Nutzungsänderung: Gastraum zu einem Ladengeschäft mit Wettannahmestelle, Abstimmung Schreiben LRA vom 04.04.2023, Augsburger Straße 12, Fl.Nr. 495/1, Gemarkung Füssen


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschusses, 02.05.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss Sitzung des Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschusses 02.05.2023 ö beschliessend 2.2.7

Sachverhalt

In der Sitzung am 06.12.2022 lag ein Bauantrag zur Nutzungsänderung eines Gastraumes in der Augsburger Straße 12 zu einem Ladengeschäft mit Wettannahmestelle vor. Die Erteilung des Einvernehmens wurde einstimmig abgelehnt. 

Das LRA OAL teilte mit Schreiben vom 04.04.2023 mit, dass nur Wettvermittlungsstellen als Vergnügungsstätten einzustufen sind und eine reine Wettannahmestelle einen sonstigen Gewerbebetrieb darstellt, der im Mischgebiet allgemein zulässig sei. 

Es wird deshalb Gelegenheit zur erneuten Entscheidung bis zum 30.05.2023 geboten. Im Fall der weiteren Versagung werde das kommunale Einvernehmen ersetzt und in der Folge die Genehmigung erteilt. 

Aufgrund dieses Zusammenhanges empfiehlt sich die Steuerung über einen einfachen Bebauungsplan, der die Art der baulichen Nutzung insbesondere in den Bereichen der Umgebung regelt, die von nachteiligen Entwicklungen dieser Art gefährdet sind. 

Auf die diesbzgl. Beratung und Beschlussfassung unter dem vorherigen TOP Bauleitplanung der Sitzung am 02.05.2023 wird Bezug genommen. 

Soweit dort die Aufstellung eines Bebauungsplanes und der Erlass einer Veränderungssperre beschlossen wurde, wurde damit die Grundlage geschaffen, das kommunale Einvernehmen zulässigerweise zu versagen. 

Dass die Wettannahmestelle hier doch als Vergnügungsstätte eingestuft werden kann ergibt sich aus folgender Rechtsprechung:

Nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Hess.VGH, Urteil vom 19. Juni 2018, a. a. O., juris, Rn. 31 m. w. N.) fallen Wettannahmestellen mit Verweilcharakter als Wettbüros unter den Begriff „Vergnügungsstätte“. Vergnügungsstätten stellen einen eigenständigen Nutzungsbegriff dar. 
Für eine Einstufung eines Vorhabens als Wettbüro ist es erforderlich, dass die Kunden dazu animiert werden sollen, sich in den Räumen aufzuhalten und beispielsweise die Sportergebnisse, auf die sie gewettet haben, in Live-Übertragungen zu verfolgen. Regelmäßig handelt es sich demnach um eine Vergnügungsstätte, wenn sogenannte Live-Wetten angeboten würden (vgl. auch Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfallen, Beschuss vom 20. April 2018 - 7 A 85/17 -, juris Rn. 4 bis 6 m. w. N.).

In dem vom VG Frankfurt a. M. (8. Kammer), Urteil vom 15.11.2019 – 8 K 757/16.Fm entschiedenen Fall befand sich die Wettannahmestelle ebenfalls in einem getrennten Raum, das Gericht war jedoch der Auffassung, dass die angrenzenden Räume (Kombination von Schankwirtschaft und Wettannahmestelle) als aufeinander funktional bezogene Nutzungseinheiten zu begreifen sind und in der Konsequenz als Vergnügungsstätte zu bewerten ist.

Hinzu kam wie vorliegend die Tatsache, dass die Wettannahmestelle über keine eigenen Personaltoiletten verfügt. Auch wenn diese nicht zwingend vorgeschrieben sind, so ist es doch sehr ungewöhnlich, wenn nicht gar unwahrscheinlich, dass die Herstellung einer eigenständigen Nutzungseinheit geplant ist, die keinerlei Nebenräume, Personalräume und Toiletten aufweist.
(VG Frankfurt a. M. Urt. v. 15.11.2019 – 8 K 757/16.F, BeckRS 2019, 53868 Rn. 31-34, beck-online).

Der Verweilcharakter liegt hier insbesondere hinsichtlich der sich im gleichen Gebäude aufhaltenden Hostel-Gäste vor. 

LRA OAL
Ergebnis aus der Sitzungsvorbesprechung mit dem Vertreter des Landratsamtes Ostallgäu am 25.04.2023: Das Vorhaben ist ohne Bebauungsplan und Veränderungssperre grundsätzlich genehmigungsfähig und mit der Ersetzung eines ggf. nicht erteilten Einvernehmens ist zu rechnen.
Ob eine reine Wettannahmestelle von einer Regelung in einem aufzustellenden Bebauungsplan rechtlich vertretbar erfasst werden kann muss im Verfahren geprüft werden. Ob anhand der räumlichen Verhältnisse im vorliegenden Fall im Hinblick auf die o. a. Rechtsprechung eine Einstufung als Vergnügungsstätte möglich ist lässt sich in einer vorläufigen Einschätzung nicht bestätigen.

Beschlussvorschlag

Der Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss beschließt, das kommunale Einvernehmen nicht zu erteilen. Einer Ausnahme von der bekannt zu machenden Veränderungssperre wird nicht zugestimmt.

Beschluss

Der Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss beschließt, das kommunale Einvernehmen nicht zu erteilen. Einer Ausnahme von der bekannt zu machenden Veränderungssperre wird nicht zugestimmt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 13, Dagegen: 0

Datenstand vom 04.10.2024 11:09 Uhr