Neubau einer Reitanlage auf dem Grundstück Fl. Nr. 2880 (Außenbereich), Gemarkung Unterleinach


Daten angezeigt aus Sitzung:  2020/59 - 7/2024. Sitzung des Gemeinderats, 04.06.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau- und Planungsausschuss 2020/22 - 05/2024. Sitzung des Bau- und Planungsausschusses 29.05.2024 ö beratend 2
Gemeinderat 2020/59 - 7/2024. Sitzung des Gemeinderats 04.06.2024 ö beschließend 2

Sachverhalt

Das Bauvorhaben liegt im Außenbereich der Gemeinde Leinach, gegenüber einer bereits bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle (Wiesenhof). Das für den Bau vorgesehene Grundstück hat eine Gesamtfläche von 4,2 ha und wurde bisher landwirtschaftlich genutzt.

Geplant ist der Neubau einer Reitanlage mit Longierhalle, Pferdestall, Bewegungshalle mit Zwischenbau. Weiter soll eine Lagerhalle mit Festmistlager gebaut werden. Die Reitanlage ist für die Unterbringung von ca. 32 Pferden ausgelegt, welche hauptsächlich vom Betreiber und den Mitarbeitern der Reitanlage ausgebildet und gepflegt werden. Die Besitzer der Pferde spielen hierbei eine untergeordnete Rolle und sind nur ab und an bei ihren Tieren anzutreffen. Das Ausreiten der Tiere in der Flur findet eher selten statt, da das Risiko für Verletzungen zu hoch wäre. Für ausreichend Bewegung wird in der Hofstelle gesorgt. 
Für die Reitanlage werden 19 fest errichtete Stellplätze vorgesehen. Bei größerem Andrang (Turnieren) gibt es auch auf dem Grundstück noch ausreichend Abstellmöglichkeiten.
Die Gebäude sind mit flachen Satteldächern vorgesehen, damit diese nicht zu massiv wirken und das Landschaftsbild negativ beeinflussen. Als Baumaterial ist überwiegend Holz, Stahl, Beton vorgesehen. 

Die Erschließung des Anwesens erfolgt über das öffentliche Leitungsnetz, der Anschlusspunkt liegt in der Zellinger Straße in der Nähe des Anwesens 28. Die vorhandene Straße und Brücke über dem Leinachbach muss entsprechend den Anforderungen des Antragsstellers ertüchtigt werden. Hierzu muss der Eigentümer vor Beginn der Bauarbeiten auf die Gemeinde zugehen und einen Erschließungsvertrag unterzeichnen. Die Kosten sind vom Antragsteller zu tragen. Das auftretende Regenwasser soll in Zisternen aufgefangen und dem Hof zugeführt werden. Die Dachflächen sollen mit Photovoltaik belegt werden.

Weiter müssen für Bauvorhaben im Außenbereich die Privilegierungstatbestände erfüllt sein.
Eine Bebauung im Außenbereich ist nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und ein "privilegiertes Vorhaben" vorliegt. Die Privilegierung ist vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg zu prüfen und die Zulässigkeit des Bauvorhabens festzustellen.

Das Bauvorhaben befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Leinachbach. Um sicherzustellen, dass bei Starkregenereignissen es zu keiner Schlechterstellung der unterliegenden Gewerbebetriebe kommt, ist dringend eine Beteiligung der Wasserwirtschaftsbehörde des Landratsamts Würzburg notwendig. Auch muss das Wasserwirtschaftsamt in Aschaffenburg mit beteiligt werden.

Der Emissionsschutz und Immissionsschutz ist von den Fachstellen des Landratsamt Würzburg zu prüfen. Die vorhandenen Gewerbebetriebe in unmittelbarer Nähe mit ihren Mitarbeitern und auch die vorhandene landwirtschaftliche Hofstelle darf durch die Neuansiedlung der Reitanlage nicht negativ eingeschränkt werden.

Der Vorsitzende verliest nun zur Erinnerung die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des Gemeinderates vom 24.05.2022. Hier wurde bereits zu diesem Thema vom Bauherrn informiert.

