11. Änderung des Flächennutzungsplanes - Erweiterung der Kiesabbauflächen an der Schafweide; Antrag wegen Erweiterung der Kiesabbauflächen auf den FlNr. 3254, 3255 und 3256, jeweils Gemarkung Oberndorf; Wiederaufgreifen des Verfahrens


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 04.05.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Technischer Ausschuss Sitzung des Technischen Ausschusses 12.01.2021 ö vorberatend 6
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 04.05.2021 ö beschließend 5

Sachverhalt

Mit Schreiben vom 07.12.2020 beantragt die Firma Grabmeier GmbH die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Flächennutzungsplanänderung um auf den im Betreff genannten Grundstücken Kiesabbau zuzulassen.

In der Sache wird auf die TA-Sitzung vom 11.12.2018 und auf die Stadtratssitzung vom 18.12.2018 verwiesen.

Damals lag folgender Sachvortrag zu Grunde:

Mit Schreiben vom 27.11.2018 begehrt die Antragstellerin die Einleitung eines Flächennutzungsplanänderungsverfahrens zur Erweiterung der Kiesabbauflächen südwestlich des heutigen Kiesabbaugebietes an der Schafweide. Der Antrag bezieht sich auf die FlNr. 3254, 3255 und 3256 der Gemarkung Oberndorf. Die Gesamtfläche beträgt 60.850 m² bzw. 6,08 ha.
Das Schreiben der Antragstellerin liegt den Sitzungsunterlagen bei; hierauf wird Bezug genommen.

Planungsrechtliche Beurteilung:

Das beantragte Abbaugebiet liegt auf einer Fläche auf der heute Wald gem. Art. 2 Abs. 1 BayWaldG vorhanden ist. Die Beseitigung des Waldes zugunsten einer anderen Bodennutzungsart – hier Kiesabbau – bedarf grundsätzlich der Erlaubnis (Rodung – vgl. Art. 9 Abs. 2 BayWaldG). Zuständig für die Erlaubniserteilung wäre die untere Forstbehörde, also das AELF Ebersberg. Im Falle der Aufstellung von Bauleitplänen werden die Rodungserlaubnisse durch den Bebauungsplan ersetzt (Art. 9 Abs. 8 BayWaldG). Dennoch sind im Verfahren die materiell-rechtlichen Vorschriften des Waldgesetzes über die Rodung von Wald zu beachten.
Demnach sollte bevor ein Flächennutzungsplanänderungsverfahren eingeleitet wird, dem Antragsteller aufgegeben werden, die Voraussetzungen für eine Rodung der betroffenen Waldflächen beim AELF Ebersberg klären zu lassen. Erst wenn von dort eine positive Stellungnahme ergeht, kann aus Sicht der Verwaltung ein Verfahren eingeleitet werden.

Genauso verhält es sich mit den naturschutzrechtlichen Fragen. Vor Einleitung eines Bauleitplanverfahrens sollte der Antragstellerin aufgegeben werden, eine naturschutzrechtliche Eingriffsbeurteilung in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde durchzuführen. Diese Ergebnisse sollten abgewartet werden.

Für die Zulassung des Kiesabbaus ist die Flächennutzungsplanänderung, insbesondere hier die Änderung/Anpassung der Konzentrationszonenplanung für den Kiesabbau, erforderlich, da die in Aussicht genommenen Flächen außerhalb dieser Konzentrationszonen für den Kiesabbau liegen.
Ziel der Festlegung der Kiesabbau-Konzentrationsflächen ist es, Kiesabbau nicht an jeder Stelle des Stadtgebietes zuzulassen, sondern diesen nach Maßgabe einer abgewogenen Planung zu steuern. Die Erforderlichkeit einer Bauleitplanung mit diesem Ziel ergab sich aus zahlreichen, teilweise massiv in das Landschaftsbild eingreifenden Anträgen auf Zulassung von Kiesabbauvorhaben. Einer „Verkraterung“ der Landschaft wollte die Stadt entgegenwirken. Demgemäß hat sie nur an dafür geeigneten Standorten Kiesabbau zugelassen, namentlich innerhalb der regionalplanerisch festgelegten Vorbehaltsfläche 300 für Kiesabbau. Im vorliegenden Antrag wird die Konzentrationszone „An der Schafweide“ überschritten. Hier wäre eine grundsätzliche Entscheidung erforderlich, ob angesichts des Bedarfs an diesen Bodenschätzen eine Erweiterung dieser Flächen städtebaulich erforderlich ist.
 

Die Flächen liegen auch außerhalb der im Regionalplan München festgelegten Vorrang- bzw. Vorbehaltsgebiete für Kiesabbau. Gemäß Begründung RP 14 B IV Zu 5.4.1 (Entwurf der Gesamtfortschreibung) werden jedoch für kleinflächigen Abbau – die Flächengröße liegt hier bei unter 10 ha – im Regionalplan keine Abbaugebiete ausgewiesen. Es wird davon ausgegangen, dass von solchen Flächen auch in Zukunft der kommunale und der örtliche gewerbliche Bedarf in aller Regel gedeckt werden wird. Insofern besteht voraussichtlich kein Widerspruch zur Landes- bzw. Regionalplanung (vgl. § 1 Abs. 4 BauGB).

