Finanzangelegenheiten der Gemeinde; Grundsteuerreform - Festlegung des Hebesatzes ab 2025 Vorberatung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses, 08.10.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Sitzung des Gemeinderates 17.10.2024 ö beschließend 2
Haupt- und Finanzausschuss Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses 08.10.2024 ö beratend 2
Nicht sichtbar

Sachverhalt

Hintergrund:
Am 10. April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Grundsteuer wegen veralteter Einheitswerte nicht mehr verfassungsgemäß ist. Bundestag und Bundesrat haben daher im November 2019 unter hohem Zeitdruck ein Bundesgesetz zur Reform der Grundsteuer beschlossen. Außerdem hat der Bundesgesetzgeber durch eine Grundgesetzänderung eine Öffnungsklausel für die Bundesländer für eine eigene landesgesetzliche Grundsteuerregelung geschaffen. Der Freistaat Bayern hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und für Bayern einen flächenbezogenen Ansatz für die Bemessung der Grundsteuer gewählt. Das Bayerische Grundsteuergesetz wurde vom Landtag am 23. November 2021 beschlossen. Die aktuellen Hebesätze für die Grundsteuer treten mit Wirkung zum 31. Dezember 2024 außer Kraft.
Auf Basis der Grundsteuererklärungen von den Eigentümerinnen und Eigentümern werden die neuen Berechnungsgrundlagen seit dem 1. Juli 2022 von den Finanzämtern ermittelt und den Städten und Gemeinden mittels elektronischem Datenabruf zur Verfügung gestellt. Auf dieser Grundlage bestimmen die Städte und Gemeinden die jeweiligen Grundsteuerhebesätze. Jede bayerische Stadt oder Gemeinde muss ihre Grundsteuerhebesätze ab dem Jahr 2025 neu festlegen. Die Grundsteuer mit den neuen Berechnungsgrundlagen wird bei den Grundsteuerpflichtigen erstmalig ab 2025 zahlungswirksam.

Datenlage und Berechnung für Poing:
Die Gemeinde Poing hat insgesamt 6.252 veranlagte Objekte in der Grundsteuer B. Aktuell liegen für 5.657 der Steuerobjekte die Messbetragsdaten des Finanzamts vor. Dies entspricht einer Eingangsquote von 90,48 Prozent. Für die Grundsteuer A kann keine valide Eingangsquote ermittelt werden, da bei landwirtschaftlichen Anwesen die Hofstellen, welche bisher der Grundsteuer A zugerechnet wurden, zukünftig der Grundsteuer B zugerechnet werden.

Zudem sind bei einigen Fällen, bei denen ein Messbetrag übermittelt wurde, Hinweise an das Finanzamt gegeben worden, da bei diesen Datensätzen Fehler vorliegen. 

Bisheriger Stand mit alten Messbeträgen und altem Hebesatz:

Hebesatz
MB Aufkommen
Anzahl Objekte
Grundsteueraufkommen
Grundsteuer A
385
7.079,92 €
112
27.257,69 €
Grundsteuer B
385
695.189,08 €
6252
2.676.477,96 €
Summe
 
702.269,00 €
6364
2.703.735,65 €


Neue Messbeträge inklusive Hochrechnung mit neuem Hebesatz:
ab 2025
mit Prognose
Hebesatz
MB Aufkommen
Anzahl Objekte
Grundsteueraufkommen
Grundsteuer A
542
3.394,30 €
112
18.409,46 €
Grundsteuer B
542
495.114,73 €
6252
2.685.326,19 €
Summe
 
498.509,03 €
6364
2.703.735,65 €


Anhand der vorhandenen Messbetragsdaten ergibt sich eine prozentuale Reduzierung von rund 45,44 Prozent (Vergleich 702.269 Euro und 383.165,48 Euro). Unterstellt man für den noch ausstehenden Teil (212.314,20 Euro) die gleiche Entwicklung, errechnet sich für den noch ausstehenden Messbetragsanteil ein Betrag von 115.343,55 Euro. Dies führt insgesamt zu einem (geschätzten) Gesamtmessbetrag von 498.509,03 Euro und zu einem rechnerischen Hebesatz von 542 Prozent. Dieser pauschale Ansatz berücksichtigt aber keine spezifischen Besonderheiten. Wenn sich beispielsweise unter den noch ausstehenden Messbetragsdaten ein oder mehrere große Grundsteuerzahler befinden, wäre dies mit einem höheren Aufschlag zu berücksichtigen.

Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind systembedingte Belastungsverschiebungen zwischen den Steuerpflichtigen unvermeidbar. Jede grundlegende Neuausrichtung der Grundsteuer führt zu Veränderungen im Vergleich zur aktuellen Grundsteuerbelastung. Das Bayerische Grundsteuergesetz weicht vom Bewertungsgesetz und Grundsteuergesetz (Bund) im Bereich der Grundstücke des Grundvermögens (sog. Grundsteuer B) weitreichend ab. Statt des Verkehrswerts ist Kern des bayerischen Grundsteuermodells die Ermittlung der Berechnungsgrundlage der Grundsteuer nach den Flächengrößen (sog. Flächenmodell). Prägendes Element der Lastenverteilung ist der Äquivalenzgedanke. Auch nach dem Flächenmodell sind Belastungsverschiebungen zwischen den Steuerpflichtigen nicht vermeidbar und können nicht von den Gemeinden mit einem einheitlichen Grundsteuerhebesatz vermieden werden.


Im Gemeindegebiet Poing haben sich die Steuermessbeträge der Grundsteuer A wie folgt entwickelt.
Ein Anstieg der Steuermessbeträge:
  • bei 6 Fällen von 89 (Anzahl der vorliegenden Fälle mit neuen Messbescheiden) beträgt die Steigerung mehr als 100 Prozent
  • bei 4 Fällen beträgt der Anstieg mehr als 1.000 Prozent
Ein Rückgang der Steuermessbeträge:
  • bei 9 Fällen Rückgang um mehr als 50 Prozent
  • bei 4 Fällen Rückgang um mehr als 75 Prozent

Im Gemeindegebiet Poing haben sich die Steuermessbeträge der Grundsteuer B wie folgt entwickelt.
Ein Anstieg der Steuermessbeträge:
  • bei 234 Fällen von 5.657 (Anzahl der vorliegenden Fälle mit neuen Messbescheiden) beträgt die Steigerung mehr als 100 Prozent
  • bei 14 Fällen beträgt der Anstieg mehr als 1.000 Prozent
Ein Rückgang der Steuermessbeträge:
  • bei 388 Fällen Rückgang um mehr als 50 Prozent
  • bei 246 Fällen Rückgang um mehr als 75 Prozent


Die Gemeinde Poing vertraut bei der Neufestsetzung darauf, dass sich im kommunalen Finanzausgleichssystem keine Nachteile ergeben. Im Falle einer Verschlechterung müsste der Hebesatz entsprechend angepasst werden.

Beschlussvorschlag

Dem Gemeinderat wird empfohlen, die Satzung über die Festsetzung der Realsteuerhebesätze der Gemeinde Poing (Hebesatzsatzung) in der beiliegenden Fassung gemäß des Art. 22 Abs. 2, Art. 23 ff. der Gemeindeordnung und Art. 18 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in Verbindung mit § 25 Abs. 1 und 2 des Grundsteuergesetzes und Art. 5 des Bayerischen Grundsteuergesetzes zu erlassen.

Finanzielle Auswirkungen

Durch die Grundsteuer A und B hat die Gemeinde Poing im Haushaltsjahr 2023 Einnahmen in Höhe von 2.650.907,02 Euro verbucht. Die Festlegung des Hebesatzes hat direkte Auswirkungen auf die zu erwartenden Einnahmen. 

Auswirkungen auf den Klimaschutz

       ja, positiv
       ja, negativ
x        nein

Beschluss

Dem Gemeinderat wird empfohlen, die Satzung über die Festsetzung der Realsteuerhebesätze der Gemeinde Poing (Hebesatzsatzung) in der beiliegenden Fassung gemäß des Art. 22 Abs. 2, Art. 23 ff. der Gemeindeordnung und Art. 18 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in Verbindung mit § 25 Abs. 1 und 2 des Grundsteuergesetzes und Art. 5 des Bayerischen Grundsteuergesetzes zu erlassen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 11, Dagegen: 0

Datenstand vom 28.11.2024 22:45 Uhr