Vollzug des Bayer. Kinderbildungs- u. -betreuungsgesetzes (BayKiBiG); Bedarfsplanung für die Marktgemeinde Waldstetten


Daten angezeigt aus Sitzung:  71. Sitzung des Marktgemeinderates, 17.02.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Marktgemeinderat Waldstetten (Markt Waldstetten) 71. Sitzung des Marktgemeinderates 17.02.2020 ö Entscheidung 5

Sachverhalt

In Art. 7 des Bayerischen Kinderbildungs- und – betreuungsgesetzes (BayKiBiG) in Verbindung mit dem VIII. Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) ist die örtliche Bedarfsplanung für Kindergarten- und Krippenplätze geregelt. Die Gemeinden entscheiden selbst, welchen örtlichen Bedarf – unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Eltern und deren Kinder – sie anerkennen.

Die Bedarfsplanung soll in vier Schritten erfolgen:

1. Bestandsfeststellung
2. Bedürfniserhebung
3. Bedarfsfeststellung
4. Anerkennung der Bedarfsnotwendigkeit konkreter Plätze

Während die ersten drei Schritte dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Kreisjugendamt) als auch der Gemeinde aufgetragen sind, ist die Anerkennung der Bedarfsnotwendigkeit konkreter Plätze eine rein gemeindliche Angelegenheit.

1. Bestandsfeststellung

Welche Plätze gibt es bereits in der Marktgemeinde Waldstetten?

KiTa „St. Martin“ Waldstetten – Kindergarten mit Krippenplätzen
46 Betreuungsplätze gesamt, davon
40 Kindergartenplätze   und
  6 Krippenplätze
Lt. Betriebserlaubnis (max. 2 Plätze als integrative Plätze belegbar)
Öffnungszeiten:
Montag u. Mittwoch:        07.30 bis 16.30 Uhr
Dienstag u. Donnerstag:  07.30 bis 13.30 Uhr
Freitag:                             07.30 bis 12.30 Uhr
Kinderzahl zum Stichtag 01.05.2020:
42 Kinder
Altersgruppen der Kinder:
36 Kinder von 3 bis 6 Jahren
  6 Kinder unter 3 Jahren


Hinsichtlich aller Formen der Kindertagesbetreuung (Krippe, Kindergarten, Hort, Tagespflege … ) muss darauf hingewiesen werden, dass die Zahl der Kinder nicht generell mit der Zahl der Plätze gleichzusetzen ist, da dies gemäß Bayerisches Kinderbildungs- u. -betreuungsgesetz (BayKiBiG) vom jeweiligen Gewichtungsfaktor abhängig ist:

Faktor
Regelkind, deutschsprachig
1,0
Migrationshintergrund, nicht deutschsprachig
1,3
unter 3 Jahren
2,0
Behinderung oder von Behinderung bedroht
4,5

2. Bedarfserhebung

Welche Betreuung benötigen die Eltern für Ihre Kinder?

Die Marktgemeinde Waldstetten hat im Frühjahr des Jahres 2017 gemeinsam mit der Stadt Ichenhausen und der Gemeinde Ellzee bei den Eltern aller Kinder der Geburtsjahrgänge 2007 bis 2016 (Kinder bis 10 Jahre) eine Bedarfsumfrage durchgeführt. Die Teilnahme war schriftlich mit Fragebogen, aber auch erstmals online auf der Homepage der Marktgemeinde Waldstetten möglich. Auf diesem Wege können durchaus Rückschlüsse auf den tatsächlichen Bedarf gezogen werden, was eine konkrete Bedarfsfeststellung ermöglicht.
Lediglich im Bereich der Kinder im Krippenalter, also unter drei Jahren, war der Rücklauf insbesondere von Eltern, deren Kinder noch nicht in einer Krippe betreut werden, so gering, dass die Einschätzung des tatsächlichen Bedarfs an Krippenplätzen äußerst schwerfällt.

Insgesamt kann jedoch im Hinblick auf diese Befragung und die aktuellen Kinderzahlen in der KiTa „St. Martin“ im laufenden Kindergartenjahr 2019/20 festgestellt werden, dass das Angebot im Kindergarten- und Krippenbereich derzeit durchaus als knapp bezeichnet werden kann und bei weiter steigenden Kinderzahlen die Gefahr besteht, dass bei Vollbelegung vorübergehend keine Kinder aufgenommen werden können. Dies bestätigt ein Ausblick in das Kindergartenjahr 2020/21 mit den der KiTa-Leitung bereits jetzt durch die erfolgte KiTa-Anmeldung bekannten Zahlen. Demnach sind ab September 2020 wiederum 42 Kinder, ab Februar 2021 sogar 44 Kinder zu betreuen.

