Gemeinsamer Antrag wegen Änderung des Bebauungsplanes Nr. 124 - Augrund II u. a. wegen Errichtung von Terrassenüberdachungen, Gartenhäuschen etc. Aufstellungsbeschluss


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Technischen Ausschusses, 14.09.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Technischer Ausschuss Sitzung des Technischen Ausschusses 14.09.2021 ö beschließend 14

Sachverhalt

In der Sache wird auf den Beschluss des Technischen Ausschusses vom 12.01.2021, TOP 4, öffentlich verwiesen. Auf erneute Sachverhaltsdarstellung wird verzichtet. 

Mit einem gemeinsamen Schreiben mehrerer Eigentümer vom 28.06.2021 wird nun die Änderung des rechtswirksamen Bebauungsplanes Nr. 124 beantragt. Das Schreiben liegt den Sitzungsunterlagen bei. 

Folgende Punkte sollen geändert werden: 

  1. Zulassung von Bauräumen für Terrassen, Terrassendächer sowie Balkonen auf der Westseite der Grundstücke mit einer maximalen Breite von 6 m und einer Tiefe von 3 m. 

  2. Zulassung von Nebenanlagen auf der Westseite der Grundstücke (Gartenhäuser, Ziergewässer, Mini-Pool, Freisitze, Gartenkunst etc.)

  3. Frage nach weiteren Dachmaterialien und –Farben; Frage nach Vorgaben zu PV-Anlagen.
     
  4. Zulassung einer schmutzunempfindlicheren Sockelfarbe

  5. Zulassung anderer Materialien bei Sichtschutzzäunen (Alu, Verbundstoff, Glas)

  6. Zulassung eines Carports im Vorgartenbereich; zu wenig Stellplätze; Möglichkeit E-Fahrzeuge von dem Haus zu laden

  7. Verwendung von Holz und Kohle nicht grundsätzlich ausschließen sondern per existierender Übergangsfrist regeln. 

  8. Zulassung einer Satellitenschüssel pro Haus. 

Seitens der Verwaltung wird zu den Punkten wie folgt Stellung genommen; zusätzlich wurde eine erste Stellungnahme des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum München eingeholt, der die Planänderung aufstellen soll (in blauer Schrift):

Zu 1:
Dies ist die zentrale Frage der angestrebten Änderung. Die Terrassenüberdachung auf dem Grundstück FlNr. 1794/26, Gemarkung Ebersberg wurde seinerzeit ohne die dafür erforderlich Befreiung errichtet. Das Landratsamt hat eine Baueinstellungsverfügung erlassen. 
Ausweislich der Bebauungsplanbegründung wurden die Bauräume auf der Westseite aufgrund der Abgrenzung zum Außenbereich und mit dem freien Blick aus der Karwendelstraße auf die Bergkette begründet. Vorhandene Pflanzungen, die die Sicht beeinträchtigen sind baurechtlich nicht relevant und spielen daher keine Rolle.
Es ist nun grundsätzlich zu überlegen, ob die ursprünglichen Planungsziele (Erhalt des Ortsrandes; Erhalt der Blickbeziehungen in Richtung Nord/Süd) aufgegeben werden sollen, oder ob man weiterhin an den getroffenen Regelungen festhalten möchte. Ein Rechtsanspruch auf Bebauungsplanänderung besteht nicht. 
Städtebauliche Gründe, die für eine Zulassung der gewünschten Terrassen und Terrassendächer sprechen, wären die verbesserte Nutzbarkeit der Grundstücke. Terrassendächer in einer filigranen Konstruktionsweise würden die ohnehin kaum vorhandene Blickbeziehung von der Karwendelstraße aus nicht erheblich beeinträchtigen. 

Demgegenüber argumentiert ein Nachbar, zum Schutz der Blickbeziehung den Bebauungsplan nicht zu ändern. Diese sei von besonderer Bedeutung und man könne sie ohne weiteres durch einen Rückschnitt der vorhandenen Bepflanzung wieder herstellen. Man wurde seinerzeit vom Bauträger eindringlich auf die Bedeutung der roten Linie hingewiesen. Sie wurde auch 20 Jahre lang von allen Hauseigentümern respektiert, bis im Oktober 2020 auf dem vorgenannten Grundstück eine Terrassenüberdachung jenseits der Baulinie errichtet wurde.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein subjektiv-öffentliches Recht auf eine bestimmte Blickbeziehung oder auf einen freien Ausblick nicht besteht, weil es schon an der Schutzwürdigkeit des Belangs fehlt. 
Durch die Zulassung von 3 m tiefen Terrassenüberdachungen wird im Übrigen die Blickbeziehung nicht vollkommen aufgehoben. Es entsteht für den Nachbarn auch keine Riegel- und Einmauerungswirkung. 

Somit könnte eine Bebauungsplanänderung für diesen Bereich erwogen werden. Die endgültige Klärung, ob diese Überdachung zulässig ist, wird im hierfür erforderlichen Verfahren geklärt.
Für die Zulassung von baulichen Anlagen im Garten ist die festgesetzte Grundfläche anzupassen, dabei ist ein besonderes Augenmerk auf die Gesamt-GRZ zu richten, die eine Gesamt-GRZ von 0,4 nicht überschreiten sollte.
  

