Kommunalrecht - Prüfung eines Fraktionswechsels von Herrn Michael Klaß von der Alternative für Pliening zur Christlich Soziale Union


Daten angezeigt aus Sitzung:  Gemeinderatssitzung, 26.09.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp Lfd. BV-Nr.
Gemeinderat Gemeinderatssitzung 26.09.2019 ö 69

Diskussionsverlauf

Das Gemeinderatsmitglied Michael Klaß ist als Betroffener persönlich beteiligt. Herr Klaß wird deshalb nach Art. 49 Abs. 1 bis 3 GO von der Beratung und Beschlussfassung über diesen Tagesordnungspunkt ausgeschlossen.

18 dafür : 0 dagegen

Beschluss

Der Gemeinderat der Gemeinde Pliening ist für die Entscheidung über einen Fraktionswechsel sachlich und örtlich zuständig (Art. 29, 30 Abs. 2, Art. 33 Abs. 1, 3, Art. 1, 6, 7 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1 Gemeindeordnung (GO), Art. 3 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG).

Für die Zusammensetzung der Ausschüsse gibt Art. 33 Abs. 1 Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) das Spiegelbildlichkeitsgebot vor: Dem Stärkeverhältnis der im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählergruppen ist Rechnung zu tragen. Während der Wahlzeit im Gemeinderat eintretende Änderungen des Stärkeverhältnisses der Parteien und Wählergruppen sind auszugleichen, Art. 33 Abs. 3 Satz 1 GO. Satz 2 regelt, dass ein Mitglied dann seinen Sitz im Ausschuss verliert, wenn es aus der von ihm vertretenen Partei oder Wählergruppe ausscheidet.

Aufgrund des Grundsatzes des freien Mandats (Art. 13 Abs. 2 BV), der in seinem Kernbestand auch für Gemeinderatsmitglieder gilt, können sich Gemeinderatsmitglieder zur Verwirklichung ihrer politischen Ziele und Vorstellungen auch über die Grenzen der Wahlvorschläge hinweg zusammenschließen. Da das Gemeinderatsmitglied nicht an Weisungen seiner Partei oder Wählergruppe gebunden ist, steht es ihm frei, sich auch mit solchen Mitgliedern zu einer Fraktion zusammenzuschließen, die auf einem anderen Wahlvorschlag gewählt wurden.

Daher führt ein Ausscheiden aus einer Partei noch nicht automatisch zum Ausscheiden aus der Fraktion, wohingegen umgekehrt ein Übertritt eines Gemeinderatsmitglieds in eine andere Fraktion auch ohne Parteiwechsel erfolgen kann. Der vom Fraktionsvorsitzenden der Alternative für Pliening erwähnte Passus, dass Mitglied der Alternative für Pliening nur sein kann, wer keiner Partei oder anderen politischen Gruppierung in der Gemeinde angehört, führt deshalb nicht automatisch zum Ausschluss aus der Fraktion.

Für die Berechnung des Stärkeverhältnisses im Gemeinderat zur Gewährleistung der „Spiegelbildlichkeit“ kommt es nicht auf die formale Mitgliedschaft in einer Partei/Wählergruppe an. Entscheidend ist vielmehr die Zugehörigkeit der einzelnen Gemeinderatsmitglieder zu einer Fraktion/Gruppe.

Allerdings können bei der Bestimmung, ob ein Mitglied einer Fraktion angehört oder nicht, nicht die internen Auffassungen der Fraktion selbst entscheidend sein. Daher hat die Rechtsprechung zur Wahrung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit Grundsätze entwickelt, die an einen Fraktionswechsel zu stellen sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BayVGH ist es dabei so, dass nicht jede Veränderung im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppierung für die Ausschussbesetzung relevant ist. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen, aus denen sich ergibt, dass der Wechsel nicht nur zum Schein oder in der Absicht der Gesetzesumgehung vorgenommen wurde.

Eine für die Ausschussbesetzung beachtliche Änderung des Stärkeverhältnisses der Parteien und Wählergruppen liegt dann vor, wenn der Eintritt oder der Übertritt eines Gemeinderatsmitglieds in eine aus den Mitgliedern einer anderen Partei oder Wählergruppe gebildeten Fraktion eine Abkehr von bisherigen Positionen und Wählerschaften darstellt. Mit einer Abkehr von der bisherigen Position und Wählerschaft muss zugleich eine Hinwendung zur der neuen Gruppierung verbunden sein. Denn nur dann wird deren Mitgliederzahl vergrößert und das Stärkeverhältnis verändert.

Ob eine solche Abkehr vorliegt, ist anhand aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Dabei geht es weniger um eine inhaltliche Bewertung politischer Überzeugungen als um äußere Umstände, aus denen sich erkennen lässt, dass sich der Betreffende von den Personen gelöst hat, die ihm ursprünglich zu seinem Mandat im Gemeinderat verholfen haben, also der Partei oder Wählergruppe, auf deren Wahlvorschlag er erfolgreich kandidiert hat.

