Förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets "ehemaliges Hanfwerkeareal" und Erlass einer Sanierungssatzung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 19.10.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 19.10.2021 ö beschliessend 6.2

Sachverhalt

Zu diesem Tagesordnungspunkt wird zunächst auf die vorherige Beratung und Billigung der Vorbereitungen Untersuchungen für das „Ehemalige Hanfwerkeareal“ verwiesen. Sie ist in Füssen ist auch die Empfehlung, für dieses ein förmliches Sanierungsgebiet festzulegen und eine Sanierungssatzung zu beschließen.

Das ehemals industriell genutzte Gelände der früheren Hanfwerke soll als innerstädtisches Quartier entwickelt werden. Im Jahr 2019 wurde deshalb für den Bereich eine Vorbereitende  Untersuchung erarbeitet. Hier werden die städtebaulichen Mängel erhoben und Ziele zur Entwicklung der Fläche dargestellt. Die Ziele der Vorbereitenden Untersuchungen wurden im vorherigen Tagesordnungspunkt beschlossen.

Städtebauliche Ziele im Sanierungsgebiet

Verschiedene städtebauliche Mängel machen eine Aufstellung des Sanierungsgebietes erforderlich. Die städtebaulichen Mängel sind in der Vorbereitenden Untersuchung im Einzelnen dargestellt. Zusammenfassend wurden folgende Ziele zur städtebaulichen Entwicklung festgelegt:

Nutzungen

  • Erhalt der bestehenden Nutzungsmischung auf dem Areal und Ergänzung des Nutzungsangebots durch Dienstleistungen, Wohnen sowie Kultur, Gastronomie und Veranstaltungsflächen. Vor allem Anordnung von Angeboten und Nutzungen, die einen starken räumlichen und ggf. inhaltlichen Bezug zur Altstadt haben.

  • Ermöglichen eines flexiblen und differenzierten Wohnraumangebots auf dem Areal zur Ergänzung des städtischen Wohnungsbestandes. Anordnung der Wohnflächen vorrangig im nördlichen, bezüglich Immissionen und Belichtung unproblematischen Abschnitt des Planungsgebiets.

  • Prüfung der Ansiedlung eines kleinflächigen Lebensmittelhandels. 

  • Entwicklung von Konzepten mit reduziertem Pkw-Verkehr.

Baulicher  Bestand

Erhalt bzw. Ergänzung der für die historische Industriearchitektur typischen Zeilenbauten in ihrer Proportion und städtebaulichen Ausprägung. Prüfen eines möglichen Erhalts und Sanierung von Teilen der vorhandenen Zeilenbauten und der für den Standort typischen Nebenbauwerke. Prüfung baulicher Ergänzungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der ortsbildprägenden landschaftlichen und städtebaulichen Struktur bei baulichen Ergänzungen. Weiterführen der für die Industriearchitektur des frühen 20. Jahrhunderts typischen Bauweise.

Freiraum

  • Stärkung der stadträumlichen sowie fuß- und radverkehrlichen Anbindung zwischen Altstadt, Planungsgebiet und Lechfall. Schaffen einer öffentlich nutzbaren Promenade  entlang des Lechs mit Anbinden an das bestehende  Wegenetz.

  • Stärkung der landschaftlichen und topografischen Besonderheit bei der Gestaltung der Freibereiche. 

  • Erhalt des ortsbildprägenden Baumbestandes in den Uferbereichen entlang des Lechs sowie am Hang zur B17. Sichtbarmachung der historischen Verläufe von Mühl und Fabrikkanal im Gelände, falls erforderlich und unter der Voraussetzung dass dieser auch mit Wasser gefüllt werden kann. Andernfalls nur durch örtlich anzubringende Dokumentation

  • Berücksichtigung des Charakters der historischen Bauweise und Nutzung in der Gestaltung der Freibereiche, Zonierung der Freibereiche entsprechend den unterschiedlichen Nutzungen.