Zu 2:
Hier wird größtenteils auf Ziff. 1 verwiesen. Die Flächen der Nebenanlagen sollten aber unter Berücksichtigung der bestehenden Ortsrandlage auf ein vernünftiges Maß begrenzt werden, um den Charakter der vorhandenen Siedlungsstruktur zu erhalten. Hierzu würde die Verwaltung über ein Planungsbüro geeignete Vorschläge ausarbeiten lassen. 

Zu 3:
Die Farbgestaltung der Dachflächen sollte nicht geändert werden, da eine harmonische Dachlandschaft wesentlich zur städtebaulichen Qualität einer Siedlung beiträgt. 
PV-Anlagen sind ausdrücklich gewünscht und im bestehenden Bebauungsplan auch nicht ausgeschlossen. Insofern ergibt sich hier kein Änderungsbedarf. 




Zu 4:
Die Farbe des Sockels ist  eine rein gestalterische Frage. Allein aus optischen Gründen ist eine einheitliche Gebäudefarbe zu bevorzugen. Es wird hier kein Änderungsbedarf gesehen.

Zu 5:
Die Errichtung / Gestaltung von Sichtschutzzäunen spielt im täglichen Bauvollzug eine große Rolle. Auch augenscheinlich nur kleine gestalterische Details, wie solche Sichtschutzzäune, nehmen in ihrer Gesamtheit Einfluss auf das äußere Erscheinungsbild der Siedlung. Zwingende städtebauliche Gründe nur Holzzäune zuzulassen ergeben sich hier nicht.

Zu 6:
Die Möglichkeit von Carports im Vorgartenbereich sollte planerisch überprüft werden. Bekanntlich wird häufig über zu wenige Stellplätze Klage geführt. 
Das bisherige Konzept sieht die Unterbringung der Stellplätze in einer Sammeltiefgarage vor. Deshalb ist zunächst einmal die Frage zu klären, ob überhaupt oberirdische Stellplätze zulässig sein sollen und ob die vorhandenen Stellplätze in der Tiefgarage ausreichen.

Zu 7:
Die Regelung sollte von dem Hintergrund des erheblichen Bedeutungszuwachses des Klimaschutzes in der Bauleitplanung (vgl. § 1 Abs. 5 BauGB) im Rahmen des Verfahrens mit dem Ziel überprüft werden, an dieser Regelung festzuhalten.
Hier ist der Beschluss des TA zu PV-Anlagen auf dem Dach zu berücksichtigen.   

Zu 8:
Der Ausschluss von Satellitenschüsseln bzw. deren Vorgabe für die Anbringung verstößt nach heutigen Rechtsverständnis nicht unbedingt gegen das Grundrecht der Informationsfreiheit, insbesondere wenn sprachliche und / oder kulturelle Minderheiten betroffen sind. Erforderlichenfalls muss eine Klärung im Einzelfall herbeigeführt werden. Nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO ist die Regelung über Gestaltungsanforderungen an Antennen usw. eine zulässige örtlich Bauvorschrift. Änderungsbedarf wird hier nicht gesehen. 

Darüber hinaus bestehen noch folgende Anmerkungen:
Der Bebauungsplan ist aus dem Jahr 1996, so dass hier die Abstandsflächensatzung Anwendung findet. Deshalb ist zu klären, wie mit den Abstandsflächen umgegangen wird: Anwendung der Satzung oder eine an Bestand angepasste eigenständige Regelung in der Bebauungsplanänderung nach §9 Abs. 1 Nr. 2a BauGB. Aus Sicht der Verwaltung wäre hier eine dem Bestand angepasste Regelung der Abstandsflächen über den Bebauungsplan zu bevorzugen. 
Es sollte weiterhin unterbunden  werden, dass eine Realteilung wie bei 1794/27 und 1794/30 entsteht. Das erhöht die Versiegelung und bringt unter Umständen Abstandsflächen- und Stellplatzprobleme mit sich. Deshalb sollte eine offene Bauweise nur mit Einzelhäusern festgesetzt werden.

Zum weiteren Vorgehen schlägt die Verwaltung vor, zunächst mit einem Planungsbüro die möglichen Änderungen zu besprechen und nach Klärung der Kostenübernahme durch die Antragsteller ein Änderungsverfahren einzuleiten. 
Es wird empfohlen heute einen Aufstellungsbeschluss zur Bebauungsplanänderung vorbehaltlich der Kostenübernahme zu fassen.     

  
 

 

Beschluss

Der Technische Ausschuss fasst den Aufstellungsbeschluss zur ersten Änderung des Bebauungsplanes Nr. 124 – Im Augrund II. 
Planungsziel ist vorwiegend die Zulassung von Terrassen und Terrassenüberdachungen im westlichen Planbereich sowie die Prüfung von möglichen Nebenanlagen und die Zulassung von weiteren Kfz-Stellplätzen im Vorgartenbereich.
Der Beschluss ergeht unter dem Vorbehalt der Klärung der Kostenübernahme.  

Dem Technischen Ausschuss ist ein Planungsentwurf zur Beratung und Abstimmung vorzulegen. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 10, Dagegen: 0

Abstimmungsbemerkung
StR Gressierer nahm an der Beratung und Abstimmung über diesen Punkt wegen persönlicher Beteiligung gem Art. 49 GO nicht teil.

Datenstand vom 18.11.2021 10:31 Uhr