Kath. Pfarrkirchenstiftung "St. Walburga, Philippus und Jakobus" Weißensee; Kommunale Baulast an der Pfarrkirche und Ablösung des Dotationsvertrages


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 24.10.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 24.10.2023 ö beschliessend 3

Sachverhalt

Bereits am 26.06.2018 wurde der Stadtrat über den Sachstand zur geplanten Ablösung der Baulast aus dem Dotationsvertrag mit der Pfarrei Weißensee informiert. Zwischen dem damaligen Ersten Bürgermeister und dem Bistum Augsburg, Bischöfliche Finanzkammer, Abteilung Kirchliche Stiftungsaufsichtsbehörde, Rechtsangelegenheiten, wurde folgende Lösung zur Bereinigung der Baulastverhältnisse verhandelt:


1.
Ablösung der städtischen Baulast aus dem Dotationsvertrag durch Zahlung einer Ablösesumme in Höhe von 100.00,00 € (50.000,00 € HHjahr 2019, 50.000,00 € HHjahr 2020).

2.
Zahlung einer endgültigen Summe in Höhe von 25.000,00 € für die Außensanierung des Pfarrhofes Weißensee. Die örtlich zuständige Katholische Pfarrkirchenstiftung führte damals diese Instandsetzung durch. Der Betrag wurde 2018 von der Stadt an die Pfarrkirchenstiftung bezahlt.

Aktuell steht wieder eine Kostenbeteiligung der Stadt an kirchlichen Einrichtungen in Weißensee an: Die statische Instandsetzung der Orgelempore in der Pfarrkirche in Weißensee schlägt mit geschätzten Kosten in Höhe von € 30.000,00 an. Hierbei handelt es sich ausschließlich um eine baulastrelevante Maßnahme, die von der Stadt Füssen durchzuführen wären. Die subsidiäre Baulast für die Pfarrkirche und den Pfarrhof in Weißensee durch die Stadt Füssen ergibt sich aus dem oben genannten Dotationsvertrag vom 25. August 1848, der aus rechtlicher Sicht schlicht nicht gekündigt werden kann.

Vor diesem Hintergrund und auch künftig anstehenden weiteren Baulast- und Zahlungsverpflichtung hat die Stadt die Verhandlungen mit der Kath. Pfarrkirchenstiftung bzw. der Diözese Augsburg neu aufgenommen. Dazu hat sich die Stadt im Vorfeld u.a. auch mit Herrn Pfarrer Deuring über die Wiederaufnahme dieser Gespräche mit dem Ziel der Ablösung der kommunalen Baulast an der Pfarrkirche bzw. dem Pfarrhof in Weißensee ausgetauscht.

Nach einem von uns beauftragten Rechtsgutachten des Instituts für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands wird hierzu wie folgt Stellung:

Verträge über Kirchenbau/asten zwischen einer politischen Gemeinde und der Kirche sind a/s öffentlich-rechtliche Verträge i.S.d. §§ 54 ff. VwVfG zu qualifizieren. Könne auf Grund einer Rechtsänderung eine vertragliche Leistung, die vordem zulässig hätte erbracht werden dürfen, nunmehr rechtens nicht mehr erbracht werden, ist nachträglich ein rechtliches Erfüllungshindernis im Sinne nachträglicher rechtlicher Unmöglichkeit entstanden. Ein solches Erfüllungshindernis führt aus sich heraus zum Fortfall der Leistungspflicht, ohne dass es etwa einer Kündigung des Vertrages bedarf. Die WRV [Weimarer Reichsverfassung] verbiete fortbestehende finanzielle Leistungen der politischen Gemeinden an Kirchengemeinden nicht. Der Verfassungsgeber der Weimarer Reichsverfassung habe zwar überkommene gemeindliche Kirchenbau/asten in Art. 138 Abs. 2 WRV nicht eigens erwähnt. „Da sich aber, wie Art. 138 Abs. 1 WRV zeigt, der Weimarer Reichsverfassung kein generelles Verbot finanzieller Leistungen der öffentlichen Hand an die Kirchen entnehmen lässt, erfasst Art. 138 Abs. 2 WRV die bei seinem Inkrafttreten bestehenden vermögensrechtlichen Ansprüche und garantiert diese

Somit besteht die Baulastpflicht der Stadt Füssen in Rechtsnachfolge der ehemals selbständigen Gemeinde Weißensee für den Pfarrhof einerseits und die Pfarrkirche andererseits weiterhin fort.