Durch die Grundstücke FlNrn. 3255 und 3256 für eine Wegefläche die im Eigentum der Stadt steht (FlNr. 3175/5, Gemarkung Oberndorf). Dieser Weg ist als nicht ausgebauter öffentlicher Feld- und Waldweg Nr. 58 – Gemeindeholzweg in das Saubergholz öffentlich gewidmet. Aufgrund der öffentlichen Widmung kann der Weg nicht ohne weiteres beseitigt werden. Vor Durchführung von Abbaumaßnahmen müsste der Weg beispielsweise entlang der nordöstlichen Grundstücksgrenze von FlNr. 3256 für die Zeit der Abbaumaßnahme vorübergehend hergestellt werden.
Im Weiteren steht der Stadt als Eigentümerin der Wegefläche eine entsprechende Entschädigung für den Kiesabbau zu, die die Antragstellerin zu leisten hätte.


Zivilrechtliche Beurteilung:
 
Aus dem Antragsschreiben geht hervor, dass die Grundstückseigentümer der geplanten Abbauflächen eine mündliche Einverständniserklärung  abgegeben hätten. Für die Erforderlichkeit der Bauleitplanung ist allerdings von entscheidender Bedeutung, dass die Antragstellerin für den vorgesehenen Zweck über die Flächen verfügen kann. Eine nur mündlich gegenüber der Antragstellerin geäußerte Erklärung reicht hierfür nicht aus. Dem Antragsteller wäre aufzugeben, eine entsprechende schriftliche Einverständniserklärung der jeweiligen Grundstückseigentümer vorzulegen.

Zum weiteren Vorgehen schlägt die Verwaltung vor, den Einleitungsbeschluss für die 11. Flächennutzungsplanänderung solange zurückzustellen, bis die im Vortrag beschriebenen Voruntersuchungen durch die Antragstellerin vorgelegt wurden.

Die Sache wurde wie folgt diskutiert:

Stadrätin Platzer steht der Sache sehr kritisch gegenüber. Hier würde Wald für den Kiesabbau geopfert.
Zweiter Bürgermeister Ried steht der Sache ebenfalls sehr kritisch gegenüber.
Erster Bürgermeister Brilmayer erinnert daran, dass die verstärkte Bautätigkeit nach Kiesabbau verlangen würde. Dezentrale Lösungen seien nach seiner Ansicht die bessere Variante, da dies weniger Fahrwege verursachen würde. Die Flächen würden nach dem Abbau wieder aufgeforstet; es würde dann ein hochwertigerer Wald entstehen als heute.
Die Vorprüfung sei wichtig und stelle keine Vorwegnahme einer Entscheidung dar.

Schließlich wurde folgender Beschluss mit 24: 1 Stimmen gefasst:

Der Stadtrat hat Kenntnis vom Antrag wegen Änderung des Flächennutzungsplanes für die Erweiterung der Kiesabbauflächen auf FlNr. 3254, 3255 und 3256, jeweils Gemarkung Oberndorf.
Der Einleitungsbeschluss für ein Flächennutzungsplanverfahren wird bis zu Klärung folgender Fragen zurückgestellt:

  1. Forstrechtliche Rodungserlaubnis
  2. Naturschutzrechtliche Eingriffsbeurteilung
  3. Klärung der Entschädigungsfrage für die städtische Wegefläche
Vorlage einer schriftlichen Einverständniserklärung der betroffenen Eigentümer
Mit diesem Beschluss ist keine Vorwegnahme einer Verfahrenseinleitung verbunden.  

Am 28.11.2019 hat im Landratsamt eine Besprechung u. a. über das gegenständliche Vorhaben stattgefunden.

Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die geplanten Abbaugebiete aus forstfachlicher und naturschutzfachlicher Sicht aus nachstehenden Gründen kritisch gesehen werden.

Die geplanten Erweiterungsflächen FlNrn. 3254, 3255, 3256 Gemarkung Oberndorf mit ca. 6 ha befinden sich außerhalb der regionalplanerisch dargestellten Konzentrationszone für den Kiesabbau (VR Nr. 300). In der Konzentrationszone im Bereich des geplanten Vorhabens befindet sich derzeit auf ca. 10 ha Kiesabbau auf ehemaligen Waldflächen. Zusätzlich auf einer Fläche von ca. 3 ha die Anlage der Fa. Swietelsky.

Die vorhandene Bestockung auf den Flurnummern 3254, 3255, 3256 besteht überwiegend aus 60 - 80jährigen, geschlossenen Fichten- und Fichten-Buchen-Mischbeständen, die sich nach vereinzelten Windwürfen wieder stabilisiert haben und in erheblichen Teilen bereits mit klimatoleranter Buche vorausverjüngt wurden.

