Umbau der Verkehrsanlagen in der Luitpold-, Bahnhof-, Augustenstraße und des Prinzregentenkreisels (Bebauungsplan W 43); Antrag auf Errichtung eines Fahrradschutzstreifens in der Luitpoldstraße


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 13.07.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 13.07.2021 ö beschliessend 4

Sachverhalt

Die erste Änderung des Bebauungsplanes W 43 trat mit dem Tag der Bekanntmachung am 24.06.2021 in Kraft. Die Entwurfsplanung für die Straßenbaumaßnahmen wurde in der öffentlichen Sitzung des Stadtrates am 29.06.2021 mehrheitlich gebilligt.

Herr Dr. Martin Metzger hat am Mittwoch nach der Stadtratssitzung angekündigt, einen entsprechenden Antrag an den Stadtrat zu stellen, der dann (auch im Hinblick auf den Termin für die Zuwendungsanträge) in der Sitzung behandelt und entschieden werden sollte. Der auf den 01.07.2021 datierte Antrag wurde nach Eingang am 06.07.2021 per E-Mail nachgereicht.

Bebauungsplan

Der Bebauungsplan W 43 in der nun rechtsverbindlichen Fassung der ersten Änderung weist – bezogen auf den nunmehr vorliegenden Antrag - insbesondere folgende Inhalte auf:

  1. Planzeichnung:

Die Fahrbahn- und Gehwegbreiten sind – auch in der Luitpoldstraße - differenziert und mit Maßangaben an verschiedenen Stellen festgesetzt. Dies trägt dem Entwicklungsziel einer durchgängigen Fahrbahnbreite von 6,50 m bei zwei gegenläufigen Fahrspuren Rechnung. Die reduzierte Breite von 6,0 m in der Bahnhofstraße war nur aufgrund der dortigen Beschränkung auf 20 km/h möglich.

Auszüge aus der Planzeichnung:

Auf Höhe der Luitpoldstr. 2:

















Vor dem Kreisverkehr am Prinzregentenplatz:

















Ab dem Kreisverkehr Richtung Kaiser-Maximilian-Platz:


















In dementsprechender Folge baute der Ausbauplan in seiner beschlossenen Fassung auf diesen Vorgaben auf. Die Zeichenerklärung stellt klar, dass es sich hierbei um verbindliche Festsetzungen handelt:



  1. Satzung


Mit dieser „Öffnungsklausel“ wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Bebauungsplan die grundsätzliche Funktion als Bauleitplan erfüllt, aber hinsichtlich des Detaillierungsgrades einen Ausführungsplan nicht ersetzen kann und soll. Dennoch ist bei Abänderungen danach zu differenzieren, was aus entsprechenden Gründen und nach dem Abwägungsprozess zu den bewusst geplanten Details gehört und an welcher Stelle Änderungen möglich sind ohne in diese Inhalte einzugreifen. Es ist davon auszugehen, dass Eingriffe in die Grundzüge der Planung von dieser Regelung nicht abgedeckt sind.

Eine Breitenreduzierung des Gehweges in dem gesamten Abschnitt der nördlichen Luitpoldstraße mit der Einplanung eines Fahrradschutzstreifens würde aus Sicht der Verwaltung einen Eingriff in die Grundzüge der Planung darstellen, sofern die Differenzbreite nicht nur völlig untergeordnet ist. Hierbei zu berücksichtigen ist u. a. der Umstand, dass der ostseitige Gehweg wie auf Höhe des Anwesens Luitpoldstraße 2 eine ausreichende Breite im Hinblick auf die Länge des Abschnitts nur unter Anrechnung der auf Privatgrund liegenden Fläche hat.

Allerdings geht der Antrag von der Beibehaltung der Fahrbahnbreite von 6,50 m aus, innerhalb der der Schutzstreifen einzurichten ist.

  1. Schalltechnische Begutachtung

Die Inhalte des Bebauungsplanes sind nach bisherigem Stand auf die Ergebnisse der schalltechnischen Untersuchung abgestimmt. Explizit wurde dabei die Lageverschiebung der Straßenachse im Bereich der Bahnhofstraße im Verfahren neu untersucht. Mit einer Breitenreduzierung des Gehwegs würde sich die Straßenachse in Richtung der Bebauung auf dieser Seite verschieben. Ob dies zu anderen Erkenntnissen und Anforderungen im Bereich des Schallschutzes führt wäre dann neu zu untersuchen.

Soweit lt. Antrag die Achse nicht verschoben werden muss wird nicht von der Notwendigkeit weiterer Untersuchungen auszugehen sein.


