Formlose Bauvoranfrage, Wohnmobilpark Achmühle, An der Achmühle 2, Fl.Nr. 4165/1, Gemarkung Füssen


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschusses, 02.11.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss Sitzung des Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschusses 02.11.2021 ö beschliessend 3.2.1

Sachverhalt

Bauvoranfragen zu einer Überplanung in dem Bereich lagen bereits in den Jahren 2002 und 2015 vor. Seitens der Stadt Füssen bestand jeweils die grundsätzliche Befürwortung zur Einleitung einer Änderung des Flächennutzungsplanes und Aufstellung eines Bebauungsplanes. Es wurde jeweils gefordert, dass die vollständigen projektbezogenen Kosten wie in solchen Fällen üblich auf der Grundlage eines abzuschließenden städtebaulichen Vertrages vom Vorhabenträger zu übernehmen sind. Eine Bauleitplanung ist erforderlich, da das Vorhaben im Außenbereich liegt und eine Genehmigung nach § 35 BauGB nicht möglich ist.

Beide Projekte wurden antragstellerseitig später nicht weiterverfolgt.

Klärungsbedürftig ist im Fall der Zustimmung, ob ein Nachweis von Ausgleichsflächen möglich ist.
Nach einer ersten Aussage sollen diese auf Grundstücken des Bauherrn nachgewiesen werden. 

Hinsichtlich der Ziele des Beherbergungskonzepts, das eine Zulassung nicht ausdrücklich vorsieht, ist eine Einzelfallbewertung unter Berücksichtigung der Kriterien des Prüfrasters erforderlich. Nach vorläufiger Einschätzung ist in der Summe der Belange eine Befürwortung möglich. 


Bei der räumlichen Zuordnung sind die Aussagen für die Außenbereiche anzuwenden (S. 76 ff.)

Die Strategieempfehlung wurde für Außenbereiche wie folgt formuliert:



Ergänzung zu den Marktsegmenten ist auf S. 109:


Nach der Strategieempfehlung gilt es, „den Außenbereich als solchen zu wahren und bauliche Entwicklungen sorgsam abzuwägen
Es wird empfohlen, die Genehmigung von Beherbergungsnutzungen am Standort weitestgehend auszuschließen (vgl. Kapitel 5.2.1), um die übrigen Funktionen am Standort zu sichern und die qualitätvolle Entwicklung der Beherbergungsnutzungen (Stadtweit) zu stützen und unnötige Ziel- und Quellverkehre zu vermeiden
Im Einzelfall und vorbehaltlich einer positiven Beurteilung nach Prüfraster, sollte ein Ausschluss für die Ansiedlung von Beherbergungsbetrieben in Bereichen, die nicht durch den ÖPNV (Radius 300 m) erreichbar sind (Verkehrsvermeidung) gelten.“ 
Somit sind Öffnungsklauseln vorhanden, an die wie folgt angeknüpft werden kann:

  • Ein Teil der sorgsamen Abwägung findet über die touristischen Belange hinaus im Bebauungsplanaufstellungsverfahren statt.
  • „weitestgehender“ Ausschluss bedeutet nicht „vollständiger“ Ausschluss, sondern es ist eine kritische Einzelfallbetrachtung geboten;
  • Vermeidung unnötiger Ziel- und Quellverkehr: die Lage ist durch die unmittelbare Anbindung an die B 16 grundsätzlich günstig, zumal der An- und Abfahrtsverkehr dort ohnehin stattfindet.
  • ÖPNV: eine Anbindung beim Festspielhaus ist gegeben
  • Prüfraster:



Negativ in der Beurteilung sind in erster Linie die rot markierten Punkte.

  • überwiegend unbebauter und nicht versiegelter Außenbereich 

    > Lage im LSchG, aber bei den beiden Vorgängerplanungen vom LRA als möglich eingestuft
    > unbebaut, aber zumindest angrenzend an vorhandene Bebauung (Achmühle mit 
       Großparkplatz)
    > Wertigkeit der Fläche durchschnittlich (offensichtlich intensiv genutzte landwirtschaftliche 
       Wiese)
    > optische Auswirkung auf Umgebung beschränkt (im Süden Bebauung vorhanden, ostseitig 
       Böschung zur B 16 und Randbepflanzung; westseitig Wald; nordseitig: Schutzwall mit 
       Bepflanzung möglich).
    > Beschränkung der Versiegelung regelbar, z. B. nur wassergebundene Decke an den 
       Standplätzen und ggf. auch in Zufahrtsbereichen

