Bauantrag zum Neubau eines Doppelhauses auf dem Grundstück Fl.Nr. 293/24 an der Breitensteinstraße 17;


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Bauausschusses , 20.12.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bauausschuss (Gemeinde Grünwald) Sitzung des Bauausschusses 20.12.2021 ö beschließend 3

Sachverhalt

Bauort: Breitensteinstraße 17, Grundstück Fl.Nr. 293/24 – Größe = 825 m²
Planbereich: Einfacher Bebauungsplan Nr. B 35, § 34 BauGB, Ortsgestaltungssatzung, Garagen- u. Stellplatzsatzung, Abstandsflächensatzung, Baumschutzverordnung;


Das gegenständliche Grundstück ist aktuell mit einer kommun angebauten Doppelhaushälfte bebaut. Die Bauwerber begehren nun die Genehmigung für die Errichtung eines freistehenden Baukörpers mit gedrehter Firstrichtung auf Grundlage einer Bauvoranfrage von Juli 2017. Inhalt dieser Bauvoranfrage war die Frage, ob nach Beseitigung der bestehenden Doppelhausbebauung, der neu geplante Baukörper frei im Grundstück (gem. Skizzierung) positioniert werden könnte und nicht wieder an die Kommunwand des bestehenden Baukörpers auf der benachbarten Fl.Nr. 293/23 an der Sudelfeldstraße 1 anzubauen wäre.

Der Bauausschuss hat in seiner Sitzung am 31.07.2017 das gemeindliche Einvernehmen zur Bauvoranfrage zur Bebauung an der Breitensteinstraße 17 mit einem freistehenden Baukörper aufgrund eines gleichgelagerten Bezugsfalles im näheren Umfeld (Stöcklkreuzweg) in Aussicht gestellt, und dies damit städtebaulich als vertretbare Entwicklung gewertet. Mit dieser Aussicht ist das Grundstück auch zum Verkauf angeboten worden. 

Vorweg ist festzuhalten, dass beide Eigentümer (Fl.Nr. 293/23 sowie 293/24) ihr Einverständnis und den Willen zur Auflösung dieser Doppelhausbebauung schriftlich erklärt haben.
Ein entsprechender Vorbescheid zum Neubau eines Wohnhauses abgelöst von der Kommunwand an der Sudelfeldstraße 1 liegt der heutigen Sitzung ebenfalls zur Entscheidung vor. 

Antragsgegenstand ist der Neubau eines Wohnhauses (Einzelhaus mit zwei Wohneinheiten) in E+1+D-Bebauung mit einem Sattelfach (34°, DG kein Vollgeschoss) und einem Doppelcarport sowie zwei offenen Stellplätzen.

Das Maß der baulichen Nutzung (GFZ 0,30; GRZ 0,25) wird sowohl mit der Hauptnutzung als auch mit den Nebenanlagen eingehalten. Das geplante Dachgeschoss ist kein Vollgeschoß.

Das beauftragte Architekturbüro hat mit vorliegendem Planentwurf das Baurecht bestmöglich ausgenutzt was sich in dem längeren Bauteil im EG und dem verkürzten Obergeschoß widerspiegelt. Dieser Bautyp lässt sich jedoch in den verschiedensten Ausführungen im gesamten Gemeindegebiet finden. Sicherlich wäre eine ruhigere Gebäudekubatur ohne Rücksprünge und seitlichen Terrassen gefälliger in der Ansicht und Wirkung, die Ausnutzung des Baurechts in dieser Form ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.  

Die Wand-, First- und Kniestockhöhe entsprechen der Festsetzung der Ortsgestaltungssatzung.
Die Einfriedung ist entsprechend den Vorgaben der Ortsgestaltungsatzung zu planen und auszuführen.
Mit den geplanten Giebeln auf der Gebäudesüd- und Nordseite wird die zulässige Wandhöhe mit 0,79 m überschritten. Hier sollte wie in ähnlich gelagerten Fällen einer Abweichung von der Ortsgestaltungssatzung zugestimmt werden.

Die Abstandsflächen gemäß der Satzung werden eingehalten. 

Der Stellplatznachweis wird anhand des geplanten Doppelcarports sowie der beiden offenen Stellplätze ausreichend erbracht.

