Antrag auf Vorbescheid zur Errichtung eines Zweifamilienhauses mit Doppelgarage; Bauort: Fl.Nr.799/3 und 799/5, Bahnhofstraße 13 in Hechendorf; Bauantrag-Nr.35/2017


Daten angezeigt aus Sitzung:  8. Sitzung des Bauausschusses, 19.09.2017

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bauausschuss 8. Sitzung des Bauausschusses 19.09.2017 ö Beschließend 3

Sach- und Rechtslage

Die Fl.Nr.799/3 und Fl.Nr.799/5 bilden zusammen das Baugrundstück mit einer Größe von 753 m². Das Baugrundstück befindet sich im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplans Bahnhof Hechendorf- Teil Nord vom 05.01.2000.

Derzeit ist das Grundstück mit einem Wohnhaus aus den 1940er Jahren und einem Anbau aus den 1970er Jahren bebaut. Beides ist im Rahmen eines späteren Bauantrags zum Abriss vorgesehen.

Die Bauwerberin plant anstelle des jetzigen kleinen Bestands ein Zweifamilienhaus mit teilintegrierter Doppelgarage und Wintergarten. Problematisch ist, dass der rechtskräftige Bebauungsplan die Baugrenze ausschließlich am derzeitigen Bestand orientiert, und überdies eine GF von 160 m² festsetzt, die nicht für die festgesetzte Bebauung mit zwei Vollgeschossen ausreichend ist, so dass die  Möglichkeit  einer Bebauung mit I+D nicht ausgeschöpft werden kann. Weiterhin ist nur ein Bauraum für eine Einzelgarage zulässig.

Im Einzelnen stellt die Bauwerberin folgende Fragen:

1.
„Ist der vorgegeben Grundfläche eine Erhöhung der Geschossfläche auf 210 m² möglich?“

Die Frage ist dahingehend auszulegen, ob das Einverständnis der Gemeinde zur Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Festsetzung 3 b) hinsichtlich einer Überschreitung der festgesetzten Geschossfläche von 160m² auf 210m² erteilt werden kann?

Ein Widerspruch der Festsetzungen der überbaubaren Grundfläche (GR), orientiert an dem jetzigen Bestand mit ca. 144 m², und der zweigeschossig maximal als zulässig festgesetzten Geschossflächen (GF) von 160 m,² bei zwei Vollgeschossen, liegt nicht vor.  Vielmehr gilt im Verhältnis zweier Festsetzungen immer die engste Festsetzung als bestimmende Festsetzung.

Denkbar wäre zum Beispiel eine Bebauung mit einer GR von 80 m² in zweigeschossiger Bauweise (zwei Vollgeschosse), so dass sich eine GF von 160 m² ergibt.

Das Einvernehmen kann nicht erteilt werden.


2.
„Sind die Wintergartenanbauten die nach dem Bebauungsplan außerhalb der Baulinien liegen dürfen im Ausmaß des Vorbescheides möglich?“

Die Frage ist dahingehend auszulegen, ob das Einvernehmen der Gemeinde zur Ausnahme gem. § 31 Abs.1 BauGB in Verbindung mit der Festsetzung 5 c) hinsichtlich einer Überschreitung der festgesetzten Baugrenzen durch einen traufseitigen Wintergartenanbau in den Maßen 8,00 m x 2,00 m und giebelseitig von 3,00m Breite erteilt werden kann?

Das Einvernehmen kann erteilt werden, weil in der Festsetzung 5c) des Bebauungsplans die Möglichkeit einer Ausnahme bereits ausdrücklich und textlich vorgesehen ist. Die Ausnahmemöglichkeit ist hinsichtlich der Art und ihres Umfangs hinreichend bestimmt genug, es ist vorgesehen, dass traufseitig Wintergärten die Baugrenze ausnahmsweise um bis zu 2,00 m Tiefe überschreiten können und giebelseitig die Breite des Wintergartens bis maximal 2/3 der Giebelbreite betragen darf. Die Planung hält die Maße ein. Bei der Möglichkeit der Ausnahme gem. § 31 Abs.1 BauGB in Verbindung mit dem Bebauungsplan handelt es sich um ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Diese wurde vorliegend gewahrt, da bisher keine Ausnahmen bzgl. Wintergärten erteilt wurden. Schließlich ist das nachbarschaftliche Rücksichtsnahmegebot nicht beeinträchtigt, weil es sich um ein Straßeneckgrundstück handelt und an beiden „Wintergartenseiten“ keine unmittelbaren Nachbarn anliegen.


