Für den vorgenannten Bebauungsplan wurde die Veränderungssperre mit Beschluss vom 10.10.2023 bis 18.07.2024 verlängert.
Grund hierfür waren die Fragen, die sich aufgrund der Planung für den Bereich der Grundstücke FlNr. 850/3 und 850/4 Gemarkung Ebersberg (Bürgermeister-Eichberger-Str. 3 und 5) in Bezug auf das mögliche Heranrücken der Wohnbebauung an den südlich angrenzenden Sanitär- und Heizungsbaubetrieb, ergaben.
Die Verwaltung hat die betroffenen Grundstückseigentümer mit einem Schreiben zum Sachverhalt angehört und mitgeteilt, dass vorgesehen sei, die südlichen und östlichen Baugrenzen im Bereich der Grundstück FlNr. 850/3 und 850/4 auf den bewohnten Bestand zurückzunehmen. Dies habe zur Folge, dass kein zusätzliches Baurecht im Rahmen der Nachverdichtung entstehen kann.
Die betroffene Wohnungseigentümergemeinschaft ließ sich daraufhin rechtlich vertreten und erhob zum Bebauungsplanentwurf in der vorgeschlagenen Form Einwendungen. Es wird dringend angeregt, die Baugrenze entsprechend dem Verlauf der westlich liegenden Grundstücke auch für die betroffenen FlNr. 850/3 und 850/4 Gemarkung Ebersberg festzusetzen.
Hier wird einmal der mögliche Entzug von Baurecht nach § 34 BauGB angesprochen und andererseits die Verlagerung der Lösung des Immissionskonfliktes in das nachfolgende Genehmigungsverfahren.
Insbesondere die Verlagerung der Konfliktbewältigung ist nach der herr. Rechtsprechung nur in sehr begrenztem Maße möglich.
Das Abwägungsgebot erfordert gem. § 1 Abs. 7 BauGB, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass in sie alle relevanten Belange eingestellt werden, dass die Bedeutung der betroffenen Belange nicht verkannt und der Ausgleich zwischen ihnen nicht in unverhältnismäßiger Weise vorgenommen wird. Diese Vorschrift enthält das Gebot, die von der Planung betroffenen öffentlichen und privaten Belange zu ermitteln und gegeneinander sowie untereinander gerecht abzuwägen.
Die Annahme, der Konflikt ließe sich nicht mit bauplanerischen Maßnahmen steuern und es der Genehmigungsbehörde zu überlassen, würde dem Gebot der Konfliktbewältigung als Ausprägung des Abwägungsgebotes an dieser Stelle widersprechen. Es verlangt, dass jeder Bebauungsplan die von ihm geschaffenen oder ihm sonst zurechenbare Konflikte grundsätzlich selbst zu lösen hat. Von einer abschließenden Konfliktbewältigung darf die Stadt als Plangeberin nur Abstand nehmen, wenn die Durchführung der notwendigen Konfliktlösungsmaßnahmen (hier wären Schallschutzmaßnahmen gemeint) außerhalb des Planungsverfahrens sicher lösbar sind.
Dies ist vorliegend jedoch nicht abschließend einschätzbar.
Vorliegend geht es um Gewerbelärm. Um die Auswirkungen des Gewerbelärms beurteilen zu können wird im Bauleitplanverfahren die TA Lärm (Technische Anleitung Lärm) als Auslegungshilfe bzw. als normkonkretisierende Vorschrift herangezogen. Dabei ist zu prüfen, ob durch die heranrückende Wohnbebauung neue Immissionsort geschaffen werden. An denen sind die Immissionsrichtwerte für die jeweilige Gebietsart 0,5 m vor dem geöffneten Fenster einzuhalten.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass im Geltungsbereich der TA Lärm grundsätzlich die Möglichkeit der Anordnung von nicht öffenbaren Fenstern besteht, die dann keine relevanten Messpunkte im Sinne von Nr. 2.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.3 ihres Anhangs darstellen. Denn aus der Maßgeblichkeit der Außenimmissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm und der Definition des maßgeblichen Immissionsorts in A 1.3 des Anhangs der TA Lärm – bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raums – ergibt sich, dass diese Regelung keine Anwendung findet, wenn die Fenster nicht zu öffnen sind (BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – BVerwGE 145, 145). Festverglaste Elemente stellen damit schon nach der Definition der TA Lärm keinen Immissionsort dar.
In wie weit bei der vorgesehenen Bebauung auf FlNr. 850/3 und 850/4 auf der Südseite eine Festverglasung zum Schutz vor unzumutbaren Lärmeinwirkungen angeordnet werden kann, ist auf der Ebene der Bauleitplanung zu prüfen. Darüber hinaus sind andere Alternativen, wie Grundrissorientierung usw. in die Abwägung einzustellen.
