Vorhaben- und Erschließungsplan (VEP)
Beschlusslage:
Stadtrat 27.07.2021:
„Der Stadtrat begrüßt grundsätzlich die Ansiedlung der vorgestellten Einrichtung und beschließt, für den betroffenen Bereich eine Änderung des Bebauungsplanes N 8 – In der Bildsaul einzuleiten. Das Gebäude ist mit Satteldach auszuführen.“
Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss 01.02.2022:
Seitens des Planers des Vorhabens wurden für die Dachform zwei Varianten vorgelegt, über die gebeten wurde, trotz des vorliegenden Beschlusses noch einmal zu beraten. In beiden Varianten ist der westliche Gebäudeteil von der Architektur als begrünter Flachdachbau vorgesehen. Ost- und Nordflügel wurden in den beiden Gestaltungsvarianten mit wahlweise Flach- oder Walmdachausprägung vorgelegt. Eine Lösung mit Satteldach liegt nicht vor bzw. soll nicht weiterverfolgt werden.
„Der Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss beschließt, dass hinsichtlich der Dachform die Variante mit der Kombination aus Walm- und Flachdach weiterzuverfolgen ist und hinsichtlich der Stellplätze die Variante mit Längsparken (Mindestbreite 2,30 m). Die Verkehrssicherungspflicht geht mit dem Tausch der Grundstücke an den Bauherren über. […]“
Der Vorhabenträger bittet, vor dem Hintergrund der eingegangenen Stellungnahmen und aus nachstehend vorgetragenen Gründen einer Lösung mit begrüntem Flachdach doch zuzustimmen:
- Das Büro mooser ingenieure aus Kaufbeuren wurde zwischenzeitlich damit beauftragt ein Baugrundgutachten über die anstehenden Bodenverhältnisse zu erstellen, in welchem zum einen die Belange der Statik- und der Tragfähigkeit des anstehenden Bodens untersucht wurden, zum anderen aber auch Aussagen zur Thematik des Umganges mit dem Oberflächenwasser und des bei Starkregen zu erwartenden Hangwasser getroffen werden sollten.
Das Baugrundgutachten kommt zusammenfassend zu folgendem Ergebnis:
„Der Baugrund setzt sich aus einer ca. 0.3 m bis 0.5 m mächtigen Oberbodenschicht und in Teilbereichen darunter liegendem 0.3 m mächtigem Verwitterungshorizont zusammen. Es folgen bis zur maximalen Erkundungstiefe von 3.6 m bis 6.9 m in erster Linie quartäre Schmelzwasserschotter in mitteldichter, vereinzelt lockerer bis sehr lockerer Lagerung. Oberhalb der Schmelzwasserschotter wurde in Teilbereichen quartärer Sand in lockerer bis mitteldichter Lagerung angetroffen. Ab Tiefen zwischen 3.6 m und 6.9 m steht die Grundmoräne als stark kiesiger Schluff bzw. stark schluffiger Kies an. Die Konsistenz bzw. Lagerungsdichte sind weich und locker.“
Die Versickerung von Oberflächen- und Niederschlagswasser ist aufgrund der vorgefundenen Bodenverhältnisse in den anstehenden Schmelzwasserschottern (Wasserdurchlässigkeit kf =10 hoch-2 bis 10 hoch -4) möglich.
Auf dieser Grundlage wurde ein Konzept zur Niederschlagswasserentsorgung und zum Überflutungsschutz „wild abfließendes Wasser“ entwickelt (siehe Grundriss EG mit Außenanlagenplanung). Dieser Entwurf sieht vor das gesamte anfallende Oberflächen- und Niederschlagswasser über bodennahe Retentionsmulden auf dem Grundstück zu versickern. Das IB Mooser empfiehlt in seiner Stellungnahme (Anlage siehe RIS) dringend die Ausbildung von (extensiven) Gründächern, da durch diese ein erheblicher Teil des Niederschlagswassers im Dachaufbau zurückgehalten wird. Der Abflussbeiwert zur Bemessung von Regenfallleitungen liegt bei einem konventionellen Steildach bei einem Faktor von 1.0 und bei einem Gründach bei einem Faktor von 0.3. Das heißt, die Fläche eines 300 m² großen Gründaches verursacht die gleiche Menge zu versickerndes Wasser wie ein 100 m² großes konventionelles Steildach. Durch die Ausbildung einer möglichst großen Dachfläche als begrüntes Flachdach kann gewährleistet werden, dass ein erheblich größerer Teil der Retentionsmulden für anfallendes Hangwasser („wildabfließendes Wasser“) zur Verfügung steht. Der Zugewinn an Rückhaltung von Regenwasser durch die Ausbildung von Gründächern dient damit auch einer größeren Sicherheit bei Starkregenereignissen.
