Der Stadtrat der Stadt Füssen beschloss am 29.03.2022 in öffentlicher Sitzung den Bebauungs-plan O 4 – Weidach im gesamten Geltungsbereich im vereinfachten Verfahren gemäß § 13 BauGB zu ändern. Ziel ist die Bauflächen für die Ansiedlung oder Beibehaltung dauergenutzter Wohnungen zu sichern. Betriebe des Beherbergungsgewerbes und sonstige nicht störende Gewerbebetriebe im Sinne von § 13a Baunutzungsverordnung – BauNVO (Ferienwohnungen) sind deshalb künftig auszuschließen.
Der Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss billigte in öffentlicher Sitzung am 06.02.2024 den Entwurf der zweiten Änderung des Bebauungsplans und beauftragte die Verwaltung erneut mit der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange. Das vereinfachte Verfahren gemäß § 13 BauGB wird angewendet, da die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Als Änderung wurde folgender Passus aufgenommen:
Wohngebäude sind ausschließlich mit Wohnungen zum Dauerwohnen für Personen, die auf Dauer den Schwerpunkt der Lebensbeziehungen in der Stadt Füssen haben zulässig. Eine dauerwohnliche Nutzung liegt vor, wenn mindestens einer der Bewohner der Wohnung dort zulässigerweise seine Hauptwohnung im Sinne von § 21 Abs. 2 in Verbindung mit § 22 Bundesmeldegesetz begründet hat.
Der Entwurf der zweiten Änderung mit Begründung in der Fassung vom 06.02.2024 wurde in der Zeit vom Mittwoch, 28.02.2024 bis Donnerstag, 28.03.2024 im Internet unter der Internetadresse: www.stadt-fuessen.org/bebauungsplan-o-4 der Stadt Füssen veröffentlicht. Zusätzlich als andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeit lag der Entwurf in der gleichen Zeit im Rathaus der Stadt Füssen (Lechhalde 3, 87629 Füssen), im Flur des ersten Obergeschosses während der allgemeinen Öffnungszeiten zu jedermanns Einsicht öffentlich aus. Parallel dazu wurden die noch betroffenen Behörden bzw. Träger öffentlicher Belange beteiligt.
Stellungnahmen und Abwägungsvorschläge
1. Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange
- Regierung von Schwaben
Stellungnahme vom 14.03.2024: Landesplanerische Belange stehen o.g. Bauleitplanvorhaben nicht entgegen.
Abwägung: Kenntnisnahme; Änderungen der Planung sind nicht erforderlich.
- Regionaler Planungsverband
Stellungnahme vom 23.02.2024: Regionalplanerische Belange stehen nicht entgegen.
Abwägung: Kenntnisnahme; Änderungen der Planung sind nicht erforderlich.
- Landratsamt Ostallgäu
Stellungnahme vom 26.03.2024: Es wurden keine Bedenken geäußert.
Abwägung: Kenntnisnahme; Änderungen der Planung sind nicht erforderlich.
2. Öffentlichkeit
- Bürger 1, Schreiben vom 14.03.2024
Stellungnahme:
„…wie letzte Woche telefonisch besprochen, möchte ich im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit zu dem Entwurf des im Betreff genannten Bebauungsplanes Stellung nehmen. Sie hatte in einem früheren Telefonat bereits angeregt, dass ich vorschlage, dass für bestehende Ferienwohnungen in dem Baugebiet eine Übergangsfrist vorgesehen wird. Ich denke aber, dass dies vor dem Hintergrund der Historie in Bezug auf Ferienwohnungen in diesem Baugebiet nicht weit genug geht.