  • hoher Wasserverbrauch, erhöhtes Aufkommen von Abfällen und Abwasser 

    > hinsichtlich der Abfallentsorgung ist dies über ein vor Ort einzurichtendes geordnetes 
       System besser als beim Verweilen an dafür nicht vorgesehenen Stellen mit Entsorgung an 
       Mülleimern für Spaziergänger oder in der freien Natur
    > Wasser/Abwasser: Leitungsanschlüsse sind vom Vorhabenträger auf dessen Kosten an das 
       vorhandene Netz herzustellen. Die Kapazitäten sind noch von den Stadtwerken zu 
       beurteilen


Stellungnahme Füssen Tourismus und Marketing:

Im Jahr 2016 hat FTM ein etwas kleiner dimensioniertes Vorhaben wie folgt beurteilt:

Stärken:
Der Wohnmobilstellplatz ist am äußeren Stadtrand von Füssen geplant und gut anfahrbar. Spürbar negative bzw. inakzeptable Beeinträchtigungen des Verkehrs an der B 16 oder für sonstige Anlieger sind nicht zu erwarten. Mit 32 Stellplätzen ist der geplante Platz im Vergleich zu den anderen Plätzen in Füssen (130 bzw. 39 Stellplätze) eher klein und damit für den Betriebsstart überschaubar. Die Ausstattung enthält all das, was für den Nutzer erforderlich ist. Die panoramareiche Lage mit Blick auf die Berge, Nähe zum Forggensee und der Anschluss an das Radwegenetz ermöglichen Erholung auf kurzem Weg. Die Nähe der Bundesstraße dürfte für Wohnmobilisten nur begrenzt störend sein.

Schwächen:
Die Altstadt ist nur auf langem Weg fußläufig erreichbar. 
In realistischer (Anm.: fußläufiger) Entfernung befinden sich keine Einkaufsmöglichkeiten.

Chancen:
In der Hauptsaison reichen die bisher vorhandenen Stellplätze nicht aus. Im Ergebnis bilden sich Parkschlangen vor allem italienischer Wohnmobilisten an der Augsburger Straße. Weitere Kapazitäten können helfen, diesen Engpass zu beseitigen. Gleichzeitig sind im Gegensatz zur landläufigen Meinung Wohnmobilisten durchaus eine kaufkräftige Zielgruppe, deren Kaufkraft zur Wertschöpfung in Füssen beitragen kann. (Siehe Anlage des Deutschen Tourismusverbandes aus 2011). Ein Indiz dafür sind die teuren Wohnmobile, soweit es sich um das Eigentum handelt. Wohnmobilisten sollten nicht als „Billigtouristen“ eingestuft werden.
Einen Zielkonflikt mit anderen Projekten am Festspielhaus sehen wir - nicht zuletzt aufgrund der begrenzten Kapazität - aktuell nicht.

Risiken:
In der Nebensaison wird es zu einer Verstärkung der Überkapazitäten kommen, d.h. möglicherweise zu einer Verschlechterung der Ertragssituation für die bestehenden Plätze. Das Phänomen ist aus den anderen Betriebsgruppen (Hotels, Gasthäuser, Ferienwohnungen) hinlänglich bekannt. Ziel muss es daher sein, über eine gemeinsame verstärkte Bewerbung z.B. der Romantischen Straße, der Deutschen Alpenstraße und der Via Claudia Augusta vor allem in der Nebensaison eine zusätzliche Nachfrage zu generieren. In allen diesen drei touristischen Straßen engagiert sich Füssen in wichtigen Positionen.

Fazit 2016:
Aus touristischer Sicht kann dem Projekt zugestimmt werden. 

Aktuell zu ergänzen sind die o.a. weiterhin gültigen Abwägungen mit den folgenden Aspekten:

