Erstellung einer Satzung über die Zahl der zu errichtenden Stellplätze für Kraftfahrzeuge (Stellplatzsatzung); Antrag der SPD-Stadtratsfraktion; Vorberatung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Bau- und Verkehrsausschuss-Sitzung, 05.05.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau- und Verkehrsausschuss Bau- und Verkehrsausschuss-Sitzung 05.05.2022 ö Vorberatung 9.1
Stadtrat Stadtratssitzung 18.05.2022 ö Beschließend 3

Sachverhalt

Die SPD-Stadtratsfraktion hat mit Antrag vom 19.04.2022 um die Erarbeitung eines Entwurfes einer Stellplatzsatzung durch die Stadtverwaltung gebeten.

Nach interner Prüfung des Sachverhaltes rät die Stadtverwaltung jedoch von dem Erlass einer Stellplatzsatzung ab.

In der Vergangenheit hat es sich bewährt, jedes Bauvorhaben hinsichtlich der Stellplatzthematik individuell und situationsbedingt bewerten zu können. Es besteht die Gefahr, diese Flexibilität mit dem Erlass einer Satzung zu verlieren.

Eine Stellplatzsatzung würde zwingend die Möglichkeit von Ausnahmen vorsehen müssen. Die Herausforderung wäre allerdings, welches Bauvorhaben hier unter den engen satzungsrechtlichen Regelungen berücksichtigt werden könnte. Eine fundierte Auseinandersetzung mit Befreiungsanträgen, welche durch Beschluss des Gremiums jeweils einzeln entschieden werden müssten, wäre die Folge.

Mit einer Erhöhung des Stellplatzschlüssels auf bis zu zwei Plätze pro Wohnung wird eine neue Ausgangslage bei der Beurteilung insbesondere innerörtlicher Bauvorhaben geschaffen. Diese würde allerdings gegen die Maßgabe wirken, ausreichend neuen Wohnraum zu schaffen und eine Nachverdichtung innerorts zu intensivieren. Gerade in der aktuellen Zeit, in der Grundstücke knapp sind und der Bedarf an Wohnraum sehr hoch, verteuern sich die Grundstückspreise dramatisch. Eine höhere Anzahl an Stellplätzen belastet ein Grundstück flächenmäßig höher. Als Folge kann weniger Wohnraum entstehen. Der Bau von Tiefgaragen führt zu einer erheblichen Kostensteigerung der Wohnungspreise.

Weiter verliert ein Grundstück aufgrund des höheren Flächenbedarfs für PKW-Stellplätze wohl regelmäßig die Möglichkeit einer ökologisch gebotenen Bepflanzung. Dies würde auch das Stadtbild nicht unerheblich beeinträchtigen.

Es ist zu erwarten, dass gerade Bauträger wohl des öfteren Anträge auf finanzielle Ablösung von Stellplätzen stellen werden. Sollte diesen nachgekommen werden müssen (hierbei handelt es sich jeweils um gebundene Ermessensentscheidungen, die gerichtlich überprüft werden können), würde sich dies auf das Parken von Autos auf Straßen negativ auswirken. Die Stadt Vöhringen würde zwar Einnahmen generieren, welche sie aber zweckentsprechend verwenden müsste. Mangels geeigneter Grundstücke wird dies der Stadt Vöhringen allerdings wohl häufig nicht gelingen.

Zuletzt stellt sich die Frage, ob durch die Forderung höherer Stellplatzzahlen nicht auch die Attraktivität des Autofahrens gesteigert wird, was derzeit sicher nicht gewünscht ist.   

Empfehlung

Der Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom 19.04.2022 wird abgelehnt.

Die Begründung ergibt sich aus dem Sachverhalt, der Bestandteil des Beschlusses ist (Anlage).

Diskussionsverlauf

Bürgermeister Neher gibt Herrn Barth zunächst die Gelegenheit, den Antrag der SPD-Fraktion zur Erstellung einer Satzung über die Zahl der zu errichtenden Stellplätze für Kraftfahrzeuge vorzustellen.

Herr Barth erläutert sehr ausführlich den Hintergrund des Antrages der SPD-Fraktion und geht dabei u. a. auf die stetige Zunahme der Autos in Deutschland ein und verweist auf den sehr hohen Parkdruck beispielsweise in der Blumenstraße. Er stellt die Frage in den Raum, ob die Stadt Vöhringen dem Druck etwa von Bauträgern mit den oftmals vorgesehenen großen Mehrfamilienhäusern weiter in dem Maße nachkommen will, oder ob auch im Hinblick auf die weitere Infrastruktur Gebäude mit geringerer Wohnungszahl angestrebt werden sollten. Dann wären die Grundstücke groß genug für die Anlage von Grünflächen trotz einer ausreichenden Zahl von Stellplätzen auf dem Grundstück in einem Umfeld von Straßen mit Platz für alle Verkehrsteilnehmer. 

In der anschließenden Aussprache wird schnell deutlich, dass die anderen im Gremium vertretenen Fraktionen den Antrag der SPD-Fraktion sehr kritisch sehen.

Als Argumente gegen eine Stellplatzsatzung wird u. a. folgendes vorgetragen:
-        es ist an der Zeit ein Mobilitätskonzept zu entwickeln weg von der Vorrangstellung des Autos, so wie dies z. B. bereits durch das städtische Radkonzept und durch Carsharingangebote geschieht; die diesbezüglichen Bemühungen sollten nicht konterkariert werden,
-        Grundstücksflächen sollten so wenig als möglich versiegelt werden, siehe hierzu auch die Beschlussfassung zu TOP Nr. 4 der StR-Sitzung vom 28.04.2022 (Wohnquartier Kranichstraße Ost, auf dem Weg zum klimaneutralen Wohngebiet),
-        die bisherige Praxis hat sich bewährt – es konnte nahezu immer ein verträgliches Verhältnis zwischen Wohnungs- und Stellplatzzahl erreicht werden,
-        die konsensfähige Flexibilität sollte nicht gegen das enge Korsett einer Satzung eingetauscht werden,
-        wir sollten „dem Auto nicht hinterherlaufen“; vielmehr sollte das Autofahren tendenziell immer unbequemer werden, weil dies auch die PKW-Dichte senken könnte,
-        eine Ablöseregelung wäre zwingend in der Stellplatzsatzung vorzusehen und würde dazu führen, dass die Stadt Vöhringen dadurch zwar (zweckgebundene) Gelder einnehmen würde, oftmals jedoch im Umfeld der Baumaßnahme insbesondere mangels Grundstück aber keine Parkflächen schaffen könnte; die Wohnungskäufer hätten die diesbezüglichen Mehrkosten (ohne Gegenleistung) zu tragen, nachdem die Stellplatzablösekosten auf die Wohnungspreise umgelegt würden, 
-        Bauherren müssen zwar die nach geltendem Recht erforderlichen Stellplätze schaffen, die Wohnungskäufer können aber nicht (öffentlich-rechtlich) gezwungen werden, die entsprechenden Stellplätze zu erwerben, weswegen insbesondere in Tiefgaragen (angesichts der hohen Kosten) häufig unverkäufliche Stellplätze beim Bauträger verbleiben.

Beschluss

„Die Stadtverwaltung wird beauftragt, einen Vorschlag für eine Stellplatzsatzung zu erarbeiten und diese dem Stadtrat zu Beratung vorzulegen.“

Abstimmungsergebnis
Dafür: 3, Dagegen: 9

Datenstand vom 03.06.2022 12:47 Uhr