Die Stadt Füssen hat über Jahrzehnte in dem Baugebiet Eigentümer von Wohnungen nicht nur ermutigt, sondern sogar aufgefordert Ferienwohnungen zur Verfügung zu stellen und deren Vertrieb aktiv gefördert, ohne dass in der Vergangenheit baurechtliche Genehmigungen gefordert wurden. Einigen Eigentümern wurde sogar ausdrücklich mitgeteilt, dass eine Baugenehmigung nicht erforderlich sei. Darauf haben sich die Eigentümer (und ihre Rechtsnachfolger) verlassen. Die Kurverwaltung der Stadt (bzw. später „Füssen Tourismus und Marketing“ (FTM) als Anstalt des öffentlichen Rechts der Stadt Füssen) haben bei ihr gemeldete Ferienwohnungen aktiv vermarktet und sogar jährlich zertifiziert. Eine entsprechende Aufforderung zur Rezertifizierung von gemeldet Wohnungen ist zumindest bis zur Verhängung der Veränderungssperre im März 2022 erfolgt. Ferienwohnungen wurden damit zumindest bis zur Verhängung der Veränderungssperre nicht nur geduldet, sondern sogar aktiv gefördert und von der Stadt vermarktet.
Dieses Vertrauen wird durch die geplante Untersagung von allen nicht baurechtlich genehmigten Ferienwohnungen – selbst wenn sie jahrzehntelang betrieben und von der Stadt vermarket wurden – verletzt. Ich rege daher an, dass der BBauPlan zumindest Ferienwohnungen erlaubt, die zum Zeitpunkt der Verhängung der Veränderungssperre betrieben und bei der Stadt als Ferienwohnungen gemeldet waren. Da dieser Schutz immobilienbezogen ist, hat er unabhängig davon zu gelten, wer heute Eigentümer der jeweiligen Wohnungen ist.
Diese rechtlichen Bedenken können auch durch die von Ihnen angeregte Übergangsfrist nicht ausgeräumt werden, auch wenn dadurch zumindest der Schaden für die betroffenen Eigentümer gemindert werden könnte. Auch wenn bereits früher bekannt war, dass die Stadt sich beim Thema Ferienwohnungen anders aufstellen möchte, so ist es den Betroffenen erst durch die Ausschusssitzung am 06.02.2024 transparent geworden, dass die Stadt in der Zukunft alle nicht-genehmigten Ferienwohnungen verbieten möchte, selbst wenn diese unter aktiver Beteiligung der Stadt seit mehreren Jahrzehnten betrieben und vermarktet werden. Sowohl Vermieter als auch langjährige Feriengäste sollten zumindest die Möglichkeit erhalten sich umzustellen, so dass auch der Reputationsschaden für den Tourismusstandort Füssen sich in Grenzen hält (z.B. weil bereits erfolgte Buchungen unter Verweis auf die baurechtlichen Maßnahmen der Stadt storniert werden müssen). Städtebauliche Ziele sind langfristige Ziele, so dass eine Übergangsfrist den städtebaulichen Zwecken nicht entgegensteht.
Ich rege daher an, in dem BBauPlan Ferienwohnungen, die vor der Verhängung der Veränderungssperre betrieben wurden von dem Verbot auszunehmen, zumindest aber für diese eine Übergangsfrist vorzusehen. Die beschriebenen rechtlichen Bedenken dürften jedoch durch eine Übergangsfrist nicht ausgeräumt werden, so dass im Sinne des Vertrauensschutzes eine Ausnahme dieser Wohnungen von dem Verbot angezeigt ist.
Dem stehen auch die in dem Entwurf der Satzung vom 26.02.2024 benannten städtebaulichen Ziele nicht entgegen. Sowohl aus dem „Anlass der Planung“ als auch aus dem „Beherbergungskonzept“ ergibt sich, dass die Entstehung von weiteren Ferienwohnungen verhindert werden soll („weitere Entstehung“ bzw. „Ausweitung der Beherbergungsnutzung“).
„Anlass der Planung
… weitere Entstehung von Betrieben des Beherbergungsgewerbes und sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieben im Sinne von § 13a Baunutzungsverordnung - BauNVO (Ferienwohnungen) befürchten.
…
Beherbergungskonzept
Dies betrifft also nicht den Betrieb von bestehenden Ferienwohnungen.