  • Die Vergrößerung von 32 auf 46 Stellplätze führt zu keiner grundlegenden Neubewertung.
  • Der Wohnmobil-Tourismus hat sich sehr klar aus einer früher eher als prekär betrachteten Nische (Billig-Touristen) heraus entwickelt. Wohnmobile sprechen inzwischen ein etabliertes und mit reichlich Kaufkraft ausgestattetes Milieu an. Die Entscheidung für einen Wohnmobilurlaub ist also weitgehend eine Entscheidung für das Gefühl von Freiheit, nicht für einen preisgünstigen Urlaub. Corona hat dem Wohnmobiltourismus nochmals einen Schub verliehen, der keine kurzfristige Mode, sondern ein längerfristiger Trend bleiben wird.
  • Mit diesem Trend hat sich auch in Füssen die Nachfrage nach Stellplätzen nochmals gesteigert, verbunden mit großen Problemen, wenn das örtliche Angebot nicht ausreicht. Dementsprechend gab es in der Vergangenheit bereits diverse Überlegungen, wo Grundstücke für Stellplätze zur Verfügung stehen könnten.
  • Die Anbindung an den ÖPNV von dem angedachten Standort aus ist aufgrund dessen begrenzter Frequenz als eher schwach zu beurteilen. Diesbezüglich positiv wäre die Einrichtung eines P&R-Verkehrs zumindest in der Hauptsaison. Entsprechende Aktivitäten sind seitens der Stadt Füssen für 2022 in Aussicht gestellt.
  • Sicherzustellen ist eine gefahrlose fußläufige Anbindung an den Forggensee.
  • Die Nähe zu dem Festspielhaus birgt eine Chance für deren Gastronomie. Die Mischung der Festspielhaus-Gäste mit Wohnmobilstellplatz-Gästen wirkt auf den ersten Blick „unorganisch“, dürfte aber zu keinen größeren Problemen führen.
  • Hinsichtlich des neuen Beherbergungskonzeptes erfordert das Projekt bereits eine Ausnahme nach Prüfraster. Das Bauamt hat diesbezüglich eine Prüfung vorgenommen und sieht die Ausnahme als zu rechtfertigen an.

Fazit 2021:
Die schwache Anbindung an den ÖPNV und das Fehlen von fußläufig erreichbaren Einkaufsmöglichkeiten sind negative Faktoren für die Ansiedlung eines Wohnmobilstellplatzes an diesem Standort. Positiv zu bewerten ist der Umstand, durch das Angebot eine zunehmende Nachfrage bedienen und damit auch Probleme in der Stadt hinsichtlich „Wildparker“ lindern zu können. In der Abwägung kommt FTM zu einer Befürwortung des Vorhabens.

Ergebnis einer Vorabklärung mit dem Landratsamt Ostallgäu:

Aus Sicht des Landratsamtes sollte schon im Vorfeld dem Grunde nach geklärt werden, ob eine Planung innerhalb des Landschaftsschutzgebietes seitens des Landratsamtes Ostallgäu aktuell noch immer für möglich erachtet wird und ob das Anbindegebot erfüllt wird.

Dr. Martin Metzger teilt mit, dass ein falsches Signal vom Ausschuss gesetzt werden würde, wenn den Vorhaben zugestimmt wird. Es sollten keine weiteren Flächen im Außenbereich versiegelt werden. Unter anderem auch, weil jeder Meter mit dem PKW gemacht werden muss, da nichts fußläufig erreichbar ist und somit ein größeres Verkehrsaufkommen produziert wird. 

Auch weitere Ausschussmitglieder sprechen sich gegen das geplante Vorhaben aus, aufgrund der gefährlichen Ausfahrt zu den geplanten Parkplätzen, sowie dem generell höher werdenden Verkehrsaufkommen.

Vorsitzender Maximilian Eichstetter liest den Beschlussvorschlag zur Abstimmung vor:

Beschlussvorschlag

Der Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss befürwortet die vorgelegte Planung in grundsätzlicher Form und stellt in Aussicht, zu dessen Umsetzung einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufzustellen und den Flächennutzungsplan zu ändern, soweit 

  1. wie in solchen Fällen üblich ein städtebaulicher Vertrag abgeschlossen wird, nach welchem alle projektbezogenen Kosten vom Bauherrn übernommen werden;
  2. im Vorfeld dem Grunde nach geklärt wird, ob eine Planung innerhalb des Landschaftsschutzgebietes seitens des Landratsamtes Ostallgäu aktuell noch für möglich erachtet wird, ob das Anbindegebot erfüllt wird und 
  3. ob eine ausreichende Nachweismöglichkeit von Ausgleichsflächen besteht.


Siehe Abstimmungsergebnis, das Vorhaben wurde einstimmig abgelehnt.

Beschluss

Der Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss befürwortet die vorgelegte Planung in grundsätzlicher Form und stellt in Aussicht, zu dessen Umsetzung einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufzustellen und den Flächennutzungsplan zu ändern, soweit 

  1. wie in solchen Fällen üblich ein städtebaulicher Vertrag abgeschlossen wird, nach welchem alle projektbezogenen Kosten vom Bauherrn übernommen werden;
  2. im Vorfeld dem Grunde nach geklärt wird, ob eine Planung innerhalb des Landschaftsschutzgebietes seitens des Landratsamtes Ostallgäu aktuell noch für möglich erachtet wird, ob das Anbindegebot erfüllt wird und 
  3. ob eine ausreichende Nachweismöglichkeit von Ausgleichsflächen besteht.


Siehe Abstimmungsergebnis, das Vorhaben wurde einstimmig abgelehnt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 0, Dagegen: 13

Datenstand vom 01.12.2021 15:43 Uhr