Die Bayerische Bereitschaftspolizei betreibt auf dem Sudelfeld in Grafenherberg eine eigene Wasserversorgungsanlage. Mit dieser werden neben der Bergunterkunft der Bereitschaftspolizei 16 weitere benachbarte Anwesen mit Trinkwasser versorgt. Es handelt sich hierbei um Haushalte, Ferienhäuser, Gastronomie-, Herbergs- und sonstige Betriebe. Die Betriebskosten und bereits getätigte Investitionen wurden bisher von der Bereitschaftspolizei alleine getragen. Eine Umlage auf alle Nutzer soll jedoch in Zukunft erfolgen.
Da die wasserrechtliche Genehmigung Ende 2020 ausläuft, lud die Bayerische Bereitschaftspolizei am 24.06.2020 in Grafenherberg zu einer Besprechung mit dem Landratsamt Rosenheim, dem Wasserwirtschaftsamt Rosenheim, dem Gesundheitsamt Rosenheim, den Gemeinden Oberaudorf und Bayrischzell und weiteren Teilnehmern ein.
Die gesamte Trinkwasseranlage ist stark sanierungsbedürftig. Das verteilte Trinkwasser wird mit UV-Anlagen behandelt und muss aus Gründen der Wasserhygiene seit über einem Jahr gechlort werden. Die Chlorung wird vom Gesundheitsamt geduldet, jedoch nicht dauerhaft toleriert. Die Trinkwasseranlage umfasst auch einen Hochbehälter, welcher sich auf einem fremden und nicht gesicherten Grundstück befindet. Die Wasserversorgungsleitungen zu den angeschlossenen Anwesen sind erneuerungsbedürftig. Die Verlegetrassen sind teilweise unbekannt. Nach Prüfung hat sich gezeigt, dass ferner kein Rechtsanspruch der sonstigen Bezieher auf Liefermengen im heutigen Umfang besteht.
Eine neue wasserrechtliche Genehmigung würde nach derzeitiger Einschätzung aufgrund der heute geltenden Vorschriften ein deutlich größeres Wasserschutzgebiet erfordern. Hierdurch würden vorhandenen Weideflächen in die Schutzzone 2 fallen, wobei in dieser Schutzzone ein generelles Beweidungsverbot gilt. Unter anderem wird deshalb eine Neufestsetzung eines Wasserschutzgebietes derzeit wegen Eigentumsfragen als nicht durchsetzbar erachtet. Ferner würden die Aufwendungen für die Festsetzung eines neuen Wasserschutzgebietes und die Erneuerung der Technik im Vergleich zu den abgegebenen Wassermengen von rund 3.000 – 5.000 m³/Jahr unverhältnismäßig hoch zu Buche schlagen.
Aufgrund dieser Ausgangssituation sprechen mehrere Gründe für den Anschluss von Grafenherberg an eine öffentliche Wasserversorgung:
- Grafenherberg liegt noch in der Gemeinde Oberaudorf. Da die Gemeinde Bayrischzell im mittleren Sudelfeld bereits eine Wasserversorgung betreibt, wäre ein Anschluss von Grafenherberg an die gemeindliche Wasserversorgung von Bayrischzell technisch mit vertretbarem Aufwand zu bewerkstelligen. Ein Anschluss an die Wasserversorgung von Oberaudorf scheidet wegen der Entfernung aus.
- Mit den Anschlussarbeiten an die öffentliche Trinkwasserversorgung könnte für Grafenherberg parallel auch ein Anschluss an die Abwasserkanalisation von Bayrischzell erfolgen (mit Pumpstation) und eine Breitbandversorgung hergestellt werden.
- Mit der Realisierung einer öffentlichen Trinkwasserversorgung in Verbindung mit einem neuen Hochbehälter können auch die Anforderungen des Brandschutzes berücksichtigt werden (Löschwasserversorgung).
- Vom Freistaat Bayern könnten über die Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas 2018) bis zu 80 % der Anschlusskosten gefördert werden. Für Breitband wären sogar bis zu 90 % möglich. Die hier anzuwendende Förderrichtlinie ist jedoch zeitlich befristet (derzeit 2021).
- Die Nutzungseinschränkung von Grundstücken im Wasserschutzgebiet, welches bei einer zukünftigen Nutzung der bisherigen Wassergewinnung voraussichtlich deutlich erweitert werden müsste, würde bei einem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung entfallen (z. B. Beweidungsverbot in der Schutzzone 2).
- Die Gemeinden Bayrischzell und Oberaudorf haben sowohl aus Gründen der Daseinsfürsorge als auch der touristischen Attraktivität des Sudelfeldes ein Interesse für eine zeitgemäße Erschließung von Grafenherberg.
Um eine Wasser- und Abwassererschließung mit Bayrischzell über die kostengünstigste Trasse herstellen zu können, müssten Versorgungsleitungen auch über Privatgrundstücke verlegt werden. Von ein paar Grundstückseigentümern ist jedoch bekannt, dass sie eine Verlegung von Versorgungsleitungen auf ihren Grundstücken in der Vergangenheit meist ablehnten. Vom Landratsamt Rosenheim wurde darauf hingewiesen, dass in solchen Fällen ggf. auch eine Duldungsverpflichtung nach § 93 Wasserhaushaltsgesetz angeordnet werden kann.
Oberaudorf wies in der Besprechung am 24.06.2020 bei der Bereitschaftspolizei darauf hin, dass man nur dazu bereit sei, die kostengünstigste Trasse zu realisieren. Eine Versorgung über Umwegen, z. B. über öffentliche Straßen, wäre finanziell nicht darstellbar. Sollten sich Grundstückseigentümer aus nicht sachgerechten und nachvollziehbaren Gründen dagegen wehren, werden hier klare Festsetzungen seitens des Landratsamtes als Genehmigungsbehörde erwartet.
Als Ergebnis der Besprechung am 24.06.2020 hat die Bereitschaftspolizei im nächsten Schritt das Landratsamt Rosenheim gebeten, in Zusammenarbeit mit dem Wasserwirtschaftsamt und dem Gesundheitsamt die sich aus der Trinkwasserverordnung ergebenen rechtlichen Auflagen für eine Eigenversorgung herauszuarbeiten. Die Eigentümer sollen in diesem Zusammenhang über die möglichen Vorteile einer öffentlichen Versorgung hingewiesen werden. Auf dieser Grundlage wird die Bereitschaftspolizei nochmals den guten Willen und die Vorteile einer gemeindlichen Wasserversorgung an die Nutzer herantragen und hierbei auch auf die Vorteile für den Brandschutz hinweisen.