3.
„ Ist die Garage als mitintegrierter Teil des Wohnhauses möglich?“

Die Frage ist dahingehend auszulegen, ob das Einvernehmen der Gemeinde zur Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Festsetzung 6 c) hinsichtlich einer zusätzlichen Fläche für eine Garage erteilt werden kann?


Das Einvernehmen kann erteilt werden, weil durch die Befreiung die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Zwar wurde im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans weitestgehend nur der Bestand an Wohnhäusern und Garagen festgesetzt, so dass hier von einem Grundzug und Planungsziel auszugehen ist. Wenn man die übrigen Wohngrundstücke betrachtet, wurden allerdings bei den Grundstücken Fl.Nr.796 und 796/6 über den Bestand einer jeweiligen Doppelgarage hinaus noch jeweils eine weitere Doppelgarage festgesetzt. Eine maßvolle Erweiterung der Garagen als Parkmöglichkeit, über den Bestand hinaus erscheint somit nicht unvereinbar mit den Grundzügen der Planung. Eine Befreiung ist als Befreiungstatbestand nach § 31 Abs.2 Nr.2 BauGB auch städtebaulich vertretbar, weil eine entsprechende zusätzliche Festsetzung unter Beachtung der materiell-rechtlichen Anforderungen der Bauleitplanung bei Aufstellung des Bebauungsplans möglich gewesen wäre. Schließlich werden durch die Befreiung auch keine nachbarrechtlichen Interessen gefährdet, weil der Nachbar auf dem angrenzenden Grundstück auch eine Garagennutzung unmittelbar neben der betroffenen Grundstücksstelle hat.


4.
„Kann der Bebauungsplannach der letzten (2.Änderung) an diesem Grundstück noch angesetzt werden?“

Die Frage ist dahingehend auszulegen, ob der ursprüngliche Bebauungsplan nach der 2. Änderung für das benachbarte alte Fabrikgebäude für das Baugrundstück noch rechtliche Wirkung hat?

Diese Frage ist kein zulässiger Gegenstand im Rahmen eines Antrags auf Vorbescheid nach Art.71 BayBO, weil zwar  vorgreifende „Ob-Frage“ hinsichtlich der Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens möglich sind, es sich aber vorliegend nicht um eine Zulässigkeitsfrage im bauplanungsrechtlichen Sinne handelt, sondern um die Frage nach der Wirksamkeit des Bebauungsplans. Diese Frage ist jedoch dem Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 47 VwGO vorbehalten.


Anlagen:

- Fragenkatalog
- Eingabepläne

Beschlussvorschlag

1.
Der Antrag auf Vorbescheid wird hinsichtlich der Erteilung des Einvernehmens zu einer Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Festsetzung 3 b) hinsichtlich einer Überschreitung der festgesetzten Geschossfläche von 160m² auf 210m²  nicht befürwortet.

Ein Widerspruch der Festsetzungen der überbaubaren Grundfläche (GR), orientiert an dem jetzigen Bestand mit ca. 144 m², und der zweigeschossig maximal als zulässig festgesetzten Geschossflächen (GF) von 160 m,² bei zwei Vollgeschossen liegt nicht vor.  Vielmehr gilt im Verhältnis zweier Festsetzungen immer die engste Festsetzung als bestimmende Festsetzung. Die Voraussetzungen einer Befreiung liegen im Übrigen nicht vor.

