Verwertung von Klärschlamm Beteiligung der Stadt Vöhringen am "Zweckverband zur Verwertung von Klärschlamm Steinhäule" Vorberatung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Haupt- und Umweltausschuss-Sitzung, 10.09.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Haupt- und Umweltausschuss Haupt- und Umweltausschuss-Sitzung 10.09.2018 ö 2
Stadtrat Stadtratssitzung 27.09.2018 ö 5

Sachverhalt

Die ca. 2.600 kommunalen Kläranlagen Bayerns reinigen jährlich etwa 1,8 Milliarden m³ Abwasser.
Dabei fallen rund 265.000 t Klärschlamm-Trockenmasse an.
Die Verwertung bzw. Entsorgung erfolgt im Wesentlichen über drei Pfade (2014):
  • Thermische Behandlung / energetische Verwertung 58,4 %
  • Rekultivierung / Landschaftsbau 23,8%
  • Landwirtschaftliche Verwertung 17,8%

Bereits im Jahr 2001 beschloss Bayern aus Gründen eines vorsorgenden
Verbraucher-, Boden- und Gewässerschutzes den Ausstieg aus der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung.
Es sollen ökologisch vorteilhafte Technologien, die zur Schadstoffentfrachtung und Schadstoffzerstörung führen und die Rückgewinnung von Nährstoffen aus Klärschlämmen vor der Beseitigung ermöglichen, entwickelt werden.

Seit Jahren besteht so ein klarer ein Trend hin zur thermischen Behandlung und energetischen Verwertung, während die landwirtschaftliche Verwertung und die Rekulti-vierung rückläufig sind.

Auch das Abfall- und Düngerecht zielt darauf ab, eventuell mit der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung einhergehende negative Umweltauswirkungen wie Schadstoff-einträge in den Boden und die menschliche Nahrungskette zu vermeiden und das Düngeniveau dem Nährstoffbedarf der Kulturarten anzupassen.

Erhöhte Anforderungen an die landwirtschaftliche Verwertungspraxis der Klärschlammausbringung stellt vor allem die 2012 novellierte und am 1. Januar 2015 in Kraft getretene Düngemittelverordnung.
Die im Abfall- und Düngerecht vorgesehenen Pflichten erhöhen den technischen und finanziellen Aufwand der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung.
Vor diesem Hintergrund war und ist weiterhin zu erwarten, dass die Klärschlamm-Mengen, welche in der Landwirtschaft verwertet werden, weiter zurückgehen werden.

Durch die neue Düngemittelverordnung und durch die Teilnahme an Bayerns Agrarumweltmaßnahmen im Rahmen des Bayerisches Kulturlandschaftsprogrammes (KULAP) und des Bayerisches Vertragsnaturschutzprogrammes (VNP/EA ist die Ausbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Flächen in der Praxis kaum mehr anzutreffen und – wie ausgeführt - auch nur noch in begrenztem Umfang möglich.

Im Jahr 2018 sieht es so aus, dass überhaupt keine landwirtschaftliche Klärschlammverwertung des Klärschlammes aus der Kläranlage Vöhringen stattfand und stattfindet.
Im Jahr 2017 konnten nur noch rd. 23 to von gesamt rd. 245 to (jeweils Trockenmasse) landwirtschaftlich verwertet werden.

Vor einigen Jahren wurde vom Stadtrat der Stadt Vöhringen beschlossen,
den Klärschlamm regional zu verwerten, also keinen „Klärschlammtourismus“ zu betreiben.
Wenn man dieser Vorgabe – unabhängig der dargestellten gesetzlichen und in der Praxis erfolgten Veränderungen - aber weiterhin folgen möchte, bleibt derzeit nur die Möglichkeit der ortsnahen Verbrennung des Klärschlamms im Klärwerk Steinhäule in Ulm, nachdem die Klärschlamm - Mitverbrennungseinrichtung in der MVA-Weißenhorn stillgelegt wurde.

Der Zweckverband Klärwerk Steinhäule in Ulm ist bereit, den Klärschlamm der
Stadt Vöhringen im dortigen Klärwerk zu verbrennen und bietet insoweit an, dem neu zu gründenden Zweckverband zur Verwertung von Klärschlamm beizutreten.

Nachdem auch schon weitere Kommunen ihr Interesse bekundet haben,
ist die Errichtung eines neuen Verbrennungsofens erforderlich, der ab dem Jahr 2020 gebaut werden soll.
Die Inbetriebnahme ist ab 2023 vorgesehen.
Die Kosten hierfür belaufen sich auf ca. 60 bis 70 Millionen Euro,
die über Umlagen der Mitglieder des Zweckverbandes finanziert werden sollen.
Bevor diese Investitionen tatsächlich getätigt werden, benötigt der Zweckverband jedoch Planungssicherheit durch Abgabe von verbindlichen Absichtserklärungen der Kommunen, die ihren Klärschlamm künftig dort verbrennen lassen wollen.

