Bürgeranfrage: Errichtung einer Grundstückszufahrt; Wasserturmstraße 6


Daten angezeigt aus Sitzung:  03. Gemeinderatssitzung, 21.04.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Kirchheim b. München) 03. Gemeinderatssitzung 21.04.2020 ö beschließend 25

Sachverhalt

Mit Schreiben vom 18.02.2020 beantragt der Besitzer des Grundstücks Flur-Nr. 113/5 (Gemarkung Kirchheim, Wasserturmstraße 6) die Erlaubnis zur Verlegung seiner Grundstückszufahrt, von der Wasserturmstraße in die Straße „Am Brunnen“. Hierzu soll eine Einfahrt in der Straße „Am Brunnen“ mit einer Breite von 6 m erstellt werden. Begründet wir das Anliegen mit der erschwerten Zufahrt über den Anliegerweg (Flur-Nr. 113/7), an welchem der Antragssteller ebenfalls anteilig Grundstückseigentümer ist. Ein Wenden auf dem eigenen Grundstück sei nicht möglich, weshalb der Antragssteller, nach seiner Aussage, die gesamte Straße rückwärts herausfahren müsse. Mit der Verlegung der Einfahrt, im Zuge einer Gartenumgestaltung, soll dieser Mangel behoben werden.
Das Grundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder einer anderen gemeindlichen Rechtsvorschrift, welche die Verlegung der Zufahrt verbieten würde.
Bei der Verlegung der Einfahrt müsste ebenfalls die Hausnummernvergabe geändert werden.
Art. 14 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) gestattet jedermann die unentgeltliche Benutzung der Straßen gemäß ihrer Widmung. Aus Art. 17 BayStrWG, welcher sich mit dem Straßenanlieger beschäftigt, ergibt sich, dass das Herausfahren aus einem Grundstück zum Anliegergebrauch gehört. Dieser lässt sich dahingehend anführen, dass eine Rechtsstellung der Anlieger als Form eines gesteigerten Gemeingebrauches existiert. Andernfalls bräuchten ihre Einschränkungen weder geltend noch entschädigt werden.

Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 BayBO sieht vor, dass Gebäude nur dann errichtet werden dürfen, wenn diese in einer angemessenen Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche anliegen. Was wiederum zum Ausdruck bringt, dass die Lage an einer öffentlichen Verkehrsfläche Zugangsrechte vermittelt und hierin die Voraussetzung für eine ordnungsgemäße bauliche Nutzung liegt. Ebenfalls lässt sich hieraus ableiten, dass die zuständige Genehmigungsbehörde (im Rahmen der damaligen Bauantragsstellung) die aktuelle Ausfahrt als ausreichend erachtet hat, eine Baugenehmigung hätte ansonsten nicht erteilt werden dürfen.
Nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG hat der Träger der Straßenbaulast (in diesem Falle die Gemeinde) einen angemessenen Ersatz zu schaffen, wenn die Möglichkeit einer Zufahrt wegfällt. Dies gilt nach Satz 3 nicht, wenn die Grundstücke eine anderweitige ausreichende Verbindung zum öffentlichen Wegenetz besitzen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann auf Grundlage des Anliegergebrauchs kein Anspruch auf eine optimale Zufahrt zu einem Stellplatz- oder Garagengrundstück oder auf die Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zugangs zu einem solchen Grundstück hergeleitet werden (vgl. BayVGH vom 24.11.2003 a.a.O. S. 887; vom 27.10.1998 a.a.O. S. 563 m.w.N.).
Art. 17 Abs. 5 Satz 1 BayStrWG ermöglicht der zuständigen Straßenbaubehörde Zugänge oder Zufahrten zu ändern oder zu verlegen, wenn dies die Leichtigkeit des Verkehrs erfordert.
Da es sich bei dem betroffenen Grundstück um eine Bebauung mit einem Einfamilienhaus handelt, ist eine Beeinträchtigung des Verkehrs nur sehr untergeordnet anzunehmen, im Gegenzug wird die Wasserturmstraße entlastet. Das Überfahren einer gemeindlichen Grünfläche ist nicht erforderlich, die Absenkung des Bordsteines ginge zu Lasten des Antragstellers. Parkplätze würden nicht entfallen, da über die gesamte Länger der Straße Am Brunnen (von Quellweg bis Münchner Straße) ein eingeschränktes Halteverbot angeordnet ist. Einzig die Zufahrt mit einer Breite von 6 m erscheint für eine Zufahrt sehr groß, eine Reduzierung sollte angestrebt werden.
Insofern wertet die Verwaltung den Antrag in dem Sinne, dass hier ein Ermessensspielraum bei der Entscheidung besteht. Aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) kann sich eine Selbstbindung der Verwaltung ergeben. Hat die Verwaltung ihr Ermessen bislang nach einem bestimmten Muster ausgeübt oder ist sie bei der Auslegung einer Norm einer bestimmten Praxis gefolgt, kann sie davon in einem weiteren Einzelfall ohne besondere sachliche Rechtfertigung nicht abweichen. Insofern der Beschluss zu diesem Antrag als „Präzedenzfall“ zu werten sein kann, gleichlautende Anträge wären ebenfalls positiv zu bewerten. Weshalb die Entscheidung als grundsätzlich bedeutend einzustufen ist und somit an den Gemeinderat zu übertragen ist. Ein vergleichbarer Antrag wurde bis dato nicht eingereicht.

Beschlussvorschlag

Der Gemeinderat beschließt,  den Antrag zu genehmigen. Der Eigentümer der Flur-Nr. 113/5 Gemarkung Kirchheim darf seine Zufahrt in die Straße „Am Brunnen“ verlegen. Die Ausfahrt ist in Rücksprache mit der Gemeindeverwaltung, unter Vorlage eines Freiflächenplanes, auf das Minimum der Notwendigkeit zu reduzieren. Die Kosten für die notwendigen Absenkungsmaßnahmen, sowie der Hausnummernänderung, sind vom Antragssteller zu tragen.

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt,  den Antrag zu genehmigen. Der Eigentümer der Flur-Nr. 113/5 Gemarkung Kirchheim darf seine Zufahrt in die Straße „Am Brunnen“ verlegen. Die Ausfahrt ist in Rücksprache mit der Gemeindeverwaltung, unter Vorlage eines Freiflächenplanes, auf das Minimum der Notwendigkeit zu reduzieren. Die Kosten für die notwendigen Absenkungsmaßnahmen, sowie der Hausnummernänderung, sind vom Antragssteller zu tragen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 20, Dagegen: 0

Abstimmungsbemerkung
GRM Dirl ist bei dieser Abstimmung nicht anwesend.

Dokumente
2020_02_19_Anfrage_geschwaerzt (.pdf)
Lageplan_Zufahrt_Neu (.pdf)

Datenstand vom 22.09.2020 06:40 Uhr