Herr Klaß teilt mit, dass er im Januar 2019 in die CSU eingetreten ist, die Mitgliedschaft in der Wählergruppe „Alternative für Pliening“ im Juli 2019 gekündigt hat und seit Juli 2019 an den Fraktionssitzungen der CSU teilnimmt. Er bringt mit seiner Wortwahl, insbesondere dem letzten Satz seiner E-Mail vom 17.09.2019 „damit ich dieses Kapitel abschließen kann“, sehr deutlich seine Abkehr von bisherigen Positionen und Wählerschaft der „Alternative für Pliening“ zum Ausdruck und erklärt mit seinem Wunsch, künftig in die Fraktion der CSU aufgenommen zu werden, eine eindeutige Hinzuwendung zu dieser Partei.

Der Fraktionsvorsitzenden der Alternative von Pliening betont zwar, dass keine Streitigkeiten oder Zerwürfnisse vorliegen, was deshalb glaubhaft sein kann, weil dies von Herrn Klaß nicht anders dargestellt wird. Gleichzeitig sieht der Fraktionsvorsitzende keine Änderung der allgemeinen politischen Richtung von Herrn Klaß.

Dem steht die Hoffnung von Herrn Klaß auf Stellungnahmen der betroffenen Fraktionsvorsitzenden entgegen, die die Abgrenzung von der Alternative für Pliening und die Aufnahme in die Fraktion der CSU zum Inhalt habe „damit ich dieses Kapitel abschließen kann“. Gleichwohl spricht die Teilnahme von Herrn Klaß an Fraktionssitzungen der CSU für eine Zugehörigkeit zu dieser Partei. Wohl wird auch nicht zu erwarten sein, dass Herr Klaß zur Kommunalwahl 2020 auf der Liste der Alternative für Pliening antreten wird.

Hinsichtlich der Einschätzung des Fraktionsvorsitzenden der Alternative für Pliening, dass keine Änderung der allgemeinen politischen Richtung vorliegt, führt das VG Regensburg in einem Beschluss vom 19.09.2013, Az. RN 3 S 13.1463 aus, dass die programmatischen Unterschiede zwischen den einzelnen Parteien und Wählergruppen in der Kommunalpolitik erfahrungsgemäß nicht so ausgeprägt sind, wie in der Bundes-, Landes- und Europapolitik. Die partei- und wählergruppenübergreifende Übereinstimmung in vielen Sachfragen ist typisch für die Zusammenarbeit in kommunalen Vertretungskörperschaften. Dem Beschluss zu Folge ist ein Gemeinderat nach den Vorstellungen des Bayerischen Gesetzgebers kein Parlament, sondern ein Verwaltungsorgan. Eine Abkehr von bisherigen Positionen ist daher, da kommunalpolitische Gremien erfahrungsgemäß in vielen Sachfragen einheitlich abstimmen, nicht zu jeder Sachfrage zu fordern.

Das Verwaltungsgericht München erachtet im Beschluss vom 27.11.2014, Az.: M 7 X 14.5089 als gewichtiges Indiz für die Ernsthaftigkeit der Abkehr von bisherigen Positionen und Wählerschaften und für die Hinwendung zu der neuen Gruppierung einen Parteienwechsel. Der Beitritt zur CSU und die Kündigung der Mitgliedschaft in der Alternative für Pliening bekräftigen das Vorliegen eines Fraktionswechsels des Gemeinderatsmitgliedes.

Ein Fraktionswechsel zum Schein oder in Umgehungsabsicht etwa zu dem Zweck, Mitglieder einer ausschussunfähigen Gruppe in die Ausschüsse zu bringen, ist offensichtlich nicht gegeben, da die CSU bereits in Ausschüssen vertreten ist.

Die Aufnahme in die CSU-Fraktion wurde in der E-Mail vom 13.09.2019 vom Fraktionsvorsitzenden der Partei bestätigt.

Nur mit der Feststellung eines Fraktionswechsels von der Alternative für Pliening zur CSU wird dem Anspruch des Spiegelbildlichkeitsgebots gemäß Art. 33 Abs. Abs. 1 Satz 2 GO Rechnung getragen. Würde der Fraktionswechsel nicht festgestellt werden, wäre eine ordnungsgemäße Ladung (Art. 47 Abs. 2 GO) nicht möglich, die Beschlussfähigkeit nicht gegeben und damit wirksame Beschlüsse nicht herbeizuführen.

Aufgrund dieser Sachlage wird die Zugehörigkeit des Gemeinderatsmitglieds Michael Klaß zur CSU und damit der Fraktionswechsel von der Alternative für Pliening zur CSU festgestellt.

18 dafür : 0 dagegen

Das Gemeinderatsmitglied Michael Klaß verliert gemäß Art. 33 Abs. 3 Satz 2 GO seinen Sitz im Finanzausschuss und im Rechnungsprüfungsausschuss.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 18, Dagegen: 0

Datenstand vom 21.10.2019 10:43 Uhr