Naturschutzrecht; Neuausweisung des Naturdenkmals "Hupfauer Höhe" in der Stadt Ebersberg als Naturdenkmal durch Verordnungserlass auf den Grundstücken FlNr. 728, 747/42, 763 und 767, Gmkg. Ebersberg im Stadtteil "Hupfauer Höhe"; Stellungnahme der Stadt Ebersberg


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Technischen Ausschusses, 11.01.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Technischer Ausschuss Sitzung des Technischen Ausschusses 11.01.2022 ö beschließend 6

Sachverhalt

Die untere Naturschutzbehörde beim LRA Ebersberg beabsichtigt das Naturdenkmal Hupfauer Höhe mittels einer Naturdenkmalverordnung aufgrund des BNatSchG neu festzusetzen. Die Stadt wurde mit Schreiben vom 26.11.2021 vorab um Stellungnahme gebeten. 
Der Entwurf der Rechtsverordnung sowie der Lageplan des neu festzusetzenden Schutzgebietes liegen den Sitzungsunterlagen bei. 

Das Grundstück sowie der westliche Teil des geplanten Naturdenkmals liegen im Geltungsbereich des rechtswirksamen Bebauungsplanes Nr. 178 der für diesen Bereich eine öffentliche Grünfläche, gem. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB, „Renaturierung der Fläche nach Rückbau des bestehenden Kindergartengebäudes mit Nebenanlagen in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde“ festsetzt. 

Aus Sicht der Stadt ist zu dem Neuerlass der Rechtsverordnung für das Naturdenkmal Hupfauer Höhe folgendes anzumerken:

Grundsätzlich begrüßt die Stadt Ebersberg die Neufestsetzung sowie die Präzisierung der Regelungen. Die Stadt ist mit der unteren Naturschutzbehörde einer Meinung, dass es sich bei dem Gebiet um eine herausragende Grünfläche mitten im dichtbebauten Ortsgebiet von Ebersberg handelt. Die Fläche genießt eine hohe Qualität und einen hohen Schutzanspruch.
Zur fachlichen Unterstützung hat die Stadt beim Landschaftsarchitekturbüro Niederlöhner aus Wasserburg a.Inn eine Stellungnahme angefordert. 
 

1. Herausnahme der Fläche des ehemaligen Kindergartens:

Die Stadt spricht sich allerdings gegen die Einbeziehung der Fläche des ehemaligen Kindergartens als Naturdenkmal aus. Diese Fläche, mit ca. 1.990 m² hat für die Stadt hinsichtlich der baulichen Entwicklung in diesem Bereich einen wichtigen Stellenwert erlangt. Insoweit haben sich die städt. Planungsüberlegungen, abweichend zu den Feststellungen im Schreiben der unteren Naturschutzbehörde vom 26.11.2021 geändert. 

Zum einen wird die Fläche in Kürze als Ausweichquartier für die neu zu bauende Kindertagesstätte St. Sebastian an der Pfr.-Bauer-Straße benötigt. Die KITA sowie das dort ansässige Kreisbildungswerk sollen vollkommen neu, bis auf das denkmalgeschützte Klösterl, errichtet werden. Die Kinder, die derzeit die Einrichtung besuchen, müssen während der Bauzeit auf ein anderes Grundstück, in ein Provisorium (Pavillonanlage) ausweichen. Auf dem Baugrundstück selbst ist hierfür kein Platz, da nahezu auf dem gesamten Grundstück eine Tiefgarage auch mit öffentlichen Stellplätzen errichtet werden soll. 
Eine gleichgeeignete Ersatzfläche, die im Eigentum der Stadt ist, steht nach intensiver Prüfung nicht zur Verfügung. Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes für diese Nutzung wurde vom SG-Leiter der unteren Bauaufsichtsbehörde in einer telefonischen Besprechung vom 17.03.2021 in Aussicht gestellt. 

