Bauherr: Siegfried und Roswitha Steiner
Bauort: Perlacher Straße 14 a, Grundstück Fl. Nr. 457/11 (Grundstücksgröße = 1.620 m²)
Planbereich: Qualifizierter Bebauungsplan Nr. B7, Bebauungsplan Nr. B 35 v. 31.01.1997, Ortsgestaltungssatzung und Garagen- und Stellplatzsatzung
Der Bauausschuss hat sich in seiner öffentlichen Sitzung am 21.12.2015 ausführlich mit der gegenständlichen Grundstücksbebauung in „zweiter Reihe“ an der Perlacher Straße 14 befasst und mit 9:2 Stimmen das Einvernehmen versagt, da der Bebauungsplan Nr. B 7 für den rückwärtigen Grundstücksteil keinen Bauraum vorgesehen hatte. Aufgrund des fehlenden Bauraumes kann insoweit zustehendes Baurecht nicht realisiert werden.
Zur Vorgeschichte nachfolgend noch einmal in kursiver Schrift die damalige Sitzungsvorlage zur Kenntnis:
Das Grundstück Fl. Nr. 457/5 wurde durch die Eigentümer rechtmäßig aufgeteilt. Für das neu entstandene Grundstück mit einer Größe vom 1.620m² soll nun die Bebaubarkeit geklärt werden. Im Vorfeld zu diesem Antrag wurde in Gesprächen mit den Bauwerbern festgestellt, dass der rechtsverbindliche Bebauungsplan Nr. B 7 für den abgeteilten, neuen Grundstücksbereich keinen Bauraum vorsieht. Dieser befindet sich bis auf einen kleinen, nicht nutzbaren Bereich komplett auf dem bisherigen „Mutter“-Grundstück. Insoweit ist zwar grundsätzlich ein Baurecht hinsichtlich Grund- und Geschossflächenzahl sowie Anzahl der Vollgeschosse zugeordnet, das aber aufgrund des fehlenden Bauraums nicht realisiert werden kann.
Der Bebauungsplan Nr. B 7 legt das Baurecht in den jeweiligen Grundstücken hinsichtlich der überbaubaren Fläche sehr konzentriert fest. Das heißt, die Bauräume sind sehr eng gefasst. Dies war der bauleitplanerische und städtebauliche Wille der Gemeinde im Geltungsbereich.
Grundsätzlich gilt festzuhalten, dass im Verlauf der vergangenen Jahre zwar Überschreitungen der Bauräume zugelassen wurden, dies aber bei grundsätzlicher Nutzung der vorgeschriebenen Bauräume und teilweiser Überbauung. Einen vergleichbaren Fall, in dem ein komplettes Grundstück außerhalb des Bauraums liegt und bebaut werden soll, gibt es bis dato nicht.
Folgende Fragen werden im Rahmen des Antrags auf Vorbescheid gestellt:
1. Ist das Grundstück mit der Flurnummer 457/11 ein Baugrundstück?
Antwort: Nach eingehender rechtlicher Prüfung des Sachverhalts ist festzustellen, dass es sich beim gegenständlichen Grundstück nicht um ein Baugrundstück, da es zwar im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes liegt, der entsprechendes Baurecht generiert, das vorhandene Baurecht aber aufgrund des im Grundstück fehlenden überbaubaren Bauraums dennoch nicht verwirklicht werden. Städteplanerischer Wille der Gemeinde bei Erlass des Bebauungsplanes war hier ganz klar, das Baurecht nur in bestimmten Bereichen zuzulassen, um eine möglichst lockere Bebauung entlang der Perlacher Straße zu generieren und die rückwärtigen Grundstückbereiche von einer Bebauung freizuhalten. Das Grundstück ist aus den vorgenannten Gründen kein Baugrundstück, da es an der rechtlichen Grundlage zur Bebaubarkeit fehlt. .
2. Ist die Bebauung mit z.B. einem Gebäude E+1+D rechtlich zulässig, wenn alle Vorschriften der BayBO, Ortsgestaltungssatzung und Bebauungsplan B7 eingehalten sind, auch wenn kein Bauraum auf dem Grundstück vorgesehen ist?