Die Stadt Vöhringen schlägt angesichts mangelnder geeigneter und auch in der Praxis handbarer Alternativen vor, dem neu zu gründenden Zweckverband zur Verwertung von Klärschlamm beizutreten und die Absichtserklärung zu unterzeichnen.
Diese muss spätestens bis zum 26. Oktober 2018 beim Zweckverband Klärwerk Steinhäule vorliegen.
Der Arbeitsbeginn des neuen Zweckverbandes ist am 1. Januar 2020 vorgesehen.
Die Stadt Vöhringen wäre in der Verbandsversammlung mit einer Person vertreten.
Die Investitions- und Betriebskosten werden entsprechend ihres Klärschlammkontingentes auf die Mitglieder umgelegt.

Dieser Sitzungsvorlage sind folgende Unterlagen beigefügt, aus denen nähere Einzelheiten entnommen werden können:

  • Terminplan zur Gründung bzw. Beteiligung an einem neuen Zweckverband (Anlage 1).
  • Entwurf der Satzung des zu gründenden „Zweckverband Klärschlammverwertung Steinhäule“ (Anlage 2).
  • Entwurf der zusammenfassenden Darstellung der Satzung (Anlage 3).
  • Absichtserklärung zum Beitritt (Anlage 4).

Empfehlung

Die Stadt Vöhringen beabsichtigt, dem neu zu gründenden „Zweckverband zur Verwertung von Klärschlamm Steinhäule“ beizutreten und den Klärschlamm dort thermisch verwerten zu lassen.
Herr Bürgermeister Janson wird ermächtigt, die Absichtserklärung hierzu zu unterzeichnen.

Diskussionsverlauf

Herr Bürgermeister Janson führt hierzu aus, dass durch die seit 1. Januar 2015 in Kraft getretene Düngemittelverordnung und im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) sowie des Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms (VNP/EA) die Ausbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Flächen in der Praxis kaum mehr erfolge, weshalb der Trend schon seit einigen Jahren mehr zur thermisc hen Verwertung geht.
Überlegungen, die Klärschlammverwertung evtl. selbst oder zusammen mit anderen Kommunen zu organisieren, scheitern am nicht unerheblichen großen finanziellen Umfang.
Eine Verbrennung im Müllkraftwerk Weißenhorn sei ebenfalls nicht möglich, da die ursprünglich dort vorgesehene Anlage nicht in Betrieb genommen wurde.
Das Angebot, dem Zweckverband „Steinhäule“ beizutreten, stelle derzeit die einzige sinnvolle Lösung dar, den Klärschlamm regional zu entsorgen.

Die Gremiumsmitglieder schließen sich dieser Auffassung an, bitten aber darum, dass sich die Stadtverwaltung bis zur kommenden Stadtratssitzung beim Abfallwirtschaftsbetrieb erkundigt, ob die stillgelegte Anlage für die Klärschlammverbrennung wieder reaktiviert werden könnte. Herr Bürgermeister Janson sichert dies zu.

Bezüglich der zu erwartenden Kosten im Falle eines Beitritts der Stadt Vöhringen zum Zweckverband „Steinhäule“ führen Herr Bürgermeister Janson und Herr Hieber aus, dass die laufende Entsorgung des Klärschlamms voraussichtlich ca. 75 € Brutto pro Tonne kosten wird (derzeit ca. 50 € pro Tonne bei landwirtschaftlicher Ausbringung) und sich die anteiligen Investitionskosten im Falle des Baus des 4. Ofens auf ca. 600.000 € erstrecken werden (Gesamtinvestition voraussichtlich 60 bis 70 Mio. € - Gesamtentsorgungsmenge ca. 120.000 Tonnen/Jahr - Entsorgungsmenge der Stadt Vöhringen ca. 1.300 Tonnen/Jahr).

Im Ergebnis der Beratungen ergeht sodann folgender Empfehlungsbeschluss:

Anmerkung:
Die Rückfrage beim Abfallwirtschaftsbetrieb hat ergeben, dass die Klärschlamm-Mitverbrennungseinrichtung der Müllverbrennungsanlage Weißenhorn in der Zwischenzeit komplett abgebaut und entsorgt wurde. Ein Wiederaufbau einer entsprechenden Einrichtung ist nicht geplant, u.a. auch wegen der Problematik der inzwischen vorgeschriebenen Phosphorrückgewinnung aus dem verbannten Klärschlamm.

Beschluss

Die Stadt Vöhringen beabsichtigt, dem neu zu gründenden „Zweckverband zur Verwertung von Klärschlamm Steinhäule“ beizutreten und den Klärschlamm dort thermisch verwerten zu lassen.
Herr Bürgermeister Janson wird ermächtigt, die Absichtserklärung hierzu zu unterzeichnen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 12, Dagegen: 1

Datenstand vom 28.09.2018 08:16 Uhr