Anpassung der Strompreise zum 01.01.2023


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Werk- und Abwasserausschusses, 10.11.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Werk- und Abwasserausschuss Sitzung des Werk- und Abwasserausschusses 10.11.2022 ö beschließend 5

Sachverhalt

Wie im Halbjahresbericht (TOP 3) bereits erläutert, müssen die Gemeindewerke die Strompreise für ihre Kunden zum 01.01.2023 deutlich erhöhen.
Die Grafik zu den Terminmarktpreisen 2023 in TOP 3 zeigt Energiepreise für Strom-Grundlast. Der Energiepreis erhöht sich noch um die Kosten für den Ausgleich des untertägigen Lastverhaltens (Struktur). Der gesamte Strompreis setzt sich aus dem Energiepreis, den Netzentgelten, den Netzumlagen, der Konzessionsabgabe, der Stromsteuer, den Vertriebskosten sowie der Umsatzsteuer zusammen.
Trotzdem die Gemeindewerke Oberaudorf den für Ihre Kunden benötigten Strom zu einem großen Teil über eine dreijährige Beschaffungsstrategie auf dem Terminmarkt einkaufen, hat die Entwicklung der Stromhandelspreise seit Ende 2021 zu deutlich höheren Beschaffungskosten geführt. 
Im Beschaffungsportfolio Vertrieb wurden über die dreijährige Beschaffungsstrategie der KOS für 2023 bisher 9.619 MWh bzw. rund 81,4 % der für 2023 prognostizierten Strommenge auf dem Terminmarkt bestellt.
Aufgrund der außerordentlich hohen Terminmarktpreise wurde von der Werkleitung die Beschaffungsstrategie bei der KOS Energie GmbH Anfang September 2022 ausgesetzt.
Wie bereits in TOP 3 beschrieben, befindet sich der Terminmarkt 2023 immer noch auf einem sehr hohen Niveau (Stand 08.11.2022: 335 €/MWh), wohingegen auf dem Spotmarkt seit Oktober die Preise spürbar nach unten gingen (Mittelwert Oktober 15,3 ct/kWh). Vorausgesetzt der Strommarkt erlebt in 2023 keine erneuten Preisexplosionen wie im Sommer 2022, kann die Beschaffung der noch nicht bestellten Strommenge für 2023 auf dem Spotmarkt (rund 18,6 %) einen deutlichen Vorteil bringen.
Sollte der Terminmarkt 2023 im verbleibenden Jahr 2022 nicht deutlich nach unten sinken, beabsichtigt die Werkleitung, die verbleibende Restmenge bzw. eine Teilmenge hiervon ab dem 01.01.2023 auf dem tagesaktuellen Spotmarkt bzw. bei günstigen Marktverhältnissen am unterjährigen Terminmarkt zu beschaffen.
In der aktuellen Strompreiskalkulation wurde für die noch fehlende Strommenge von 18,6 % ein Beschaffungspreis angesetzt, welcher dem aktuellen Terminmarktpreis 2023 entspricht (33 ct/kWh). Zusätzlich wurden noch Zusatzkosten für den Ausgleich des untertägigen Lastverhaltens berücksichtigt. 
Insgesamt wurde von der gesamten prognostizierten Strommenge für 2023 von 11,8 Mio. kWh für die zur Strompreiskalkulation maßgebende Menge von 11,3 Mio. kWh ein durchschnittlicher Energiepreis von netto 17,5 ct/kWh zugrunde gelegt.
Ebenfalls erhöhen sich in 2023 die Netzentgelte deutlich. So wurden aufgrund der von der Bayernwerk Netz GmbH im Oktober veröffentlichten Netzentgelte 2023 in der Netzentgeltberechnung für die vorgelagerten Netzebene 401.711 € angesetzt. Gegenüber dem Planwert für 2022 (352.278 €) ist dies eine Steigerung von 14 %. Zudem erhöhen sich die Beschaffungskosten für die Netzverluste aufgrund der gestiegenen Strompreise deutlich von 5,43 ct/kWh in 2022 auf 14,73 ct/kWh in 2023 (+ 66.601 €). Für einen Kunden mit 3.000 kWh Jahresverbrauch erhöhen sich die Netzentgelte 2023 um 8,3 %.
Leider wissen die Stromversorgungsunternehmen Anfang November 2022 immer noch nicht, wie die von der Regierung bereits Anfang September 2022 groß angekündigte Strompreisbremse ausgestaltet werden soll. Die zuletzt angekündigte Variante, ein Grundkontingent von 80 % einer Jahresmenge auf brutto 40 ct/kWh zu begrenzen und den Rest nach dem Marktwert abzurechnen, lässt noch viele Fragen offen. Eine Strompreisbremse bei 40 ct/kWh für ein Grundkontingent von 80 % kann auch dazu führen, dass Stromkunden der Gemeindewerke, welche einen GEWO-Tarif haben, keinen Vorteil erfahren.
Derzeit ist bereits erkennbar, dass sich die Strompreise unter den vielen Lieferanten sehr unterschiedlich entwickeln werden und dies auch zahlreiche Lieferantenwechselvorgänge auslösen kann. Die Grundversorger haben hierbei ein Mengenrisiko, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein größerer Anteil der drittbelieferten Kunden zum Grundversorger wechselt. Daher muss in den Tarifen für die Grundversorgung eine zusätzliche Strommenge berücksichtigt werden, welche ggf. zu deutlich höheren Preisen beschafft werden muss als der Energiepreis, welcher für die Strompreiskalkulation der Bestandskunden zugrunde gelegt wurde. Dies ist der Hauptgrund, warum bei der Strompreiskalkulation die Preise in der Grundversorgung höher ansteigen als in den Sondertarifen GEWO.
Ein weiteres Risiko für den Stromvertrieb besteht in der erwarteten Zunahme von Zahlungsausfällen von Kunden aufgrund der hohen Energiepreise und Inflation.
Im Stromnetz besteht für die Gemeindewerke das Risiko von Zahlungsausfällen aufgrund von Insolvenzen von Lieferanten. 
Die Abschaffung der EEG-Umlage zum 01.07.2022 geben die GWO, wie vom Gesetzgeber vorgegeben, in der Jahresabrechnung 2022 an die Kunden weiter. 2023 wird keine EEG-Umlage erhoben.
Bei den ab 01.01.2023 gültigen Strompreisen werden sich die Gemeindewerke auch eine unterjährige Preisanpassung vorbehalten.
Die Gemeindewerke Oberaudorf beabsichtigen, die ab 01.01.2023 für Ihre Kunden geltenden Strompreise in den kommenden Tagen neben den allgemeinen Veröffentlichungen mit einem Preisanpassungsschreiben bekanntzugeben.
Aufgrund der beschriebenen Kostensituation planen die Gemeindewerke, die Strompreise zum 01.01.2023 in den GEWO-Tarifen um rund 23 % und in den allgemeinen Tarifen der Grundversorgung um etwa 29 % zu erhöhen.
Bei den Großkunden (RLM-Kunden, > 100.000 kWh bzw. > 30 kW) betragen die Preiserhöhung zwischen 30 % und 45 %. Gründe für die etwas höheren Anstiege gegenüber den Tarifkunden sind das Lastverhalten (Strukturaufschläge im Energiepreis), das Mengenrisiko und ein etwas stärkerer Anstieg der Netzentgelte bei den RLM-Kunden gegenüber den SLP-Kunden.
Die folgende Übersicht zeigt eine Beispielsrechnung für einen Kunden mit einem Jahresbedarf von 3.000 kWh im Tarif GEWO-Solo. In den GEWO-Tarifen Solo, Familie, Gewerbe und Wärme wurden 2021 ca. 7,68 Mio. kWh Strom verkauft, das sind rund 83 % des an Tarifkunden verkauften Stroms:

