines Grundsatzes der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG.
Folgende Fragestellungen wurden an den Planungsverband Oberland gestellt und am 22.03.204 folgendermaßen beantwortet:
Sehr geehrter Herr Hauser,
zu ihren per E-Mail vom 19. März gestellten Fragen sind die Antworten aufgeführt. Bitte haben Sie Verständnis, dass bei 98 Mitgliedskommunen eine gewisse Bearbeitungszeit notwendig ist.
1. Kann dort noch mit einer Privilegierung nach § 35 BauGB gebaut werden (Aussiedlerhöfe)?
Die Beantwortung der Frage werden wir Ihnen nächste Woche zukommen lassen, diese wird noch geprüft.
2. Inwiefern wird die Planungshoheit der Gemeinden durch die Festsetzung von den Gebieten beschränkt?
Die Gemeinde darf bauleitplanerisch keine Festlegungen treffen, die der Nutzung des Vorranggebietes widersprechen würden (z.B. keine widersprechenden FNP-Planungen wie z.B. Golfplatz, Freiflächenphotovoltaik etc.)
Aufgrund § 1 Abs. 4 BauGB sind die Gemeinden an die Ziele der Raumordnung (wozu insbesondere auch Vorranggebiete zählen) gebunden und müssen Bauleitpläne (also Flächennutzungsplan und Bebauungspläne) an diese Ziele der Raumordnung anpassen.
Diese Anpassungspflicht beinhaltet die Pflicht, raumbedeutsame Planungen oder Maßnahmen zu unterlassen, die das Ziel der Raumordnung nicht nur unerheblich beeinträchtigen. Daher ist darauf zu achten, dass gemeindliche Bauleitpläne die regionalplanerischen Vorgaben beachten.
Allerdings sind auch die Ziele der Raumordnung auf eine Konkretisierung durch die Bauleitplanung angewiesen. An den Rändern der Vorranggebiete entstehen aufgrund des Maßstabs 1:100.000 sog. „Randunschärfen“ (s. Frage 4). 100 m in der Natur entsprechen 1 mm in der Karte. Die Gemeinde darf diese Spielräume nutzen und durch Ihre Bauleitplanung ausfüllen.
Zudem können im Regionalplan sog. „weiße Flächen“ bestehen, die weder Vorrang-/ Vorbehaltsgebiet noch Ausschlussgebiet sind. Diese Flächen dürfen von den Gemeinden frei beplant werden. Zudem besteht gem. § 245e Abs. 5 BauGB ein erleichtertes Zielabweichungsverfahren.
3. Kann dort nichts mehr anderes errichtet werden als Windkraftanlagen? (Wir haben eine Überplanung des Gemeindegebietes für Freiflächenphotovoltaikanlagen erarbeiten lassen) Kann dort noch eine solche Anlage gebaut werden?
„Auch in Vorranggebieten für die Errichtung von Windenergieanlagen (LEP 6.2.2 Z) erscheint die Errichtung von PV-Freiflächenanlagen, welche flächendeckend und im Hinblick auf Ihre Wirtschaftlichkeit über einen längeren Mindestzeitraum hinweg betrieben werden müssen, mit der vorrangigen Nutzung grundsätzlich nicht vereinbar. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Anrechenbarkeit der Flächen auf das bayerische Flächenziel nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz. Im Einzelfall kann jedoch von vollumfänglich anrechenbaren Windenergiegebieten ausgegangen werden, wenn einschränkende Voraussetzungen in der Bauleitplanung den PV-Anlagenbetrieb dahingehen limitieren, dass neben der erstmaligen Errichtung von neuen Windenergieanlagen auch die Möglichkeit zum Repowering (ggf. an einem versetzten Standort) alter Windenergieanlagen sichergestellt ist. Insoweit bedarf es einer sorgfältigen Prüfung des jeweiligen konkreten Einzelfalls, ob eine konkurrierende Nutzung für PV-Freiflächenanlagen mit einer vorrangigen Windenergienutzung ausnahmsweise vereinbar sein kann. Eine Vereinbarkeit der beiden Nutzungen wird dabei an Bedingungen im Rahmen der Bauleitplanung für die PV-Freiflächenanlagen zu knüpfen sein, mit der die PV-Nutzung räumlich und zeitlich eingeschränkt wird, um die Durchsetzung der vorrangigen Windenergienutzung abzusichern.“
Hinsichtlich anderweitiger Nutzungen, insbesondere der Errichtung baulicher Anlagen, ist zwischen den Bauleitplänen (Flächennutzungsplan und Bebauungsplan) und Einzelgenehmigungen (insbesondere Baugenehmigungen) zu unterscheiden. Im Ergebnis wird die Errichtung einer Freiflächenphotovoltaik-Anlage in einem VRG Wind nur im Ausnahmefall möglich sein.