Verkehr

  • Entwicklung eines Erschließungskonzepts, das die räumlichen Gegebenheiten des Planungsgebiets sowie die verkehrlichen und denkmalpflegerischen Belange im Zufahrtsbereich von der Bundesstraße berücksichtigt.

  • Ordnen des ruhenden Verkehrs innerhalb der räumlichen Gegebenheiten des Planungsgebiets.

  • Reduzierung des Stellplatzschlüssels im Untersuchungsgebiet. Entwicklung übergeordneter Parkierungskonzepte für Bereiche außerhalb des Untersuchungsgebiets.

  • Stärkung der ÖPNV-Anbindung, Entwicklung alternativer Mobilitätskonzepte und Prüfung weiterer Maßnahmen zur Stärkung der Mobilität ohne eigenes Auto.

Ein Sanierungsgebiet wird als Satzung förmlich festgelegt, wenn die Sanierung notwendig ist und im öffentlichen Interesse liegt. Die Notwendigkeit wird mit den VU nachgewiesen. Das Sanierungs-gebiet muss sich nicht mit dem Untersuchungsgebiet der VU decken.  Das dort vorgeschlagene Sanierungsgebiet umfasst demnach ein Gebiet von ca. 6,25 ha. Es soll durch städtebauliche Sanierungsmaßnahmen verbessert und gestaltet werden.

Die rechtliche Wirkung der förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebiets zeigt sich in der Mög-lichkeit der Anwendung der Vorschriften des besonderen Städtebaurechts (§§ 136 bis 164b BauGB) im Sanierungsgebiet. Bei den Vorschriften über städtebauliche Sanierungsmaßnahmen handelt es sich um ein sachlich, räumlich und zeitlich begrenztes Sonderrecht.

Mit dem Erlass der Sanierungssatzung beginnt die eigentliche Durchführungsphase der Sanierung. Die Stadt übernimmt hiermit eine gesteigerte Verantwortung für deren Ablauf, vor allem die Verpflichtung zur zügigen Durchführung.

Mit dem Beschluss der Sanierungssatzung entscheidet die Stadt auch darüber, ob sie die Sanierung im umfassenden Verfahren (Anwendung der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften der §§ 152 bis 156a) oder im vereinfachten Verfahren (ohne Anwendung dieser Vorschriften) durchführen wird. 

Der Unterschied des vereinfachten zum umfassenden Sanierungsverfahren besteht im Aus-schluss der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften der §§ 152 bis 156a BauGB:

  • Preisprüfung bei privaten Rechtsgeschäften § 153 Abs. 2 BauGB,
  • Bemessung des Kaufpreises beim Erwerb von Grundstücken durch die Stadt § 153 Abs. 3 BauGB und deren Veräußerung zum sanierungsbedingten Neuordnungswert § 153 Abs. 4 BauGB,
  • Erhebung und Bemessung des Ausgleichsbetrags § 154 BauGB.

Nach den Vorschriften der §§ 152 bis 156a BauGB haben die Eigentümer für die ausschließlich durch die Sanierung verursachten Bodenwertsteigerungen ihrer Grundstücke einen entsprechenden Ausgleichsbetrag an die Stadt zu zahlen. Grundstücksgeschäfte unterliegen zudem in diesem Umfang einer Kontrolle und Wertbegrenzung. Im Gegenzug entfallen insoweit Erschließungsbeiträge. Ein eventuell erzielter Einnahmeüberschuss bei der Vorbereitung und Durchführung der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme ist von der Stadt an die Grundstücks-eigentümer im Sanierungsgebiet zu verteilen.

Die Wahl des Sanierungsverfahrens ist gemäß der Sachlage der städtebaulichen Situation zunehmen. Das vereinfachte Verfahren ist dann zu wählen, wenn das umfassende Verfahren für die Durchführung der Sanierung nicht erforderlich ist und die Durchführung der Sanierung voraussichtlich nicht erschwert wird. Im Rahmen der Wahl des Sanierungsverfahrens verfügt die Stadt über einen Beurteilungsspielraum.

