Verkehrsberuhigende Maßnahmen für den Ortsteil Bad Faulenbach; Antrag der Interessengemeinschaft (IG) Bad Faulenbach (Zufahrtsbeschränkung für Busse und Nachtparkverbot für Wohnmobile/Camper)


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 27.07.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 27.07.2021 ö beschliessend 7

Sachverhalt

Seit Jahrzehnten ist das Thema der Verkehrsberuhigung in Füssen und Teilen der umliegenden Ortsteile (Hopfen am See, Bad Faulenbach) ein ganz wesentliches politisches Thema. Dies gilt in besonderem Maße auch für den Ortsteil Bad Faulenbach, welcher sich vor allem der touristischen Nutzung (Motto „Kneipp“ oder „Tal der Sinne“) verschrieben hat. Soll oder wie kann der Ortsteil verkehrlich beruhigt, besser geordnet oder sogar annähernd verkehrsfrei werden (ähnlich einer Fußgängerzone mit Zu- und Abfahrtsmöglichkeiten zu bestimmten Zeiten für die Anlieger)?

Stärker als in vielen anderen Städten sorgt die räumliche Verteilung von Beherbergungsangeboten und Zielen (Altstadt, Schlösser, Festspielhaus, Naturerlebnisraum…) im Stadtgebiet Füssens für ein erhöhtes Mobilitätserfordernis beim Aufenthalt. Dies führt unter anderem zu einer erhöhten PKW-Belastung und einem zunehmenden Parkraumdruck gerade in der Altstadt und den altstadtnahen Stadtteilen wie Bad Faulenbach. Die beengten Verkehrsverhältnisse dort stehen hierbei in einem besonderen Spannungsfeld zu den gewollten Erholungs- und Wohnumfeldqualitäten.

Bad Faulenbach ist seit dem Jahr 1938 anerkannter Kneippkurort und seit 1976 zudem noch Moorheilbad. Im Zusammenhang mit dem danach vorherrschenden Kurgebietscharakter besteht eine Anerkennung des Bayrischen Staatsministeriums des Innern vom 15.06.1976 nach Art. 28 Abs. 7 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) als Heilbad. Wertvollster »Bodenschatz« sind das eigene Moor. Im Flächennutzungsplan der Stadt Füssen wird der Ortsteil als Kurgebiet dargestellt.

Mit der Prädikatisierung geht eine Verpflichtung zum Vorhalten gesundheitsspezifischer Infrastruktur und zur Präsentation von Angeboten, welche die entsprechenden Heilmittel nutzen, einher. Zwar besitzen auch die Ortsteile Füssen und Hopfen Am See (Kneippkurorte) Prädikate aus dem Kur- und Gesundheitssegment, doch die Bündelung an Angeboten ist in Bad Faulenbach am größten. Gemäß strategischem Entwicklungskonzept 2018 soll Füssen sich als Kneippkurort - und möglichst später als Kneipp-Heilbad - moderner Prägung profilieren. In besonderer Weise wird bei der Erstellung von Angeboten auf die medizinische Kompetenz Wert gelegt, die Füssen von reinen Wellness-Anbietern abheben soll. Der Naturraum soll hierbei als Gesundheitszentrum in die Angebote eingebunden werden und die Angebote eine breite Öffentlichkeit ansprechen.