Diskussionsverlauf

Aufbauend auf die im Halbjahresbericht beschriebenen Entwicklungen an den Strommärkten fasst WL Paul die Ursachen für die notwendigen Strompreiserhöhungen nochmal zusammen. Die Beschaffung eines großen Teiles der für die Kunden der Gemeindewerke benötigten Stromes für 2023 begann aufgrund der dreijährigen Beschaffungsstrategie bei der KOS bereits Anfang 2020. Die damals noch sehr günstigen Einkaufspreise erhöhten sich dann ab 2021 deutlich und erreichten in diesem Jahr Höchststände, welche vorher nicht für möglich erachtet wurden. Paul schlägt vor, die noch fehlende Strommenge von ca. 18,6 % für 2023 auf dem Spotmarkt zu beschaffen, es sei denn, dass der Terminmarkt noch günstige Beschaffungsoptionen bietet. Als Ergebnis des Stromeinkaufes über drei Jahre wurde bei der Strompreiskalkulation ein durchschnittlicher Energiepreis von netto 17,5 ct/kWh zugrunde gelegt.
Auf die Frage von BGM Bernhardt, ob man die Preise der Grundversorgung nicht stärker erhöhen sollte, gibt Paul Folgendes zu bedenken: Sollte der Strommarkt deutlich fallen bzw. einbrechen, werden zahlreiche andere Lieferanten, welche als Angebotsgrundlage die aktuellen Strombeschaffungspreise verwenden, versuchen, Bestandskunden abzuwerben. Bei den neuen Preisen ist die Grundversorgung bei einem Durchschnittshaushalt bereits etwa 5 ct/kWh teurer der GEWO-Tarif. In der Grundversorgung sind außerdem zahlreiche Bestandskunden bereits seit vielen Jahren.
Aufgrund der angekündigten Strompreisbremse für Industrie- bzw. RLM-Kunden (Kunden mit über 100.000 kWh/Jahr) spricht sich BGM Bernhardt dafür aus, bei Angeboten für diese Kunden die endgültige Festlegung der Strompreisbremse nach Möglichkeit abzuwarten. Bei den vorab genannten 13 ct/kWh netto bestehen Zweifel, ob es sich hier um den kompletten Strompreis handeln soll.

Beschluss 1

Der Werkausschuss beschließt, aufgrund der deutlich gestiegenen Strombeschaffungskosten und Netzentgelte, die Strompreise der von den Gemeindewerken Oberaudorf belieferten Kunden zum 01.01.2023 zu erhöhen. Die Erhöhung beträgt im Durchschnitt bei den GEWO-Standardtarifen etwa 23 % und beim allgemeinen Tarif für die Grundversorgung etwa 29 %. Bei den Sondervertragskunden (RLM) wird zunächst die Ausgestaltung des angekündigten Strompreisdeckels für RLM-Kunden abgewartet. Die Gestaltung der einzelnen Preistarife und der Tarife für die Sondervertragskunden erfolgt durch die Werkleitung.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 8, Dagegen: 0

Beschluss 2

Der Werkausschuss stimmt der vorgeschlagenen Vorgehensweise der Werkleitung für die Beschaffung der erforderlichen Strom-Restmenge 2023 von rund 18,6 % für den Stromvertrieb zu.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 8, Dagegen: 0

Datenstand vom 17.11.2022 13:40 Uhr