Die Ausbildung der Dächer als extensiv begrünte Flachdächer, lässt auch die Installation von PV-Anlagen zu, ohne das positive Rückhalteverhalten zu beeinträchtigen, weil unter den PV-Modulen mit dem gleichen Dachaufbau wie beim Gründach gearbeitet wird.
Fazit:
Zusammen mit der geplanten Wärmeversorgung des Gebäudes über Geothermie, einem angestrebten Energiestandard in Annäherung an ein Effizienzhaus 40, der geplanten Installation von ca. 150 m² PV-Modulen und der projektierten Holzfassade mit teilweiser Fassadenbegrünung soll hier ein ökologisch nachhaltiges klimaresilientes und zukunftsfähiges Gebäude realisiert werden. Die Verwendung eines Gründaches ist hierbei ein wichtiger Baustein zu einer naturnahen Lösung der Problemfelder Niederschlagswasserentsorgung, Überflutungsschutz und wild abfließendes Wasser und entspricht den Anforderungen an eine klimaangepasste Bauweise und damit den Forderungen des Gesetzgebers und der Gesellschaft.
- Klimaschutzkonzept des Landkreises Ostallgäu 2022:
Seite 7: Wohnen
„……. Gebaut und saniert wird nach neuesten Klima- und Umweltschutzerkenntnissen hinsichtlich Form und Funktion. Materialität und Baustoffbezug sind regional ausgerichtet. Fassaden und Dachbegrünung wird zum Standard. Das ist gut für das Mikroklima und die Artenvielfalt. Als wichtige Schattenspender in den neuen Hitzesommern nehmen Bäume und Pflanzen auf Plätzen und Wegen in den Städten und Gemeinden eine wichtige Rolle ein.“
Diese Rahmenbedingungen sind hinsichtlich einer neuen Entscheidung über die Dachform des Bauprojekts relevant. Sie lagen bei den vorherigen Entscheidungen noch nicht vor. Ausschlaggebend für die bisherige Forderung einer – zumindest in den wesentlichen Umfängen – geneigten Dachform war die architektonische Einpassung in die Umgebung, die durch Satteldächer geprägt ist. Für das begrünte Flachdach spricht dabei, dass sich das geplante Gebäude auch hinsichtlich seiner Größe und der Nutzungsart von der Umgebungsbebauung unterscheidet. Bis auf die Flächen in direkter östlicher Flucht ist das Baugebiet N 8 bereits weitgehend bebaut. Eine nachteilige Präzedenzfallwirkung muss nicht eintreten, zumal für das aktuelle Projekt eine eigenständige Änderung des Bebauungsplanes erfolgt, auf die sich andere Grundstücke nicht automatisch beziehen können. In der Summe lässt sich aus Sicht der Verwaltung die geänderte Vorhabenplanung als vertretbar einstufen.
Ergebnis aus der Sitzungsvorbesprechung mit dem Vertreter des Landratsamtes Ostallgäu am 01.12.2022: Die Flachdachlösung wird von Seiten der Baugenehmigungsbehörde als vertretbar eingestuft.
Abwägung der Stellungnahmen aus der Beteiligung nach den §§ 3 und 4 Abs. 1 BauGB:
1. Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange
Abwägung der Stellungnahmen, wie sie zur frühzeitigen öffentlichen Auslegung gemäß § 4 Abs. 1 BauGB vorgetragen wurden. Die Beteiligung erfolgte mit Schreiben vom 23.02.2022 und Termin zum 04.04.2022.