Ergebnis:

Die o. g. Erkenntnisse führen zu weitergehenden Untersuchungen und machen nach vorläufiger Erkenntnis eine Änderung des Bebauungsplanes erforderlich, wenn sich die Straßenachse verschiebt oder ihre Breite vergrößert. In der Folge wäre der bisherige Zeitplan hinfällig und mit einer Verschiebung der Baumaßnahme um ein Jahr zu rechnen.

Aus Sicht der Verwaltung ist ein Fahrradschutzstreifen aus folgenden Gründen kritisch zu sehen:

  1. Die Erfahrung zeigt, dass ein großer Teil der Fahrzeugführer nicht Kenntnis davon hat, dass der Schutzstreifen bei nicht durchgezogener Linienführung befahrbar ist. Viele fahren daher auch ohne einen Radfahrer zu überholen links neben der Markierung im Bereich der Gegenfahrbahn.

  1. Der seitliche Schutzabstand von 1,5 m eines überholenden PKW zu einem Radfahrer kann bei Gegenverkehr aufgrund der räumlichen Verhältnisse nicht eingehalten werden.

  1. Es liegt ein relativ hoher Anteil Schwerlastverkehr mit entsprechend breiteren Fahrzeugen in beiden Richtungen vor und in Kombination dazu relativ viele Radfahrer. Soweit der Schwerlastverkehr in den 5,10 m breiten gegenläufigen Raum verwiesen wird ist mit einer tendenziellen Absenkung der Durchschnittsgeschwindigkeit zu rechnen. Der ohnehin fördertechnisch schwierige Nachweis der Verbesserung des Verkehrsflusses wird damit voraussichtlich zusätzlich erschwert.

  1. Wie im Radroutenkonzept als Anlage zum ISEK dargestellt besteht eine Vielzahl von Möglichkeiten, die räumlich begrenzte und verkehrlich, insbesondere mit Lkw- und Busverkehr, stark belastete Trasse der Luitpoldstraße im Radverkehr zu meiden. Ggf. sollte geprüft werden, ob die Routenführung diesbezüglich noch besser beschildert und markiert werden kann.

Zwischenzeitlich liegt auch eine Äußerung des Staatlichen Bauamts Kempten zu dem Vorschlag eines einseitigen Schutzstreifens vor:

E-Mail vom 13. Juni 2021, H. Schweiger:

„Schutzstreifen für Radfahrer stellen eine Verkehrsführung dar, die immer beliebter wird und dort wo die Rahmenbedingungen passen auch sicher einsetzbar sind.

Im Verkehrsgutachten zum W43 wird ausgesagt, dass in der überwiegenden Verkehrszeit eher niedrige Geschwindigkeiten in der Luitpoldstraße vorherrschen und somit ein Radfahrer ohne nennenswerte Probleme im Verkehr „mitschwimmen“ kann. Die Anlage von Radfahrschutzstreifen wird weder empfohlen noch gefordert. In der Simulation der Verkehrsabläufe sind die Radler mit integriert und passen sich dem fließenden Verkehr an. Somit sehe ich im Moment keine Notwendigkeit für einen Schutzstreifen, zumal dieser aufgrund der vorgegebenen Fahrbahnbreiten nur einseitig möglich wäre. Eine weitere Verschmälerung der Gehwege ist aus fördertechnischen Gründen nicht möglich.

Bei den vorherrschenden Verkehrsstärken und Schwerlastanteilen teile ich Ihre Einschätzung, dass die gesamte Fahrbahnbreite dem Kfz-Verkehr ohne Einschränkungen zur Verfügung stehen sollte.

Ein wichtiges Förderziel stellt auch die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse dar. Dies wird erreicht durch eine konstante Fahrbahnbreite und die Bypass-Lösung mit doppelter Aufstellfläche im Kreisverkehr. Dadurch sollen die Rückstaulängen halbiert werden.

Somit darf ich davon ausgehen, dass die jetzige Lösung für Radler und Kfz gleichermaßen flüssig und sicher zu befahren ist. Im Kreisverkehr wäre ein Schutzstreifen zudem nicht zulässig, auf der Luitpoldstraße verbliebe bei einseitigen Schutzstreifen noch eine Restfahrbahnbreite von 5,00 Meter und die Länge wäre zudem sehr eingeschränkt.

In der Gesamtschau kann ich hier keinen Schutzstreifen empfehlen, was auch die Meinung der Unfallkommission wiedergibt. 

Da ohnehin keine Mittelmarkierung erfolgen soll, könnte man auch im Nachhinein noch über eine solche Lösung nachdenken, wenn es Probleme gäbe.“

Wegen der Einzelheiten der vorgestellten und untersuchten Möglichkeiten wird auf die beiliegende Präsentation des beauftragten Planungsbüros Steinbacher Consult GmbH & Co. KG verwiesen.