Seit 2018 versorgt das Amt für Kinder, Jugend und Familie (ehemals Kreisjugendamt) beim Landratsamt Günzburg die Kommunen mit Daten für die Bedarfsplanung aus einer wissenschaftlich gestützten Berechnung, dem sogenannten „Hildesheimer Modell“. Hierbei werden anhand von Einwohnermeldedaten und den sich daraus ergebenden Wanderbewegungen der Bevölkerung Hochrechnungen für die in Zukunft benötigten Betreuungsplätze angestellt. Dabei werden auch Kriterien wie die Einwohnerzuwächse in den letzten Jahren, die Anzahl der darunter befindlichen männlichen und weiblichen Personen einer bestimmten Altersgruppe und das bereits bestehende Angebot an Betreuungsplätzen berücksichtig.

Inhalt der Bedarfsumfrage war auch die Thematik der Öffnungszeiten. Es wurde von verschiedenen Eltern der Wunsch nach längeren Öffnungszeiten in den Randzeiten, also morgens früher öffnen und abends später schließen (vor 07.00 Uhr morgens und nach 17.00 Uhr abends), geäußert. Die Anzahl dieser Rückmeldungen entspricht jedoch keiner Menge, die eine Ausweitung der Öffnungszeiten als wirtschaftlich erscheinen lässt. Daher werden die derzeit angebotenen Öffnungszeiten als bedarfsgerecht angesehen.

3. Bedarfsfeststellung

Die Bedarfsfeststellung ist die politisch wertende Entscheidung, inwieweit die festgestellten Wünsche und Bedürfnisse umgesetzt werden können.

Da nicht alle Elternwünsche realisierbar sind, stellt der vom Gemeinderat festgestellte Bedarf nicht unbedingt ein genaues Spiegelbild der Bedürfnisse der Eltern dar.

Im Gemeindebereich Waldstetten mit Ortsteilen Heubelsburg und Brandfeld leben derzeit 40 Kinder der Geburtsjahrgänge 2013 bis 2016 und 23 Kinder der Geburtsjahrgänge 2017 bis 2019:
Geburtsjahr
Anzahl Kinder
2013
  7
2014
12
2015
11
2016
10
2017
  6
2018
  7
2019
10
gesamt
63

Nach dieser demographischen Entwicklung wird die Anzahl der unter 6-jährigen Kinder in den nächsten Jahren im Bereich der Marktgemeinde Waldstetten leicht rückläufig sein.

Auf ein verändertes Buchungsverhalten der Eltern muss mit einem entsprechenden Angebot der Gemeinde, zusammen mit dem Träger der KiTa, reagiert werden. Hier ist insbesondere die in unserer Gesellschaft verstärkt zu beobachtende Tendenz zur Krippenbetreuung zu beachten. Das derzeitige Angebot ist als knapp und kurzfristig ausreichend zu bezeichnen.

Künftiger Bedarf Krippenplätze (Kinder von 0-3 Jahren):

Als Ergebnis der Berechnung nach dem „Hildesheimer Modell“ kann festgehalten werden, dass das Betreuungsangebot zu Beginn des laufenden KiTa-Jahres bei den Kindern unter drei Jahren schon nicht mehr dem hochgerechneten Bedarf entspricht. Theoretisch werden bereits drei Krippenplätze zu wenig angeboten. Dies verschlechtert sich zum KiTa-Jahr 2020/21 nochmals auf 6 fehlende Krippenplätze. Bis zum KiTa-Jahr 2027/28 bleibt dieses Defizit von sechs Krippenplätzen konstant. Hierauf könnte mit der Schaffung einer zusätzlichen Krippengruppe mit 15 Plätzen reagiert werden.

Künftiger Bedarf Kindergartenplätze (Kinder von 3-6 Jahren):

Die Berechnung des Bedarfs für Kinder zwischen drei und sechs Jahren nach dem „Hildesheimer Modell“ ergibt ein ähnliches Ergebnis:
Theoretisch werden bereits seit September 2019 acht Kindergartenplätze zu wenig angeboten. Dies verbessert sich jedoch ab dem KiTa-Jahr 2020/21 für zwei Jahre auf eine Vollbelegung der derzeit angebotenen Plätze. Ab dem KiTa-Jahr 2023/24 wird mit einem Defizit von vier Kindergartenplätzen gerechnet.

Die Konsequenz daraus wäre die Schaffung von zusätzlichen ca. 10 Kindergartenplätzen in den nächsten zwei Jahren.

Erklärung des steigenden Bedarfs:

Nach einem geringfügigen Rückgang in den Jahren zwischen 2015 und 2017 sind seit 2018 steigende Einwohnerzahlen zu verzeichnen:

2015 (+ 18 Einwohner)
2016 (- 31 Einwohner)
2017 (- 22 Einwohner)
2018 (+ 54 Einwohner)
2019 (+ 29 Einwohner)

Auch die Erweiterung des Baugebiets „Am Gehag“ und der geplante Bauabschnitt „Am Gehag 3“ wird sich auf den Bedarf an KiTa-Plätzen auswirken, in dem hier überwiegend für junge Familien Wohnraum geschaffen wird.