Die Fläche des ehemaligen Kindergartens ist darüber hinaus aufgrund ihrer städtebaulich integrierten Lage hervorragend geeignet, dort Wohnungsbau (bezahlbaren oder sozial geförderten Wohnungsbau) unterzubringen. Gerade in diesem Wohnungssegment besteht in Ebersberg ein nachgewiesen hoher Bedarf. Insbesondere der Landkreis selbst bzw. die Kreisklinik treten immer wieder an die Stadt heran und fragen nach Möglichkeiten für die Unterbringung der dort Beschäftigten. Zahlreiche Ebersberger Firmen beklagen einen zunehmenden Fachkräftemangel, da diesen Menschen in ihren Einkommensgruppen auf dem freien Wohnungsmarkt kaum ein adäquates Angebot zur Verfügung steht. Gerade die Fachkräfte im gewerblichen und handwerklichen Bereich sind für eine attraktive und gut funktionierende Stadtgesellschaft von herausragender Bedeutung. Dies dürfte mittlerweile in allen Bereichen anerkannt sein. Umso mehr ist es von entscheidender Bedeutung, die oben beschriebene Fläche aus dem Umgriff der Neufestsetzung des Naturdenkmals herauszunehmen. 
Es ist eine wichtige kommunale Aufgabe Wohnraum für breite Teile der Bevölkerung zu schaffen (vgl. § 1 Abs. 5 BauGB, Art. 57 GO). Dabei sind selbstverständlich die Belange des Natur- und Umweltschutzes zu berücksichtigen.
 
Um diesen bestehenden Zielkonflikt aufzulösen, ist die Stadt der Ansicht, dass eine Herausnahme der Fläche des Kindergartens das gesamte Planungsziel der neuen Verordnung nicht in Frage stellt und noch genügend Raum für die Entwicklung dieses Naturdenkmals belässt.

Durch die Einbeziehung der Kindergartenfläche werden der Stadt und damit der Allgemeinheit unnötige Kosten für eine Ersatzbeschaffung einmal für eine Ausweichfläche für die KITA St. Sebastian und andererseits für eine künftig in Aussicht genommene Wohnbebauung aufgezwungen. Andererseits können durch die Herausnahme der Fläche enorme Haushaltsmittel eingespart werden und stehen für die oben beschriebenen Zwecke zur Verfügung.
 
Durch die Festsetzung des Naturdenkmals auf der Kindergartenfläche wird die Funktionsfähigkeit einer wichtigen städt. Einrichtung, nämlich der Kindertagesstätte St. Sebastian nachhaltig gestört. Der bauliche Zustand der heute an der Pfr.-Bauer-Straße bestehenden Einrichtung ist mittlerweile soweit, dass eine noch längere Nutzung kaum mehr zumutbar erscheint. Hier sind die Rechtsgüter und Interessen der Kinder nach einer angemessenen Umgebung für die Betreuung gegenüber den öffentlichen Interessen am Naturschutz in diesem Teilbereich abzuwägen. Es würde nach Auffassung der Stadt dem Gebot der ordnungsgemäßen Abwägung widersprechen, wenn die untere Naturschutzbehörde hier den Belangen des Naturschutzes in unverhältnismäßiger Weise den Vorrang einräumen würde. Hierfür spricht allein schon, dass der Grundstücksbereich früher, bis zum Abbruch des alten Kindergartengebäudes durch eine bauliche Nutzung geprägt war und das Schutzgebiet daneben dennoch seinen Bestand haben konnte. 

Weiterhin widerspricht es dem Abwägungsgebot, da durch die Unterschutzstellung die Flächen nicht mehr für die vorgesehene Nutzung zur Verfügung stehen. Deswegen müssen andere Flächen, höchstwahrscheinlich im Außenbereich, die baulich bisher noch nicht in Anspruch genommen wurden, generiert werden. Dies widerspricht dem Grundsatz der Innenentwicklung, dem sich die Stadt seit einiger Zeit durch Stadtratsbeschluss verschrieben hat. Werden Flächen im Außenbereich für eine bauliche Nutzung in Anspruch genommen, müssen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen Ausgleichsflächen geschaffen werden. Diese Flächen werden oftmals der landwirtschaftlichen Nutzung auf Dauer entzogen. 
Bei vorliegender Fläche wären solche Auswirkungen weitgehend ausgeschlossen. 
Die Stadt ist daher der Auffassung, dass die untere Naturschutzbehörde mit der Festsetzung der Kindergartenfläche als Naturdenkmal über das eigentlich verfolgte Ziel hinausschießt. Die Stadt fordert deshalb, die o. g. Fläche aus dem Umgriff herauszunehmen.


