Mietradsystem im Landkreis München; Neuausrichtung ab 2025;


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 24.10.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Grünwald) Sitzung des Gemeinderates 24.10.2023 ö beschließend 8

Sachverhalt

Der Kreistag des Landkreises München hat in seiner Sitzung am 12.12.2016 die Einführung des MVG-Rads beschlossen. Ziel war es, ein einheitliches, einfach nutzbares Mietradsystem aus einer Hand mit einem hohen Wiedererkennungswert anzubieten.

Der Landkreis München und die Landeshauptstadt München haben sich deshalb darauf verständigt, bei der Einführung eines Mietradsystems zu kooperieren. Die Kooperation zwischen der Landeshauptstadt München und dem Landkreis München erfolgte auf der Grundlage einer Zweckvereinbarung. Diese regelt die grundsätzliche Bereitschaft beider Vertragsparteien, ein kompatibles Mietrad-System zur Lösung der gemeinsamen Verkehrsprobleme einzuführen. Die finanziellen Konditionen, die Aufgabenverteilung, der Ablauf und die Verortung der Stationen in den einzelnen Kommunen des Landkreises wurden in einzelnen Durchführungsvereinbarungen zwischen Landkreis und Landeshauptstadt München geregelt.

Mit der Erfüllung dieser Aufgabe hat die Landeshauptstadt München die Stadtwerke München betraut. Der Landkreis München hatte seine finanzielle Beteiligung am Betriebs- und Investitionskostendefizit zu Beginn auf fünf Jahre begrenzt. Diese Begrenzung wurde am 22.07.2022 durch Beschluss des Kreistages aufgehoben und die finanzielle Beteiligung des Landkreises an Betriebskosten- und Investitionskostendefizit auf unbestimmte Zeit verlängert.

Seit der Eröffnung des Systems im Oktober 2018 wurden in den beteiligten Kommunen des Landkreises, zum Großteil unter finanzieller Förderung des Bundes, insgesamt 178 Stationen errichtet und 1226 Räder in Betrieb genommen. 

Der bestehende Vertrag der Stadtwerke München/MVG mit dem Betreiber nextbike by Tier Mobility SE endet im Jahr 2025. Es bedarf folglich einer neuen Ausschreibung des Systems. Diese bietet zudem die Chance das System neu auszurichten.

Am bestehenden System kam im Betriebszeitraum seit Oktober 2018 immer wieder Kritik auf. Insbesondere wurden das zu starre Konstrukt und die Notwendigkeit baulicher Stationen bemängelt.

Die Kritiken aus den Kommunen wurden ebenso in die geplante Neuausrichtung miteinbezogen, wie auch die Ergebnisse der Grundsatzuntersuchung geteilte Mikromobilität, die der MVV für die Landeshauptstadt München und für die Verbundlandkreise des MVV beauftragt hat.

Als zentrales Ergebnis hat sich für die Attraktivität eines neuen Bikesharing-Systems dessen Einheitlichkeit herausgestellt. Systemgrenzen zwischen verschiedenen Anbietern, die das Umsteigen von dem einen auf das andere Rad erzwingen, halten (potentielle) Kunden von der Nutzung ab.

Als Folge dieser Erkenntnis haben sich die Landeshauptstadt München, der Landkreis München, der Landkreis Fürstenfeldbruck und die NordAllianz sowie weitere interessierte Gebietskörperschaften im MVV-Raum darauf verständigt, eine gemeinsame Ausschreibung des neuen Systems vorzubereiten und anschließend durchzuführen. In dieser soll die MVV GmbH als übergeordnete Klammer über den Nahverkehr deutlich stärker einbezogen werden, als beim bisherigen System. Die von den Kommunen des Landkreises München bemängelte Dominanz der Landeshauptstadt München und Stadtwerke München/MVG soll abgeschwächt werden. Für die Region wichtige Gestaltungsmöglichkeiten des neuen Systems können in der Ausschreibung bestmöglich berücksichtigt werden.

Vor dem Hintergrund einer drohenden Angebotslücke nach dem Auslaufen des Vertrages zwischen MVG und nextbike im Jahr 2025, ist es zwingend notwendig, die europaweite Ausschreibung Ende 2023 zu starten.