Beschlussvorschlag

Der Stadtrat der Stadt Füssen beschließt an der in der Sitzung am 29. Juni 2021 gebilligten Entwurfsplanung für die Verkehrsanlagen Luitpoldstraße, Augustenstraße und Bahnhofstraße einschl. des Luitpoldkreisels festzuhalten.

Wenngleich unbestritten ist, dass es Ziel der baulichen Umbaumaßnahmen ist und auch künftig sein muss, die Befahrbarkeit für Radfahrer zu verbessern, kann dies nicht zu Lasten der anderen Verkehrsteilnehmer, hier insbesondere der Fußgänger und vor allem nicht zu Lasten der Verkehrssicherheit gehen.

So sehr der vorliegende Antrag dem Grunde nach begrüßt wird, schließt sich der Stadtrat der Empfehlung des beauftragten Ingenieurbüros bzw. des Staatlichen Bauamts an und verzichtet wegen der fehlenden Verkehrsbreiten einerseits und der vorhandenen Verkehrsstärken sowie Schwerlastanteile andererseits, aber auch die vielfältigen anderweitigen Radwegmöglichkeiten in diesem Bereich auf die Errichtung / Markierung eines Fahrradschutzstreifens.

Diskussionsverlauf

Dr. Martin Metzger moniert die Erläuterungen von Herrn Standl, wir gehen ins letzte Jahrtausend zurück und schlägt technisch mögliche Lösungen vor, die die Fördermöglichkeiten seiner Ansicht nach nicht in Frage stellen. Für den Freizeitradler sind Alternativen erträglich aber nicht für den beruflichen Fahrradpendler. Der derzeitige Verkehr ist sehr gefährlich, der PKW-Verkehr steigt stetig sowie genauso wie der der Radler. Mit Schutzstreifen kann dies verändert werden.

Wolfgang Bader bestätigt, dass eine Stadt in Bayern auf die Tempo-30-Zone zurückgeht und erkundigt sich, ob dann auch die Fördergelder zurückgezahlt werden müssen?

Dipl.-Ing. Standl von Steinbacher Consult erklärt, dass die Fördergelder nicht zurückgezahlt werden müssen, die Stadt bekomme allenfalls keine neuen. Die Problematik entsteht durch den überaus hohen Anteil an Schwerlastverkehr. Der müsste ausgegliedert werden.

Der Lkw oder der Bus, der in eine Richtung fährt, verdrängt automatisch das gegenüber fahrende Auto auf den Schutzstreifen und nutzt den Schutzstreifen des Radlers. Begegnen sich jeweils zwei LkW‘s auf gleicher Höhe, besteht höchste Lebensgefahr für Radler.

Christine Fröhlich merkt an, dass die Diskussion um eine 30-Zone ohnehin indiskutabel ist, im Durchschnitt wird die Luitpoldstraße mit ca. 10 km/h passiert. Sie sieht im Schutzstreifen eine psychologische Wirkung. Die Fahrbahnbreite ändert sich nicht, sie wird aber anders von allen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen. Die österreichische Nachbargemeinde Reutte hat Piktogramme eingezeichnet und schlägt dies auch für Füssen vor.

Beschluss

Der Stadtrat der Stadt Füssen beschließt an der in der Sitzung am 29. Juni 2021 gebilligten Entwurfsplanung für die Verkehrsanlagen Luitpoldstraße, Augustenstraße und Bahnhofstraße einschl. des Luitpoldkreisels festzuhalten.

Wenngleich unbestritten ist, dass es Ziel der baulichen Umbaumaßnahmen ist und auch künftig sein muss, die Befahrbarkeit für Radfahrer zu verbessern, kann dies nicht zu Lasten der anderen Verkehrsteilnehmer, hier insbesondere der Fußgänger und vor allem nicht zu Lasten der Verkehrssicherheit gehen.

So sehr der vorliegende Antrag dem Grunde nach begrüßt wird, schließt sich der Stadtrat der Empfehlung des beauftragten Ingenieurbüros bzw. des Staatlichen Bauamts an und verzichtet wegen der fehlenden Verkehrsbreiten einerseits und der vorhandenen Verkehrsstärken sowie Schwerlastanteile andererseits, aber auch die vielfältigen anderweitigen Radwegmöglichkeiten in diesem Bereich auf die Errichtung / Markierung eines Fahrradschutzstreifens.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 14, Dagegen: 7

Datenstand vom 03.08.2021 10:00 Uhr