1.1 Stellungnahmen ohne Einwände
• Landratsamt OAL, Komm. Bauamt, mit Schreiben vom 01.03.2022
• Landratsamt OAL, untere Immissionsschutzbehörde, mit Schreiben vom 15.03.2022
• Landratsamt OAL, Komm. Abfallwirtschaft, mit Schreiben vom 02.03.2022
• Kreisheimatpfleger Ostallgäu, Baudenkmal, mit Schreiben vom 24.02.2022
• Freiwillige Feuerwehr, Füssen, mit E-Mail vom 23.02.2022
• Amt für Digitalisierung, Breitband u. Vermessung, mit E-Mail vom 24.02.2022
• Regierung von Schwaben, mit E-Mail vom 04.03.2022/24-4622.8095/37
• Regionaler Planungsverband, Kaufbeuren, mit E-Mail vom 21.03.2022
• Schwaben Netz GmbH, Augsburg, mit Schreiben vom 21.03.2022
• Amt f. Ernährung, Landwirtschaft u. Forsten, Kaufbeuren, mit Schreiben vom 24.03.2022
/F/L2-4612-10-20
1.2 Stellungnahmen mit redaktionellen Ergänzungen
1.2.1 Deutsche Telekom, Kempten, Vorgang Nr. 2022168, mit Schreiben vom 15.03.2022
Stellungnahme:
„Durch die o. a. Planung werden die Belange der Telekom zurzeit nicht berührt. Bei Planungsänderungen bitten wir uns erneut zu beteiligen. Sollten Sie im Rahmen dieses Verfahrens Lagepläne unserer Telekommunikationsanlagen benötigen, können diese angefordert werden bei:
E-Mail: Planauskunft.Sued@telekom.de,
Fax: +49 391 580213737, Telefon: +49 251 788777701
Die Verlegung neuer Telekommunikationslinien zur Versorgung des Planbereichs mit Telekommunikationsinfrastruktur im und außerhalb des Plangebiets bleibt einer Prüfung vorbehalten. Damit eine koordinierte Erschließung des Gebietes erfolgen kann, sind wir auf Informationen über den Ablauf aller Maßnahmen angewiesen. Bitte setzen Sie sich deshalb so früh wie möglich, jedoch mindestens 4 Monate vor Baubeginn, in Verbindung mit: Deutsche Telekom Technik GmbH, Technik Niederlassung Süd, PTI 23
(Gablinger Straße 2 , D-86368 Gersthofen)
Diese Adresse bitte wir auch für Anschreiben bezüglich Einladungen zu Spartenterminen zu verwenden.“
1.2.2 Elektrizitätswerk Reutte GmbH & Co. KG, Füssen, mit Schreiben vom 25.02.2022
Stellungnahme:
(Fachliche Informationen und Empfehlungen)
„Die Elektrizitätsversorgung des Bebauungsplangebietes "In der Bildsaul'' (Bebauungsplan N 8 der Stadt Füssen) ist sichergestellt über unser regionales und lokales Verteilungsnetz (20 kV - und 1 kV Leitungen), sowie die 20 kV – Trafostation "In der Bildsaul'', welche sich außerhalb des überplanten Bereiches befindet. Das o.g. Bebauungsplangebiet ist derzeit nur teilweise erschlossen. Der Stromanschluss der Neubauten erfolgt grundsätzlich über 1 kV - Erdkabel, welche im Zuge der Erschließung noch zu verlegen sind.“
1.2.3 Kreisheimatpfleger Ostallgäu, Bodendenkmalpflege, mit Schreiben vom 04.04.2022
Stellungnahme:
(Fachliche Informationen und Empfehlungen)
„In der Nähe des Plangebietes (1 bis 1,5 km östlich) gibt es zwei bereits bekannte Bodendenkmäler. Diese Bodendenkmäler zeigen, dass hier eine Bestreifung/ Besiedlung durch Menschen schon vor mehreren tausend Jahren vorlag.
Die „Via Claudia", eine wichtige Römerstraße, zieht keine 200 m östlich am Plangebiet vorbei und der Galgen in einer Entfernung von ca. 300 m westlich auf dem (vorderen) Galgenbühl/ Galgenbichl/ Galgenberg ist in der Schmitt'schen Karte 1797 noch symbolisch dargestellt. Der Hinweis auf den richtigen Umgang, mit im Rahmen der Bautätigkeiten neu aufgefundenen Bodendenkmälern, ist in den Planungsunterlagen gut dargestellt. Da nicht ausgeschlossen werden kann, auf weitere Bodendenkmäler zu stoßen, könnte auch eine Forderung seitens der Ämterebene erfolgen, die Fläche archäologisch untersuchen zu lassen. In diesem Fall rate ich zu einer rechtzeitigen Untersuchung, die möglichst noch vor dem eigentlichen Baubeginn erfolgen sollte, damit der Bauablauf nicht verzögert wird, falls weitere Bodendenkmäler unvermutet erscheinen, die dann archäologisch bearbeitet werden müssen.“
1.2.4 Landratsamt Ostallgäu, Untere Bodenschutzbehörde, mit Schreiben vom 04.03.2022
Stellungnahme:
(Fachliche Informationen und Empfehlungen)
„Altlasten:
Der vorliegende Bebauungsplan für das Gebiet "In der Bildsaul" 4. Änderung wurde in Bezug auf Altlasten und Altablagerungen überprüft. Nach den bei der Unteren Bodenschutzbehörde vorliegenden Unterlagen befinden sich im Geltungsbereich des Planes keine altlastverdächtigen Ablagerungen.
