Bebauungsplan Nr. B 41 „Südlich der St.-Gundekar-Straße“, Schreiben des Dr. Kunkel / Genesis vom 16.08.2022, weitere Beauftragung; Beschluss


Daten angezeigt aus Sitzung:  37. Sitzung des Stadtrates Heilsbronn, 21.09.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Heilsbronn 37. Sitzung des Stadtrates Heilsbronn 21.09.2022 ö 4

Sachverhalt/Begründung/Rechtslage:

Der Bürgermeister und der Stadtrat beschäftigen sich fortlaufend im Interesse seiner Bürgerinnen und Bürger mit der Gesamtthematik Ölschaden im Baugebiet B 41 "Südlich der St.-Gundekar-Straße". In öffentlicher Sitzung wurde am 09.10.2019 (Nr. 2540) über die Auswirkungen des Ölschadens auf den B 41 "Südlich der St.-Gundekar-Straße" sowie einem konkreten Bauvorhaben auf einer Teilfläche des vorgenannten Bebauungsplanes beraten.
Das im B 41 "Südlich der St.-Gundekar-Straße" befindliche Gebiet wurde von verschiedenen Seiten, wie bekannt, entsprechend untersucht. Im dortigen Gebiet ist u. a. die Caritas, vormals Kongregation von der schmerzhaften Mutter, mit dem Altenheim auch ansässig. U. a. wurde zuletzt durch das Landratsamt Ansbach am 18.03.2021 gegen den Verhaltensstörer / Verursacher des Ölschadens ein Bescheid erlassen, der u. a. weitere Bodenerkundungen zur Abgrenzung des Schadens zur Pfr.-Hausmann-Straße und dem nördlichen Teil des B 41 "Südlich der St.-Gundekar-Straße" zum Inhalt hat. Für uns etwas unverständlich ist, auch weil bisher schon lange Zeit vergangenen ist, dass eine nach unserer Auffassung wohl nötige Anordnung einer Sanierung zu Lasten des Verursachers den dortigen Grundstückseigentümern, darunter auch die Stadt Heilsbronn, und den Anliegern bisher immer noch nicht mitgeteilt wurde.
Der Bescheid vom 18.03.2021 hat nach verwaltungsgerichtlicher Klärung zwischenzeitlich seit 20.07.2021 Rechtskraft erhalten. 
Nun, für uns völlig überraschend, hat nach langer Zeitspanne die Adressatin des Bescheides vom 18.03.2021 über eine Anwaltskanzlei einen Antrag an das Landratsamt Ansbach am 18.05.2022 gestellt (wieder viel verlorene Zeit), den erlassenen Bescheid vom 18.03.2021 zurückzunehmen. Aufgrund eines von der Verhaltensstörerin in Auftrag gegebenen Privatgutachtens wird nun auf einmal der Einwand gebracht, der Bescheid sei rechtswidrig. Es wird zwar eine Verantwortlichkeit nicht gänzlich in Abrede gestellt, allerdings u. a. auch argumentiert, dass noch von anderer Stelle ein Öl in das Gebiet vorgedrungen sein muss, was man aus der Ausbreitungsrichtung und der angeblich fehlenden Farbzusetzung im Heizöl wohl belegen könne.
Das Landratsamt Ansbach hat eine Stellungnahme des WWA Ansbach angefordert. Ergebnisse daraus sind uns bedauerlicherweise bis heute nicht mitgeteilt worden. 
Insgesamt zieht sich die Angelegenheit Ölschaden im B 41 "Südlich der St.-Gundekar-Straße" nun mehr als 10 Jahre hin, was eher schon unerträglich für die Betroffenen ist. Es stellt sich wohl nicht nur die Frage nach entsprechenden Sanierungsmaßnahmen und deren umgehende Erledigung, sondern ist ebenfalls die Frage wegen Schadenersatz nach unserer Auffassung noch im Raum.
Die Stadt Heilsbronn wurde erst am 15.08.2022 vom Landratsamt Ansbach über diesen Antrag der Verhaltensstörerin vom 18.05.2022 informiert. Wir haben das von uns bisher in dieser Gesamtangelegenheit beauftragte und sehr bewährte Büro Genesis gebeten, sich mit dem Privatgutachten der Handlungsstörerin zu beschäftigen und uns dann die Erkenntnisse mitzuteilen. Dr. Kunkel vom Büro Genesis hat uns bereits mit Mail vom 16.08.2022 zu den wesentlichen Aspekten wertvolle Hinweise gegeben, welche nachfolgend auszugsweise und redaktionell überarbeitet widergegeben werden:
  • Der Gegengutachter stellt nicht in Abrede, dass unter dem Heizölkeller ein massiver Ölschaden aus undichten Leitungen vorliegt und sich davon ausgehend eine Schadstofffahne mit dem Hang- und Grundwassergefälle nach Nordosten in Richtung Baugebiet B41 (Flur-Nrn. 374/2 und 375) ausgebildet hat.
  • Vielmehr geht die Zielrichtung der Gegenseite dahin, weitere Erkundungen im Norden zur Abgrenzung des Schadenschwerpunktes und damit natürlich auch zukünftige Sanierungsmaßnahmen abzuwehren, und dahingehend auch die Störerauswahl des LRA Ansbach in Frage zu stellen bzw. den ergangenen Bescheid als ungerechtfertigt / sogar rechtswidrig anzufechten.
  • Um dies zu begründen, wird mit fachlich fragwürdigen Argumenten ein kausaler Zusammenhang des weiter nördlich auf Flur-Nr. 372/2 gelegenen Schadensschwerpunktes (massive Mineralölverunreinigungen mit dem Grundwasser aufschwimmender Ölphase) mit der eindeutig belegten Schadensquelle auf Flur-Nr. 374 in Abrede gestellt. Demzufolge sei unplausibel oder sogar physikalisch unmöglich, dass sich der Ölschaden so weit in nördliche Richtung - quasi entgegen dem normalen Hang- und Grundwassergefälle nach Nordosten bis Osten – bewegt hat und sogar „bergauf“ geflossen sei. Angeführt wird dazu u. a., dass das Ölschadensniveau auf Flur Nr. 372/2 bis zu ca. 1 m höher liegt als am Hangfuß an der nordöstlichen Grundstücksgrenze der Flur-Nr. 374 zum städtischen Baugrundstück Flur-Nr. 374/4. 
  • Aus Sicht des Dr. Kunkel spricht aber nichts für diese Hypothese, da es - neben der rein gravitativen Ölfahnenausbreitung in die Talsenke nach Nordosten - durchaus eine weit nach Norden reichenden separate „Stoßrichtung“ von massiven Ölaustritten gegeben haben dürfte, die sich quer zum Hanggefälle und Grundwasserfließrichtung - evtl. längs von linearen Kluftwegsamkeiten oder tektonischen Störungen, oder auch Dränagesystemen im Untergrund – ausgebreitet hat. Erst beim allmählichen Absinken der Ölfront auf das Grundwasserniveau weiter nördlich im Hangbereich von Flur-Nr. 372/2 ist es zum Aufschwimmen von spezifisch leichterer Ölphase gekommen, und einer gewissen vertikalen Verlagerung mit dem saisonal schwankenden Grundwasserspiegel. Der Höhenunterschied zwischen Eintragsort und höchstem Niveau der MKW-Bodenverunreinigungen auf Flur-Nr.372/2 beträgt gut 4 m und reicht somit völlig aus, um das Schadensbild und die Ausbreitungsdynamik schlüssig zu erklären. Das Mineralöl ist somit keineswegs „bergauf“ geflossen, wie behauptet. Insofern sind die fachlichen Darstellungen des Privatgutachters unzutreffend. Das ergebe sich bereits aus Vorgutachten, die den beteiligten Stellen auch vorliegen.
  • Daneben wird auch fachlich vom Privatgutachter über chemische Ölphasenuntersuchungen an GWM 6 und BK 9 versucht, einen sekundären bzw. separaten Dieselschaden für den Schadensschwerpunkt auf Flur-Nr. 372/2 zu konstruieren. Begründet wird dies mit einem fehlenden Nachweis von rotem Farbstoff, der ab 1975 den Heizölprodukten zur Unterscheidung von Dieselkraftstoff zugesetzt wurde. Demnach müsse es sich um Dieselverunreinigungen handeln (wofür auch das GC-Spektrum des Mineralöls sprechen würde), oder leichtes Heizöl, das vor 1975 eingetragen wurde. 