Antwort: Der Bebauungsplan B 7 legt für das Grundstück eine Geschossigkeit von maximal zwei Vollgeschossen fest und grundsätzlich wäre eine solche Bebauung dort sicherlich auch denkbar. Aufgrund des fehlenden Bauraums, ist diese als solche aber nicht realisierbar, da die rechtliche Grundlage hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche gänzlich fehlt.
3. Brauchen wir eine Ausnahme / Befreiung?
Antwort: Um eine Bebauung realisieren zu können, bedarf es einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. B7 wegen Errichtung eines Einfamilienhauses außerhalb des Bauraums. Aufgrund der vorgenannten Gründe wird eine solche Befreiung nicht befürwortet.
Die Verwaltung empfiehlt entsprechend dem Sachvortrag, dem Vorbescheid nicht zuzustimmen und eine Befreiung wegen Errichtung eines Einfamilienhauses außerhalb vom Bauraum nicht zu befürworten.
Der Vorbescheid wurde mit der negativen Stellungnahme der Gemeinde zur Entscheidung an das Landratsamt München weiter geleitet.
Die Antragsteller haben zwischenzeitlich (am 28.06.2016) beim Verwaltungsgericht München Untätigkeitsklage gegen das Landratsamt München eingereicht. Die Gemeinde Grünwald ist in diesem Baugenehmigungsverfahren durch das Gericht beigeladen worden.
Das Landratsamt München hat nach erfolgter Besprechung mit der Gemeinde am 23.06.2016 mit Schreiben vom 30.06.2016 der Gemeinde Grünwald folgendes mitgeteilt, weswegen sich die Gemeinde Grünwald erneut mit der Bauangelegenheit befasst:
(auszugsweise Darstellung)
Wir haben den Antrag geprüft und sind nach unserer Rechtsauffassung zu dem Ergebnis gekommen, dass das Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist.
Nachfolgend möchten wir Ihnen die Gründe hierfür darlegen:
Das gegenständliche Grundstück liegt im …… Geltungsbereich des Bebauungsplanes B 7…Der Bebauungsplan sieht auf dem Stammgrundstück Fl.Nr. 457/5 … eine überbaubare Grundstücks-fläche, festgesetzt durch einen Bauraum, vor. Weiter ist die Mindestgrundstücksgröße für eine mögliche Bebauung von 1.700m² festgesetzt. Eine Teilung des Grundstücks war mit dieser Bebauungsplangrundlage nicht möglich.
Mit in Kraft treten des Bebauungsplanes Nr. B 35 wurde Mindestgrundstücksgröße …… auf 1.500m² runter gesetzt. Mit Vornahme dieser Änderung wurde jedoch in Bezug auf das Stammgrundstück Fl.ntr. 457/5 ….. städtebaulich nicht berücksichtigt, dass für dieses Grundstück nun eine ordentliche Teilung vorgenommen werden darf, mit der Folge, dass bezogen auf die Mindestgrundstücksgröße eine weitere Einzelhausbebauung möglich wäre.
Im Jahre 2003 erfolgte die Abteilung des …. Grundstücks Fl.Nr. 457/11….. von Stammgrundstück Fl.Nr. 457/5…. Die Gemeinde Grünwald stimmte dieser Teilungsgenehmigung mit der Bedingung zu, dass eine ausreichend breite Zufahrt zum Grundstück Fl.Nr. 457/11 ….. zu gewährleisten ist.
Städtebaulich erfolgte keine Änderung der überbaubaren Grundstücksfläche für das Stammgrundstück Fl.Nr. 457/5…., obwohl die neue Mindestgrundstücksgrößenfestsetzung hierzu ……Anlass gegeben hätte. Mit Eröffnung einer Teilungsmöglichkeit für das Grundstück hätte konsequenterweise die überbaubare Grundstücksfläche einer Regelung bedurft.