Hinsichtlich der Bauleitverfahren gelten die Ausführungen zu Frage 2. Bauleitpläne müssen sich an die Ziele der Raumordnung, hier dem Windvorranggebiet, anpassen. Auch Bauleitpläne, die zuvor erlassen worden, müssen ggf. nachträglich entsprechend überarbeitet werden. Soweit ein Flächennutzungsplan (oder Bebauungsplan) eine Fläche für Freiflächenphotovoltaikanlagen in einem Windvorranggebiet vorsieht, ist das grundsätzlich nicht möglich.
4. Wie genau werden die Flächen festgesetzt (Flurnummern genau)?
In den Regionalplänen werden grundsätzlich gebietsscharfe (nicht parzellenscharfe) Festlegungen getroffen, weshalb der Kartenmaßstab der Regionalpläne nach den Richtlinien für die zeichnerische Darstellung 1:100.000 beträgt: 100 m in der Natur entsprechen 1 mm in der Karte. Dieser Maßstab führt zwangsläufig zu einer gewissen Unschärfe in den Randbereichen der Vorranggebiete. Diese regionalplanerische Unschärfe ist gewollt und lässt insbesondere den Kommunen einen gewissen Spielraum, den Regionalplan bei Bedarf zu konkretisieren.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Holzinger
Planungsverband Region Oberland
Übersendung einer konsolidierten Suchraumkulisse:
Mit E-Mail wurde am 25.03.2024 die beiliegende Karte übersandt. Von der Verwaltung wurden in der Karte die Gemeindegrenzen markiert.
In der E-Mail wurde das weitere Vorgehen wie folgt beschrieben:
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
im Zuge der Regionalplanfortschreibung zum Thema Windkraftnutzung in der Region Oberland finden ab Mitte April Bürgermeister-Dienstbesprechungen und anschließend die informelle Vorabbeteiligung der Kommunen statt.
Zum Ablauf und Inhalt der informellen Vorabbeteiligung werden Sie in einem gesonderten Schreiben sowie im Rahmen von Bürgermeister-Dienstbesprechungen informiert. Diese informelle Vorabbeteiligung der Kommunen ersetzt nicht das förmliche Beteiligungsverfahren gemäß BayLplG.
Im Rahmen der Vorabbeteiligung stellen wir Ihnen für Ihre Kommune vor den Bürgermeister-Dienstbesprechungen hochaufgelöste Kartengrundlagen zur Verfügung. Die Erstellung dieser Karten ist noch nicht abgeschlossen.
Bei den Bürgermeister-Dienstbesprechungen wird auch Zeit zur Klärung allgemeiner Fragen sein. Falls noch individuelle Fragen Ihrer Gemeinde bestehen, können wir diese per Videokonferenz gerne nach der Bürgermeister-Dienstbesprechung beantworten.
Damit Sie sich im Vorlauf und für etwaige Abstimmungen bereits ein besseres Bild für Ihre Kommune machen können, senden wir Ihnen gerne anbei die Regionskarte der konsolidierten Suchraumkulisse (siehe Präsentation PA-Sitzung vom 12.03.2024, Folie 41) in einer höheren Auflösung zu.
Zur aktuellen Karte:
Die Karte wird Ihnen im Maßstab 1 : 100.000 zur Verfügung gestellt. Dies entspricht der späteren Darstellungsgröße im Regionalplan, da in Regionalplänen grundsätzlich nur gebietsscharfe (nicht parzellenscharfe) Festlegungen getroffen werden. Die späteren Vorranggebiete werden im rechtskräftigen Plan im Maßstab 1 : 100.000 ohne scharfe Grenze dargestellt, was zwangsläufig zu einer gewissen Unschärfe in den Randbereichen der Vorranggebiete führt. Diese regionalplanerische Unschärfe ist gewollt und lässt insbesondere den Kommunen einen gewissen Spielraum, den Regionalplan bei Bedarf zu konkretisieren.
Die aktuelle Suchraumkulisse umfasst nicht die geplanten Flächen für Vorranggebiete, sondern wird nun weiter auf ihre Eignung als mögliches Vorranggebiet untersucht.
Bisher wurden ausschließlich Flächen abgezogen, die sich aus rechtlichen oder faktischen fachlichen Gründen nicht für Windkraft eignen. Innerhalb der aktuellen Suchraumkulisse ist dennoch mit weiteren Konflikten zu rechnen, die zu einer weiteren Verkleinerung der Suchräume führen können. Diese konfliktträchtigen Suchräume wurden zum aktuellen Zeitpunkt nicht von vornherein ausgeschlossen werden, da bisher noch keine abschließende Klärung möglich war.
Bitte beachten Sie, dass wie angekündigt die konsolidierte Suchraumkulisse nochmals überarbeitet werden musste, so dass sich im Vergleich zur Präsentation im Planungsausschuss am 12.03.2024 die Flächen nochmals geändert haben.
Bei Fragen steht Ihnen die Geschäftsstelle des Regionalen Planungsverband weiterhin zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Holzinger
Planungsverband Region Oberland
Geschäftsstelle Region 17
Prof.-Max-Lange-Platz 1
83646 Bad Tölz