Schutzgut Boden:
Die Versiegelung des Bodens ist gering zu halten. Schadstoffbelasteter Boden und Aushub, der bei Bauarbeiten anfällt, ist entsprechend der abfall- und bodenschutzrechtlichen Vorschriften ordnungsgemäß und schadlos zu entsorgen. Hierüber sind Nachweise zu führen und dem Landratsamt auf Verlangen vorzulegen.“
Anmerkung des Planers: Die vorgenannten Stellungnahmen beinhalten Informationen, die redaktionell bzw. zur Klarstellung in die Planung eingefügt werden.
1.3 Stellungnahmen mit Einwendungen:
1.3.1 Landratsamt Ostallgäu, Untere Naturschutzbehörde, mit Schreiben vom 28.03.2022
Stellungnahme:
(Fachliche Informationen und Empfehlungen)
§ 4, 4.2. Die Überschreitung der Grundfläche darf nicht zu einer Beeinträchtigung des nach § 30 BNatSchG geschützten Bereichs führen. Die gesetzlich geschützte Fläche - wie im Bplan als Biotopkartierung eingetragen - darf nicht beeinträchtigt werden. Das beinhaltet ausdrücklich auch eine mögliche Gartennutzung des Grundstücks. Dies muss im Bplan entsprechend verankert werden.
§ 7 Nr. 7.2. Die Pflege muss im Bplan festgesetzt werden. Die Fläche muss einmalig im Jahr im August bei geeigneten Wetterverhältnissen gemäht werden. Das Mahdgut ist nach der Trocknung von der Fläche zu entfernen.
Ausnahme von § 30 BNatSchG i. V. mit Art. 23 BayNatSchG
Ein sehr kleiner Bereich des Biotops wird durch die Bebauung, ihre Grünflächen bzw. deren Auswirkungen in geringem Maß beeinträchtigt. Durch eine extensive Pflege einer größeren Fläche westlich am Galgenbichl wird diese Fläche aber gleichwertig ausgeglichen. Durch den Einbau einer Weißen oder Schwarzen Wanne wird außerdem der Eingriff in den Wasserhaushalt verringert und damit das gesetzlich geschützte Biotop vor einer Beeinträchtigung geschützt. Damit ist ein Ausgleich nach Art. 23 Abs. 3 BayNatSchG aus unserer Sicht möglich.
Zu § 7.6 Bei den Baumaßnahmen darf der Aushub nur außerhalb der gesetzlich geschützten Fläche gelagert werden
Zu § 9. Einfriedungen müssen, besonders in direkter Nähe zu einem naturschutzfachlich hochwertigen Gebiet, unten einen Durchschlupf von 15 cm, z. B. für Kleintiere wie beispielsweise Igel bieten.
Aufgrund der Nähe zum einem geschützten Landschaftsbestandteil und einer in der Biotopkartierung erfassten Fläche dürfen für die Bepflanzung nur einheimische Arten verwendet werden.“
Abwägung zu 1.3.1:
zu § 4.2: Grünflächen, Biotopschutzflächen und dergleichen sind zwar im Grundstück vorhanden, aber nicht Teil der überbaubaren Flächen (siehe § 5.2 und § 6.1) zu § 7.2: Die Pflegemaßnahmen und der Ausgleich der Biotopfläche werden in Abstimmung mit der Fachbehörde formuliert und in der Satzung ergänzt. Die auftriebssichere Ausführung wird in der Satzung verbindlich gefordert.
Zu § 7.6: Die Beeinträchtigung und Zerstörung von Biotopen ist auch ohne die explizite Nennung im Bebauungsplan unzulässig. Zur Sicherung des Biotops wird die Grünordnung ergänzt. Eine Sicherung des Biotops während der Bauphase wird verbindlich vorgesehen.
Die Planer des Vorhabens wurden zusätzlich schriftlich darauf hingewiesen, dass die Naturschutzfläche im Westen weder als Lagerfläche bzw. zur Baustelleneinrichtung noch später als Garten genutzt werden darf. Bei der Baugrubeneinrichtung ist auch gegen eine Entwässerung des Biotops Sorge zu tragen.
Zu § 9: Die Bodenfreiheit der Einfriedungen wird vorgeschrieben.
Unter § 7.1 wird „einheimischen ähnliche“ für die Arten gestrichen.