Der Antragsteller beabsichtigt, auf dem vorgenannten Grundstück folgende bauliche Anlagen zu errichten:
1 Baukörper (43m x 16m); die Nutzung soll Beherbergung (Hotel-/Pensionsnutzung) im UG, 1. OG und DG sein. Im Erdgeschoss ist eine Restaurantnutzung vorgesehen.
1 Baukörper (20m x 16m); die Nutzung soll hier ebenfalls Beherbergung im OG und DG sein. Im UG sind Büros vorgesehen. Im Erdgeschoss sollen zwei Betriebswohnungen, wobei eine Wohnung als Betriebsleiterwohnung bezeichnet ist, eingebaut werden.
Auf die beiliegenden Pläne und das Schreiben des Antragstellers (siehe Anlage) wird insoweit verwiesen.
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des rechtskr. qualifizierten Bebauungsplanes Nr. 142 – Handwerkerhof Langwied. Dieser setzt für das antragsgegenständliche Grundstück ein Gewerbegebiet (GE gemäß § 8 BauNVO) fest. Beherbergungsbetriebe und ein Restaurant sind als Gewerbebetriebe aller Art gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig.
Das kleinere Gebäude mit den Appartements und der Betriebsleiterwohnung ist nach Auffassung der Verwaltung planungsrechtlich nicht zulässig. Zum einen sollen laut den vorliegenden Planunterlagen im Dachgeschoss insgesamt 6 Appartements eingebaut werden. Diese erlauben es, da sie mit einer vollwertigen Küche ausgestattet sind, dort auf Dauer zu wohnen.
Der städtebauliche Begriff des Wohnens ist gesetzlich nicht bestimmt. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat das Wohnen im planungsrechtlichen Sinn, als eine auf gewisse Dauer angelegte, eigenständige Gestaltung des häuslichen Lebens auf der Grundlage eines freiwilligen Aufenthalts bezeichnet (vgl. BVerwG, Beschl. vom 25.03.1996 – 4 B 302.95). Der Begriff des Wohnens bezieht sich auf die baulich-räumliche Ausgestaltung und Ausstattung des Gebäudes sowie auf seine objektive Zweckbestimmung. Die Nutzung des Vorhabens bestimmt sich nach der objektiven Eignung der baulichen Anlage unter Einschluss der ihr zugedachten Funktion. Zum Wohnen gehören bestimmte Ausstattungsmerkmale des Gebäudes, vor allem ein entsprechender Grundriss sowie eine Küche oder eine Kochgelegenheit (vgl. BVerwG Urt. vom 29.04.1992 – 4 C 43.89 in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB RdNr. 37 zu § 3 BauNVO). Im Kern heißt “Wohnen“, ein im Wesentlichen selbstbestimmtes, häusliches Leben zu führen. Zur eigenständigen Haushaltsführung gehört, dass den Menschen der Wohnraum rechtlich, mindestens aber tatsächlich hinreichend gesichert zugeordnet und dieser Lebensbereich gegen unmittelbare Verfügungsgewalt Dritter wirksam als Rückzugsraum für die Entfaltung des privaten Lebens abgeschirmt ist (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB RdNr. 38 zu § 3 BauNVO).
So liegt der Fall hier. Die Räume im Dachgeschoss des nordwestlichen Gebäudes sind über ein zentrales Treppenhaus erschlossen. Von dort gehen die einzelnen Wohnungstüren ab; jede Einheit ist für sich genommen abgeschlossen und einzeln nutzbar. Somit ist das Kriterium des Rückzugsraumes erfüllt. Alle Appartements sind mit Küchen bzw. Küchenzeilen ausgestattet. Somit kann in jedem der sechs Appartements (Nr. 15 – 20) im Sinne der vorstehenden Definition ein im Wesentlichen selbstbestimmtes, häusliches Leben geführt und damit gewohnt werden. Bei den beiden Appartements im Obergeschoss (Nr. 9 und 14) verhält es sich gleichermaßen.
Wohnhäuser bzw. wohnähnliche Nutzungen sind im Gewerbegebiet generell unzulässig. Von einer solchen Festsetzung kann auch nicht befreit werden, da hier die Grundzüge der Planung berührt werden (§ 31 Abs. 2 BauGB). Die Zulassung von Wohnungen würde auch nachbarliche Belange beeinträchtigen, da Grundstückseigentümer im Gewerbegebiet einen sog. Gebietserhaltungsanspruch haben und davon ausgehen dürfen, dass sie keinerlei Einschränkungen durch heranrückende störungsempfindliche Wohnnutzung zu erwarten haben. Nutzungen dieser Art wären allenfalls in einem Mischgebiet planungsrechtlich zulässig.