Unabhängig gehe ich davon aus, dass Eingriffs-Maßnahmen zur Umsetzung des BBauPlans unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erfolgen, d.h. im Falle von baurechtlichen Maßnahmen gegen nicht genehmigte Ferienwohnungen diese für das ganze Baugebiet erfolgen, ohne Ansehen der jeweiligen Vermieter. Auch wenn die baurechtliche Aufsicht nicht der Stadt obliegt, so sind entsprechende Maßnahmen ohne die Unterstützung durch die Stadt Füssen (z.B. durch die Übermittlung von Informationen an das LRA) faktisch nicht möglich. Auch die Stadt ist bei ihrem verwaltungsrechtlichen Handeln an den Gleichberechtigungsgrundsatz gebunden und hat insofern bei dieser Unterstützung alle Eigentümer gleich zu behandeln. Auch Ressourcen-Engpässe entbinden die Stadt nicht von dieser Verpflichtung, so dass es nicht ausreicht, nur bei Anzeigen tätig zu werden. Dessen ungeachtet wäre eine Analyse der bestehenden Ferienwohnungen und deren Abgleich mit bestehenden Baugenehmigungen auch ohne erheblichen Aufwand möglich. Eine Vielzahl der betriebenen Ferienwohnung sind der Stadt seit vielen Jahren bekannt, Wissenslücken können mit geringem Aufwand geschlossen werden (GoogleMaps, Rundgang in dem Baugebiet, etc.). Soweit mir bekannt ist, ist die Anzahl der in dem Baugebiet betriebenen Ferienwohnungen ganz erheblich und haben mehr als die Hälfte der bei FTM gemeldeten Ferienwohnungen keine Baugenehmigung. Auch wenn die Stadt selbst keine Eingriffs-Maßnahmen verhängt, so obliegt es doch der Stadt bei der Analyse und Bereitstellung der dafür erforderlichen Fakten im Sinne der Gleichbehandlung vorzugehen, insbesondere wenn es um Maßnahmen in Bezug auf von der Stadt selbst gesetzten Normen geht, nämlich den BBauPlan, den die Stadt beabsichtigt zu lassen.
Ich rege daher an, dass die Stadt bei dem Erlass des BBauPlanes bestehende Ferienwohnungen von dem Verbot ausschließt, zumindest dann, wenn diese zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre bei FTM gemeldet waren. Als Zwischenlösung besteht zudem noch die Möglichkeit, die bestehende Veränderungssperre zu verlängern. Unabhängig davon gehe ich davon aus, dass die Stadt alle Eigentümer gleichbehandelt. Sofern die Stadt daher in der Vergangenheit oder Zukunft Maßnahmen ergreift, um den Betrieb von Ferienwohnungen vom LRA untersagen zu lassen, so hat dies für alle Eigentümer zu erfolgen. Ressourcen-Engpässe entbinden die Stadt von dieser Verpflichtung nicht.“
Abwägung:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Der Aufstellungsbeschluss ist in öffentlicher Sitzung bereits am 29.03.2022 erfolgt und wurde am 14.04.2022 amtlich bekannt gemacht. Seitdem hat sich bereits bisher ein faktischer Übergangszeitraum von ca. 2 Jahren ergeben, in welchem sich Betroffene auf die geänderten Rahmenbedingungen einstellen konnten.
Auch wenn in früheren Jahren die Entstehung von Ferienwohnungen möglicherweise gefördert wurde, so war es doch sachlich begründet und gerechtfertigt, mit der Vorlage der Ergebnisse der Wohnraumbedarfsanalyse und des Beherbergungskonzepts 2022 eine Änderung der Entwicklung und Steuerung vorzunehmen. Zu diesem Zweck wurden in verschiedenen Bereichen, die schwerpunktmäßig von den Veränderungen betroffen waren, Verfahren zur Aufstellung oder Änderung von Bebauungsplänen eingeleitet.