Berücksichtigt werden muss ebenfalls die allgemeine Tendenz bei jungen Familien, ihre Kinder aus finanziellen und beruflichen Gründer immer früher in einer Kindertagesstätte betreuen zu lassen, was sich am gestiegenen Bedarf an Krippenplätzen widerspiegelt.

Bei der Bedarfserhebung ist die Beitragsfreiheit bzw. Beitragsentlastung für die Eltern für Kinderbetreuungsplätze in Bayern ab dem KiTa-Jahr 2019 noch nicht berücksichtigt und kann aus Sicht der Verwaltung bisher schwer eingeschätzt werden. Nach den bisherigen Eindrücken wird jedoch erwartet, dass dies den Bedarf erhöhen wird.

Im Bereich der Kinderbetreuung bestimmen Bedarfsdeckung und Pluralität die Pflichtaufgaben der Gemeinde. Das heißt, die Gemeinde muss auf Grund von § 5 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII den Eltern bei einem in der näheren Umgebung bestehenden pluralen Angebot (KiTas in verschiedenen Trägerschaften und mit unterschiedlichen Konzeptionen) eine Wahlmöglichkeit bieten können, wenn dies gewünscht wird. Für den Markt Waldstetten stellen das Montessori Kinderhaus Oxenbronn, sowie die kommunalen Kindertagesstätten der Stadt Ichenhausen im Bereich der Verwaltungsgemeinschaft Ichenhausen das plurale Angebot dar.

Damit sind die Plätze

- nach der Länge der Betreuungszeit und
- nach Träger/Pluralität

derzeit ausreichend.

Die Anzahl der benötigten Betreuungsplätze ist jedoch nicht ausreichend.


4. Anerkennung der Bedarfsnotwendigkeit

Mit der Bedarfsanerkennung bestimmt die Gemeinde ganz konkret

- wie viele Plätze
- in welcher Einrichtung
- für welches Alter

notwendig sind.

Bei der Anerkennung der Bedarfsnotwendigkeit sollte ein ausreichender Puffer vorgesehen werden, um den festgelegten Bedarf nicht ständig korrigieren zu müssen.
Die Bedarfsanerkennung führt, soweit sie nicht in Anspruch genommen wird, zu keiner finanziellen Verpflichtung.

Diskussionsverlauf

GR Stricker hakt nach, ob jeder Auswärtige Anspruch draufhabe, die KITA Plätze in Waldstetten zu nutzen. Wie ist der Bedarf von Waldstetten selbst.

Hierzu merkt Herr Fritz an, dass die Gemeinde den Bedarf sichern muss, es sollte nicht zugelassen werden, auswärtige Kinder mit aufzunehmen.

Ellzee bietet keine Krippenplätze an, merkt GR Stricker an.
Dem widerspricht Herr Fritz, seit dem Umbau ca. vor zwei Jahren hat Ellzee eine eigene Krippe.

Welche Möglichkeit gibt es hinsichtlich der Preisgestaltung der Kitaplätze, frägt GR Mader.
Die Gemeinde hat definitiv ein Mitspracherecht, so Herr Fritz.

Würde man die Plätze trotzdem voll bekommen, selbst wenn der Markt Waldstetten mal keine Kinder oder nicht mehr soviele hat, frägt GR Mader.
Aus Erfahrung von Ichenhausen werden die Plätze immer benötigt, die neu geschaffenen Plätze hier reichen beispielsweise nie aus, so Herr Fritz.

Was ist die Tagespflege, frägt GR Göppel.

Das sind anerkannte Tagesmütter, die über den Landkreis gesteuert werden, so Herr Fritz.

Nach was wird der Personalstand dann berechnet, frägt GR Schneider Chr.
Hierzu gibt es einen Anstellungs- und Fachkräfteschlüssel, so Herr Fritz. Es kommt hier immer darauf an, was es für Kinder sind, welche Zeiten gebucht werden.

GR Stricker möchte wissen, welche Kapazität die aktuellen Räumlichkeiten hergeben.
Der Vorschlag ist nicht umsetzbar in den aktuellen Räumlichkeiten, mehr hierzu kommt im nicht-öffentlichen Sitzungsteil, so Herr Fritz.

Beschluss

1. Bedarfsfeststellung

Die Marktgemeinde Waldstetten stellt folgenden Bedarf an Kindertagesplätzen ab Januar 2020 fest:

Kinder bis zu 3 Jahren
15
Kinder von 3 bis 6 Jahren
50

Die Länge der Betreuungszeiten variiert zwischen 3,0 Stunden und 7,0 Stunden.

2. Bedarfsanerkennung

Die Marktgemeinde Waldstetten erkennt folgende Plätze als bedarfsnotwendig an:


Tagesstätte
Kinder
von 3 bis 6 Jahren
Kinder
unter 3 Jahren

Schulkinder
Kindertagesstätte
„St. Martin“
Waldstetten
50
15

Tagespflege
2
2


Abstimmungsergebnis
Dafür: 12, Dagegen: 0

Datenstand vom 22.04.2020 08:49 Uhr