Änderungen der Bayerischen Bauordnung ab 01.02.2021 mit Schwerpunkt Abstandsflächenrecht und Satzungsbeschluss


Daten angezeigt aus Sitzung:  10. Sitzung des Bau- und Umweltausschusses, 23.02.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau- und Umweltausschuss (Gemeinde Piding) 10. Sitzung des Bau- und Umweltausschusses 23.02.2021 ö 8

Sachverhalt und rechtliche Würdigung

Herr Schuster informiert, der Bayerische Landtag hat am 2. Dezember 2020 das Gesetz zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus beschlossen. Es ist am 1. Februar 2021 in Kraft getreten.
Die wichtigsten Änderungen, welche vollumfänglich in der Anlage „Vollzugshinweise“ nachzulesen sind, lauten:

Zu Punkt 1: Abstandsflächenrecht
Abstandsflächenübernahmen sind in Zukunft auch in elektronischer Form möglich.
Grundsätzlich verringern sich die notwendigen Abstandsflächen, 0,4 Wandhöhen (sog. H) statt bisher 1,0 bzw. 0,5 H (in Kern- und urbanen Gebieten). In Gewerbe- und Industriegebieten gelten zukünftig 0,2 statt 0,25 H. Der Mindestabstand bleibt generell bei drei Meter. Das bisherige sog. 16-m-Privileg, nach dem vor zwei Außenwänden von nicht mehr als je 16 m Länge als Tiefe der Abstandsfläche die Hälfte der erforderlichen Tiefe H genügt, wird gestrichen.
Dachgauben werden insgesamt abstandsflächenrelevant, bisher waren untergeordnete Dachgauben nicht abstandsflächenrelevant.
Nachträgliche Wärmedämmung an Bestandsgebäuden ist nicht abstandsflächenrelevant.

Zu Punkt 6: Rettungswege
Bei Geschossen ohne Aufenthaltsräume und ebenerdigen Geschossen (bis 400m²) wird nur noch ein Rettungsweg benötigt.

Zu Punkt 7: Aufzüge
Die Pflicht zum Einbau eines Aufzuges bei Aufstockung für Wohnraumschaffung entfällt, wenn der Aufwand unverhältnismäßig wäre.

Zu Punkt 10: Verfahrensfreie Vorhaben
Fahrradabstellanlagen bis 50 m² (bislang 30 m²) und Ladestationen für Elektrofahrzeuge mit max. zwei Meter Höhe und je ein Meter Tiefe sowie Breite sind verfahrensfrei.

Zu Punkt 11: Genehmigungsfreistellungsverfahren
Die Änderung und Nutzungsänderung von bestehenden Dachgeschossen zu Wohnzwecken inkl. Errichtung von Dachgauben im Innenbereich (§ 34 BauGB) sind genehmigungsfrei (sog. Freisteller).

Zu Punkt 13: Abweichung
Bei rechtmäßig errichteten Gebäuden, welche durch ein höchstens gleich großes Wohngebäude ersetzt werden, soll eine Abweichung der Abstandsflächen zugelassen werden, wenn sie im Übrigen zulässig sind. Die Entstehung von Grenzgebäuden ist dabei ausdrücklich nicht das Ziel.

Zu Punkt 15: Nachbarbeteiligung
Kann nun auch elektronisch erfolgen und liegt vollständig in der Verantwortung des Bauherrn bzw. Entwurfsverfassers.

Zu Punkt 16: Baugenehmigung, Baubeginn, Genehmigungsfiktion
Der Gemeinde bleiben wie bisher zwei Monate für die Entscheidung zum Einvernehmen.
Das Landratsamt hat bei Vorhaben, deren Gebäude zum Ziel haben, ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen zu dienen und zudem keinen Sonderbau darstellen, ab Eingang drei Wochen bis zur Feststellung der Vollständigkeit der Unterlagen (bei Nachforderung beginnen diese drei Wochen ab Eingang der fehlenden Unterlagen). Danach bleiben drei Monate zur Bearbeitung, diese dürfen ausnahmsweise einmal angemessen verlängert werden.
Im Einzelfall hat das LRA also nur noch drei Monate und drei Wochen zur Bearbeitung von Anträgen zu einfachen Wohngebäuden, danach gilt die Genehmigung als erteilt (sog. Genehmigungsfiktion).
Sollte das gemeindliche Einvernehmen verweigert worden sein, ändert dies nichts an einer Genehmigungsfiktion nach Fristablauf beim Landratsamt.

Zu Punkt 19: Ordnungswidrigkeiten
Unrichtige Angaben im Baugenehmigungsprozess konnten bisher nur bei Vorsatz, nun auch bei Fahrlässigkeit als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

Zu Punkt 20: Örtliche Bauvorschriften
Es war auch bisher möglich, eine vom Gesetz abweichende Abstandsflächensatzung zu erlassen. Um keinen Zeitraum mit anderer Rechtslage zu schaffen, darf bereits ab dem 15.01.2021 eine Satzung erlassen werden, welche die neuen Abstandflächen wieder obsolet macht, also z.B. annähernd den alten Abstandsflächen entsprechen könnte.
Die Stadt Bad Reichenhall hat eine solche Satzung bereits im Januar erlassen. Die Verwaltung der Gemeinde Piding sieht aufgrund des Wunsches nach moderater Innenverdichtung und des dörflichen Charakters im Gegensatz zur tlw. bereits sehr engen städtischen Bebauung keine Veranlassung, ebenfalls eine solche Satzung zu erlassen. Die neuen Abstandsflächen betreffen hauptsächlich die verschiedenen Wohn- und Mischgebiete, also Kleinsiedlungsgebiete (WS), reine Wohngebiete (WR), allgemeine Wohngebiete (WA), besondere Wohngebiete (WB), Dorfgebiete (MD), Mischgebiete (MI), urbane Gebiete (MU) und Kerngebiete (MK). Für Bebauungsplangebiete und deren Satzungen können nach wie vor abweichende Werte festgelegt werden.
Sollte die Erfahrung der Zukunft zeigen, dass die Belichtung und Belüftung zwischen den Gebäuden nicht mehr dem grundsätzlich dörflichen Charakter Pidings entsprechen, muss eine Neubewertung zum Erlass einer Abstandsflächensatzung erfolgen.

Beschluss

Der Bauausschuss nimmt die Änderungen im Bauordnungsrecht durch die BayBO-Novelle vom 01.02.2021 zur Kenntnis und beschließt, vorerst keine zum neuen Abstandsrecht anderslautende Satzung für das Gemeindegebiet zu beschließen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 10, Dagegen: 0

Datenstand vom 26.05.2021 11:24 Uhr