Einrichtung einer Großtagespflege in Drößling für 10 Kinder; Defizitvereinbarung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 24.05.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Sitzung des Gemeinderates 24.05.2022 ö 6

Sach- und Rechtslage

Vor Eintritt in die Tagesordnung wird der nichtöffentlichen Tagesordnungspunkt 3 in den öffentlichen Teil (neu TOP 6) verschoben.

Gem. Art. 7 BayKiBiG entscheiden die Gemeinden, welchen örtlichen Bedarf sie unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Eltern und ihrer Kinder für eine kindgerechte Bildung, Erziehung und Betreuung sowie sonstiger bestehender schulischer Angebote anerkennen. Die Bedarfsplanung nach § 80 SGB VIII bleibt unberührt. Die Gemeinden haben die Entscheidung nach Satz 1 Art. 7 BayKiBiG entsprechend den örtlichen Gegebenheiten regelmäßig zu aktualisieren.
Ein Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung nach § 24 SGB VIII besteht ab dem vollendeten ersten Lebensjahr bis zur Einschulung und entsteht mit der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts in Bayern. Die Frage, ab wann auch für ukrainische Flüchtlingskinder ein „gewöhnlicher Aufenthalt“ in Bayern vorliegt und somit der Rechtsanspruch entsteht, hänge vom konkreten Einzelfall ab. Eine pauschale Aussage dazu ist nach Angaben des StMAS aktuell nicht möglich. Ergänzend weist das Ministerium auf die grundsätzliche Anmeldefrist nach Art. 45a AGSG von drei Monaten vor der geplanten Inanspruchnahme des Betreuungsplatzes hin.
Kindertageseinrichtungen - und auch die Kindertagespflege - leisten einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Entwicklung und zum Spracherwerb der Kinder aus der Ukraine und sie können die schutzsuchenden Familien bei der Eingewöhnung in ihre neue Lebenswelt unterstützen, wenngleich eine Kindertageseinrichtung kein adäquater Ersatz für Deutschkurse darstellen kann. Wenn für eine Familie ein längerer Aufenthalt in Bayern abzusehen ist, ist es daher wichtig, die Kinder in die örtlichen Strukturen der Kindertagesbetreuung aufzunehmen.

Voraussetzung dafür sind u. a. ausreichend zur Verfügung stehende, adäquate Betreuungsangebote, ein niedrigschwelliger Zugang zu den Kindertageseinrichtungen bzw. zur Kindertagespflege, eine möglichst gemeinsame Betreuung von deutsch- und nicht-deutschsprachigen Kindern sowie eine gute Ausstattung mit qualifiziertem Fachpersonal.
Unsere Kitas in der Gemeinde (eigene und fremde Trägerschaft) sind allerdings vor allem wegen des Fachkräftemangels bereits stark belastet. Auch infolge von Corona hat das pädagogische Personal keine Kapazitäten für zusätzliche Aufgaben. Bereits jetzt ist spürbar, dass selbst erfahrene pädagogische Kräfte das Arbeitsfeld verlassen. Die Aufnahmefähigkeit der Kitas stößt also an ihre Grenzen. Beispielhaft kann der Gemeindekindergarten Hechendorf mit bereits vier vorliegenden Mitarbeiterkündigungen (betrifft aktuelle Kostensteigerungen im privaten Bereich, Umzug in andere Bundesländer, befristete Arbeitsverhältnisse deren Verlängerung nicht gewünscht ist) benannt werden. Neues Personal anzuwerben, erfordert mittlerweile einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten.
Aktuell sind zehn ukrainische Kinder im Kindergartenalter und sieben im Krippenalter offiziell wohnhaft in unserer Gemeinde gemeldet. Es ist davon auszugehen, dass weitere Anmeldungen folgen. Außerdem sind bereits mehrere Neuanmeldungen zukünftiger Seefelder Bürger in der Verwaltung eingegangen. Das Landratsamt Starnberg hat eindringlich die Umsetzung von kurzfristigen Lösungen hinsichtlich dieses unerwartet gestiegenen Bedarfes an Betreuungsplätzen angeraten, da die ausreichende Bereitstellung von Kinderbetreuungsplätzen im Gemeindegebiet eine der Pflichtaufgaben der Kommune darstellt.