In der Diskussion wurden folgende Punkte zur Klärung angesprochen:

  1. Es liegen keine Privilegierungstatbestände vor, diese müssen seitens des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erst geklärt werden.

  1. Der Emissions- bzw. Immissionsschutz muss von den Fachbehörden des Landratsamtes geprüft werden.

  1. Der Hochwasserschutz für die Unterlieger ist bei einem Hochwasserereignis „HQ 100“ sowie „HQ extrem“ und bei den immer häufiger eintretenden Starkregenereignissen durch den Neubau der Reitanlage nicht gegeben. Durch die baulichen Anlagen ist ein vermehrter Rückstau zu erwarten. Die Prüfung durch die Wasserwirtschaftsbehörde des Landratsamts Würzburg ist zwingend notwendig sowie eine Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes in Aschaffenburg.

  1. Eine gesicherte Zufahrt über die Brücke am Leinachbach inkl. der Zuwegung auf dem angrenzenden asphaltierten Feldweg ist nicht gesichert. Die Befahrbarkeit des Feldweges ist nur für 5,0 t ausgelegt und ist für die zu erwartende Belastung nicht geeignet. 

  1. In der Beratung kommt die Frage auf, ist ggfl. eine Linksabbiegespur an der St2310 erforderlich und wer würde die Kosten übernehmen. Eine Stellungnahme durch das Staatliche Bauamt Würzburg ist einzufordern. 

  1. Die Ver- und Entsorgungsleitungen sind nur mit einem erheblichen Aufwand herzustellen. Eine Unterdükerung des Leinachbaches ist schwierig.

  1. Eine Geruchsbelästigung an den angrenzenden Fahrrad- u. Wanderwegen ist zu erwarten.

  1. Es sollte ein vorhabenbezogener Bebauungsplan eingefordert werden, dessen Kosten der Bauherr zu tragen hat.

  1. Liegt seitens des Landratsamtes ein offizieller Bauantrag vor?

Der Vorsitzende nimmt nochmals Bezug auf die Gemeinderatssitzung am 24.05.2022. Ein Beschluss wurde seinerzeit nicht gefasst. Aufgrund der Tatsache, dass das Grundstück im weiteren Verlauf vom Bauherrn nicht erworben wurde, war davon auszugehen, dass das Projekt nicht realisiert wird. 

Über den elektronischen Bauantrag ging das Projekt jetzt wider Erwarten beim Landratsamt ein und die Gemeinde Leinach wird nun hierzu gehört.

Die Landwirtschaft, Jäger und Nachbarn sind kritisch gegenüber dem Vorhaben eingestellt. Dies wurde bereits bei der Vorstellung des Projektes im Jahre 2022 deutlich sowie durch die kürzlich eingereichten Stellungnahmen. Verschiedentlich wurde auch versucht Druck auf die Gemeindeverwaltung auszuüben, um eine negative gemeindliche Stellungnahme zu erwirken.

Aufgabe der Gemeindeverwaltung und des Gemeinderates ist es jedoch den Vorgang sachlich zu prüfen und dementsprechend auch eine sachliche Stellungnahme abzugeben. Dies wird nicht nur durch den heutigen Gemeinderatsbeschluss geschehen, sondern auch im Rahmen eines Projektgesprächs der Verwaltung mit dem Leiter des Fachbereichs Bauamt-Verwaltung vom Landratsamt Würzburg. Letztlich ist auch das Landratsamt der Entscheidungsträger über das Bauvorhaben und nicht die Gemeinde Leinach.
Die gemeindliche Stellungnahme verliert jedoch an Wert, wenn diese von emotionalen Gesichtspunkten getrieben ausfällt und sich an Spekulationen oder gar Unterstellungen orientiert. Insofern werden alle Gemeinderätinnen und -räte um sachliche Bewertung der Situation gebeten.