2. bestehender Kinderspielplatz:

In der Planbeilage des Verordnungsentwurfs ist auch der bestehende Kinderspielplatz an der Hupfauer Höhe mit im Schutzgebietsumgriff aufgenommen. Diese Einrichtung ist als Quartiersspielplatz für die umliegende Wohnbevölkerung sehr wichtig und muss daher unbedingt erhalten bleiben. Die Wohnbebauung im näheren Umfeld des Kinderspielplatzes ist stark geprägt durch Geschosswohnungsbauten mit vielen Sozial- und Genossenschaftswohnungen. Nach Angaben des Amtes für Familie und Kultur leben in diesem Stadtteil die meisten Kinder. Gerade in solchen Bereichen besteht ein großer Bedarf an Freispielflächen und Bewegungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche. Die letzten beiden Jahre der Coronapandemie haben eindrucksvoll vor Augen geführt, welchen Stellenwert wohnortnahe Freibereiche und Naherholungsmöglichkeiten für die Bevölkerung haben. Der bestehende Spielplatz bietet ein großzügiges Angebot gerade für ältere Kinder (ab 6 Jahren) und ist ein wichtiger Treffpunkt im gesamten Quartier. 

In diesem Zusammenhang weist die Stadt Ebersberg daraufhin, dass an dem Spielplatz im Jahre 2022 Erneuerungsmaßnahmen geplant sind. Die vor einiger Zeit gesperrte „Tarzanbahn“ soll aufgrund vielfach geäußerter Wünsche von Familien wiederhergestellt werden. Die erforderlichen Mittel sind im Haushaltsplan 2022 bereitgestellt worden. Die Metallrutsche im Hang und der Sandkasten sollen ebenfalls erneuert bzw. saniert werden. Darüber hinaus ist für die weitere Zukunft eine Erweiterung des Spielplatzes angedacht. Hierzu gibt es bereits politische Initiativen der Fraktion PRO EBERSBERG. Demnächst soll ein Ortstermin mit den politischen Vertretern, dem Ersten Bürgermeister und der Verwaltung stattfinden. Die untere Naturschutzbehörde wird zu dem Termin mit eingeladen.    

Die Stadt Ebersberg fordert daher, einen Passus in § 4 des Verordnungsentwurfs aufzunehmen, dass der Spielplatz in seiner heutigen Ausdehnung und Ausstattung dort auf Dauer verbleiben darf, zur Pflege, Kontrolle und Unterhaltung das Spielplatzgelände mit Fahrzeugen des städtischen Bauhofs sowie extern Beauftragter angefahren werden darf. Defekte und unattraktive Spielgeräte müssen jederzeit ausgetauscht werden können. Weiterhin soll eine Erweiterungsmöglichkeit des Spielplatzes berücksichtigt werden.




 
3. bestehende Wertstoffinsel:

Die auf der FlNr. 765/1, Gmkg. Ebersberg befindliche Wertstoffinsel wurde mit Bescheid vom 10.06.1992 vom Landratsamt Ebersberg genehmigt. 2013 erfolgten ein Umbau bzw. eine Erweiterung der Wertstoffinsel. In §4 (3) ist die weitere Nutzung der Wertstoffinsel als Ausnahme vorgesehen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist keine Notwendigkeit einer Erweiterung abzusehen, Änderungen bei den gesetzlichen Vorgaben oder dem Nutzerverhalten können dies jedoch künftig nötig machen. Die Möglichkeit einer Vergrößerung sollte deshalb grundsätzlich offengehalten werden. Der § 4 der Verordnung wäre entsprechend anzupassen. 


4. Allgemeine Pflege- und Unterhaltsmaßnahmen:

Mit Ausnahme des Spielplatzes, der im Auftrag der Stadt gepflegt wird, erfolgt die Pflege der restlichen Grünfläche, die nur zum Teil im Besitz der Stadt ist, bisher über einen schon langen bestehenden mündlichen Auftrag durch den Landwirt Josef Lohmair aus Motzenberg. Für das zweimalige Mähen pro Jahr wird weder vom Landwirt Pacht bezahlt noch ein Pflegeentgelt o.ä. von den Grundstücksbesitzern an den Landwirt entrichtet. Es erfolgt keinerlei Düngung der Fläche, lt. Auskunft des Landratsamtes erfolgt die Bewirtschaftung bisher schutzgebietskonform. Nachdem der Aufwuchs der Grünfläche kaum noch wirtschaftlich verwertbar ist, kann wohl kaum Pacht dafür verlangt werden. 
Die neue Verordnung sieht zwar unter §4 (1) als Ausnahme von der unteren Naturschutzbehörde zugelassene Pflegemaßnahmen vor, konkreter wird hier jedoch nicht darauf eingegangen. Sollte hier noch eine Konkretisierung erfolgen, sollte diese so allgemein wie möglich gehalten sein, da ansonsten für den Landwirt keine Förderung nach VNP oder KULAP erfolgen kann. Diese ist derzeit lt. AELF allerdings auch nicht beantragt.

