Förmliche Festlegung des Sanierungsgebiet "Lechvorstadt" und Erlass einer Sanierungssatzung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 29.10.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 29.10.2019 ö beschliessend 3

Sachverhalt

Zu diesem Tagesordnungspunkt wird zunächst auf die vorherige Beratung und Billigung des ISEK’s Innere Kernstadt Füssen verwiesen. Gegenstand des ISEK’s ist auch die Empfehlung, für die Lechvorstadt ein förmliches Sanierungsgebiet festzulegen und eine Sanierungssatzung zu beschließen.

Die bau- und kulturhistorisch wertvolle Lechvorstadt verfügt über hochwertige Einzeldenkmäler und unterliegt dem Ensembleschutz nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz. Der öffentliche Raum weist jedoch teilweise gestalterische Defizite und funktionale Mängel auf. Der Standard des öffentlichen Raumes wird der Bedeutung des Ensembles Lechvorstadt nicht gerecht.

Es ist deshalb vorrangiges Ziel, den Umbau, den Ausbau und die Gestaltung von Straßen und öf-fentlichen Räumen von geschichtlicher und städtebaulicher Bedeutung zu initiieren, damit sie ihrem historischen und geschichtlichen Charakter Rechnung tragen können. Damit einhergehen auch der Erhalt und die Modernisierung bzw. Instandsetzung sowie energetische Sanierung der historischen Gebäude unter Wahrung des städtebaulichen Erscheinungsbildes.

Ein Sanierungsgebiet wird als Satzung förmlich festgelegt, wenn die Sanierung notwendig ist und im öffentlichen Interesse liegt. Die Notwendigkeit wird mit den VU nachgewiesen. Das Sanierungs-gebiet muss sich nicht mit dem Untersuchungsgebiet der VU decken.  Das dort vorgeschlagene Sanierungsgebiet umfasst demnach ein Gebiet von ca. 2,96 ha. Es soll durch städtebauliche Sanierungsmaßnahmen verbessert und gestaltet werden.

Die rechtliche Wirkung der förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebiets zeigt sich in der Mög-lichkeit der Anwendung der Vorschriften des besonderen Städtebaurechts (§§ 136 bis 164b BauGB) im Sanierungsgebiet. Bei den Vorschriften über städtebauliche Sanierungsmaßnahmen handelt es sich um ein sachlich, räumlich und zeitlich begrenztes Sonderrecht.

Mit dem Erlass der Sanierungssatzung beginnt die eigentliche Durchführungsphase der Sanierung. Die Stadt übernimmt hiermit eine gesteigerte Verantwortung für deren Ablauf, vor allem die Verpflichtung zur zügigen Durchführung.

Mit dem Beschluss der Sanierungssatzung entscheidet die Stadt auch darüber, ob sie die Sanierung im umfassenden Verfahren (Anwendung der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften der §§ 152 bis 156a) oder im vereinfachten Verfahren (ohne Anwendung dieser Vorschriften) durchführen wird. 

Der Unterschied des vereinfachten zum umfassenden Sanierungsverfahren besteht im Aus-schluss der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften der §§ 152 bis 156a BauGB:

  • Preisprüfung bei privaten Rechtsgeschäften § 153 Abs. 2 BauGB,
  • Bemessung des Kaufpreises beim Erwerb von Grundstücken durch die Stadt § 153 Abs. 3 BauGB und deren Veräußerung zum sanierungsbedingten Neuordnungswert § 153 Abs. 4 BauGB,
  • Erhebung und Bemessung des Ausgleichsbetrags § 154 BauGB.
Nach den Vorschriften der §§ 152 bis 156a BauGB haben die Eigentümer für die ausschließlich durch die Sanierung verursachten Bodenwertsteigerungen ihrer Grundstücke einen ent-sprechenden Ausgleichsbetrag an die Stadt zu zahlen. Grundstücksgeschäfte unterliegen zudem in diesem Umfang einer Kontrolle und Wertbegrenzung. Im Gegenzug entfallen insoweit Er-schließungsbeiträge. Ein eventuell erzielter Einnahmeüberschuss bei der Vorbereitung und Durchführung der städtebaulichen Sanierungs-maßnahme ist von der Stadt an die Grundstücks-eigentümer im Sanierungsgebiet zu verteilen.