Wie von Herrn Heßdörfer von unserer Bauverwaltung bereits vorgetragen, bestehen beim Bauantrag folgende Bedenken:

Die Hochwassersituation lässt ein Bauvorhaben – insbesondere in dieser Größenordnung – nicht zu. Aus den Plänen des Wasserwirtschaftsamtes (auch einsehbar im Bayernatlas) wird etwa die halbe Hofstelle bei HQ 100 oder HQ  extrem überflutet. Die großen Bauwerke verhindern zudem den Hochwasserabfluss, so dass es zu einer Anstauung kommen wird, die wiederum zu größeren Überflutungen führt, als in den bisherigen Unterlagen vermerkt. Des Weiteren entwässern die großen Dachflächen möglicherweise ohne Zeitverzug in den Bach (je nach Zisternenfüllstand), was bei der bisherigen Ackerfläche nicht der Fall war. Dies verschärft die Hochwassersituation weiter.

Aus Sicht der Verwaltung stellt das beabsichtigte Vorhaben – die Vermarktung von Sportpferden – ein gewerbliches und kein landwirtschaftliches Vorhaben dar. Insofern ist die Privilegierung in Frage zu stellen. Dies wird jedoch vom Landwirtschaftsamt entschieden.

Wichtig für die Bewertung des Bauvorhabens ist außerdem die Einhaltung der emissions- und immissionsrechtlichen Vorschriften. Hierzu liegen uns bislang aber keine Angaben vor.

Auch wenn die Ansiedelung eines Gewerbebetriebs grundsätzlich zu begrüßen wäre, ist aus den vorgenannten Erwägungen der Bauantrag in dieser Form abzulehnen.

Die bei der Gemeinde eingegangenen Stellungnahmen der Bevölkerung wurden den Gemeinderatsmitgliedern vor der Sitzung zugestellt. 

Der Bau- und Planungsausschuss empfiehlt dem Gemeinderat einstimmig, den Neubau einer Reitanlage aufgrund der derzeitigen Informationen abzulehnen. 

In der anschließenden Beratung hierzu im Gemeinderat werden folgende Punkte diskutiert:

  • Wie gestaltet sich die Erschließungssituation beim Trinkwasser und beim Abwasser? Was ist mit dem anfallenden Pferdemist und brauchen wir eine eigene Abbiegespur im Bereich der Staatsstraße?
Der Vorsitzende informiert, im dortigen Bereich ist keine Kanalisation vorhanden, sondern es liegt lediglich ein privater Kanal und eine private Wasserleitung vor. Daraus folgt, dass die Erschließung nicht gegeben ist und man müsste mit dem Bauherrn einen Erschließungsvertrag abschließen. 
  • Wem gehört momentan das Baugrundstück?
Der Vorsitzende bringt vor, der Bauherr ist nicht selbst der Eigentümer. Das Grundstück gehört einer dritten Person. 
  • Auch die vier eingegangenen Einwendungen aus der Bevölkerung müssen mitberücksichtigt werden.
  • Eventuell müsste man auch die in der Nähe vorbeiführende Bahnlinie mitberücksichtigen. Bei Hochwasser könnte das Brückenbauwerk mit beeinträchtigt werden.
  • Ist der Zweck des Bauvorhabens im Bauantrag genannt?
Der Vorsitzende informiert, in der vorliegenden Baubeschreibung ist der Zweck hinterlegt.
  • Es kommt auch zu Behinderungen der Fahrradfahrer und der Wanderer.
  • Zur Beurteilung dieses Bauantrages sind sachliche Argumente maßgeblich. Bei diesem Vorhaben handelt es sich um einen Gewerbebetrieb der im Außenbereich liegt. Dies ist nicht zulässig. Man bräuchte hierfür eine Bauleitplanung. Des Weiteren ist anzumerken, dass bei den eingegangenen vier Stellungnahmen auch unsachliche Argumente vorgetragen werden; die Mehrheit der Argumente sind jedoch auch begründet. Es ist ein nicht privilegiertes Vorhaben gegeben, welches einer Bauleitplanung bedarf. Sollte das Landratsamt die Auffassung vertreten, dass eine Privilegierung vorliegt, dann ist seitens der Gemeinde darauf hinzuweisen, dass eine Erschließung nicht gegeben ist.

Nach weiterer Beratung fasst der Gemeinderat folgenden 

Beschluss

Zum vorliegenden Bauantrag wird das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 0

Datenstand vom 24.07.2024 11:14 Uhr