Bei der Prüfung dieses Vorhabens ist - nach Inaugenscheinnahme vor Ort – eine Abgrenzung zwischen planungsrechtlichem Innen- und Außenbereich vorzunehmen. Das Hauptgebäude (Wohn- und Wirtschaftsteil) ist im Flächennutzungsplan (FNP) als Mischgebiet dargestellt, nimmt am Bebauungszusammenhang teil und ist daher nach § 34 BauGB zu bewerten. Die bereits abgebrochenen Nebengebäude sind dem Außenbereich nach § 35 BauGB zuzuordnen und der FNP stellt hier Flächen für die Landwirtschaft dar. Die Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich erfolgt zwischen dem bestehenden Hauptgebäude der Streitelsfinger Straße 47 und dem kürzlich entstandenen Neubau mit der Hausnummer 45 c.
Die Beantwortung der gestellten Fragen erfolgt unter dem Vorbehalt, dass
- gemäß der eingegangenen Stellungnahme vom 27.07.2021 der unteren Naturschutzbehörde, das darin geforderte Artenschutzrechtliche Gutachten, die Beeinträchtigung der vorhandenen Amphibienpopulation, nicht nachhaltig zerstört und die vorgetragenen Bedenken ausräumen kann und
- die wegemäßige Erschließung gemäß der Stellungnahme der GTL vom 19.07.21 sichergestellt ist.
- Ist eine Bebauung mit 3 x 6 Wohneinheiten in drei Einzelgebäuden (insgesamt 18 WE) möglich, die sich in ihrer jeweiligen Größe an der Umgebungsbebauung orientieren?
Planungsrechtliche Gebietseinstufung der einzelnen Gebäude:
Die geplanten Gebäude Nr. 2 und Nr. 3 sind dem Innenbereich nach § 34 BauGB zuzuordnen. Die Frage der Zulässigkeit ist somit nach dem Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung (Art der baulichen Nutzung, Maß der baulichen Nutzung, Bauweise, Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, Erschließung, Freiflächengestaltungssatzung) definiert. Haus Nr. 1 befindet sich im planungsrechtlichen Außenbereich und ist nach § 35 BauGB zu bewerten. Da es sich nicht um ein Privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB handelt, erfolgt die Bewertung als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB, wonach ein solches Vorhaben zulässig ist, wenn die Erschließung gesichert ist und die Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt.
Im hier vorliegenden Fall werden öffentliche Belange in mehrfacher Hinsicht beeinträchtigt. unter anderem widerspricht die Bebauung durch das Haus Nr. 1 den Darstellungen des FNP, der hier nicht Wohnbauflächen vorsieht, sondern Flächen für die Landwirtschaft (vgl. § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB). Darüber hinaus werden Belange des Naturschutzes (s. Stellungnahme vom 27.07.2021) und die natürliche Eigenart der Landschaft und deren Erholungswert beeinträchtigt (vgl. § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB). Hinzu kommt auch die Befürchtung der Erweiterung der bereits bestehenden Splittersiedlung in den Außenbereich (vgl. § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB).
Planungsrechtliches Einfügen in der Fläche:
Der vorgelegte Plan zum Einfügen in die Fläche weist leider ein paar Fehler auf, z.B. wurden in die zu betrachtende Grundfläche auch die Flächen der Nebengebäude hinzugerechnet.
Betrachtet man die umliegende Bebauung, so sind Grundflächen von 68 m² bis 260 m² (Streitelsfinger Straße 40) maßstabsbildend. Die Neubauten in der Streitelfinger Straße 45 haben je eine Grundfläche von 231,72 m². Das geplante Vorhaben fügt sich mit 252 m² in die Umgebungsbebauung ein. Sollten jedoch noch Balkone dazukommen, wird der maßstabsbildende Rahmen überschritten.
Planungsrechtliches Einfügen in der Höhe:
Auch hinsichtlich der geplanten Höhe fügt sich das Gebäude mit einer Gesamthöhe von 13,00 m in die Umgebung ein. Die Gebäude in der Streitelsfinger Straße 45 sind, gemäß der ergangenen Baugenehmigung 13,47 m hoch, auch das Gebäude in der Streitelsfinger Straße 40 hat eine Höhe von 12,90 m.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass eine Ausnutzung am Maximalrahmen durch die Planung vorgesehen ist.
- Ist eine Bebauung von 1.000 m² der Grundstücksfläche von 8.685 m² (Flurstück 937 +938) möglich? ( = 11,5 % und damit geringerer Bebauungsgrad als alle anderen Grundstücke im Ort) – in den Plänen dargestellter Ansatz (ohne Balkone etc.) 923 m² = 11 % ?
Mögliche Grundflächen von Balkonen sind nicht dargestellt und können demzufolge nicht weiter thematisiert werden. Für die Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit richtet sich der Grad der Ausnutzung für den Teilbereich, der nach § 34 BauGB zu beurteilen ist allein nach der tatsächlich überbauten Fläche, zunächst ohne Bezug zur Grundstücksgröße.
„Insbesondere fehlen im unbeplanten Innenbereich konkrete Maßfestsetzungen, an denen das jeweilige Bauvorhaben gemessen werden könnte. Der aus der vorhandenen Bebauung zu gewinnende Maßstab ist notwendig grob. Zudem sprechen Gründe einer praktisch handhabbaren Rechtsanwendung dafür, in erster Linie auf solche Maße abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung an. Damit ist eine Berücksichtigung anderer Maßfaktoren zwar nicht ausgeschlossen. Soweit sie eine prägende Wirkung auf das Baugrundstück haben, sind auch sie zur Beurteilung der Frage, ob sich das Bauvorhaben einfügt, heranzuziehen. Die relativen Maßstäbe – die Grundflächen- und Geschossflächenzahl – werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete Bedeutung oder, je nach den Umständen des Einzelfalls, auch gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig nur schwer ablesbar sind, vielmehr erst errechnet werden müssen (BVerwG, U. v. 23.3.1994 – 4 C 18.92 – aaO. Rn 7)“ (Kommentar zur Baunutzungsverordnung, 11.Auflage, § 34 BauGB Rz. 7.1).
Die gestellte Frage ist nach der dargestellten Rechtsauffassung nicht zielführend und wurde ausgiebig unter Punkt 1 beantwortet.
- Ist jeweils ein Satteldach mit einer Neigung von ca. 45 °möglich?
Ja, sofern die Abstandsflächen zu den Nachbargrenzen eingehalten werden und sich auch nicht auf dem Grundstück selbst überschneiden.
- Sind jeweils Flachdachgauben mit einem Anteil von 2/3 der Gebäudelänge je Seite möglich?
Eine pauschale Antwort ist zum gegebenen Zeitpunkt noch nicht abschließend möglich, sondern kann nur im Rahmen einer Gesamtbeurteilung der vorzulegenden Gesamtplanung beurteilt werden. Sofern Vorbilder in der umliegenden, maßstabsbildenden Umgebungsbebauung vorzufinden sind, können Bezüge zu diesen hergestellt werden. Maßgeblich bleibt jedoch der nach außen in Erscheinung tretende optische Gesamteindruck in den Bauvorlagen zum Bauantrag.
- Ist eine an den realen Gegebenheiten vor Ort, z.B. von tatsächlichen Waldgrenzen und Waldabständen ausgerichtete Umverlegung von Innen – und Außenbereichsflächen, z.B. durch Flächentausch und Ziehung einer neuen Abgrenzungslinie möglich, die eine Positionierung der Gebäude an Stelle der bisherigen landwirtschaftlichen Gebäude ermöglicht?
Der Flächennutzungsplan (FNP), der als vorbereitender Bauleitplan dient, kann im hier vorliegenden Fall hilfsweise als Beurteilungsgrundlage für die erforderliche Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich herangezogen werden. Als vorbereitende Grundlage für weitergehenden Planungen wie z.B. der Aufstellung eines Bebauungsplans entfaltet der FNP eine Bindung der Behörde an die dort getroffenen Maßgaben und kann nicht einfach durch die Behörde selbst geändert werden. „Damit stimmt überein, dass der beschlossene, genehmigte und bekannt gemachte FNP nur unter der Voraussetzung des Aufstellungsverfahrens aufgehoben, geändert oder ergänzt werden darf (Ernst/Zinkhahn/Bielenberg Kommentar BauGB § 5 RZ. 7). Hierfür ist regelmäßig eine Änderung des FNP erforderlich.
Eine Änderung des FNP wird nicht in Aussicht gestellt.
Die zusätzlich erforderliche Stellungnahme des AELF (Fachbereich Forst) liegt zum derzeitigen Beurteilungszeitpunkt noch nicht vor.
- Ist eine Anordnung der Gebäude wie in den Plänen 4.101, 4.102 und 4.202 dargestellt, möglich?
Wie unter Punkt 1 beschrieben, sind nur zwei der geplanten drei Baukörper in der dargestellten Position zulässig. Damit verbunden wäre auch eine Umplanung der Tiefgarage.
Gesicherte Erschließung nach Baugesetzbuch
Die Stellungnahme der GTL äußert ganz klar, dass die wegemäßige Erschließung derzeit nicht gegeben ist. Die Straßenbreiten reichen nicht für einen Begegnungsverkehr aus. Aus diesen Grund sollte vor Umsetzung der Baumaßnahme eine Einbahnlösung angeordnet werden.