Die Wahl des Sanierungsverfahrens ist gemäß der Sachlage der städtebaulichen Situation zunehmen. Das vereinfachte Verfahren ist dann zu wählen, wenn das umfassende Verfahren für die Durchführung der Sanierung nicht erforderlich ist und die Durchführung der Sanierung voraussichtlich nicht erschwert wird. Im Rahmen der Wahl des Sanierungsverfahrens verfügt die Stadt über einen Beurteilungsspielraum.

Bei der Wahl des Sanierungsverfahrens ist insbesondere zu beachten:

  • die konkrete städtebauliche Situation im Sanierungsgebiet,
  • die angestrebten Ziele der Sanierung und damit die voraussichtlichen Maßnahmen und die beabsichtigte Entwicklung im Sanierungsgebiet,
  • die Durchführung der Sanierung
  • und die erwarteten Auswirkungen auf die Bodenpreise.

Maßgebliche Grundlage der Sanierungswahl ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Be-schlussfassung der Sanierungssatzung.

Im Sanierungsgebiet Lechvorstadt sind die bedeutenden Maßnahmen vorwiegend im öffentlichen Bereich (Verbesserung der Verkehrsverhältnisse) angesiedelt. Die für die Stadt Füssen entstehenden Kosten können durch Erschließungsbeiträge nach § 127 BauGB oder Kommu-nalabgabengesetz anteilig umgelegt werden. Eventuell durch die Sanierung bedingte Boden-preissteigerungen können von den Eigentümern selbst abgeschöpft werden. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass insgesamt keine wesentlichen Erhöhungen der Bodenwerte im Sanie-rungsgebiet zu erwarten sind.

Modernisierungen, Instandsetzungen und Freiraumgestaltungen sind von den Grundstücksei-gentümern selbst durchzuführen, wobei eine entsprechende Anreizförderung (z. B. kommunales Förderprogramm) diese Maßnahmen unterstützen kann.

Vorgesehene Baulückenschließungen nutzen das vorhandene Baurecht. Kleinräumig vorgesehene Maßnahmen zur städtebaulichen Neukonzeption sollen die Stadtstruktur hinsichtlich ihrer histori-schen Entwicklung und Bedeutung stärken, wobei diese Maßnahmen in privater Hand liegen sollen. Erforderliche bodenordnende Maßnahmen sollen ebenso auf freiwilliger und privater Basis erfolgen. Für Bodenwertzuwächse wird keine Grundlage gesehen.

Insgesamt beabsichtigen die Maßnahmen der Stadt Füssen initiierend und steuernd die im Sa-nierungsgebiet bestehenden wirtschaftlichen, historischen und funktionalen Potentiale zu unter-stützen.

Die Anwendung der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften ist somit weder erforderlich noch würde die Durchführung der Sanierung durch sie voraussichtlich erleichtert werden. Die Anwendung der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften §§ 152 – 156a BauGB wird deshalb ausgeschlossen. Die Vorschriften des § 144 BauGB über genehmigungspflichtige Vorha-ben, Teilungen und Rechtsvorgänge finden Anwendung.

Auf der Grundlage der vorliegenden städtebaulichen Planung kann nun die Durchführung der Ordnungs- und Baumaßnahmen erfolgen.

Dipl.-Ing. Ferdinand Kaiser vom Büro Kling Consult GmbH erläuterte anhand der unter Tagesordnungspunkt 2 enthaltenen Präsentation die Inhalte, den Zweck und das Verfahren des Sanierungsgebietes.

Fördermöglichkeiten
Zur Erhöhung des Anreizes privater Investitionen schlägt die Verwaltung vor, gemäß den Richtlinien zur Förderung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in Bayern vom 08.12.2006 (zuletzt geändert durch Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 09. November 2015) im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms einen Teil ihres jährlichen Städtebauförderungskontingentes in ein kommunales Förderprogramm einzubringen. 

