Änderung der Friedhofs- und Bestattungssatzung vom 24.08.1982 in der vierten Änderungsfassung vom 18.12.2012; a) Verbot von Kinderarbeit; b) Sarglose Bestattung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 19.03.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Umwelt-, Sozial- und Kulturausschuss Sitzung des Umwelt-, Sozial- und Kulturausschusses 20.02.2024 ö vorberatend 7
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 19.03.2024 ö beschließend 9

Sachverhalt

a) Es wird Bezug genommen auf den Antrag der Faktion Bündnis 90/Die Grünen, die Friedhofssatzung um das „Verbot von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit“ zu ergänzen. (Dieser Antrag wurde in der Sitzung des Umwelt-, Sozial- und Kulturausschusses am 18.05.2021, Top 13, einstimmig beschlossen.) 
Da die örtlichen Steinmetze sich schon seit Jahren an das Verbot von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit halten, ist mit dieser Satzungsänderung auf einen weiteren Satzungsänderungsgrund gewartet worden.
In der Mustersatzung des Kommentars zum Friedhofs- und Bestattungsrecht in Bayern wird folgende Satzungsregelung vorgeschlagen, die in der städtischen Satzung an § 23 angefügt werden könnte: 

§23 a Verbot von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit
Grabsteine und Grabeinfassungen aus Naturstein dürfen nur aufgestellt werden, wenn sie ohne schlimmste Formen von Kinderarbeit im Sinne des Art. 3 des Übereinkommens Nr. 182 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 17.06.1999  über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (BGBl. 2001 II S.1290, 1291) hergestellt worden sind und hierfür ein Nachweis gemäß Art. 9a Abs. 2 BestG in der jeweils geltenden Fassung vorgelegt wird. Die Herstellung im Sinne dieser Vorschrift umfasst sämtliche Bearbeitungsschritte von der Gewinnung des Natursteins bis zum Endprodukt. 
Eines Nachweises gemäß Satz 1 bedarf es nicht, wenn der Letztveräußerer glaubhaft macht, dass die Grabsteine und Grabeinfassungen aus Naturstein oder deren Rohmaterial vor dem 01. September 2016 in das Bundesgebiet eingeführt wurden. 

Der Umwelt-, Sozial- und Kulturausschuss hat sich in seiner Sitzung am 20.02.2024 mit der Thematik befasst und einen entsprechenden einstimmigen Empfehlungsbeschluss gefasst.

Beschlussvorschlag:

Der Stadtrat beschließt die Einführung des o.b. neuen § 23a in die städtische Friedhofs- und Bestattungssatzung in der aktuell gültigen Fassung.


b) Es wird Bezug genommen auf den Antrag der SPD-Stadtratsfraktion: „Sarglose Bestattung auf unseren Friedhöfen“. (Dieser Antrag wurde in der Sitzung des Umwelt-, Sozial- und Kulturausschuss am 18.05.2021, Top 12 einstimmig beschlossen.)
Hier ist abgewartet worden, ob es anlässlich des aktuellen Themas eine Änderung der bayerischen Mustersatzung gibt. Dies ist bislang aber nicht der Fall. Auch die Stadt München wollte nun nicht mehr länger warten und hat in Abstimmung mit dem Bayerischen Gemeindetag eine Regelung für die städtische Friedhofs- und Bestattungssatzung erarbeitet. Diese dürften wir verwenden.
Für die muslimischen Beisetzungen wurden vom Verein DITIB Kirchseeon e.V. und vom Iman Acikgöz 3 Grabfelder ausgesucht. Diese befinden sich etwas abseits der anderen Grabfelder östlich des Aufganges zu den Baumgräbern. 
Pro Grabfeld sind zwei Reihen (außer Grabfeld 1: wegen Baumnähe nur eine Reihe) für muslimische Bestattungen angelegt, pro Reihe gibt es 7 Gräber also insgesamt 14 Stück. 
Die Gräber sind schräg angeordnet, so dass die Verstorbenen nach der Beisetzung in Richtung Mekka schauen können. 
Laut dem Verein DITIB und dem muslimischen Iman Acikgöz sind die Gräber richtig angeordnet. Die Verstorbenen können in einem Einzelgrab auch übereinander beigesetzt werden (zwei Erdbestattungen). Die Gräber bleiben in Familienbesitz auf Lebenszeit. Die Stadt muss daher die Ruhefrist von 12 Jahren nicht verändern. Der Grabbesitzer kann nach 12 Jahren wieder das Nutzungsrecht verlängern und bestimmen, ob jemand zusätzlich in dem Grab beigesetzt wird oder nicht. 
Die Grabsteine sind max. 50 cm x 50 cm groß und werden auf Höhe des Kopfes des Verstorbenen aufgestellt. Die Grabsteine sind meistens aus hellem Marmor. Ein Grabhügel mit Blumen wird auch bei muslimischen Beisetzungen angelegt. 
Der für die Ausgrabungen auf den städtischen Friedhöfen zuständige Bestatter darf das Grab öffnen. Ein muslimischer Bestatter legt die Verstorbenen in das Grab. Die Verstorbenen werden von den Angehörigen mit Erde bedeckt und danach wird vom ersten Bestatter (Bestattungshilfe Riedl) der Grabhügel angelegt. 
Falls eine Trauerfeier für einen muslimischen Verstorbenen in der Aussegnungshalle stattfinden sollte, müssen alle christlichen Symbole abgedeckt werden. Der Transport eines muslimischen Verstorbenen zur Aussegnungshalle und bis vor das Grab kann durch die Bestattungshilfe Riedl erfolgen. Der Verstorbene wird zum Gebetsstein gebracht und dort abgestellt. Ein Iman spricht Gebete und auch die Anwesenden huldigen den Verstorbenen. Die Angehörigen und der islamische Bestatter tragen den Sarg zum Grab und nehmen den Verstorbenen heraus. 
Der islamische Bestatter oder/und ein Teilnehmer der Trauergemeinde steigen in das Grab und der Verstorbene wird langsam hinuntergelassen. Der Verstorbene wird im Grab gedreht und auf die rechte Seite gelegt, damit sein Kopf Richtung Mekka schaut. Danach wird der Verstorbene mit Brettern bedeckt, um zu verhindern, dass die Erde auf dem Verstorbenen direkt zum Liegen kommt. 
Mit der Bestattungshilfe Riedl muss wegen der Gestaltung der Aussegnungshalle und des Transportwagens zum Bestattungsort noch gesprochen werden, da sich die hoheitlichen Aufgaben zwischen der Bestattungshilfe Riedl und einem islamischen Bestatter vermischen. 
Vor dem Bau des Neuen Friedhofes wurde vom Gesundheitsamt bereits die Bodenbeschaffenheit geprüft und seit November 1982 finden dort Beisetzungen statt. Eine Beisetzung vom Verstorbenen im Leichentuch dürfte hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit keine Probleme bereiten.
Aus finanziellen Gründen konnte bislang der Gebetsstein nicht in Auftrag gegeben werden, die entsprechende Ausgabe ist im Haushalt 2023 gestrichen worden und wird im Haushalt 2024 neu beantragt. 

Die vorgeschlagene Regelung könnte in der städtischen Satzung nach § 30 als neuer § 31 eingefügt werden.

§ 31
Sargbeisetzungen

(1) Für die Sargbeisetzungen sind, soweit gesetzlich keine anderen Materialien
zugelassen sind, Särge aus Vollholz zu verwenden. Die Särge müssen so be-
schaffen sein, dass
a) die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des
Bodens oder des Grundwassers nicht nachteilig verändert wird;
b) die Verwesung der Leiche innerhalb der Ruhezeit ermöglicht wird;
c) bis zur Bestattung keine Flüssigkeit austreten kann.

(2) Für Sargausstattungen, Leichensäcke sowie Leichen- und Ablasstücher sowie
andere Materialien, die bei der Erdbestattung ohne Sarg Verwendung finden,
und zur Bekleidung von Leichen ist leicht vergängliches Material, wie Leinen,
Wolle, Seide oder Viskose zu verwenden; Abs. 1 Satz 2 a) und b) gilt entsprechend.

(3) Aus religiösen und weltanschaulichen Gründen können in dafür vorgesehenen
und geeigneten Grabstätten Erdbestattungen von nicht infektiösen oder
hochkontagiösen Leichen in einem Leichentuch ohne Sarg gemäß § 30 Abs. 2
Bestattungsverordnung (BestV) zugelassen werden. Sofern bei der Beisetzung hygienische Gründe auftreten, die der Beisetzung entgegenstehen, muss die Beisetzung mit Sarg erfolgen. Für den Transport der/ des Verstorbenen zum Grab und bei den Gebeten am Gebetsstein sind geschlossene Särge nach Maßgabe von Abs. 1 Satz 1 zu verwenden. Leichen- und Ablasstücher sowie andere Materialien, die bei der Erdbestattung ohne Sarg Verwendung finden, müssen vom Auftraggeber der Erdbestattung gestellt werden. 

 (4) Der von den Bestattungspflichtigen beauftragte Bestatter kann die ehrenamtliche Verfüllung der Grabstätte mit Erdmaterial durch Angehörige zulassen. Der Bestatter haftet für alle hierbei entstehenden Personen- und /oder Sachschäden. 
 
§ 31 Ordnungswidrigkeiten wird zu § 32
§ 32 Einzelanordnungen und Ersatzvornahme wird zu § 33
§ 33 Haftung wird zu § 34
§ 34 Inkrafttreten wird zu § 35

Der Umwelt-, Sozial- und Kulturausschuss hat sich in seiner Sitzung am 20.02.2024 mit der Thematik befasst und einen entsprechenden einstimmigen Empfehlungsbeschluss gefasst. Zusätzlich wurde darum gebeten, die Möglichkeit der Aufstellung von Urnenwänden auf den städtischen Friedhöfen zu prüfen.

Beschluss 1

Der Stadtrat beschließt die Einführung des o.b. neuen § 23a in die städtische Friedhofs- und Bestattungssatzung in der aktuell gültigen Fassung.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 21, Dagegen: 0

Beschluss 2

Der Stadtrat beschließt die Einführung des o.b. neuen § 31 in die städtische Friedhofs- und Bestattungssatzung in der aktuell gültigen Fassung.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 21, Dagegen: 0

Dokumente
Friedhofs- und Bestattungssatzung Stand 2013 (.pdf)

Datenstand vom 22.03.2024 08:20 Uhr