Bei der Wahl des Sanierungsverfahrens ist insbesondere zu beachten:

  • die konkrete städtebauliche Situation im Sanierungsgebiet,
  • die angestrebten Ziele der Sanierung und damit die voraussichtlichen Maßnahmen und die beabsichtigte Entwicklung im Sanierungsgebiet,
  • die Durchführung der Sanierung
  • und die erwarteten Auswirkungen auf die Bodenpreise.

Maßgebliche Grundlage der Sanierungswahl ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Sanierungssatzung.

Das Sanierungsgebiet „Hanfwerkeareal" soll im vereinfachten Verfahren durchgeführt werden. Die Vorschriften des § 144 Abs. 1 BauGB über genehmigungspflichtige Vorhaben finden Anwendung, die Vorschriften  des § 144 Abs. 2 über Rechtsvorschriften finden keine Anwendung.

Verschiedene Maßnahmen zur Behebung städtebaulicher Missstände werden auf privaten Grundstücken erfolgen. Mit der Festlegung einer Genehmigungspflicht für Vorhaben, die der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen behält sich die Stadt eine Einflussnahme auch bei privaten Vorhaben vor und erhält damit die Möglichkeit, die städtebauliche Entwicklung der Flächen im Sanierungsgebiet steuernd und beratend zu begleiten.

Modernisierungen, Instandsetzungen und Freiraumgestaltungen sind von dem Grundstückseigentümer selbst durchzuführen, wobei eine entsprechende Anreizförderung (z. B. kommunales Förderprogramm) diese Maßnahmen unterstützen kann.

Insgesamt beabsichtigen die Maßnahmen der Stadt Füssen initiierend und steuernd die im Sanierungsgebiet bestehenden wirtschaftlichen, historischen und funktionalen Potentiale zu unter-stützen.

Die Anwendung der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften ist somit weder erforderlich noch würde die Durchführung der Sanierung durch sie voraussichtlich erleichtert werden. Die Anwendung der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften §§ 152 – 156a BauGB wird deshalb ausgeschlossen. Die Vorschriften des § 144 BauGB über genehmigungspflichtige Vorhaben, Teilungen und Rechtsvorgänge finden Anwendung.

Auf der Grundlage der vorliegenden städtebaulichen Planung kann nun die Durchführung der Ordnungs- und Baumaßnahmen erfolgen.

Abschließend wird noch darauf hingewiesen, dass bei einem umfassenden Sanierungsbedarf unter den Voraussetzungen des § 177 Abs. 2 und 3 BauGB (Baugesetzbuch) die Möglichkeit besteht, dass die Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen steuerlich geltend gemacht werden können (§§ 7h, 10f und 11a EStG). Grundsätzliche Voraussetzung für eine Bezuschussung oder eine Bescheinigung für die erhöhte steuerliche Abschreibung ist ein schriftlicher Vertrag mit der Stadt Füssen, der vor Maßnahmenbeginn abgeschlossen werden muss.

Beschlussvorschlag

Der Stadtrat der Stadt Füssen beschließt das im beiliegenden Lageplan abgegrenzte Gebiet als Sanierungsgebiet nach § 143 BauGB. Der beiliegende Lageplan ist Bestandteil dieses Beschlusses.

Im Weiteren beschließt der Stadtrat der Stadt Füssen für dieses Sanierungsgebiet die beiliegende Sanierungssatzung. Der beiliegende Satzungsentwurf ist Bestandteil dieses Beschlusses.

Beschluss

Der Stadtrat der Stadt Füssen beschließt das im beiliegenden Lageplan abgegrenzte Gebiet als Sanierungsgebiet nach § 143 BauGB. Der beiliegende Lageplan ist Bestandteil dieses Beschlusses.

Im Weiteren beschließt der Stadtrat der Stadt Füssen für dieses Sanierungsgebiet die beiliegende Sanierungssatzung. Der beiliegende Satzungsentwurf ist Bestandteil dieses Beschlusses.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 22, Dagegen: 0

Abstimmungsbemerkung
ohne Stadtrat Berhard Eggensberger

Datenstand vom 15.11.2021 11:24 Uhr