Mit dem seitens der Stadt Füssen im Rahmen einer Richtlinie festzulegenden Förderzweck zielt dieses Programm auf die Beseitigung städtebaulicher Mängel und Missstände gemäß § 177 Abs. 3 BauGB auf Grundlage privater Investitionen, z. B. mittels Maßnahmen an der Außenhülle von Gebäuden, der Verbesserung, Inwertsetzung und Pflege des Stadtbildes sowie dem Erhalt charakteristischer und ortsbildprägender Merkmale, Verbesserungen hinsichtlich barrierefreier Zugänge. Die Förderkriterien des aufzulegenden kommunalen Förderprogramms sind seitens der Stadt Füssen im Detail festzulegen. Ein geeignetes Fachbüro (sog. „städtebauliche Beratung“) kann die Kommune diesbezüglich beraten und unterstützen. 
 
Im Rahmen des kommunalen Förderprogramms können entsprechend seitens der Stadt Füssen definierte bauliche Maßnahmen gefördert werden, soweit sie den Sanierungszielen entsprechen und mit der Bauverwaltung vereinbart wurden. Die Förderung beträgt bis zu maximal 30 % der förderfähigen Kosten. Die Höhe der Förderung unterliegt der Einzelfallprüfung und wird auf einen Höchstbetrag gedeckelt. Eine Förderung von Maßnahmen durch die Städtebauförderung ist nur bei Lage in einem Sanierungsgebiet möglich.  

Gemäß Städtebauförderungsrichtlinien erfolgt für die Stadt Füssen für das kommunale Förderprogramm eine Förderung bis zu 60 % durch Städtebauförderungsmittel, so dass der Eigenkostenanteil der Stadt Füssen 40 % der Kosten des kommunalen Förderprogramms beträgt. Die Stadt Füssen definiert Ziel und Zweck des kommunalen Förderprogramms, die im Rahmen des Förderprogramms geförderten Maßnahmen, die Grundsätze der Förderung, Förderungsbedingungen (z. B. Fördersatz und Förderhöchstgrenzen) und das Förderverfahren. 

Bei Bedarf kann ein möglicher inhaltlicher Aufbau einer Richtlinie für ein kommunales Förderprogramm (Quelle: Richtlinien zur Förderung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in Bayern vom 08.12.2006 (zuletzt geändert durch Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 9. November 2015)) gerne erläutert werden.

Abschließend wird noch darauf hingewiesen, dass bei einem umfassenden Sanierungsbedarf unter den Voraussetzungen des § 177 Abs. 2 und 3 BauGB (Baugesetzbuch) die Möglichkeit besteht, dass die Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen steuerlich geltend gemacht werden können (§§ 7h, 10f und 11a EStG). Grundsätzliche Voraussetzung für eine Bezuschussung oder eine Bescheinigung für die erhöhte steuerliche Abschreibung ist ein schriftlicher Vertrag mit der Stadt Füssen, der vor Maßnahmenbeginn abgeschlossen werden muss.

Beschlussvorschlag

Der Stadtrat der Stadt Füssen beschließt das im beiliegenden Lageplan abgegrenzte Gebiet als Sanierungsgebiet nach § 143 BauGB. Der beiliegende Lageplan ist Bestandteil dieses Beschlusses.

Im Weiteren beschließt der Stadtrat der Stadt Füssen für dieses Sanierungsgebiet die beiliegende Sanierungssatzung. Der beiliegende Satzungsentwurf ist Bestandteil dieses Beschlusses.

Beschluss

Der Stadtrat der Stadt Füssen beschließt das im beiliegenden Lageplan abgegrenzte Gebiet als Sanierungsgebiet nach § 143 BauGB. Der beiliegende Lageplan ist Bestandteil dieses Beschlusses.

Im Weiteren beschließt der Stadtrat der Stadt Füssen für dieses Sanierungsgebiet die beiliegende Sanierungssatzung. Der beiliegende Satzungsentwurf ist Bestandteil dieses Beschlusses.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 20, Dagegen: 0

Datenstand vom 02.10.2024 09:49 Uhr