Unter § 3(6) ist das Befahren ausschließlich mit landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen erlaubt. Aber auch das Leeren des sich direkt am Naturdenkmal befindlichen Papierkorbs und das Auffüllen der Hundetoilette muss weiterhin mit einem Fahrzeug erledigt werden können (vgl. hierzu die Anmerkungen zum Kinderspielplatz).
 

5. Anleinpflicht von Hunden:

Unter § 3(9) ist das Anleinen von Hunden vorgeschrieben. Die Beobachtung zeigt jedoch, dass gerade hier Hunde oft freilaufen gelassen werden. Da müsste evtl. mit Aufklärungsarbeit und Beschilderung mehr informiert werden.  

Die vom Büro Niederlöhner angeforderte Fachstellungnahme lag zum Zeitpunkt der Ladung / Sitzung von nicht vor. Die Stadt behält sich vor, deswegen weitere Äußerungen zum Vorhaben der unteren Naturschutzbehörde vorzubringen. 

Diskussionsverlauf

Die Vertreter der Fraktionen folgten den Ausführungen der Beschlussvorlage. 

StR Schechner stellte folgenden Antrag:
„Die Fläche des ehemaligen Kindergartens St. Benedikt wird bis zur südwestlichen Gebäudeecke des bestehenden Kindergartengebäudes St. Benedikt aus dem Umgriff der Naturdenkmalverordnung herausgenommen.“ 
Seiner Ansicht nach wird die Fläche neben den in der Vorlage genannten Punkten auch für Baustelleneinrichtungen benötigt. 

StR Otter erweiterte den Antrag von StR Schechner:
„Der Umgriff der Naturdenkmalverordnung ist auf die ursprüngliche Fläche zu begrenzen zumindest bis zur Südostecke des bestehenden Kindergartengebäudes St. Benedikt.“
Er stellte eine deutliche Vergrößerung des Umgriffs fest. Der Zusammenhang des Naturdenkmals mit der Ringstraße sei für ihn nicht nachvollziehbar. Es bestünden auch Einschränkungen durch starken Bewuchs. Der Spielplatz habe nicht nur Bedeutung fürs Quartier sondern auch darüber hinaus. Der Bereich westlich des Spielplatzes soll mit in den Spielplatzbereich integriert werden. Wegeverbindungen sollten verbessert werden. 

StRin Platzer schlug vor den Schlittenberg zu schützen. Sie hielt Wohnungsbau an der Stelle z. B. durch einen landschaftlich integrierten Holzbau für möglich. 

StRin Behounek wollte die Fläche für eine Ausweichfläche für die KITA St. Sebastian freihalten. 

Nachdem der Antrag von StR Otter der weitergehende war, ließ Erster Bürgermeister Proske über diesen abstimmen. 
Der Antrag wurde einstimmig angenommen. 


 

Beschluss

Der Technische Ausschuss hat Kenntnis vom Vorhaben der unteren Naturschutzbehörde eine neue Rechtsverordnung für das Naturdenkmal „Hupfauer Höhe“ zu erlassen. 
Der Technische Ausschuss fordert, die Fläche des ehemaligen Kindergartens aus dem Umgriff der geplanten Rechtsverordnung herauszunehmen. Der Ausnahmetatbestand in § 4 des Verordnungsentwurfs soll um die im Vortrag genannten Punkte erweitert werden. Der Umgriff ist bis auf Höhe der östlichen Fassade des bestehenden Kindergartengebäudes St. Benedikt zu begrenzen. Im Übrigen macht sich der TA die im Vortrag ausgeführte Argumentation zu Eigen. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 11, Dagegen: 0

Datenstand vom 19.01.2022 10:05 Uhr