Das bisher im Landkreis München etablierte System MVG Rad basiert auf einer bilateralen Zweckvereinbarung zwischen der Landeshauptstadt München und dem Landkreis München. Nach Auffassung der Landeshauptstadt München und deren Rechtsberatung erlaubt dieses juristische Konstrukt die Erweiterung des bestehenden Mietradsystems in Gebietskörperschaften, die keine gemeinsame Grenze mit der Landeshauptstadt besitzen, nicht. Eine Ausweitung des von der Stadtwerke München/MVG betriebenen MVG-Rads in Gebietskörperschaften ohne direkte Grenze mit der Landeshauptstadt München ist folglich nicht möglich.

Oberste Ziel der Landeshauptstadt München, des Landkreises München und der weiteren beteiligten Landkreise bleibt es, ein verbundweit einheitliches, regionales System mit einem Dienstleister zu etablieren. Dafür ist ein neues rechtliches Konstrukt zu entwerfen.

Die Prüfung zur Ausgestaltung eines neuen Systems durch die MVV GmbH und des Landkreises München hat ergeben, dass es einer multilateralen Vereinbarung aller Gebietskörperschaften (nicht nur der Landkreise mit der Landeshauptstadt München) bedarf.

Die Organisationsstruktur und die Rahmenbedingungen für ein neues Bikesharing-System sorgen dafür, dass die Wünsche und Vorstellungen der Landkreises und der Kommunen berücksichtigt werden können. Hierdurch entsteht die Chance für ein erfolgreiches und einheitliches regionales Bikesharing-System mit hohem Nutzen für die Kundinnen und Kunden.


Folgen der geplanten Neuausrichtung:

Multilaterale Zweckvereinbarung
Die Beratungsunternehmen schlagen vor, dass Kommunen, die sich am System beteiligen wollen, eine multilaterale Zweckvereinbarung unterzeichnen, welche die MVV GmbH mit der Ausschreibung des neuen Betreibers beauftragt. Die Zweckvereinbarung definiert die Kooperation der beteiligten Kommunen im neuen Mietradsystem während der Ausschreibung und danach im laufenden Betrieb. Für den Ausschreibungs- und Vergabeprozess regelt die Zweckvereinbarung den Inhalt und die Bedingungen des Vergabeverfahrens sowie die Anforderungen an den Betrieb, die Entscheidungsfindung durch die Arbeitsgruppe und den Lenkungskreis sowie die Kostenverteilung auf die Vertragsparteien der Zweckvereinbarung. Nach Zuschlagserteilung legt die Zweckvereinbarung fest, wie der Prozess der Entscheidungsfindung im laufenden Betrieb z.B. bei Tarifanpassungen ablaufen soll.

Dienstleistungsauftrag
Damit die Kommunen ein direktes Vertragsverhältnis mit dem neuen Betreiber der Mieträder eingehen können, soll auch die Beauftragung des Dienstleisters/Betreibers durch die beteiligten Kommunen als direkter Auftraggeber stattfinden. Diese soll künftig in Form eines Dienstleistungsvertrages stattfinden.

Teilnahme der Kommunen am neuen System
Kommunen, die bereits am bestehenden System beteiligt sind, sollten sich bereits zu einer möglichen Beteiligung ab 2025 (zunächst unverbindlich) positionieren. Von den 29 Kommunen im Landkreis planen 21 als Basisgebiet, fünf als Erweiterungsgebiet und drei sich nicht zu beteiligen.

Der enge Zeitrahmen, um eine europaweite Vergabe rechtzeitig durchzuführen, so dass ein nahtloser Übergang zwischen den beiden Systemen besteht, bedingt die Notwendigkeit einer Ausschreibung mit den ausgearbeiteten Rahmenbedingungen im 4. Quartal 2023.

Kommunen, die sich für einen nahtlosen Übergang zwischen den beiden Systemen entscheiden, werden derzeit als „Basisgebiet“ bezeichnet. Kommunen, die noch kein Mietradsystem besitzen oder sich eine (weitere) Beteiligung offenhalten möchten, können sich der Ausschreibung als „Erweiterungsgebiet“ anschließen


Basisgebiet:

  • Anzahl der Räder und Stationen muss vor Ausschreibungsbeginn fest definiert sein, genauso wie die grobe Verortung der Stationen. Diese Anzahl muss dann auch verbindlich abgerufen werden, ist aber auch garantiert.