Um allen Vorgaben gemäß BayKiBiG, AGSG, StMAS hinsichtlich des Rechtsanspruches gerecht werden zu können und auch noch das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu wahren sowie absolut kurzfristig die Bedarfe abdecken zu können, besteht die Möglichkeit mit einem externen Träger „A:KitZ!“ eine einmalige Möglichkeit in Drößling wahrzunehmen. In der Starnberger Str. 1 in Drößling befindet sich ein entsprechendes Objekt, das der externe Träger anmieten, umbauen und kurzfristig in Betrieb nehmen kann. Der Vorteil einer Großtagespflege unter dem Gesichtspunkt des akuten Fachkräftemangels besteht darin, dass hier lediglich eine Fachkraft angestellt werden muss und der restliche Personalbedarf beispielsweise durch Tagesmütter abgedeckt werden kann. Dies ist aktuell die einzige Möglichkeit, mit einem erweiterten Personalpool tatsächlich kurzfristig, wirtschaftlich und zielführend die Betreuungssituation in Seefeld deutlich zu verbessern. 

Um das Vorhaben umsetzen zu können, ist ein einmaliger Umbauzuschuss i. H. v. 20.000 €, ein einmaliger Ersteinrichtungszuschuss i. H. v. noch einmal 20.000 €, ein monatlicher Defizitzuschuss i. H. v. 1.300 € sowie der kommunale Pflichtanteil nach Art. 20a BayKiBiG i. H. v. derzeit ca. 2.500 € monatlich durch die Gemeinde notwendig.

Zukünftige Kosten „A:KitZ!“:              Jahreskosten in €            Monatskosten in €
Defizitzuschuss                                15.600,00                            1.300,00
Förd. Art. 20a BayKiBiG                        30.000,00                         2.500,00
Gesamt zukünftig:                                45.600,00                         3.800,00

Die Verwaltung beabsichtigt mit dem Träger eine Defizitvereinbarung zu schließen, die unter anderem auch regelt, dass die Einrichtung mit gemeindeeigenen Kindern zu belegen ist, Kinder, die aus dem Ort ziehen, keinen Anspruch mehr auf diesen Betreuungsplatz haben und Gastkinder grundsätzlich nur in Ausnahme (z.B. geburtenschwache Jahrgänge) und mit genereller Kündbarkeit sowie der Zustimmung durch die Sitzgemeinde aufgenommen werden dürfen. Die Defizitvereinbarung wird auch den Zuschussrahmen angemessen regeln.
Der Haupt- und Finanzausschuss hat am 10.05.2022 folgenden Empfehlungsbeschluss einstimmig gefasst:
Dem Gemeinderat wird empfohlen, die Umsetzung der Großtagespflege in Drößling zu folgenden Konditionen zu beschließen: 
  • Einmaliger Gesamtzuschuss i. H. v. 40.000 € 
  • Monatlicher Zuschuss zum Defizit im Rahmen einer noch abzuschließenden wirtschaftlich sinnvollen Defizitvereinbarung (ca. 1.300 €/Monat).
  • Der kommunale Pflichtanteil der Förderung richtet sich nach Art. 20a BayKiBiG.

Sitzungsverlauf

Nach Beantwortung einiger Fragen zum Träger, zur Qualität der Betreuung und der Bitte um Vorlage des Trägerkonzeptes wird betont, dass die zuständige Genehmigungsbehörde LRA STA der Massnahme und dem Träger gegenüber sehr positiv eingestellt ist. 

Der Beschlussvorschlag soll insofern modifiziert werden, dass der einmalige Gesamtzuschuss i.H.v. maximal 40.000 € auf Nachweis und der monatliche Zuschuss zunächst nur für das 1. Jahr gezahlt wird.

GR Zimmermann stellt den Geschäftsordnungsantrag auf Schluß der Debatte. Dem Geschäftsordnungsantrag wird mit 17 : 1 Stimmen gefolgt.

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt die Umsetzung der Großtagespflege in Drößling zu folgenden Konditionen: 
  • Einmaliger Gesamtzuschuss i. H. v. maximal 40.000 € auf Nachweis
  • Monatlicher Zuschuss zunächst nur für das 1. Jahr zum Defizit im Rahmen einer noch abzuschließenden wirtschaftlich sinnvollen Defizitvereinbarung (ca. 1.300 €/Monat).
  • Der kommunale Pflichtanteil der Förderung richtet sich nach Art. 20a BayKiBiG.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 17, Dagegen: 1

Datenstand vom 17.10.2022 11:01 Uhr