Das geplante Gebäude in dem auch die Betriebsleiterwohnung vorgesehen ist, liegt zum größten Teil auf der im Bebauungsplan als Parzelle 9 bezeichneten Fläche.
Im Gewerbegebiet sind zwar gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO Wohnungen für den Betriebsleiter zulässig, allerdings schließt der Bebauungsplan für den Bereich der Parzelle 9 die Geltung dieser Ausnahmeregelung aus.
Der Ausschluss dieser Nutzungen ist begründet durch die städtische Kläranlage, die dem Baugebiet direkt gegenüberliegt. Ausweislich der Begründung des Bebauungsplanes (vgl. Ziff. 8.2 der Begründung) beträgt der übliche Abstand für Wohngebäude 300 m und für gewerbliche Gebäude 200m. Dieser Abstand kann durch die Gebäude, die aufgrund des Bebauungsplanes zulässigerweise errichtet werden, nicht eingehalten werden. Um die Belange der gesunden Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) nicht zu gefährden, wurden an dieser Stelle des Plangebietes Wohnnutzungen jeglicher Art generell ausgeschlossen. Auf diese Problematik hat das LRA Ebersberg bereits in seinem Schreiben vom 21.09.1999 im Rahmen der 10. Flächennutzungsplanänderung hingewiesen. Der Technische Ausschuss hat diese Regelung in seiner Sitzung vom 15.02.2000 (TOP 12, öffentlich) so beschlossen.
Von dieser Regelung kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB keine Befreiung erteilt werden, da die Abweichung mit den öffentlichen Belangen nicht vereinbar wäre. Als überwiegender öffentlicher Belang ist hier der ungestörte und gesicherte Betrieb der städtischen Kläranlage und damit der ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung anzusprechen. Im Falle einer Befreiung und damit einer Zulassung von Wohnnutzung ist aufgrund der dynamischen Auslegung des Immissionsschutzrechts mit Beschwerden seitens der künftigen Bewohner zu rechnen, die dann einen Anpassungsbedarf u. U. mit erheblichen finanziellen Auswirkungen bei der störenden Anlage auslösen können (vgl. BVerwG, Urt. vom 29.11.2012 – 4 C 8.11).
Das vorliegende Bauvorhaben hält die überbaubaren Grundstücksflächen nicht ein. Der Bebauungsplan Nr. 142 – Handwerkerhof Langwied sieht an der Stelle, an der der größte Teil des nordwestlichen Gebäudes errichtet werden soll, keinen Bauraum vor. Diese Fläche darf somit mit baulichen Anlagen nicht überbaut werden. Auch hier ist keine Befreiungslage erkennbar, da die Stadt die Baugrenzen im Rahmen des Verfahrens bewusst so festgesetzt hat.
Die festgesetzte Ortsrandeingrünung des Plangebietes soll sowohl im Norden als auch im Osten durch Stellplätze überbaut werden. Dies ist nach dem bestehenden Bebauungsplan ebenfalls nicht zulässig.
Insgesamt kann allenfalls eine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit für einen Hotelbetrieb mit Restaurant erkannt werden. Aufgrund der Vielzahl von Abweichungen kann dem Vorhaben das Einvernehmen nicht in Aussicht gestellt werden.
Wohnnutzungen oder dem Wohnen ähnliche Nutzungen sind hier nicht möglich. Sie können nach Ansicht der Verwaltung auch nicht durch Änderung des Bebauungsplanes erreicht werden. Die öffentlichen Belange der gesicherten und ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung würden sich mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit gegenüber dem privaten Interesse des Bauwerbers nach optimaler wirtschaftlicher Ausnutzung seines Grundstücks in einem Abwägungsvorgang zugunsten des Wohles der Allgemeinheit durchsetzen. Anderenfalls bestünde die große Gefahr, dass hier ein Abwägungsfehler (sog. Abwägungsfehleinschätzung) vorliegen würde, da die Bedeutung des betroffenen Belangs – hier die gesicherte Abwasserbeseitigung – verkannt wurde.