Nach allgemeinem Baulastrecht, wie es auch bei Ablösung staatlicher Baulasten zur Anwendung gelangt, richtet sich die Ablösesumme regelmäßig nach dem sog. Baulastwert, der aus folgenden Einzelpositionen zusammengesetzt ist:

  1. Der bauliche Nachholbedarf (das ist der Betrag, der notwendig wäre, um das Gebäude in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen);
  2. das Kapital, dessen Zinsertrag zur laufenden Unterhaltung des Gebäudes erforderlich ist
(Erhaltungsrücklage; die jährlichen Unterhaltskosten können im Durchschnitt mit etwa 1 % des Neubauwertes angesetzt werden);
  1. das Kapital, welches angelegt werden müsste um nach Ablauf der Stehdauer des jetzigen Gebäudes einen Ersatzbau zu finanzieren (Wiedererrichtungsrücklage).

Daher hat die Diözese im Jahr 2019 der Stadt Füssen die Ablösung der kommunalen Baulast am Pfarrhof in Weißensee in Höhe von € 100.000,00 angeboten. Die Stadt Füssen konnte seinerzeit einer Ablösung für den Pfarrhof jedoch nicht nähertreten (vgl. Schreiben der Stadt Füssen vom 12. Dezember 2018 sowie unser Schreiben vom 19. Januar 2019).

Aufgrund der angespannten Haushaltssituation der Stadt Füssen schlägt die Diözese, ohne Vorgriff auf die abschließende Entscheidung der Kirchenverwaltung, folgenden Kompromiss zur Ablösung der kommunalen Baulast am Pfarrhof und Realisierung der aktuell anstehenden Instandsetzungsmaßnahme an der Pfarrkirche in Weißensee vor:

    • Deren Angebot zur Ablösung der kommunalen Baulast am Pfarrhof in Weißensee in Höhe von € 100.000,00 wird aufrechterhalten.
    • Ein Teil der Ablösesumme (geschätzt € 30.000,00) wird für die Sanierung der Orgelempore in der Pfarrkirche verwendet. Damit kommt die Stadt Füssen im aktuellen Baufall ihrer weiterhin bestehenden Baulastverpflichtung an der Pfarrkirche in Weißensee nach.

Nun geht es darum, ob die Stadt diesem Ablösungsvertrag nachkommen und damit die Baulastverpflichtung für die Zukunft beenden möchte. Die notwendigen Zahlungen müssten entsprechend im Haushalt bzw. der Finanzplanung bereitgestellt werden.

Beschlussvorschlag

Der Stadtrat nimmt das Angebot der Diözese Augsburg zur Ablösung des Dotationsvertrages an und beauftragt bzw. ermächtigt den Ersten Bürgermeister zum Abschluss des beiliegenden Ablösungsvertrages.

Die dafür erforderlichen Haushaltsmittel sind entsprechend in der Haushalts- bzw. Investitionsplanung bereit zu stellen.

Diskussionsverlauf

Christine Fröhlich führt aus, dass unterschieden werde zwischen Pfarrhof und Kirche. Laut Vertrag gebe es weiterhin Verpflichtungen für die Baulast der Kirche. Dem pflichtete auch Zweiter Bürgermeister Christian Schneider bei. 

Die Verwaltung wurde gebeten, eine Entscheidung heute bis zur Klärung der Baulast der Kirche zurückzustellen. Ein Beschluss wurde dazu nicht gefasst.

Datenstand vom 17.11.2023 08:44 Uhr