    Meines Erachtens, so Dr. Kunkel, stellen diese Untersuchungsergebnisse keine wissenschaftlich für den Schadensfall verwertbaren oder belastbaren Fakten dar. Der damals verwendete rote Farbstoff kann chemisch leicht entfernt werden bzw. ist unter bestimmtem Umständen instabil und kann sich nach so langer Zeit im Untergrund (> 30 Jahre) längst zersetzt haben. Auch lässt sich eine Diesel- oder Heizölzusammensetzung nicht analytisch unterscheiden, da chemisch nahezu identisch und der gemessene hohe Schwefelgehalt spricht wiederum eher für altes Heizöl vor 1975 – das seinerzeit nicht rot eingefärbt wurde.
  • Für Dr. Kunkel spricht insgesamt vieles für ein vor ca. 1975 in den Boden versickertes Heizöl. Der immer wieder von der Gegenseite zitierte Schadenszeitraum 1976-1985 ist nur eine grobe behördliche Einschätzung anhand der Mängelfeststellungen an der Tankanlage. Das Heizöl kann auch gut und gern seit den 60er Jahren bis in die 70er Jahre über unbemerkte Undichtigkeiten versickert sein, aus dieser Zeit gibt es lediglich keine dokumentierten Prüfakten oder Mängelfeststellungen. 
  • Als mögliche externe Schadensquelle für den „Zweit- bzw. Hauptschaden“ auf Flur-Nr. 372/2 wird vom Privatgutachter ein ehem. Mineralölhandel im westlichen Zustrombereich genannt, nachdem dort 2017 vom Büro Georisk (Amtsermittlung i. A. WWA Ansbach) eine MKW-Bodenverunreinigung an einer Sondierbohrung in ca. 2 m  Tiefe angetroffen wurde. Auch wenn keine vollständige Tiefenabgrenzung des vmtl. von einem oberirdischen Öltank herrührenden Schadens erfolgte, kann dieser doch wie von den Behörden eingeschätzt als kleinvolumig und horizontal eingegrenzt gelten und definitiv nicht die Ursache für den massiven Ölschaden im Baugebiet B41 sein. Dafür sprechen auch die bisherigen Untersuchungsbefunde im Bereich des Abwasserkanals und insgesamt das großräumige Schadensbild. Es wäre auch schwer vorstellbar, dass massive Mineralöleinträge auf dem kleinen Grundstück des ehem. Mineralölhandels in Größenordnungen von anzunehmend > 50 m³ über längere Zeiträume oder als kurzzeitiges Unfallereignis vom Umfeld unbemerkt geblieben wären.
Die unabhängige weitere fachliche Begleitung in dieser Gesamtangelegenheit durch das Büro Genesis zeigt sich für die Stadt Heilsbronn als maßgeblich an und ist auch zukünftig notwendig. 
Insofern war der Vorschlag der Stadtverwaltung, welchen der Stadtrat folgte, zuletzt z. B. in nichtöffentlicher Sitzung am 07.07.2021, das Büro Genesis auch in allen Belangen einzubinden, sehr dienlich.
Als Ergebnis dieser Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen dem Fachbüro Genesis und unserer beauftragten Rechtsanwaltskanzlei wurde unabhängig vom Vorgenannten mit Schreiben vom 11.07.2022 gegenüber dem Landratsamt Ansbach die aus unserer Sicht dringenden Sofortmaßnahmen im Ölschadensgebiet zur Verringerung des erheblichen Gefahrenpotentials, z. B. mit Hebepumpensystemen, vorgebracht. Eine Reaktion auf dieses Schreiben erhielten wir bedauerlicherweise bislang nicht.
Die Verwaltung schlägt vor, die Beauftragung u. a. des Büros Genesis auch fortzuführen und insbesondere die Aspekte aus der vorgenannten Mail des Dr. Kunkel vom 16.08.2022 über die anwaltliche Vertretung der Stadt Heilsbronn an das Landratsamt Ansbach zu senden.

Beschluss

Der Stadtrat stimmt der weiteren Beauftragung des Büros Genesis und wie auch weiteren Maßnahmen zu, die Stadt Heilsbronn bei der Gesamtangelegenheit Ölschaden im B 41 "Südlich der St.-Gundekar-Straße" und Bebauungsplan weiter zu begleiten, ggf. u. a. weitere Gutachten zu erstellen, um auch Haftungen und Schäden soweit wie möglich für die Stadt Heilsbronn abzuwenden und ggf. Schadenersatzansprüche der Stadt Heilsbronn geltend zu machen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 17, Dagegen: 0

Datenstand vom 18.10.2022 12:01 Uhr