Demgegenüber steht die Festsetzung einer tieferen Baugrenze, die möglicherweise nicht voll bzw. nur kaum ausgenutzt werden kann, da das Vorhaben sich ansonsten unzumutbaren Beeinträchtigungen aussetzen würde um damit das Gebot der Rücksichtnahme verletzt. Es stellt sich daher die Frage nach der Erforderlichkeit einer großzügigeren Baugrenzenfestsetzung.
Ein Ermittlungsdefizit würde schon bestehen, wenn sich die Stadt keine Klarheit über die tatsächlichen schalltechnischen Verhältnisse in diesem Bereich verschafft. Insofern ist für die sachgerechte Weiterführung der Planung eine schalltechnische Untersuchung des Bereichs der FlNr. 850/3 und 850/4 erforderlich. Die Untersuchung ist zur ordnungsgemäßen Abwägung notwendig und muss daher von der Stadt beauftragt werden.
Daneben wird klargestellt, dass nach der aktuellen Rechtsprechung eine heranrückende Wohnbebauung gegenüber einem bestehenden emittierenden Betrieb das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, wenn ihr Hinzutreten die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter den der Betrieb arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert. Dies wäre, sofern man der Einwendung nachkommen würde, zu besorgen. Um sich Klarheit über die tatsächlichen Verhältnisse zu schaffen, muss die Situation schalltechnisch betrachtet werden. Dies ist nur über ein entsprechendes Gutachten möglich.
Seitens der Verwaltung wird daher empfohlen, eine solche Untersuchung in Auftrag zu geben. Erfahrungsgemäß sind hier mit Kosten von ca. 3.500,- € zu rechnen. Im Haushaltsplan 2024 sind bei Haushaltsstelle 6100.6550 Haushaltsmittel in der notwendigen Höhe eingestellt.
Um die Erstellung des Schallschutzgutachtens und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Festsetzungen des Bebauungsplanes abzusichern, soll die bislang geltende Veränderungssperre verlängert werden.
Sie gilt bislang bis zum 18.07.2024. Eine Verlängerung bis 31.12.2024 wird empfohlen und wäre nach § 17 Abs. 1 BauGB noch im rechtlich zulässigen Rahmen (Verlängerung um ein Jahr).
Die Voraussetzungen für die Veränderungssperre liegen weiterhin vor.
Es wird daher empfohlen, folgende Satzung zu beschließen:
Satzung
über die Verlängerung der Veränderungssperre für das Gebiet des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes Nr. 221 „Bürgermeister-Eichberger-Straße“ für das Gebiet nördlich und südlich der Bürgermeister-Eichberger-Straße, südlich und östlich der Floßmannstraße, westlich der Bürgermeister-Müller-Straße;
vom …
Auf Grund der §§ 14,16 und 17 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 03.11.2017 (BGBl. I S. 3634), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 20.12.2023 (BGBl.2023 I S. 394) in Verbindung mit Art. 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.08.1998 (GVBl. 1998, 796), zuletzt geändert durch § 1 Abs. 6 der Verordnung vom 04.06.2024 (GVBl. S. 98) erlässt die Stadt Ebersberg folgende Satzung:
§ 1 Anordnung der Verlängerung der Veränderungssperre
- Zur Sicherung der Planung des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes Nr. 221 „Bürgermeister-Eichberger-Straße“ für das Gebiet nördlich und südlich der Bürgermeister-Eichberger-Straße, südlich und östlich der Floßmannstraße, westlich der Bürgermeister-Müller-Straße“ wurde durch Satzung vom 11.01.2022 eine Veränderungssperre gemäß § 14 Abs. 1 BauGB angeordnet. Die Bekanntmachung erfolgte am 18.01.2022.
- Die Veränderungssperre wurde mit Bekanntmachung vom 30.10.2023 um sechs Monate, bis 18.07.2024, verlängert.
- Die Geltungsdauer dieser Veränderungssperre wird gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB um sechs Monate verlängert. Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit der Bebauungsplan für das in § 2 genannte Gebiet rechtsverbindlich wird, spätestens jedoch am 31.12.2024.
§ 2 Räumlicher Geltungsbereich
Der räumliche Geltungsbereich der Veränderungssperre umfasst das gesamte Bebauungsplangebiet.
§ 3 Inhalt
Im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre dürfen
1. Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht
beseitigt werden,
2. erhebliche oder wesentliche wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und
baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder
anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden.
Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden
sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis
erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte
begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher
ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.
Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der
Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen
trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Stadt.
§ 4 Inkrafttreten und Geltungsdauer
Die Satzung über die Verlängerung der Veränderungssperre tritt mit der öffentlichen Bekanntmachung in Kraft (§16 Abs. 2 BauGB).
Haushaltsrechtliche Auswirkungen:
Ja – Erstellung Schallschutzgutachten ca. 3.500,-€