In der Sitzung des Gemeinderats vom 25.03.2021 informierte die Verwaltung bereits erstmalig über die neuen Möglichkeiten aufgrund des „Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung, Landkreisordnung, Bezirksordnung und weiterer Gesetze zur Bewältigung der Corona-Pandemie“. Durch diese in der Bayerischen Gemeindeordnung vorgenommenen Änderungen ist nun grundsätzlich eine audiovisuelle Zuschaltung von Gemeinderatsmitgliedern zu Sitzungen der gemeindlichen Gremien möglich.
Im Rahmen der Bekanntgabe in der Gemeinderatssitzung vom 25.03.2021 wurde eine weitere Behandlung des Themas auf Basis der Ausführungshinweise des Innenministeriums vorgeschlagen. Seit dem 30.04.2021 liegen diese nun vor. Daher möchten wir heute über die neuen Erkenntnisse zur Umsetzung und die Einschätzung der Verwaltung berichten.
Im Rahmen der Ausführungshinweise wurden den Gemeinden leider nur wenige Hilfestellungen gegeben, größtenteils wurden hier Ausschnitte aus der Gesetzesbegründung abgedruckt.
Stellungnahme der Verwaltung:
Die Rechtsverbindlichkeit von Beschlüssen, die im Gemeinderat getroffen werden ist ein besonders entscheidender Punkt in der Arbeit des kommunalen Gremiums. Durch die mögliche audiovisuelle Zuschaltung von Gremiumsmitgliedern besteht hier jedoch durch eventuell auftretende Verbindungsprobleme eine nicht unerhebliche Gefährdung für die Rechtsverbindlichkeit der Beschlüsse. Sollte bei einem Gremiumsmitglied während der Sitzung die Verbindung abbrechen und er deshalb nicht an der Abstimmung teilnehmen können, wäre die Sitzung zu unterbrechen. Erfolgt keine Sitzungsunterbrechung kann der getroffene Beschluss angefochten werden. Dies gilt nicht, wenn der Grund für die Nichtzuschaltung beim Gremiumsmitglied selbst liegt, was aber in der Praxis vermutlich nicht unwiderlegbar zu beweisen sein wird.
Da grundsätzlich auch nichtöffentliche Sitzungen mit audiovisueller Zuschaltung abgehalten werden können, ist an die Plattform und die Übertragungsorganisation ein besonders hoher Anspruch bezüglich der Informationssicherheit zu stellen. Hier sieht die Verwaltung massive Probleme, die Nichtöffentlichkeit zu gewährleisten.
Neben der Frage der Rechtsverbindlichkeit ist das Thema Datenschutz und Informations-sicherheit ein wichtiger Punkt. Für die Videoübertragung müsste seitens der Gemeinde Poing eine Übertragungsplattform bereitgestellt werden. Diese Plattform hat die Anforderungen der DSGVO zu erfüllen. Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung im Bereich des Datenschutzes ist es zwingend erforderlich einen Anbieter zu wählen, der die Daten ausschließlich innerhalb der europäischen Union verarbeitet. Zudem darf der Datenverarbeiter kein Tochterunternehmen eines amerikanischen Unternehmens sein. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen ist der Kreis der möglichen Anbieter stark beschränkt. Bei der Bereitstellung der Plattform fallen Kosten für den Erwerb der Lizenz sowie für den Betrieb der Server an.
Um die audiovisuelle Zuschaltung zu ermöglichen, ist neben der Plattform eine entsprechende Übertragungstechnik erforderlich. Im Rahmen der Rathausertüchtigung ist bereits geplant, den Sitzungssaal mit einem entsprechenden Videokonferenzsystem auszustatten. Da Corona bedingt die Sitzungen aber aktuell entweder in der Dreifachturnhalle oder im Schulungsraum der Feuerwehr stattfinden, müsste für diese Zeit die entsprechende technische Ausstattung angemietet werden. Eine andere Gemeinde aus dem Landkreis Ebersberg hat hierzu von einem Fachbetrieb für Veranstaltungstechnik ein Angebot erhalten und uns dieses anonymisiert zur Verfügung gestellt. Gemäß dieser Kostenauflistung fallen alleine für die Anmietung der Übertragungstechnik Kosten in Höhe von 6.740,55 € pro Sitzung an.
Neben den Kosten für die Plattform und die Übertragungstechnik sind auch Personalkosten zu berücksichtigen. Im Vorfeld und während der Sitzung müsste zur Einrichtung und Überwachung der Technik sowie zur eventuellen Problembehebung mindestens ein zusätzlicher Gemeindemitarbeiter aus der IT anwesend sein. Dies würde auch gelten, wenn der Sitzungssaal nach der Rathausertüchtigung und nach den Coronabeschränkungen wieder genutzt werden kann.
Wir weisen darauf hin, dass in den Ausweich-Sitzungsräumen in der Coronazeit (Turnhalle und Feuerwehrübungsraum) genügend Abstand beim Sitzen zwischen den Personen vorhanden ist. Zudem sollen die Sitzungsteilnehmer negativ getestet zur Sitzung kommen und FFP2 Masken tragen. Für ausreichend Lüftung und Desinfektionsmittel ist ebenfalls gesorgt.
Von Seiten der Gemeindeverwaltung wird aufgrund der angesprochenen Problemfelder empfohlen, keine audiovisuelle Zuschaltung zu Sitzungen des Gemeinderats oder der Ausschüsse einzuführen.