Bebauungsplan Nr. 7 "Halmonslache" - Verfahrenswechsel zum Regelverfahren i. S. d. § 2 BauGB


Daten angezeigt aus Sitzung:  50. Stadtratssitzung, 26.07.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat (Stadt Herrieden) 50. Stadtratssitzung 26.07.2023 ö 4

Sachverhalt

Der Stadtrat Herrieden hat in seiner Sitzung am 01.03.2023 den Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 7 für das Wohngebiet „Halmonslache“ im Ortsteil Neunstetten gebilligt und die öffentliche Auslegung gem. § 3 Abs. 2 BauGB sowie die Beteiligung gem. § 4 Abs. 2 BauGB beschlossen.

Anlass für die Aufstellung des Bebauungsplanes ist die bedarfsgerechte Schaffung von Wohnbauflächen. Das bisher landwirtschaftlich genutzte Grundstück soll als Wohngebiet entwickelt werden. Dem Bedarf entsprechend wird ein allgemeines Wohngebiet gem. § 4 BauNVO ausgewiesen. Ziel des Bebauungsplanes ist, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine geordnete bedarfsgerechte städtebauliche Entwicklung zu schaffen.
Das geplante Wohngebiet liegt am nördlichen Ortsrand von Neunstetten. Die Größe des Plangebietes innerhalb des räumlichen Geltungsbereiches beträgt ca. 4.300 m² und umfasst Teilflächen der Flurstücke mit den Fl.-Nrn. 575, 573 und 568 der Gemarkung Neunstetten.


Der Entwurf des Bebauungsplans lag in der Zeit vom 31.03.2023 bis einschließlich 02.05.2023 öffentlich aus. Die öffentliche Auslegung wurde im Amtsblatt vom 23.03.2023 bekannt gemacht.

Während der öffentlichen Auslegung gem. § 3 Abs. 2 BauGB gingen von der Bürgerschaft keine Stellungnahmen ein.

Im Rahmen der Behördenbeteiligung gem. § 4 Abs. 2 BauGB wurden 27 Behörden/TÖB mit Brief vom 24.03.2023 angeschrieben und gebeten, sich schriftlich zur Planung zu äußern. Von den angeschriebenen Dienststellen haben 9 Anregungen und Hinweise zur Planung mitgeteilt. Weitere 6 Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange haben erklärt, dass Sie keine Einwendungen haben. Die Stellungnahmen und Abwägungen können der Abwägungstabelle mit Stand vom 26.07.2023 entnommen werden.

Aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen wurde die geplante Zufahrt in das Baugebiet geändert.
Im bisherigen Planentwurf sollte das geplante Baugebiet über einen bestehenden Wirtschaftsweg mit der Flur Nr. 567 an freier Strecke an die Staatsstraße 2249 an das überregionale Straßennetz erschlossen werden. Durch den Neuanschluss des Wohngebietes wird hier eine neue verkehrliche Situation geschaffen, die eine Linksabbiegespur erfordert.
Im überarbeiteten Entwurf soll die Anbindung an das geplante Gebiet nun über eine Zufahrt innerhalb der Ortsdurchfahrt, auf der Flur Nr. 568 erfolgen und wird ca. 85 m Richtung Süden verlegt. 
Eine Abbiegespur im Bereich Zone 30 ist hier nicht erforderlich. Die geänderte Lage der Zufahrt hat zusätzlich den Vorteil, dass diese kürzer ausgeführt werden kann und eine fußläufige Anbindung an den bestehenden Gehweg vorhanden ist. 

Weiterhin wurden gegenüber der Planung im Rahmen der erfolgten öffentlichen Auslegung folgende Punkte geändert:
  • Darstellung der Regenwasserrückhaltung
  • Ergänzung der Baubeschränkungszone im Bereich der bestehenden Freileitung

Außerdem wurden die Hinweise zur Planung in den textlichen Festsetzungen und in der Begründung gemäß der Abwägung ergänzt.

Der Stadtrat hat in seiner Sitzung vom 27.07.2022 beschlossen, die Aufstellung des Bebauungsplanes für das Wohngebiet „Halmonslache“ nach § 2 Abs. 1 Baugesetzbuch – BauGB im beschleunigten Verfahren gem. § 13b BauGB durchzuführen. 

Aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2023 kann das Verfahren nicht mehr nach §13b BauGB weiterverfolgt werden (siehe nachstehende Presseerklärung), da das beschleunigte Verfahren nach § 13b BauGB dem europäischen Recht widerspricht. Demnach kann § 13 b BauGB nicht mehr angewendet werden. 

