Stellungnahme Rechtsanwälte Schlachter & Kollegen, Herr Rechtsanwalt Dr. Thomas Troidl, für deren Mandantin, Frau N.N (Datenschutz):
Mit Schreiben vom 19.11.2018 wird mitgeteilt, dass der vorgelegte Entwurf unverändert der angestrebten Schaffung von „sozialem Wohnraum“ folgt. Bereits in der Stellungnahme vom 06.08.2018 wurde darauf hingewiesen, dass dies eine erhebliche Wertminderung des Grundstücks unserer Mandantin darstellt, die sie nicht hinnehmen wird. Gleichwohl wird auch im aktuellen Entwurf nicht deutlich, wie die Gemeinde überhaupt die Verfügbarkeit der überplanten Flächen sichern will. Dies wäre angesichts des beschriebenen Eingriffs umso mehr geboten.
Stellungnahme der Verwaltung:
Allgemein
Unter Berücksichtigung des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB wurden von der Verwaltung der Gemeinde Pettendorf konkrete Überlegungen angestellt für die Fl.Nr. 1276, Gemarkung Pettendorf, einen Bebauungsplan nach § 13 a BauGB aufzustellen. Diese Überlegungen führten zum Aufstellungsbeschluss am 11.01.2018 und zum Erlass einer Veränderungssperre in gleicher Sitzung.
Es zeigte sich in der Vergangenheit, dass in Bereichen ohne qualifizierte Bauleitplanung ein städtebaulich verträgliches Maß an geordneter Nachverdichtung nicht ohne weiteres gewährleistet werden konnte. Die Anwendung des § 34 BauGB führte in gemeindlichen Innenbereichslagen zunehmend zu einer, zwar baurechtlich zulässigen, aber häufig nicht mehr ortsbildverträglichen, Nachverdichtung.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Gemeinde Pettendorf u. a. ein strategisches Leitbild erarbeitet wurde, dass als Handlungsziel für die Bauleitplanung den Erhalt des ländlichen Charakters vorsieht. Um die im Leitbild definierten Anforderungen an Bauen, Siedlung und Wohnqualität zu gewährleisten, besteht für uns zunehmend der Regelungsbedarf, größere, unbebaute Bereiche im Innenbereich der qualifizierten Bauleitplanung zuzuführen, da über die Anwendung des § 34 BauGB diese nicht im notwendigen Umfang gewährleistet werden können. Dies bezieht sich sowohl auf die Größenentwicklung von Haupt- und Nebengebäuden, als auch auf die Ausführung und Planung der Erschließungsanlagen oder die Anforderungen an den Anliegerverkehr.
Ein weiterer Grund für die Aufstellung eines Bebauungsplans im Bereich der Fl.Nr. 1276, Gemarkung Pettendorf, lag und liegt darin, dass die im Großraum Regensburg zunehmende Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum auch in unserem Hoheitsgebiet Handlungsbedarf zur Befriedigung des Bedarfs nach Sozialwohnungen auslöst. Allein im Landkreis Regensburg besteht seit 2016 ein Erfordernis an ca. 1.000 zusätzlichen Sozialwohnungen. Die Gemeinde Pettendorf grenzt unmittelbar an das Stadtgebiet Regensburg an, so dass sich dieser Bedarf auch auf dem Wohnungsmarkt des „ländlichen Raums“ zunehmend bemerkbar macht. Die Gemeinde selbst hat in den letzten Jahren durch den Ankauf von Mietwohnungen ihr Engagement im Bereich des sozialen Wohnungsmarkts verstärkt.
Bereits in nichtöffentlicher Sitzung am 07.12.2017, bei dem der Ankauf der Fl.Nr. 1276, Gemarkung Pettendorf, diskutiert wurde, ergab sich im Gemeinderat ein klares Meinungsbild dafür, dass sich das Areal aufgrund seiner Lage, seiner Anbindung an das öffentliche Nahverkehrsnetz und familienfreundlicher Kriterien (Spielplatz, Badesee) besonders für die Verwirklichung von sozialem und familienfreundlichem Wohnraum eignet. Dies wurde im Aufstellungsbeschluss am 11.01.2018 entsprechend berücksichtigt und abgewogen.