Ob sich ein Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, ist allein nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche zu beurteilen. Des Weiteren ist das sog. Rücksichtnahmegebot zur Beurteilung hinzuzuziehen.
Die Art (Wohnnutzung) und Maß (Grund und Geschoßflächenzahl) der baulichen Nutzung sind eingehalten, daher nicht zu beanstanden. Die Festsetzung der offenen Bauweise gem. Bebauungsplan B 35 ist ebenfalls eingehalten.  Das Bauvorhaben fügt sich gemäß § 34 BauGB hinsichtlich Geschossigkeit und mit der geplanten Wandhöhe von 6,35 m und einer Firsthöhe von 9,03 m ebenfalls in die unmittelbar vorhandene Umgebungsbebauung ein. 
Von Seiten des nördlich angrenzenden Nachbarn wurde mit Schreiben vom 02.11.2021 unter anderem der Einwand bezüglich der veränderten Firstrichtung im Vergleich zu den Bebauungen auf den Nachbargrundstücken vorgebracht. Der geplante Baukörper würde mit seiner Kubatur zu einer Verschattung seines Grundstücks führen. Korrekt ist, dass im Umfeld der First mit Nord-Ostausrichtung und somit parallel zum Straßenverlauf, vorherrschend zu finden ist. Die Eckgrundstücke bilden hier eine Ausnahme. Wie bereits eingangs erwähnt, war der Bezugsfall in der näheren Umgebung Anlass, die Ablösung der Kommunbebauung und die damit einhergehende gedrehte Firstrichtung aufgrund des Grundstückszuschnittes zur Nutzung des vorhandenen Baurechts in Aussicht zu stellen. Die „unechte“ Doppelhausbebauung- die Planung zweier Wohneinheiten in einem zusammenhängenden Baukörper- ist nicht zu beanstanden und auch kein Einfügungsgebot.  Ebenso wären die Errichtung eines L-Baukörpers oder zweier freistehender Baukörper eine mögliche Option aufgrund des vorhandenen Baurechts. 
Wegen fehlender Festsetzungen zu Baugrenze und Baulinien (außer dem 5 m Vorgartenbereich nach Bebauungsplan B35) kann die überbaubare Grundstücksfläche nicht nach § 23 BauNVO beurteilt werden. Daher kann eine sog. faktischen Baugrenze zur Beurteilung heranbezogen werden. Diese kann jedoch nur rahmenbildend gewertet werden. Die Gebäude im Geviert stehen mit einem großen Abstand von 15 m – 18 m zur Breitensteinstraße, dies hält das Vorhaben weiterhin ein. Diverse Anbauten und Neubauten im sog. rückwärtigen Grundstücksbereich lassen eine faktische rückwärtige Baugrenze nur schwer festlegen. Betrachtet man den rückwärtigen erdgeschossigen Anbau der Nachbarbebauung, überschreitet die vorliegende Planung diese Abmessungen kaum.    
Nach Rücksprache mit der Genehmigungsbehörde und Zuhilfenahme von Gesetzeskommentaren zum § 34 wurde bestätigt, dass die Firstrichtung kein grundsätzliches Einfügungsmerkmal nach § 34 BauGB ist, eine Ablehnung des Bauantrages aus diesem Grund wäre kritisch zu betrachten.
Dem Einwand der Wirkung des Baukörpers kann insoweit gefolgt werden, dass die geplanten Giebel als Dachbelichtungselemente im noch sehr ursprünglichen Gebäudebestand kaum vorhanden sind, im Rahmen der Festsetzungen der Ortsgestaltungssatzung ab einer Dachneigung von 30 ° jedoch zulässig und somit nicht zu beanstanden. 
Ein weiterer zu berücksichtigender Prüfparameter wäre das Rücksichtnahmegebot. Gemäß der Kommentierung zum § 34 BauGB von Ernst Zinkhahn-Bielenberg kommt es darauf an, auf welche Interessen der Umgebungsbebauung in bestimmter Weise Rücksicht zu nehmen ist. Wesentlich ist dabei, ob unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Zulässigkeit von Vorhaben gewichtigere Belange der Nachbarschaft entgegenzuhalten sind. Dabei ist eine Interessensabwägung zwischen den beidseitigen Belangen erforderlich. Hierbei wird auf die Zumutbarkeit abgestellt. Dabei sind objektive Verhältnisse zu berücksichtigen, nicht aber persönliche Empfindlichkeiten oder Gesundheit. Bezieht man die Zumutbarkeit auf die Abstandsvorschriften, so ist die Rücksichtnahme nicht verletzt, wenn die Abstandsflächen eingehalten werden. Es ist festzustellen, dass die schützenswerten nachbarlichen Belange wie Abstandsflächen und die Art der baulichen Nutzung durch die Planung nicht berührt werden
Womöglich bedarf es zur abschließenden Klärung dieses Einzelfalles ein gerichtliches Klageverfahrens durch den betroffenen Nachbarn.  