2.
Der Antrag auf Vorbescheid wird hinsichtlich der Erteilung des Einvernehmens zur Ausnahme gem. § 31 Abs.1 BauGB in Verbindung mit der Festsetzung 5 c) zu einer Überschreitung der festgesetzten Baugrenzen durch einen traufseitigen Wintergartenanbau in den Maßen 8,00 m x 2,00 m und giebelseitig von 3,00m Breite befürwortet.

3.
Der Antrag auf Vorbescheid wird hinsichtlich der Erteilung des Einvernehmens zur Befreiung gem. § 31 Abs.2 Nr. 2 BauGB von der Festsetzung 6 c) zu einer zusätzlichen Fläche für eine Garage befürwortet.

4.
Es ergeht kein Beschluss zur Frage „Kann der Bebauungsplannach der letzten (2.Änderung) an diesem Grundstück noch angesetzt werden?“, weil diese Frage keine zulässiger Gegenstand im Rahmen eines Antrags auf Vorbescheid nach Art.71 BayBO. Zwar  ist die vorgreifende „Ob-Frage“ hinsichtlich der Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens möglich, vorliegend handelt es sich aber nicht um eine Zulässigkeitsfrage im bauplanungsrechtlichen Sinne, sondern um die Frage nach der Wirksamkeit des Bebauungsplans. Diese Frage ist jedoch dem Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 47 VwGO vorbehalten.

Beschluss

1.
Der Antrag auf Vorbescheid wird hinsichtlich der Erteilung des Einvernehmens zu einer Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Festsetzung 3 b) hinsichtlich einer Überschreitung der festgesetzten Geschossfläche von 160m² auf 210m²  nicht befürwortet.

Ein Widerspruch der Festsetzungen der überbaubaren Grundfläche (GR), orientiert an dem jetzigen Bestand mit ca. 144 m², und der zweigeschossig maximal als zulässig festgesetzten Geschossflächen (GF) von 160 m,² bei zwei Vollgeschossen liegt nicht vor.  Vielmehr gilt im Verhältnis zweier Festsetzungen immer die engste Festsetzung als bestimmende Festsetzung. Die Voraussetzungen einer Befreiung liegen im Übrigen nicht vor.

Ja:                  9
Nein:                  0


2.
Der Antrag auf Vorbescheid wird hinsichtlich der Erteilung des Einvernehmens zur Ausnahme gem. § 31 Abs.1 BauGB in Verbindung mit der Festsetzung 5 c) zu einer Überschreitung der festgesetzten Baugrenzen durch einen traufseitigen Wintergartenanbau in den Maßen 8,00 m x 2,00 m und giebelseitig von 3,00m Breite befürwortet.

Ja:                  9
Nein:                  0


3.
Der Antrag auf Vorbescheid wird hinsichtlich der Erteilung des Einvernehmens zur Befreiung gem. § 31 Abs.2 Nr. 2 BauGB von der Festsetzung 6 c) zu einer zusätzlichen Fläche für eine Garage befürwortet.

Ja:                  9
Nein:                  0


4.
Es ergeht kein Beschluss zur Frage „Kann der Bebauungsplannach der letzten (2.Änderung) an diesem Grundstück noch angesetzt werden?“, weil diese Frage keine zulässiger Gegenstand im Rahmen eines Antrags auf Vorbescheid nach Art.71 BayBO. Zwar  ist die vorgreifende „Ob-Frage“ hinsichtlich der Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens möglich, vorliegend handelt es sich aber nicht um eine Zulässigkeitsfrage im bauplanungsrechtlichen Sinne, sondern um die Frage nach der Wirksamkeit des Bebauungsplans. Diese Frage ist jedoch dem Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 47 VwGO vorbehalten.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 0

Abstimmungsbemerkung
Es ergeht der Hinweis an die Bauwerberin, dass eine Bitte auf Befassung des Gemeinderats hinsichtlich einer Änderung des Bebauungsplans Bahnhof Hechendorf - Teil Nord über das Bürgermeisteramt eingereicht werden kann.

Datenstand vom 02.03.2018 08:45 Uhr