Durch die besondere naturräumliche Lage und das attraktive Angebot kommt es im Ortsteil Bad Faulenbach allerdings auch zunehmend zu städtebaulichen Problemen. Insbesondere die Abwicklung des motorisierten Individualverkehrs (Tempoüberschreitungen, Parkraumdruck, Lärm und Verkehrssicherheit) stößt hierbei regelmäßig an ihre Grenzen und steht im Widerspruch zur angestrebten Nutzungsstruktur, die auch in Zukunft maßgeblich von einem durch Ruhe und Erholung geprägten Ambiente lebt. Trends, wie die Reduzierung der Aufenthaltsdauer sowie ein hoher Anteil an Tagesgästen, erhöhen hierbei den Anteil des An- und Abreiseverkehrs und verschärfen die Probleme zusätzlich. Zu den bereits umgesetzten begleitenden Maßnahmen gehören der Ausbau als verkehrsberuhigter Bereich mit Zufahrtsbeschränkungen für Schwerfahrzeuge und die Einstufung in die höchste Schutzkategorie nach den Verordnungen über den Lärm beim Bauen und bei ruhestörenden Haus- und Gartenarbeiten. Die straßenmäßige Erschließung ist nur über die nur einspurig befahrbare enge Felsschlucht möglich.
Ein weiteres Problem ist, dass durch die Schaffung von Wohneigentum und die Bildung von Zweitwohnungen der gewünschte Charakter als Gebiet mit Fremdenverkehrsfunktionen überformt wird. Eine Ausweitung des Zweitwohnungsbestandes hätte neben finanziellen (z.B. Rückgang von Kur- und Fremdenverkehrsbeiträgen, Gewerbesteuer, Einkommensteueranteilen) auch strukturelle Auswirkungen in Form einer Verdrängung der touristischen Nutzungen mit städtebaulicher Verödung („Rollladensiedlung") zur Folge, was gerade im Hinblick auf die Altstadtnähe eine negative Beeinträchtigung der geordneten baulichen Entwicklung darstellen würde. Als Sicherungsmaßnahme wurde eine Satzung zur Sicherung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktionen nach § 22 BauGB für den Stadtteil Bad Faulenbach erlassen (Stadt Füssen 2019). Die Begründung oder Teilung von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz steht hierdurch unter Genehmigungsvorbehalt.

Langfristiges Ziel der städtebaulichen Planung ist die Aufrechterhaltung der Fremdenverkehrsfunktion Bad Faulenbachs, dem in diesem Zusammenhang unter Bezug auf die gesamtheitliche Entwicklung des Stadtbereichs und die unmittelbar benachbarte Lage zum Altstadtgebiet erhebliche Bedeutung zuzumessen ist.

Nun liegt der Stadt zur Verkehrssituation in Bad Faulenbach der beiliegende Antrag der Interessengemeinschaft Bad Faulenbach vor, der im Wesentlichen folgende Ziele beinhaltet:

  1. Die Zufahrt für Busse über 7,5 t soll untersagt werden. Ausnahmen in Einzelfällen werden auf Antrag durch die Stadt Füssen gestattet, soweit die Anzahl der Busse 20 im Jahr nicht überschreiten darf und die Zufahrt im Zeitfenster von 8.00 bis 20.00 Uhr statt zu finden hat.

  1. Erlass eines Nachtparkverbotes für Camper/Wohnmobile auf allen öffentlichen Flächen in ganz Bad Faulenbach oder – noch effektiver – eines Anfahrtsverbotes für Camper/Wohnmobile

Mittelfristig wäre im Rahmen dieses nunmehr vorliegenden Antrags gemeinsam mit den Bewohnern/Eigentümern und Nutzern in Bad Faulenbach zu prüfen, ob es möglich, sinnvoll oder realistisch ist, diesen Ort bzw. dieses Tal entsprechend seiner touristischen Prägung und Ausrichtung über den vorliegenden Antrag hinaus verkehrsarm bzw. verkehrsfrei zu machen. Ggf. wären dazu dann schon die entsprechenden Weichenstellungen möglich.

Nun aber zunächst zum eigentlichen Antrag der IG Bad Faulenbach:

Untersagung der Zufahrt für Busse über 7,5 to

Den im Antrag genannten Punkten kann uneingeschränkt zugestimmt werden.

Die Busproblematik bezog sich in der Vergangenheit im Grunde auf die existenziellen Bedürfnisse und die Abhängigkeit der Betreiber des Europarkhotels auf Busreisende - insbesondere aus dem asiatischen Raum.

