Mit Schreiben vom 09.06.2020 beantragt die EBERwerk GmbH & Co. KG die Änderung des Flächennutzungsplanes, sowie die Aufstellung eines Bebauungsplanes für die Zulassung einer Freiflächenfotovoltaikanlage auf dem Grundstück FlNr. 2987, Gemarkung Oberndorf, südöstlich von Halbing.
Die geplante Leistung der Anlage soll laut Angaben des Antragstellers 6 Megawatt betragen. Hierfür ist eine Fläche von ca. 6,5 ha erforderlich. Die Fläche befindet sich östlich bzw. südöstlich der Ortschaft Halbing. Der Flächenbedarf entspricht in etwa 9 Fußballfeldern (durchschnittliche Größe eines Fußballfeldes sind 7.140 m²). Die Flächen wurden bislang landwirtschaftlich genutzt. Auf das Antragsschreiben wird insoweit verwiesen.
Das Baugrundstück ist planungsrechtlich dem Außenbereich zuzuordnen. Freiflächen-PV-Anlagen sind keine privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB. Sie sind als sonstiges Vorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB) zu bewerten und bedürfen generell einer gemeindlichen Bauleitplanung. Die Art der Nutzung würde z. B. als Sondergebiet (§ 11 BauNVO) – Gebiet für Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien – Sonnenenergie, Fotovoltaik-Freiflächenanlage – gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 BauNVO in Verbindung mit festgesetzt.
Für die baurechtliche Zulassung der oben beschriebenen Anlage sind somit eine Änderung des Flächennutzungsplanes und die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplanes gem. § 30 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 30 Abs. 3 BauGB erforderlich. Die erfolgten Eingriffe sind gemäß § 1 a BauGB auszugleichen.
Die Firma EBERwerk GmbH & Co. KG als Antragstellerin hat in ihrem Antragsschreiben erklärt, sämtliche Kosten der Baurechtsschaffung zu übernehmen. Mit der Firma EBERwerk GmbH & Co. KG wäre, sofern der Stadtrat einen entsprechenden Aufstellungs- / Einleitungsbeschluss fasst, eine Planungskostenvereinbarung gem. § 11 Abs. 1 Nr. 1 BauGB abzuschließen. Die Fragen der Erschließung, sowie die Tragung der Kosten hierfür, werden dann in einem gesonderten Vertrag geregelt.
Aufgabe der Bauleitplanung ist es zunächst, die Interessen des Investors/Grundstückseigentümers mit den gesamtheitlichen öffentlichen Interessen zum einen gegenüber zustellen und zum anderen in einen gerechten Ausgleich zu bringen (Abwägungsgebot). Die Stadt ist dabei an die Standortvorgaben der Antragsteller nicht gebunden. Eine Bauleitplanung sollte daher auch die Auswahlentscheidung für Standorte und Alternativen behandeln. Hieraus lässt sich die Notwendigkeit bzw. die Begründung für ein stadtweites Standortkonzept für Freiflächen-Fotovoltaikanlagen ableiten. Aus Sicht der Verwaltung wird nach wie vor die Erstellung eines Standortkonzeptes (Konzentrationsflächenplanung) empfohlen, um die Entstehung dieser Anlagen nicht den zufälligen Initiativen von Investoren bzw. der zufälligen Grundstücksverfügbarkeit zu überlassen.
Die Bebauungspläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung anzupassen. Einschlägig bei Freiflächen-Fotovoltaikanlagen können insbesondere die Ziele (Z) und Grundsätze (G) des Kapitels 3 (Siedlungsstruktur), des Kapitels 6 (Energieversorgung), sowie des Kapitels 5.4 (Land- und Forstwirtschaft) im Landesentwicklungsprogramm Bayern – LEP sein.
Zu prüfen ist, ob ein vorbelasteter Standort vorliegt. Die Vorbelastung liegt hier in einer baulichen Prägung des Landschaftsbildes. Dies ist hier offensichtlich nicht gegeben. Somit liegt hier ein unbelasteter Standort vor. Standorte ohne Vorbelastung sind nur dann mit den Zielen der Raumordnung vereinbar, wenn einerseits geeignete angebundene oder vorbelastete Standorte (nachweislich als Ergebnis einer nicht von Eigentumsverhältnissen abhängigen Alternativenprüfung) nicht vorhanden sind und der jeweilige Standort im Einzelfall sonstige öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. Diese Alternativenprüfung fand bislang durch die Stadt als Trägerin der Planungshoheit nicht statt.
Öffentliche Belange wären z. B. ein besonderer naturschutzfachlicher Wert der Fläche oder auch die optische Fernwirkung der Anlage.
Ein besonderer naturschutzfachlicher Wert der Fläche ist derzeit nicht bekannt. Es handelt sich um eine intensiv landwirtschaftliche Nutzung; trotzdem wäre die Fläche im Rahmen der Planungen zunächst naturschutzfachlich zu untersuchen.
Beim Kriterium „optische Fernwirkung“ ist zum einen das LEP-Ziel zu beachten, wonach insbesondere landschaftsprägende Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen von Bebauung freizuhalten sind (vgl. LEP, Ziff. 7.1.3). Diese Anforderung wäre in vorliegendem Fall zu prüfen. Im Übrigen sollte durch eine entsprechende konstruktive Einbindung von PV-Anlagen (keine hohe Aufständerung) die Fernwirkung abgemildert werden. Im Rahmen der Bebauungsplanung sollten daher alle Festsetzungsmöglichkeiten (Höhe der Module, Abstände, freizuhaltende Flächen, Gliederung in Teilflächen, Grüngliederungen, Einzäunung, Art und Maß der Einzäunung) zur Sicherung einer bestmöglichen Einfügung sorgfältig geprüft werden.
Aufgrund der Entwicklungen im Bereich Klimaschutz und der Zielsetzung bis zum Jahr 2030 unabhängig von fossilen Ressourcen zu werden, ist damit zu rechnen, dass künftig weitere Anträge auf Freiflächen-Fotovoltaikanlagen gestellt werden. Der Meilensteinplan des Landkreises sieht u. a. vor, dass ein Ausbau von 126 Freiflächenanlagen (je in Größe eines Fußballfeldes) notwendig ist.
Daher empfiehlt es sich seitens der Stadt, städtebauliche Entwicklungskonzepte zu erarbeiten und zu beschließen. Gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB sind diese bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu beachten. Sie bieten bei Freiflächen-Fotovoltaikanlagen damit sehr gute Steuerungsmöglichkeiten. Die Herausforderung dabei besteht darin, sich als Stadt der Förderung der regenerativen Energien nicht zu verschließen, andererseits aber eine planlose, den Landschaftsraum der Stadt überproportional beanspruchende Entwicklung zu vermeiden. Es ist gerade die Aufgabe der Stadt (Planungshoheit) in solchen Prozessen eine steuernde Rolle zu übernehmen.
Das Stadtbauamt vertritt daher nach wie vor die Auffassung, für die Steuerung der vorliegenden und künftigen Freiflächen-Fotovoltaikanlagen ein Entwicklungskonzept aufzustellen. Der heute vorliegende Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplanes und Aufstellung eines Bebauungsplanes müsste dann bis zur Vorlage eines Gesamtkonzeptes zurückgestellt werden.