Vorgesehen ist es, einen Anteil von 30% sozialem Wohnraum zu realisieren. Bei diesen Überlegungen wurde auch berücksichtigt, dass ein Investor oder Eigentümer bei der Realisierung von sozialem Wohnraum Förderungen nach dem BayWoFG erhalten kann und dadurch die regelmäßig für Eigentümer wichtige wirtschaftliche Vermarktung gewährleistet bleibt.
Im Rahmen der Diskussion zum Aufstellungsbeschluss „Schwetzendorf II“ wurde bereits eine GRZ von 0,4 für die weitere Planung festgelegt. Als Bautyp wurden Ein- und Mehrfamilienhäuser im Bautyp E+I+DG bzw. E+I, jeweils mit Satteldach, als zulässig erachtet.
Insgesamt besteht nach Beschluss und Abwägung durch den Gemeinderat eine positive Planungskonzeption für die Fl.Nr. 1276, Gemarkung Pettendorf, die sowohl eine geordnete städtebauliche Entwicklung als auch die Sicherung des Bedarfes an sozialem Wohnraum berücksichtigt.
Besonders hervorzuheben ist, dass in der Sitzung am 11.01.2018 ein städtebauliches Konzept visualisiert wurde, dass den Bau von vier Einfamilienhäusern und zwei Mehrfamilienhäusern darstellte.
Diese Konzeption, die im laufenden Verfahren „Schwetzendorf II“ konkretisiert wird, eröffnet dem Eigentümer eine städtebaulich verträgliche Bebauung unter Berücksichtigung einer optimalen Bebaubarkeit des Areals. Eine mögliche Realisierung von Bauvorhaben kann nach Erlass der Satzung zeitnah erfolgen, die Satzung sichert die optimale Erschließung des Bereiches und eröffnet die Anwendung des Genehmigungsfreistellungsverfahrens im Rahmen der BayBO.
Eine Negativ- und/oder Verhinderungsplanung liegt nicht vor, insbesondere da die Planung weder darauf abzielt ein konkretes Vorhaben zu verhindern, noch eine sinnvolle und auch wirtschaftliche Verwertung unmöglich macht.
Durch die Bauleitplanung wird nicht nur die städtebaulich verträgliche Bebauung des Bereiches sichergestellt, sondern dem Eigentümer die Möglichkeit eröffnet, die Fl.Nr. 1276, Gemarkung Pettendorf, nahezu optimal zu bebauen.
Abwägung n. § 1 Abs. 7 BauGB
Grundsatz:
Das von der Rechtsvertretung der Eigentümerin angesprochene, durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsrecht, gehört in hervorgehobener Weise zu den von der Bauleitplanung zu berücksichtigenden Belangen. Der Abwägungsvorgang und auch das Abwägungsergebnis werden den Vorgaben der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG gerecht, wenn die für die Einschränkung der nach bisherigem Recht bestehenden Baumöglichkeiten (nach Art. 34 BauGB) - insbesondere durch die qualifizierte Bebauungsplanung - erforderlichen gewichtigen städtebaulichen Gründe des Allgemeinwohls vorliegen.
Geht es um die Überplanung bereits beplanter und bebauter Grundstück, ist das Interesse an der Erhaltung des bestehenden Baurechts in die Abwägung einzubeziehen und entsprechend zu gewichten. Zwar darf die Gemeinde durch ihre Bauleitplanung die bauliche Nutzbarkeit von Grundstücken verändern, einschränken oder sogar aufheben; einen Planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene Bebauung eines Gebiets nach Art und Maß auch bei einer Überplanung weiterhin zugelassen werden muss, gibt es nicht!