Aus Gründen der Verkehrssicherheit wurde schon damals auf die große Problematik der engen Morisse-Felsschlucht im Gegenverkehr hingewiesen. Angedachte Varianten wie eine Ampelregelung wurden aufgrund der beengten Verhältnisse insbesondere von Bad Faulenbacher Seite her durch fehlende Aufstellfläche und Unübersichtlichkeit sowie fehlenden Straßenbreite für Begegnungsverkehr schnell wieder verworfen.

Befragungen anderer vergleichbarer Orte brachten zum Teil interessante Erkenntnisse. Vor allem wurde Unverständnis über einen seitens der Stadtverwaltung vorgeschlagenen, seitens der Hotelleitung jedoch rigoros abgelehnten und nicht zu vereinbarenden Shuttleverkehr vom nahen Morisseparkplatz zum nur ca. 250 m entfernten Hotel zum Ausdruck gebracht. Dass dies -mit entsprechendem Willen- durchaus praktizierbar (gewesen) wäre zeigte eine kurzzeitige Probephase.

So meldete Oberstdorf damals, dass keine Buszufahrt in einige Täler zugelassen sind, sondern dies mit Kleinbussen/Fahrzeugen erfolgen muss, auch wenn dies mehrere Fahrten erfordert, was für die Betreffenden jedoch schnell zur Gewohnheit und akzeptiert wurde. Dies hat sich bewährt und eingespielt.

Bad Füssing beispielsweise lässt keine Busse in das Kurgebiet einfahren, da die Gäste vor allem Ruhe und Erholung suchen und Busverkehr nicht akzeptiert würde, andernfalls würden sich die Gäste schnell anderweitig orientieren, so die Aussagen dieser Orte.

Insbesondere bei Engpässen durch sich begegnende größere Fahrzeuge kommt es immer wieder zu erheblichen Behinderungen zumal sich das rückwärts Rangieren oftmals schwierig gestaltet.

Zieht man einen Notfall wie Brand oder lebensbedrohende Situationen in Bad Faulenbach in Betracht kann schon eine kurzzeitige Blockade des Verkehrs und damit verbundene Verzögerung fatale Folgen nach sich ziehen.

Nachtparkverbot für Camper und Wohnmobile

Nachdem sowohl für den gebührenpflichtigen Parkplatz am Gipsbruchfelsen als auch seit kurzem am Fischhausweg von 22:00 -  08:00 Uhr ein Haltverbot für Wohnmobile besteht, sollte sich dieser Punkt bereits erledigt haben.

Weitere öffentliche Parkplätze bestehen nur noch vor dem Hotel Ruchti an der Alatseestraße. Diese eignen sich aufgrund des begrenzten Platzes jedoch nicht zum Übernachten. Weitere öffentliche Parkplätze bestehen nicht.

Beschilderung Verkehrsberuhigter Bereich

Mit dem Straßenausbau Bad Faulenbachs und damit verbundener Ausweisung als verkehrsberuhigter Bereich war die Beschilderung anfangs bereits an der Morisse angebracht.

Nachdem von Bad Faulenbacher Seite moniert wurde, dass dieser Standort des Beginns eines verkehrsberuhigten Bereichs dort nicht wahrgenommen wird, erfolgte nach gemeinsamen Ortsbesichtigung eine Verlegung an die natürliche Verengung zum Beginn der Morisse-Felsschlucht hin. Vor dem Beginn des verkehrsberuhigten Bereichs wurde zudem an der hierfür geeigneten Straßenverbreiterung eine Ausweichbucht in Form einer Haltelinie gekennzeichnet. Das Verkehrszeichen wurde nach der Felsschlucht auf Höhe Frühlingsgarten nochmal in Farbe aufmarkiert. Dies darf jedoch nicht wiederholt erfolgen, da das Verkehrszeichen den Beginn signalisiert.