Aus diesem Grund ist ein Verfahrenswechsel vom beschleunigten Verfahren gemäß § 13b BauGB zum regulären Aufstellungsverfahren gemäß § 2 BauGB durchzuführen.
Der Verfahrensschritt „Entwurf – öffentliche Auslegung“ der im Rahmen des beschleunigten Verfahrens durchgeführt wurde, wird in das Regelverfahren integriert.
Somit muss als nächster Verfahrensschritt die Abwägung der eingegangenen Stellungnahmen im Rahmen der öffentlichen Auslegung sowie die Billigung des Entwurfs nach Ergänzung der im Regelverfahren erforderlichen Unterlagen vorgenommen werden. Im Regelverfahren sind eine Umweltprüfung und ein Umweltbericht erforderlich. Es müssen ggf. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Der entsprechend überarbeitete und ergänzte Entwurf wird dem Stadtrat nach der Sommerpause zur Beschlussfassung vorgestellt.

Rechtliche Würdigung

Pressemitteilung Nr. 59/2023 vom 18.07.2023: https://www.bverwg.de/pm/2023/59 

§ 13b BauGB ist mit Unionsrecht unvereinbar
Freiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs einer Gemeinde dürfen nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung überplant werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Der Antragsteller, eine gemäß § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan der Antragsgegnerin. Dieser setzt für ein ca. 3 ha großes Gebiet am südwestlichen Ortsrand der Gemeinde im planungsrechtlichen Außenbereich ein (eingeschränktes) allgemeines Wohngebiet fest. Der Bebauungsplan wurde im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB ohne Umweltprüfung aufgestellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag als unbegründet abgewiesen. Die Durchführung des beschleunigten Verfahrens begegne keinen Bedenken. § 13b BauGB sei mit der SUP-Richtlinie vereinbar, seine Tatbestandsvoraussetzungen lägen vor.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil aufgehoben und den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Der Plan leidet an einem beachtlichen Verfahrensfehler im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Er ist zu Unrecht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 BauGB erlassen worden. Die Vorschrift verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 der SUP-RL. Art. 3 Abs. 1 SUP-RL verlangt eine Umweltprüfung für alle Pläne nach den Absätzen 2 bis 4, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Ob dies der Fall ist, bestimmen die Mitgliedstaaten für die in den Absätzen 3 und 4 genannten Pläne entweder durch Einzelfallprüfung, Artfestlegung oder eine Kombination dieser Ansätze (Art. 3 Abs. 5 SUP-RL). Der nationale Gesetzgeber hat sich in § 13b BauGB für eine Artfestlegung entschieden. Diese muss nach der Rechtsprechung des zur Auslegung des Unionsrechts berufenen Europäischen Gerichtshofs gewährleisten, dass erhebliche Umweltauswirkungen in jedem Fall von vornherein ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber darf sich folglich nicht mit einer typisierenden Betrachtungsweise oder Pauschalierung begnügen.
Diesem eindeutigen und strengen Maßstab wird § 13b Satz 1 BauGB nicht gerecht. Anders als bei Bebauungsplänen der Innenentwicklung nach § 13a BauGB, die der Inanspruchnahme von Flächen außerhalb des Siedlungsbereichs entgegenwirken sollen, erlaubt § 13b BauGB gerade die Überplanung solcher Flächen. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13b Satz 1 BauGB – Flächenbegrenzung, Beschränkung auf Wohnnutzung sowie Anschluss an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil – sind nicht geeignet, erhebliche Umwelteinwirkungen in jedem Fall von vornherein auszuschließen. Das gilt schon wegen der ganz unterschiedlichen bisherigen Nutzung der potenziell betroffenen Flächen und der Bandbreite ihrer ökologischen Wertigkeit.
§ 13b BauGB darf daher wegen des Vorrangs des Unionsrechts nicht angewendet werden. Die Antragsgegnerin hätte somit nach den Vorschriften für das Regelverfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans eine Umweltprüfung durchführen sowie einen Umweltbericht erstellen und der Begründung des Bebauungsplans beifügen müssen. Dieser beachtliche, vom Antragsteller fristgerecht (§ 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB) gerügte, Verfahrensmangel hat die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge.

Vorinstanz:
VGH Mannheim, VGH 3 S 3180/19 - Urteil vom 11. Mai 2022 - 

Beschluss

Für den Bebauungsplan Nr. 7 „Halmonslache“ erfolgt ein Verfahrenswechsel vom beschleunigten Verfahren gem. § 13 b BauGB zum regulären Aufstellungsverfahren gem. § 2 BauGB. Das Bebauungsplanverfahren wird im Regelverfahren fortgesetzt. Der Beschluss zum Verfahrenswechsel ist ortsüblich zu veröffentlichen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Dokumente
00 Abwägungstabelle TÖB-Beteiligung (.pdf)
Bebauungsplan (.pdf)
Begründung (.pdf)
Festsetzungen (002) (.pdf)

Datenstand vom 21.09.2023 09:24 Uhr