Diese Grundsatzüberlegung gilt insoweit auch für Gebiete nach § 34 BauGB, die einer qualifizierten Planung zugeführt werden. Soll das bestehende Baurecht unter Umständen sogar eingeschränkt werden, müssen hierfür aber gewichtige, städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange sprechen. Diese müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränken oder Grundstücke von einer Bebauung ganz ausschließen.
Wie bereits unter Allgemein ausgeführt besteht für die Fl.Nr. 1276, Gemarkung Pettendorf als größere bebaubare Fläche im Innenbereich, die Notwendigkeit, diese der qualifizierten Bauleitplanung zuzuführen, da über die Anwendung des § 34 BauGB nicht im notwendigen Umfang gewährleistet werden kann, dass diese in einem städtebaulich verträglichen Maß bebaut wird. Dies bezieht sich sowohl auf die Größenentwicklung von Haupt- und Nebengebäuden, als auch auf die Ausführung und Planung der Erschließungsanlagen oder die Anforderungen an den Anliegerverkehr. Ferner sind in der Bauleitplanung auch zunehmend Belange des sozialen Wohnungsbaus zu berücksichtigen, die durch die Anwendung des § 34 BauGB nicht gewährleistet werden können. Eine dem „Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung“ stellt eine Planungsaufgabe des § 1 Abs. 5 BauGB dar. Bei der Aufstellung von Bauleitplänen hat die Gemeinde daher im Rahmen ihrer Planungshoheit unstreitig die Möglichkeit bei Bauleitplanungen auch Belange des sozialen Wohnungsbaus zu berücksichtigen, vgl. hierzu auch § 1 Abs. 6 Nr. 2 und 3 BauGB und § 9 Abs. 1 Nr. 7 BauGB. Dies gilt unabhängig von der Eigentumsfrage und der möglichen Zugriffsmöglichkeit durch die Gemeinde Pettendorf. Es wird hierzu auch auf die Ausführung unter Allgemein verwiesen.
Die Planungen im Bereich Schwetzendorf II berücksichtigen zudem in einem besonders ausgewogenen Verhältnis Flächen für den privaten Gebrauch und Standorte für den sozialen Wohnungsbau. Eine unverhältnismäßige Wertminderung durch sozialen Wohnungsbau ist nicht zu erwarten, da a) auch Sozialwohnungen ausreichend Einnahmen zur Refinanzierung erwarten lassen und b) die Gestaltung des Areals auch städtebaulich ein verträgliches Nebeneinander unterschiedlicher Einkommensschichten ermöglicht.
Ebenso entstehen für den Eigentümer keine erkennbaren Wertminderungen, die einem enteignungsgleichem Eingriff nahe kommen. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die Bauleitplanung der Gemeinde auch für den Eigentümer eine geordnete Bebaubarkeit und optimale städtebauliche Nutzung seiner Flächen sicherstellt.
Stellt man die (möglichen) Interessen der Eigentümer an einer Bebauung nach § 34 BauGB dem Wohl der Allgemeinheit an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und ebenso wichtigen sozialgerechten Bodennutzung gegenüber, lässt sich feststellen, dass durch die Überplanung des Areals für die Eigentümer keine relevanten Eigentumseingriffe entstehen, auch die Vermarktbarkeit und bauliche Nutzbarkeit des Areals wird gegenüber der Anwendung des § 34 BauGB für den Eigentümer deutlich optimiert. Dem gegenüber steht eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung des Areals unter Berücksichtigung der sozial gerechten Bodennutzung, die in Pettendorf aufgrund der ebenfalls zunehmenden Nachfrage nach sozialem Wohnraum in der Bauleitplanung zu berücksichtigen ist.
Auf den Sachverhalt und den Beschluss des Gemeinderates vom 06.09.2018, ergänzt durch die weitergehende Darstellung des Abwägungsprozesses in dieser Sitzung wird festgehalten, da sich aus den angeführten Einwendungen keine neuen Erkenntnisse ergeben, die eine Änderung der Bauleitplanung veranlassen.