  • Beschlussfassung zur Teilnahme, Unterzeichnung der Zweckvereinbarung und der Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel (mit einem Puffer von 20%) vor Ausschreibungsbeginn (Frist 31.10.2023, in Ausnahmefällen bis 22.12.2023 möglich)

  • Im Zuge der Ausbringung der Räder haben die Kommunen im Basisgebiet (je nach Lieferzeiten) Vorrecht gegenüber Kommunen im Erweiterungsgebiet. Dies ist insbesondere relevant für Kommunen, die bereits das MVG Rad haben, um das Risiko einer Angebotslücke zu reduzieren. 

  • Rückmeldung der Teilnahme als Basiskommune mit Mengengerüst und grober Verortung bis Mitte Oktober.

Erweiterungsgebiet:

  • Optionale Abrufmöglichkeit einer gewissen Anzahl von Rädern und Stationen, die vorab
in einem Mengengerüst festgelegt werden.

  • Die Teilnahme ist unverbindlich, das heißt dass die genannte Anzahl an Rädern abgerufen werden kann, aber nicht muss. Die Kommune kann im Nachgang entscheiden, ob sie Teil des Systems wird

  • Erst wenn der Abruf stattfindet, muss vorab ein Beschluss gefasst werden über den Abruf, die Finanzierung und den Beitritt zur Zweckvereinbarung

  • Da die Ausschreibung zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist, haben die Kommunen im Erweiterungsgebiet den Vorteil, dass Sie bereits exakte Kosten kennen und Erfahrungswerte aus den anderen Kommunen haben, auf die sie zurückgreifen können

  • Je nach Lieferfristen und Bereitstellungszeit des Anbieters ist eine Ausbringung der Räder ca. 10 Monate nach Abruf möglich. Voraussichtlich ist der früheste mögliche Zeitpunkt Q3 2025.

  • Abgabe der unverbindlichen Interessenbekundung bis spätestens 31.10.2023


Finanzielle Auswirkungen:

Kosten für Räder und Stationen im neuen System
  • Künftig sollen die Fahrräder geleast werden, wodurch die Beschaffung von Rädern und die damit verbundenen einmaligen Investitionskosten entfallen.

  • Es gibt eine solidarische Aufteilung der Kosten, sodass jede Kommune pro Rad das gleiche bezahlt. 

  • Von folgender Kostenschätzung wird derzeit ausgegangen:

Leasing und Betrieb der mechanischen Räder                ca.     700,- € brutto/Rad/Jahr
Leasing und Betreib der Pedelecs                        ca.  1.250,- € brutto/Rad/Jahr 

  • Sofern die Gemeinde Grünwald die bisherige Anzahl an Stationen und Fahrräder beibehält und einen nahtlosen Umgang zum neuen System schafft, würden sich jährliche Kosten in Höhe von ca. 85.400,- € ergeben.

  • Zusätzlich hierzu fallen Kosten für den Umbau (Umfolierung der Stele usw. sowie etwaige Investitionskosten für die künftige Ausgestaltung der Stationen an.

  • Die Einnahmen durch den Mietradverleih sind bei den Leasingkosten schon einberechnet


Bisher betrugen die Betriebskosten rund 87.000,- € jährlich, wovon 50% durch den Landkreis München übernommen wurden. Letztlich entstanden der Gemeinde Grünwald rund 
43.500,- € jährlich an Betriebskosten.

Der Kreistag des Landkreises München hat in seiner Sitzung am 17.10.2023 beschlossen, künftig keine Kostenerstattung für das neue Mietradsystem zu leisten und die Kostenbeteiligung mit der Einstellung des MVG Rad-Systems zu beenden.

Die Gemeinde Grünwald müsste entsprechend im Haushalt für das neue System Betriebskosten in Höhe von 85.400,- € zuzüglich einem Puffer von 20%, dementsprechend einen Betrag in Höhe von 102.500,- € für das neue Mietradsystem bereitstellen.

Zur Teilnahme am neuen Mietradsystem sind nachfolgende Beschlüsse notwendig:

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt:

  1. Der 1. Bürgermeister wird beauftragt, die Zweckvereinbarung über die gemeinschaftliche Etablierung und Sicherstellung eines öffentlichen Bikesharing-Systems von Gebietskörperschaften im Gebiet des Münchner Verkehrsverbundes (im Folgenden: Zweckvereinbarung) nach Maßgabe des angehängten Entwurfes mit allen in der Anlage 1 des Entwurfes genannten Basisgebietskörperschaften sowie allen Landkreisen, die Gesellschafter der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV) sind, abzuschließen. Diese Beauftragung und Ermächtigung bleibt bestehen, auch wenn und soweit einzelne oder mehrere der in der Anlage 1 des Entwurfes genannten Basisgebietskörperschaften oder der Landkreise, die Gesellschafter der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV) sind, nicht oder nicht rechtzeitig zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens den Abschluss der Zweckvereinbarung beschließen. 