Dieser Aspekt ist in die Abwägungsentscheidung hinsichtlich der Zulassung einer Befreiung von der überbaubaren Grundstücksfläche für eine Einzelhausbebauung auf dem Grundstück Fl.Nr. 457/11 ….. mit ein zu beziehen.
Es sind Überlegungen dahingehend anzustellen, ob die Gemeinde Grünwald mit dem Wissen übe die Grundstücksgröße und die daraus sich ergebende Teilungsmöglichkeit für zwei Einzelhausbebauungen auf dem Stammgrundstück Fl.Nr. 457/5 …. die Festsetzung des Baumraumes nicht doch anders , abgestimmt auf zwei Einzelhausbebauungen, getroffen hätte, als es die Grundlage des Bebauungsplanes Nr. B 7 zeigt. Insoweit sei noch angemerkt, dass mit dem gegenständlichen Bauraum auf dem Stammgrundstück lediglich eine Erweiterung des Bestandbaukörpers möglich wäre, eine weitere Einzelhausbebauung auf dieser Grundlage jedoch nicht realisierbar ist.
Eine Zulassung eines Einzelbaukörpers auf dem Grundstück Fl.Nr. 457/5 der Gemarkung Grünwald halten wir für städtebaulich vertretbar, der Grundzug der Planung wird dadurch nicht berührt.
An sich zeigen die ….Bauräume….. keine klare städtebauliche Ordnung, ein klares Konzept für eine städtebauliche Entwicklung ist insoweit nicht erkennbar. Die Bauräume sind dem Bestand geschuldet, es finden sich ungeordnet schmälere und tiefere Bauräume in dem Bebauungsplangeviert. Nachbarliche Belange werden durch diese Entscheidung nicht berührt, die festgesetzten Bauräume sind nicht nachbarschützend.
Die in diesem Einzelfall rechtlich zu entscheidende Frage der überbaubaren Grundstücksfläche grenzt sich von anderen Grundstücken in dem Bebauungsplangeviert ab, da sich nach unserer Prüfung der oben geschilderte Sachverhalt nur auf das Grundstück Fl.Nr. 457/11 …… erstreckt. Insoweit ist von einer atypischen, grundstücksbezogenen Einzelfallentscheidung auszugehen.
Unter Berücksichtigung des …. Sachverhalts halten wir die Errichtung eines Einzelbaukörpers auf dem Grundstück Fl.Nr. 457/11…… mittels Erteilung einer Befreiung von der überbaubaren Grundstücksfläche für städtebaulich vertretbar, die Voraussetzungen für eine positive Befreiungsentscheidung gem. § 31 Abs. 2 BauGB liegen vor.
…………..bitten um Rückäußerung bis spätestens 31.08.2016. Das Landratsamt München erwägt den Abschluss des Verfahrens in Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens vorzunehmen.
In der ursprünglichen Stellungnahme der Bauverwaltung der Gemeinde Grünwald wurde lediglich der Bebauungsplan Nr. B 7 hinsichtlich der festgesetzten Bauräume bauplanungsrechtlich bewertet. Die Grundstücksgröße – insbesondere auch die 2003 erteilte Teilungsgenehmigung – wurde hinsichtlich der städtebaulichen Relevanz nicht berücksichtigt.
Es ist jedoch nach erfolgter Rücksprache mit dem Landratsamt München jetzt nachvollziehbar, dass bei einem zulässig real abgeteilten Grundstück auch dort grundsätzlich ein Baurecht existiert. Wie ausgeführt ist dies nur in diesem isolierten Einzelfall aufgezeigt – eine städtebauliche Bezugsfallwirkung innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplane Nr. B 7 ist ausgeschlossen, da ähnliche Grundstücksgrößen bzw. überbaubare Bauräume nicht existieren.
Eine rückwärtige Grundstücksbebauung mit einem Wohnhaus ist in Form einer entsprechenden Befreiung zulässig.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die ursprünglich gestellten Fragen im Rahmen des Vorbescheidsantrages wie folgt zu beantworten sind: