Bauvoranfrage: Abbruch des bestehenden sanierungsbedürftigen Wohnteils und Ersatzneubau; Dachsberg 49


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Sitzung des Bau- und Umweltausschusses, 05.04.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau- und Umweltausschuss (Stadt Lindau) 2. Sitzung des Bau- und Umweltausschusses 05.04.2023 ö beschließend 6

Sachverhalt

Auf dem Grundstück Fl.-Nr. 246, Gemarkung Oberreitnau, befindet sich ein Wohnhaus mit angrenzendem Wirtschaftsgebäude, welches aktuell nicht mehr bewohnbar und stark sanierungsbedürftig ist. Da eine energetische und brandsichere Sanierung nach heutigem Stand nicht wirtschaftlich und gemäß statischen Gutachten kaum möglich ist, möchte der Besitzer das Gebäude bis zur Decke des Kellergeschosses bzw. komplett abreißen und neu errichten. Es soll dann als Wohnraum für den Sohn des jetzigen Eigentümers sowie seiner Familie dienen. Bisher wurde das Gebäude durch den Vorbesitzer sowie dessen Schwester bis zu deren Tod bewohnt. Das äußere Erscheinungsbild des Bestandsgebäudes soll weitestgehend erhalten bleiben. Hierzu wurde bereits ein gemeinsamer Ortstermin wahrgenommen, in welchem die gestalterischen Anforderungen mitgeteilt wurden. Die Fassade des Neubaus wird im EG verputzt, im OG ist eine Holzfassade geplant. Das angrenzende Wirtschaftsgebäude bleibt erhalten und wird lediglich saniert.

Fachliche Bewertung

Das Vorhaben befindet sich im Außenbereich und wird nach § 35 BauGB beurteilt. 
Bei dem Gebäude handelt es sich um ein ehemals privilegiertes Gebäude (landwirtschaftliche Hofstelle; Wohnteil) im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Da diese Hofstelle bereits aufgegeben wurde, liegt keine landwirtschaftliche Privilegierung mehr vor und das Vorhaben ist als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zu bewerten.

Nach § 35 Abs. 2 BauGB können sonstige Vorhaben, im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. 

Darüber hinaus handelt es sich bei dem Vorhaben um ein sog. teilprivilegiertes bzw. begünstigtes Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 4 BauGB, wonach gewisse öffentliche Belange dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden können. Hierunter fallen, die Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans, die Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft oder die Befürchtung der Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung.

In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB („reine“ Nutzungsänderung einer Landwirtschaft zu Wohnzwecken ohne Abbruch) auch für die Neuerrichtung eines solchen Gebäudes, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist.
Ein Ersatzbau für einen ehemaligen landwirtschaftlich genutzten Gebäudeteil ist nur in begründeten Einzelfällen zulässig. Ein solcher begründeter Einzelfall ist dann anzunehmen, wenn der Aufwand für bauliche Maßnahmen im jeweiligen Gebäudebestand, die der Nutzungsänderung dienen, im Verhältnis zu einer Neuerrichtung technisch und wirtschaftlich unverhältnismäßig wäre.
Im hier vorliegenden Fall handelt es sich um einen solchen begründeten Einzelfall. 
Weitere Tatbestandsvoraussetzungen, die für die Teilprivilegierung vorliegen müssen, sind in § 35 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB geregelt. Hiernach gilt § 35 Abs. 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g entsprechend. 
b) die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
d) das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e) das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f) im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g) es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich. 
Die erforderlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB welche bei Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 2 BauGB entsprechend gelten, sind beim vorliegenden Vorhaben gegeben.
Das äußere Erscheinungsbild des neu zu errichtenden Gebäudes muss die Kulturlandschaft also in ähnlicher Weise prägen, wie das bestehende Gebäude. Es muss also der ursprüngliche Zweck des Gebäudes („Bauernhof“)  weiterhin erkennbar sein.
Im Kommentar (Brügelmann) wird die Vorschrift auf die Kurzformel gebracht: „ Ein ehemals schönes landwirtschaftlich genutztes Gebäude darf abgerissen werden, wenn dafür ein ähnlich schönes Wohngebäude errichtet wird“.  Dieser Abschnitt zielt auf die Umnutzung bisher landwirtschaftlicher Gebäude ab, zu welchen jedoch auch Wohngebäude zählen können, die nach § 35 Abs.1 privilegiert waren.
Die Hofform des Einfirsthofes ist typisch für die Kulturlandschaft. Eine stärkere Belastung des Außenbereiches ist durch den Ersatzbau nicht zu erwarten.
In den Fällen des § 35 Abs. 4 S. 2 BauGB sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

Das Vorhaben ist im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB. D.h. weitere öffentliche Belange, als die durch die Teilprivilegierung ausgeschlossenen Belange, werden durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt und das Vorhaben kann daher nach § 35 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 35 Abs. 4 Satz 2 BauGB zugelassen werden.

Die äußere Gestaltung des Bauvorhabens ist vor Bauantragstellung mit der Unteren Bauaufsichtsbehörde abzustimmen. 

Finanzielle Auswirkungen


einmalig
laufend
Finanzielle Auswirkungen:
     
     
Mittel stehen (nicht) zur Verfügung
Haushaltsstelle/
Deckungsvorschlag
   





Diskussionsverlauf

Stadträtin  R u n d el  bittet darum, dass bei den Bauherren nachgefragt wird, ob ein Teil des Hauses bei dem Neubau wieder geschindelt werden kann, da dies immer seltener zu sehen ist. 

Beschluss

Der Bau- und Umweltausschuss stimmt der planungsrechtlichen Zulässigkeit  nach § 35 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 35 Abs. 4 Satz 2 BauGB zu und ermächtigt die Verwaltung, die konkret gestellten Fragen im Antrag auf Vorbescheid in eigener Zuständigkeit nach den Maßstäben des § 35 BauGB zu beurteilen. Der Bau- und Umweltausschuss ermächtigt die Verwaltung den auf den Antrag auf Vorbescheid folgenden Bauantrag ohne erneute Vorlage zu behandeln, sofern dieser im Wesentlichen dem vorliegenden Antrag entspricht. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 12, Dagegen: 0

Dokumente
Luftbild (.pdf)
Lageplan (.pdf)
Grundriss EG (.pdf)
Grundriss OG (.pdf)
Grundriss DG und Schnitt (.pdf)
Grundriss KG (.pdf)
Ansichten 1 (.pdf)
Ansichten 2 (.pdf)

Datenstand vom 08.05.2023 08:29 Uhr