Neuerlass der Satzung der Stadt Ichenhausen über die Tiefe der Abstandsflächen (Abstandsflächensatzung)


Daten angezeigt aus Sitzung:  6. Sitzung des Stadtrates, 01.12.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Ichenhausen (Stadt Ichenhausen) 6. Sitzung des Stadtrates 01.12.2020 ö Entscheidung 5

Sachverhalt

Im Kernbereich der Stadt Ichenhausen mit seiner dichten Bebauung können viele Gebäude die nach Art. 6 Abs. 2 Bayerische Bauordnung (BayBO) erforderlichen Abstandsflächen (1 H) nicht einhalten. Problematisch wird dies vor allem bei Gebäudeaufstockungen, Dachausbauten mit Dachaufbauten, Neubauten und auch bereits bei reinen Nutzungsänderungen oder dem Anbringen einer Fluchtwegtreppe.

Zunehmend müssen daher von Bauherren, die ihre Grundstücke weiterentwickeln wollen, Anträge für Abweichungen von den geltenden Abstandsflächenvorschriften gestellt werden.

Um eine wirkungsvolle Bebauung und zugleich optimale Ausnutzung eines Grundstücks zu ermöglichen, soll daher die den Kommunen vom Landesgesetzgeber eröffnete Möglichkeit genutzt werden, in einem bestimmten Bereich der Kernstadt Ichenhausen ein modifiziertes Abstandsflächensystem mittels einer Abstandsflächensatzung einzuführen, indem über eine Abstandsflächensatzung gemäß Art. 6 Abs. 7 BayBO geregelt wird, dass:

  1. nur die Höhe von Dächern mit einer Neigung von weniger als 70 Grad zu einem Drittel, bei einer größeren Neigung der Wandhöhe voll hinzugerechnet wird und
 
  1. die Tiefe der Abstandsfläche 0,4 H, mindestens 3 m, beträgt.
 
Bereits bestehende und auch zukünftige Sonderregelungen in Bebauungsplänen oder anderen städtebaulichen Satzungen sollen durch diese Abstandsflächensatzung nicht berührt werden. Daher enthält der vorgelegte Satzungsentwurf in § 1 Abs. 2 einen entsprechenden Ausschlusstatbestand. Die besonderen Abstandsflächenregelungen, die im Rahmen eines Abwägungsprozesses innerhalb eines Bebauungsplanverfahrens festgelegt wurden, haben also Vorrang vor den Regelungen dieser Abstandsflächensatzung. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Stadt Ichenhausen in Gebieten, in denen eine weitere bauliche Verdichtung nicht gewünscht ist, jederzeit durch bauleitplanerische Festsetzungen nachsteuern kann.

Die Einführung der Möglichkeit, eine Abstandsflächensatzung zu erlassen, basiert auf der Musterbauordnung 2002 des Bundes, wonach die Abstandsflächentiefe ebenfalls auf 0,4 H reduziert werden sollte. Mittlerweile haben viele Bundesländer die 0,4 H – Regelung der Musterbauordnung in ihre Landesbauordnungen übernommen.

Mit der Einführung des Art. 6 Abs. 7 BayBO wollte der bayerische Gesetzgeber den Gemeinden die Möglichkeit geben, selbst eine Abstandsflächentiefe von 0,4 H im jeweiligen Gemeindegebiet einzuführen.

Aus Gründen der Rechtssicherheit sowie zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist der Erlass einer entsprechenden Abstandsflächensatzung aus bauordnungsrechtlicher Sicht eindeutig vorzugswürdig gegenüber der bisherigen Praxis, die allenfalls mit Abweichungen von der vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe von 1 H arbeiten kann.

Zudem ist mit einer geringeren Bearbeitungsdauer der Bauanträge zu rechnen, da beantragte Abweichungen in der Regel zusätzliche Beratungs- und Besprechungstermine sowie umfangreiche Abwägungsentscheidungen erfordern. Mit der Einführung einer Abstandsflächensatzung entfällt auch gleichzeitig das Ausnahmemodell des sogenannten 16 m-Privilegs (Art. 6 Abs. 6 BayBO), dessen Anwendung in der Praxis ebenfalls häufig zu erhöhtem Beratungsbedarf führt.

Es wird ein allgemeingültiges geringeres Abstandsflächenmaß eingeführt, das eine engere Bebauung ohne Einzelfallausnahmen (bis zu einer Tiefe der Abstandsfläche 0,4 H) ermöglicht, was zu einer erhöhten Akzeptanz und zu Verminderungen von nachbarlichen Rechtsstreitigkeiten führen kann.

In Fällen, in denen eine Unterschreitung von der in der Satzung festgelegten Abstandsfläche von 0,4 H erforderlich wird, besteht nach wie vor die Möglichkeit, dass das Landratsamt unter den Voraussetzungen des Art. 63 BayBO Abweichungen erteilen kann.

Die Verwaltung ist letztlich der Auffassung, dass die Vorteile sowohl für die Bauherren (Rechtssicherheit, Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes etc.) als auch für die Stadt (Verschlankung des Verwaltungsvollzugs etc.) deutlich überwiegen.

Ein Neuerlass der Satzung ist erforderlich, da die derzeit bestehende Abstandsflächensatzung vom 01.02.2017 lediglich den Bereich der Fachklinik Ichenhausen erfasst. Die bestehende Abstandflächensatzung vom 01.02.2017 wird im Zuge des Neuerlasses aufgehoben. Der Bereich der Fachklinik ist beim Neuerlass der Satzung wieder mit einbezogen.

Beschluss

Der Stadtrat der Stadt Ichenhausen beschließt den Erlass einer Satzung über die Bemessung der Abstandflächen in Ichenhausen (Abstandflächensatzung) auf Grund von Art. 6 Abs. 7 der Bayerischen Bauordnung (BayBO).

Abstimmungsergebnis
Dafür: 20, Dagegen: 0

Datenstand vom 20.01.2021 07:26 Uhr