Dem lag ein am 25.01.2022 beschlossenes Gesamtumsetzungskonzept zugrunde. Dort wurde dem Grunde nach entschieden, wie die Regelung in den Bebauungsplänen erfolgt und wie sich die Konsequenzen darstellen.
„Festsetzungen zum Ausschluss haben zur Folge:
• Bereits genehmigte Nutzungen bleiben zulässig (Bestandsschutz).
• Eine Erweiterung genehmigter Nutzungen wird i. d. R. nicht mehr möglich sein.
Schon vorhandene aber nicht genehmigte Nutzungen erhalten keine Genehmigung
mehr (auch wenn eine Anmeldung bei Füssen Tourismus und Marketing vorliegen
sollte!)
• Neu beantragte Nutzungen erhalten keine Genehmigung mehr - auch wenn im Gebiet
vorher genehmigte Nutzungen vorhanden sind. Deren Präzedenzfallwirkung endet mit
der Umplanung.
• Eine Genehmigung im Weg der Befreiung (§ 31 Abs. 2 des Baugesetzbuches –
BauGB) wird nicht mehr möglich sein, weil dies die Grundzüge der (Um-)Planung
berühren würde. Persönliche Umstände des Antragstellers führen zu keinem anderen
Ergebnis!“
Dass dies erst am 06.02.2024 transparent geworden wäre trifft nachweislich nicht zu. Die Planungen wurden insoweit mit der bisherigen Methodik einheitlich durchgeführt. Es wäre damit gerade dann ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot, wenn in dieser Planung eine andere Form von Übergangsfristen aufgenommen werden würden.
Bauaufsichtliche Maßnahmen liegen nicht im eigenen Zuständigkeitsbereich der Stadt Füssen. Informationsübermittlungen an das Landratsamt als insoweit zuständige Behörde erfolgen im Rahmen der Amtshilfe. Den Umfang nach den personellen Kapazitäten zu bemessen ist nicht nur zulässig, sondern auch faktisch unumgänglich. Es trifft nicht zu, dass die Stadt Füssen gehalten wäre, aus Gründen der Gleichbehandlung eine sofortige und vollständige Untersuchung aller Bereiche des Stadtgebietes vorzunehmen. Bei der Priorisierung von Aufgaben müssen zunächst immer die in der eigenen Zuständigkeit stehen. Erst danach kann im Rahmen der Möglichkeiten die beschriebene Amtshilfe zusätzlich erfolgen. Wenn insoweit eine Unterscheidung nach der Anlassbezogenheit erfolgt ist dies ein sachliches Kriterium und rechtlich zulässig. Die Stadt Füssen ist nicht verpflichtet, zur Erfüllung von Aufgaben im nicht eigenen Zuständigkeitsbereich zusätzliches Personal einzustellen.
Unabhängig davon steht die Verwaltung im Kontakt mit der Aufsichtsbehörde, um abzustimmen, ob von dort aus ein anderes Konzept als das Vorgehen bei konkreten Anlässen realisierbar ist.
Eine Verlängerung der Veränderungssperre ist in dem angesprochenen Zusammenhang nicht geboten. Diese Möglichkeit besteht inbesondere, wenn sich der Abschluss des Bebauungsplanverfahrens in die Länge zieht. Die Veränderungssperre ist dabei ein Mittel zur Sicherung der Planung und nicht der Interessen Betroffener. Wie dies dem Bürger hier helfen sollte ist ohnehin nicht nachvollziehbar, da eine Genehmigung schon seit dem Erlass nicht mehr möglich war und die anstehende aufsichtliche Untersagung nicht aufgeschoben werden würde. Um die einzelfallbezogenen nachteiligen Auswirkungen abzumildern wurde in Aussicht gestellt, es seitens der Stadt Füssen zu unterstützen, dass die Nutzungsuntersagung z. B. erst mit Wirkung zum 01.01.2025 angeordnet wird, so dass schon bestätigte Buchungen für 2024 noch realisiert werden können.
Änderungen der Bebauungsplanung sind nicht erforderlich.
Beschlussergebnis: ….. : ….. Stimmen
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