Der Wald liegt innerhalb des landschaftlichen Vorbehaltsgebietes Südöstlicher Ebersberger Forst. Landschaftliche Vorbehaltsgebiete sind gemäß Regionalplan Flächen, in denen den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ein besonderes Gewicht zukommt. Ziel des landschaftlichen Vorbehaltsgebietes ist der Erhalt der Waldkomplexe. Die Funktionen des Ebersberger Forstes als geschlossenes Waldsystem mit Klimafunktion und Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten würde beim Abbau auf einer solch großen Fläche erheblich und nachhaltig beeinträchtigt werden. Nach erfolgtem Kiesabbau und Wiederverfüllung werden die Flächen zwar aufgeforstet, jedoch benötigt das Ökosystem Wald viele Jahrzehnte um die ursprünglichen Funktionen wiederherzustellen.

Für die hinterliegenden Bestände besteht außerdem Schutzwaldcharakter im Sinne von Art. 10 Abs. 2 BayWaldG, insbesondere für die im Südosten befindlichen FlNrn. 3255 und 3256 sowie im Nordosten der FlNr. 3256. Die Beseitigung von Wald zugunsten einer anderen Bodennutzungsart (Rodung) bedarf nach Art. 9 Abs. 2 BayWaldG der Erlaubnis. Diese Erlaubnis soll versagt werden, wenn der Rodung Pläne im Sinn des Art. 6 widersprechen oder deren Ziele gefährden würde Art. 9 Abs. 5 Nr. 1 BayWaldG bzw. wenn die Erhaltung des Waldes aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt (Art. 9 Abs. 5 Nr. 2 BayWaldG). Die aktuelle Waldfunktionsplanung hebt für den gesamten zusammenhängenden Waldbereich dessen Bedeutung für den regionalen Klimaschutz hervor. Diese Bewertung resultiert daraus, dass dieser Wald im nördlichen Siedlungsbereich von Ebersberg einen Beitrag zum großräumigen Luftaustausch leistet. Dies korrespondiert auch mit der unmittelbaren Nähe zum Bannwald Ebersberger Forst, welchem eine außergewöhnliche Bedeutung für das Klima und damit ein hohes öffentliches Interesse an dessen Erhaltung zukommen.

Die Verwaltung weist in diesem Zusammenhang auf den Ortstermin vom 06.11.2020 auf dem Gelände der Firma Swietelsky hin. Hier konnte man den Kiesabbau und die Wiederaufforstung in den verschiedenen Entwicklungsstadien kennenlernen.

Die regionale Rohstoffgewinnung ist in diesem Verfahren ebenfalls ein abwägungserheblicher Belang.

Die Verwaltung schlägt vor, um im Verfahren weiter zu kommen, den Einleitungsbeschluss zu fassen und zunächst die Frage der Lage außerhalb des regionalplanerischen Vorranggebietes mit dem Regionalen Planungsverband zu klären. Im weiteren Verfahren sind dann die naturschutzfachlichen Untersuchungen der Flächen durchzuführen. Diese müssen mit der UNB im Vorfeld abgestimmt werden und sind über eine Vegetationsperiode durchzuführen.

Eine unterzeichnete Planungskostenvereinbarung mit der Antragstellerin hinsichtlich der ursprünglich zusätzlich beantragten Baustoffrecyclinganlage besteht bereits. Diese Vereinbarung wird auf die angestrebte Flächennutzungsplanänderung erweitert.

Der Technische Ausschuss hat sich in seiner Sitzung am 12.01.2021 einstimmig für den Einleitungsbeschluss ausgesprochen.    

Diskussionsverlauf

StR Otter sprach sich für die Unterstützung des Ebersberger Unternehmens aus. Er erinnerte an die beeindruckende Wiederaufforstung beim Ortstermin.
Auf seine Anregung hin, sollen bei dem Flächennutzungsplanverfahren ein bis drei Windkraftanlagen berücksichtigt werden. Der Standort sei trotz der möglichen Schwierigkeiten mit dem Wetterradar Schnauping  aus landschaftsgestalterischen Gründen gut geeignet. Möglicherweise könnte auch ein Bürgerwindrad entstehen.
StR Schechner wies daraufhin, dass nach dem Kiesabbau wieder Wald entstehen wird. Früher wurde in der Nähe die Mülldeponie betrieben.
StRin Platzer befürwortete den Einleitungsbeschluss, wies aber gleichzeitig daraufhin, dass die Bedenken der Behörden ernst genommen werden müssen. Die Windräder wären ein guter Gedanke.

Erster Bürgermeister Proske schlug aufgrund der Diskussion vor, die Prüfung der Windräder in den Beschluss mit aufzunehmen.  

Beschluss

Der Stadtrat beschließt die Einleitung für die 11. Flächennutzungsplanänderung wegen Erweiterung der Kiesabbauflächen an der Schafweide (FlNr. 3254, 3255 und 3256, jeweils Gemarkung Oberndorf). Im Zuge des Verfahrens ist auch die Realisierung von Windkraftanlagen mit zu prüfen.
Die Verwaltung wird mit der Durchführung der notwendigen Schritte beauftragt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 22, Dagegen: 0

Abstimmungsbemerkung
bei Abwesenheit der Stadträte Schechner und Ried

Datenstand vom 07.05.2021 12:47 Uhr