Bis 2016 waren Kommunen nur in Ausnahmefällen – insbesondere erst ab einem Umsatz von 35.000 € in einem Betrieb gewerblicher Art - umsatzsteuerpflichtig. Aufgrund der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU sind im Sinne der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen ab 2016 Kommunen in einem größeren Bereich umsatzsteuerpflichtige Unternehmer (§ 2 Abs. 3 UStG i.V. § 4 KStG (BgA)). Der Gesetzgeber hat den Kommunen jedoch die Option gegeben, bis längstens 31.12.2022 nach dem bisherigen Recht zu verfahren. Davon hat die Stadt Gebrauch gemacht (vgl. FWD-Sitzung vom 06.10.2020, TOP 6).
Bisher unterhält die Stadt bereits folgende umsatzsteuerpflichtige Betriebe gewerblicher Art (BgA, in Klammern Gliederungsziffer der Haushaltstelle): Laden Museum Wald und Umwelt (321.), Hallenbad zu 52,6% (570.), Klosterbauhof zu 33,4% (760.), Wasserversorgung (815.), Photovoltaik (810.), Blockheizkraftwerk Schule/Hallenbad zu 50% (817.), Veranstaltungsräume (Altes Kino, Alter Speicher, Volksfesthalle; 840.)
Das interne Haushaltsscreening zur Identifikation künftig steuerbarer Einnahme-Umsätze ist nun abgeschlossen.
Neu unterliegt künftig der Umsatzsteuer z.B.
- Verkauf von Büchern, auch Familienstammbüchern
- Verkauf von Fundsachen (Fahrräder etc.)
- Abrechnung Feuerwehreinsätze, soweit nicht Gefahr für Leib und Leben besteht
- PV-Einspeisung Schule und Kläranlage
- Beleuchtung Aussichtsturm
- Vermessungskosten Material
- Plakatierungsgebühren
Derzeit werden mit der Steuerberatung noch abschließende Klärungsgespräche geführt, so dass weitere umsatzsteuerbare Bereiche noch hinzu kommen können.
Des Weiteren steht eine Prüfung der Ausgabenseite an, um eventuelle Vorteile aus einer Umsatzsteuerpflicht zu detektieren. Auch müssen die Verträge und Satzungen der Stadt einem Check und Änderungen unterzogen werden. Dies wird im Dezember 2022 dann geschehen. Letztlich muss spätestens 2023 auch eine Tax Compliance erstellt werden, um die Verantwortlichen vor steuerlichen Haftungsrisiken weitgehend zu schützen.
Durch neue umsatzsteuerbare BgA sind auch neue Haushaltstellen zu bilden. Zudem empfiehlt der Kämmerer im Sinne einer besseren Transparenz, Korrektur einiger fehlerhafter Zuordnungen und einheitlicher Struktur der Aufgaben (Gliederung) und Einnahme/Ausgabenarten (Gruppierung) eine grundlegende Reorganisation des Haushaltsplans zum 01.01.2023. Die Gliederungs- und Gruppierungsziffer wird dabei im Sinne einer dann einheitlich tieferen Unterteilung von einem je 3-stelligen System auf ein je 4-stelliges System erweitert. Dies ist bei den meisten Kommunen auch der Standard. Im Übrigen bilden natürlich die landesweit gültigen Zuordnungsvorschriften weiterhin den Rahmen für die neue Kontierung. Trotzdem werden sich viele Haushaltstellen vor allem im Verwaltungshaushalt ändern. Dies wird die nächsten zwei Jahre durch die Darstellung auch der bisherigen Haushaltstellen mit den dort hinterlegten Plan- und Jahresrechnungswerte für 2021 und 2022 zu einem umfangreicheren Haushaltsplan führen. Auch der Vergleich mit Vorjahreswerten wird die nächsten zwei Jahre zunächst nicht so einfach. Ab 2025 haben wir dann aber einen einheitlich strukturierten Haushalt.
In diesem Zuge wird auch jede Haushaltstelle einem mittelbewirtschaftenden Sachgebiet (Amt) zugeordnet. Dieses hat dann die benötigten Mittel anzumelden und ist im Haushaltsjahr für eine sparsame Mittelverwendung verantwortlich. Grundsätzlich sind Unterabschnitte einem Amt zugewiesen, Spezialthemen wie Grundstücksunterhalt, Gärtnerei oder Fahrzeugunterhalt jedoch haushaltsübergreifend den entsprechend zuständigen Ressorts.
Des Weiteren werden die Deckungskreise neu gebildet. Personalkosten sind von Gesetz wegen gegenseitig deckungsfähig. Ansonsten können Ausgabehaushaltstellen für deckungsfähig erklärt werden, wenn sie sachlich zusammenhängen (§18 Abs. 2 KommHV). Bisher sind nicht im Sinne der KommHV alle Ausgabe-Haushaltstellen der Gruppe 500 bis 718 und somit fast der ganze Verwaltungshaushalt deckungsfähig. Künftig wird zum einen (vertikal) nur die einem bewirtschaftenden Amt zugeordneten Aufgabenbereiche der Gruppen 5000 bis 6589 und darüber hinaus (horizontal) manche Gruppen über alle Unterabschnitte hinweg gegenseitig. Zudem sind auch einige Spezialfälle von unechter Deckung (Einnahmen decken Ausgaben) wie z.B. bei Spenden vorgesehen. Eine flexible Haushaltsführung wird so auch künftig wenn auch in engeren Grenzen möglich sein.
Der Entwurf des neuen Gliederungs- und Gruppierungsplans, der zugeordneten Ämter und Deckungskreise in der derzeitigen Fassung liegt der Sitzungsvorlage bei.
Dadurch aber insbesondere durch die stark ansteigenden Kosten – nicht nur im Energiesektor – wird die Abstimmung der Mittelanforderungen mit den Sachgebieten mit dem Ziel eines ausgeglichenen und rechtskonformen Haushalts mehr Zeit erfordern als in den letzten Jahren. Es ist geplant, diesen erst in der Sitzung des FWD am 20.12.2022 zu beraten und im Januar 2023 im Stadtrat zu verabschieden. In den Folgejahren ist wie zuletzt wieder ein Haushaltsbeschluss im Dezember des Vorjahres angedacht.