Schlussendlich gilt es zu entscheiden, ob eine weitere Auflösung des vorhandenen Gebietscharakters hinsichtlich der Firstausrichtung auf den beiden Grundstücken zu einer bedenklichen städtebaulich unerwünschten Entwicklung oder Neuausrichtung führen würde. Soweit es städtebaulicher Wille ist, den Gebietscharakter hinsichtlich der vorhandenen Firstrichtung zu erhalten, so ist die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das vorgesehene Gebiet möglich, soweit dies im Rahmen einer grundsätzlichen, baurechtlichen Entwicklung erfolgt. Dies sollte allerdings das letzte Mittel sein im vorliegenden Sachverhalt.  

Es stehen zwei Birken auf dem Grundstück, die unter die Baumschutzverordnung fallen. Beide sind nicht erhaltenswert.

Die Nachbarbäume Nr. 16,17 und 18 haben gerade die Bebauung des Nachbargrundstücks überlebt. Sie sind nach wie vor schön und vital. Das geplante Haus und seine Auswüchse (durchlässige Gitter, Terrasse) muss daher unbedingt aus dem Kronenbereich der Nachbarbäume verlegt werden. Es darf auch keine Hainbuchenhecke im Wurzelraum der Nachbarbäume gepflanzt werden.

Gemäß Bebauungsplan B35 sind zwei heimische Laubbäume mit Stammumfang 20-25cm zu pflanzen. Diese sind auf dem Freiflächenplan noch nachzuweisen.

Für das Bauvorhaben muss angesichts der Nachbarbäume eine baumschutzfachliche Baubegleitung beauflagt werden. Vor Abbruch des Altbestandes müssen ortsfeste Baumschutzzäune aufgestellt werden.

Beschluss

Der Bauausschuss nimmt Kenntnis vom Vortrag der Verwaltung und beschließt, das gemeindliche Einvernehmen zum Neubau eines Doppelhauses mit Carport und Stellplätzen herzustellen.

Der Auflösung der Doppelhausbebauung und der Errichtung eines freistehenden Gebäudes wird zugestimmt.

Der Überschreitung der zulässigen Wandhöhe mit den geplanten Giebeln auf der Nord- und Südseite des Gebäudes um max. 0,79 m wird zugestimmt.

Die Zufahrtsbreite ist entsprechend der Ortsgestaltungssatzung zu planen und zu vermaßen.

Die beiden Birken Nr. 4 und 10 sind nicht erhaltenswert und können gefällt werden.

Die Nachbarbäume Nr. 16, 17 und 18 sind schön und vital.  In den Wurzelbereich der Nachbarbäume hineinragende Bauteile sind so umzuplanen, dass diese den Wurzelbereich mit Schutzbereich nicht beeinträchtigen. Es darf keine Hainbuchenhecke im Wurzelraum der Nachbarbäume gepflanzt werden.

Gemäß Bebauungsplan B35 sind zwei heimische Laubbäume mit Stammumfang 20-25cm zu pflanzen. Diese sind auf dem Freiflächenplan noch nachzuweisen.

Für das Bauvorhaben ist eine baumschutzfachliche Baubegleitung erforderlich. Vor Abbruch des Altbestandes müssen ortsfeste Baumschutzzäune aufgestellt werden.

Abstimmungsergebnis
Mehrheitlich angenommen

Datenstand vom 24.06.2022 11:58 Uhr