Bauantrag wegen Aufstockung der Doppelhaushälfte in 85560 Ebersberg, Candid-Huber-Str. 17, FlNr. 922/22, Gemarkung Ebersberg


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Technischen Ausschusses, 20.06.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Technischer Ausschuss Sitzung des Technischen Ausschusses 20.06.2023 ö beschließend 6

Sachverhalt

Die Antragsteller beabsichtigen die bestehende Doppelhaushälfte aufzustocken um dort mehr Wohnraum zu schaffen. 

Folgendes ist geplant:

Erhöhung der Wandhöhe durch Dachanhebung um 1,20 m
Einbau eines Zwerchgiebels auf der Westseite (B = 4 m)
Satteldach mit DN 20° auf der Westseite und 28° auf der Ostseite

Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 54-Ebersberg-Nordwest. 

Dieser Bebauungsplan setzt für die Gebäude Doppelhäuser fest. Es sind zwei Vollgeschosse zulässig. Die Dachneigung darf sich zwischen 20 und 28° bewegen. Die Traufhöhe darf maximal 6 m betragen. 

Bei dem Bebauungsplan handelt es sich um einen einfachen Bebauungsplan. Das Gebäude muss sich im Übrigen nach § 34 BauGB einfügen. 

Die Nachbarn haben dem Bauvorhaben zugestimmt. 

Bei dem geplanten Vorhaben geht es um eine Aufstockung sowie den Ausbau des Dachgeschosses zu Wohnzwecken (Erweiterung des Wohnraums). Insofern spielen Fragen des Einfügens nach Art der baulichen Nutzung und über die überbaubare Grundstücksfläche keine Rolle. Somit kommen allenfalls die Belange „Bauweise“ und das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung in Betracht. 
Aufgrund der nachbarlichen Zustimmung ist von keiner Nachbarrechtsverletzung auszugehen. 

Das Vorhaben fügt sich nach seiner Bauweise ein. Die nach § 22 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauNVO analog zu beurteilende „einseitige“, sprich asymmetrische Aufstockung der Doppelhaushälfte ist für zumutbar, weil sie sich noch im Rahmen des durch die beidseitig grenzständige Bebauung begründeten, sog. nachbarlichen Austauschverhältnisses hält.
§ 22 Abs. 2 BauNVO stellt nach der sog. „Doppelhaus-Entscheidung“ des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. vom 24.2.2000 a.a.O.) eine die offene Bauweise modifizierende Regelung dar: Demnach darf ein Doppelhaus ausnahmsweise ohne seitlichen Grenzabstand errichtet werden, sofern die Gebäudehälften in „wechselseitiger und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden“, so dass sie sich als „bauliche Einheit“ darstellen. Diese Modifikation beruht auf einem „wechselseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze“, woraus eine „enge Wechselbeziehung, die jeden Grundstückseigentümer zugleich begünstigt und belastet“ resultiert. Daraus ergibt sich wiederum die Konsequenz eines „nachbarlichen Austauschverhältnis[es], das nicht aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden darf“.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Anforderungen an die bauliche Einheit in seiner Doppelhaus-Entscheidung - allerdings zur Frage eines horizontalen Versatzes - wie folgt präzisiert: „Damit wird nicht gefordert, dass die ein Doppelhaus bildenden Gebäude vollständig oder im Wesentlichen deckungsgleich aneinandergebaut werden müssen. Die beiden „Haushälften" können auch zueinander versetzt oder gestaffelt an der Grenze errichtet werden, sie müssen jedoch zu einem wesentlichen Teil aneinandergebaut sein. Insoweit setzt die Doppelhaus-Festsetzung der Baufreiheit Schranken. In welchem Umfang die beiden Haushälften an der Grenze zusammengebaut sein müssen, lässt sich jedoch weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual festlegen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.“ (BVerwG, Urt. vom 24.2.2000 a.a.O.)

Solche Prämissen sind grundsätzlich auch auf einen „vertikalen Versatz“, sprich auf eine Dachaufstockung übertragbar. Da aber ein derartiger Eingriff in die einheitliche Dachform von einem Durchschnittsbetrachter deutlicher bzw. „intensiver“ wahrgenommen wird als ein horizontaler Versatz, ist insgesamt ein etwas strengerer Maßstab anzulegen. Denn eine solch verstärkte Wahrnehmung wirkt sich konsequenterweise auch auf das nachbarliche Austauschverhältnis aus (so etwa in Bezug auf den Wert und das „Erscheinungsbild“ des Doppelhauses und die damit verbundene Beeinträchtigung jedes Eigentümers).
Die vorliegende Aufstockung hält diese Vorgaben nach Ansicht der Stadt noch ein.
Es wird zwar nicht unerheblich in die vorhandene Dachform und damit in die Symmetrie des Doppelhauses eingegriffen. Allerdings wirkt die geplante Aufstockung nicht unmaßstäblich. Die seitlichen Außenwände sind gemessen ab ihrem Dachaustritt nur 1,2 m hoch. Es lässt daher jedenfalls nicht den Eindruck eines völlig anderen, nicht zum Gesamtdoppelhaus zugehörigen, sondern bloß angebauten Baukörpers entstehen. Es bleibt vielmehr Bestandteil von dessen baulicher Einheit. Dies entspricht dem Stand der Rechtsprechung (z. B. VG München, Urt. vom 07.08.2008 – M 8 K 07.3202; dort wurde eine Aufstockung eines Laternengeschosses von 1,45 m Höhe zugelassen). 
Ein höhenvergleichbares Gebäude befindet sich auf FlNr. 918/3. 
Gleiches gilt beim Einbau des Zwerchgiebels. Beim Gebäude in der Candid-Huber-Str. 21 wurde 2019 eine Dachgaube mit 5,18 m Breite zugelassen. 
Nach Ansicht der Verwaltung fügt sich das Gebäude daher gemäß § 34 Abs. 1 BauGB ein.
Durch die Aufstockung werden die Abstandsflächen nach der städt. Satzung eingehalten.
Durch die Änderung der baulichen Anlage ist durch den Antragsteller ein weiterer PKW-Stellplatz (bislang nur einer vorhanden) nachzuweisen. Nach Art. 47 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. städt. Stellplatzsatzung ist bei Änderungen von baulichen Anlagen der zusätzliche Stellplatzbedarf nachzuweisen. Für eine Doppelhaushälfte sind demnach zwei PKW-Stellplätze vorzuhalten. 
Unter dieser Voraussetzung kann dem Vorhaben das Einvernehmen erteilt werden.  
 

 

Diskussionsverlauf

StRin Platzer weist daraufhin, dass die Rechtsprechung mittlerweile 23 Jahre alt ist. Hier liegt ein gelungenes Beispiel für Nachverdichtung vor. 
StR Otter befürwortete die Maßnahme an dieser Stelle, wies aber trotzdem auf die Möglichkeiten der Bebauungsplanänderung hin. 

Beschluss

Der Technische Ausschuss hat Kenntnis vom Bauantrag wegen Aufstockung der bestehenden Doppelhaushälfte in 85560 Ebersberg, Candid-Huber-Str. 17, FlNr. 922/22, Gemarkung Ebersberg und erteilt dem Vorhaben das gemeindliche Einvernehmen. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 11, Dagegen: 0

Datenstand vom 29.06.2023 08:17 Uhr