  1. Von dem angehängten Entwurf darf abgewichen werden, soweit die Abweichungen nur unwesentlich sind und dies aufgrund von Anmerkungen der Aufsichtsbehörde, des Finanzamtes oder ähnlicher Stellen, aufgrund einer steuerlichen Prüfung, aufgrund weiterer Abstimmungen zwischen den Projektbeteiligten oder aus vergleichbaren Gründen erforderlich ist.

  1. Der 1. Bürgermeister wird beauftragt, die Landeshauptstadt München zu bevollmächtigen, Willenserklärungen anderer Gebietskörperschaften, die den Abschluss, die Änderung oder die Beendigung der Zweckvereinbarung betreffen, mit Wirkung für und gegen die Gemeinde Grünwald zu empfangen. 

  1. Der 1. Bürgermeister wird beauftragt, nach Abschluss der Zweckvereinbarung diese zu ändern, soweit die Änderungen nur unwesentlich sind und dies aufgrund von Anmerkungen der Aufsichtsbehörde, des Finanzamtes oder ähnlicher Stellen, aufgrund einer steuerlichen Prüfung oder aus vergleichbaren Gründen erforderlich ist. Ein erneuter Beschluss des Gemeinderates ist hierfür jeweils nicht erforderlich. 

  1. Der 1. Bürgermeister wird beauftragt, nach Abschluss der Zweckvereinbarung einzelne oder mehrere der in der Anlage 1 des angehängten Entwurfes genannten Basisgebietskörperschaften bzw. einzelne oder mehrere der in der Anlage 2 des angehängten Entwurfes genannten Optionsgebietskörperschaften sowie einzelne oder mehrere Landkreise, die Gesellschafter der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV) sind, unter den in der Zweckvereinbarung festgelegten Voraussetzungen als Vertragsparteien in die Zweckvereinbarung aufzunehmen und die Zweckvereinbarung jeweils entsprechend zu ändern. Ein erneuter Beschluss des Gemeinderates ist für die Vertragsänderungen jeweils nicht erforderlich. 

  1. Der 1. Bürgermeister wird beauftragt, im Rahmen der Fortschreibung der Anlage 1 der Zweckvereinbarung für die Gemeinde Grünwald 122 mechanische Fahrräder und keine Pedelecs anzugeben. 

  1. Der 1. Bürgermeister wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit den Vertragsparteien der Zweckvereinbarung den Auftrag für ein regionales Bikesharing-System gemäß den Vorgaben der Zweckvereinbarung an einen Dienstleister zu vergeben. Die Vertragsparteien der Zweckvereinbarung werden gemeinsam Auftraggeber. 

  1. Der 1. Bürgermeister wird beauftragt, im Rahmen der durch die Zweckvereinbarung eröffneten Möglichkeiten darauf hinzuwirken, dass für die Gemeinde Grünwald möglichst 15 Stationen vorgesehen werden und die in dieser Vorlage genannten Standorte möglichst weitgehend umgesetzt werden. Die Beschaffung soll jedoch auch dann durchgeführt werden, wenn diese Vorgaben nicht umgesetzt werden. 

  1. Die Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV) führt das Vergabeverfahren zu den in dieser Vorlage genannten Bedingungen als Vergabestelle durch und erteilt im Namen der Auftraggeber nach den Bestimmungen der Zweckvereinbarung den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot. 

  1. Einer erneuten Befassung des Gemeinderats bedarf es nicht, wenn aus vergaberechtlichen Gründen eine Änderung der Wahl der Vergabe- und Vertragsordnung, der Vergabeverfahrensart, der Eignungskriterien oder Eignungsunterlagen oder der Zuschlagskriterien erforderlich sein sollte oder wenn das Vergabeverfahren aus vergaberechtlichen Gründen aufgehoben werden muss. 

  1. Eine erneute Befassung des Gemeinderats/ ist zur Erteilung des Zuschlags nur erforderlich, falls das wirtschaftlichste Angebot den geschätzten Auftragswert um mehr als 20% übersteigen sollte. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 23, Dagegen: 0

Datenstand vom 23.11.2023 08:20 Uhr