Aus den Erfahrungen der Vergangenheit erscheint deshalb die Beschilderung des Beginns/Ende des verkehrsberuhigten Bereichs an der Felsschlucht der geeignete Standort, da zugleich eine natürliche Verengung gegeben ist. Ein evtl. zusätzlicher Blumentrog o.ä erscheint hingegen aufgrund der Gegebenheiten hier eher hinderlicher und nachteiliger.

Der Abschnitt vom Feneberg-Markt in Richtung Felsschlucht bzw. umgekehrt lässt eine Innerortsgeschwindigkeit von 50 km/h zu, was aufgrund der Kurve, Parkplatzzu/-ausfahrt Feneberg-Markt sowie nicht vorhandenem Gehsteig  doch recht schnell ist. Hier könne in der Tat in diesem Zusammenhang eine Reduzierung auf eine Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h für diesen Abschnitt in beide Richtungen für mehr Sicherheit sorgen, was auch zur besseren Aufnahme des dann beginnenden verkehrsberuhigten Bereich führen könnte.



Ansonsten entspricht der Ausbau Bad Faulenbachs mit Aufpflasterungen, Einengungen durch eingebaute Verkehrsinseln und dergleichen einem mustergültigen verkehrsberuhigten Bereich.

Vor einigen Jahren hat die IG Bad Faulenbach zudem ein digitales Geschwindigkeitsmeßgerät beschafft, welches dauerhaft an der Alatseestraße auf die gefahrene Geschwindigkeit hinweist.

Auch befindet sich eine Radarmessstelle des Zweckverbandes Oberland an der Alatseestraße, wo sporadisch Kontrollen stattfinden.

Beschlussvorschlag

1.        Das Verbot für Fahrzeuge über 7,5 t bleibt bestehen, die Zusatzzeichen werden entfernt.
Bei Bedarf sind entsprechende Ausnahmegenehmigungen - wie bereits praktiziert - bei der Stadt Füssen zu beantragen.

2.        Das beantragte Nachtparkverbot ist bereits umgesetzt und bleibt bestehen.

3.        Eine Verlegung des Beginns/Ende des verkehrsberuhigten Bereichs in Richtung Kemptener Straße wird aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit nicht für zielführend erachtet und nicht weiter verfolgt.
       
4.        Eine Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ergänzend zum 7,5 t - Verbot in Richtung Bad Faulenbach sowie vom Ende des verkehrsberuhigten Bereichs in Richtung Kemptener Straße erscheint aus Verkehrssicherheitsgründen für diesen Abschnitt ohne Gehweg sinnvoll und soll umgesetzt werden.

Beschluss

1.        Das Verbot für Fahrzeuge über 7,5 t bleibt bestehen, die Zusatzzeichen werden entfernt.
Bei Bedarf sind entsprechende Ausnahmegenehmigungen - wie bereits praktiziert - bei der Stadt Füssen zu beantragen.

2.        Das beantragte Nachtparkverbot ist bereits umgesetzt und bleibt bestehen.

3.        Eine Verlegung des Beginns/Ende des verkehrsberuhigten Bereichs in Richtung Kemptener Straße wird aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit nicht für zielführend erachtet und nicht weiter verfolgt.
       
4.        Eine Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ergänzend zum 7,5 t - Verbot in Richtung Bad Faulenbach sowie vom Ende des verkehrsberuhigten Bereichs in Richtung Kemptener Straße erscheint aus Verkehrssicherheitsgründen für diesen Abschnitt ohne Gehweg sinnvoll und soll umgesetzt werden.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 21, Dagegen: 0

Abstimmungsbemerkung
Anna-Verena Jahn, Martin Dopfer und Simon Hartung haben wegen kurzer Abwesenheit an der Abstimmung nicht teilgenommen.

Datenstand vom 21.09.2021 07:56 Uhr