Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Teilbaugebiet "Messerpaint" im Ortsteil Oberlind; hier: Beschlussfassung über die Einleitung und Durchführung der Bauleitplanung im beschleunigten Verfahren nach § 13 b i.V.m. § 13 a BauGB


Daten angezeigt aus Sitzung:  44. Sitzung des Stadtrates, 06.07.2017

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat 44. Sitzung des Stadtrates 06.07.2017 ö beschliessend 4

Sach- und Rechtslage

Der Stadtrat Vohenstrauß hat in seiner Sitzung am 12.01.2017 die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Teilbaugebiet „Messerpaint“ im Ortsteil Oberlind beschlossen. Ein Planentwurf wurde zwischenzeitlich durch den städtischen Bautechniker, Herrn Christoph Weiß, erarbeitet. Im Hinblick auf den sich in der Nähe befindlichen Zimmereibetrieb wurde das Büro abConsultants GmbH mit der Erstellung einer schalltechnischen Untersuchung beauftragt. Das Ergebnis wurde vom Büro abConsultants für die 27. KW in Aussicht gestellt. Weiter wurden im Vorfeld bereits in Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde und dem Büro für Landschaftsökologie und Landschaftsplanung, Susanne Ullmann, diverse Ausgleichsmaßnahmen im Zuge der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen vereinbart.

Parallel zur Aufstellung des Bebauungsplanes ist ein Verfahren zur 7. Änderung des Flächennutzungsplanes erforderlich.

Die Verwaltung könnte nun, sobald das Ergebnis der schalltechnischen Untersuchung vorliegt, das förmliche Bauleitplanverfahren durchführen, das mit folgenden Verfahrensschritten und Fristen verbunden wäre:

  1. Bürgerbeteilig ung und Anhörung der Träger öffentlicher Belange. Dauer: 1 Monat zuzüglich 1 Woche für die Bekanntmachung.
  2. Beschlussmäßige Stellungnahme durch den Stadtrat zur den vorgebrachten Bedenken, Anregungen und Einwendungen, sowie Billigungs- und Auslegungsbeschluss. Dauer: Je nachdem eine Sitzung anberaumt wird.
  3. Öffentliche Auslegung des gebilligten Planentwurfes und Benachrichtigung der Träger öffentlicher Belange einschl. Mitteilung über die beschlussmäßig behandelten Stellungnahmen. Dauer: 1 Monat zuzüglich 1 Woche für die Bekanntmachung.
  4. Satzungsbeschluss durch den Stadtrat (sofern keine weiteren Einwendungen vorgebracht werden, die zu einer nochmaligen Änderung des Planentwurfes führen könnten). Dauer: Je nachdem eine Sitzung anberaumt wird.
  5. Genehmigung der Flächennutzungsplanänderung durch das Landratsamt (Voraussetzung dafür, dass die Bebauungsplansatzung in Kraft gesetzt werden kann). Dauer: Bis zu 3 Monaten.

Am 05. Mai 2017 ist das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz wurde im BauGB nach § 13a folgender § 13b neu eingefügt:

„Bis zum 31. Dezember 2019 gilt § 13a entsprechend für Bebauungspläne mit einer Grundfläche im Sinne des § 13a Absatz 1 Satz 2 von weniger als 10.000 Quadratmeters, durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Flächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes nach Satz 1 kann nur bis zum 31. Dezember 2019 förmlich eingeleitet werden; der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum 31. Dezember 2021 zu fassen.“

In einem Gespräch mit dem Baujuristen des Landratsamtes Neustadt a.d. Waldnaab, Herrn Daniel Merk, Herrn Kreisbaumeister Werner Kraus und der Sachbearbeiterin für Bauleiplanung, Frau Christina Bauer, am 26.06.2017, wurde über die Anwendbarkeit des neuen § 13b BauGB für das Teilbaugebiet „Messerpaint“ diskutiert. Die Meinung des Baujuristen, die Auslegung des Gesetzes lasse vermuten, dass dies nur im Anschluss an ein reines Baugebiet und auch nur die Ausweisung eines WR-Gebiets im Bebauungsplan, konnten die Vertreter der Stadt Vohenstrauß, 1. Bürgermeister Andreas Wutzlhofer und VR Sier nicht teilen. Letztendlich wurde übereinstimmend festgestellt, dass grundsätzlich nichts dagegen spricht, den neuen § 13b BauGB auch dann anzuwenden, wenn im Bebauungsplan ein WA-Gebiet festgesetzt wird. Voraussetzung hierfür aber wäre, dass die schalltechnische Untersuchung zu dem Ergebnis kommt, dass sich der bestehende Zimmereibetrieb nicht störend auf die vorgesehene Wohnbebauung auswirkt. 

Bei Anwendung des neuen § 13b BauGB würden sich folgende Verfahrensschritte und Fristen ergeben:

  1. Bürgerbeteiligung in Form der Auslegung des Planentwurfes sowie Beteiligung der Träger öffentlicher Belange. Dauer: 1 Monat zuzüglich 1 Woche für die Bekanntmachung.
  2. Satzungsbeschluss durch den Stadtrat. Dauer: Je nach Anberaumung einer Sitzung.

Der weitere Vorteil des beschleunigten Verfahrens wäre, dass keine förmliche Umweltprüfung und kein Umweltbericht erforderlich wäre sowie der Flächennutzungsplan nach Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplanes lediglich im Wege der Berichtigung angepasst werden müsste, also kein förmliches Flächennutzungsplanänderungsverfahren notwendig wäre. Maßnahmen zum naturschutzrechtlichen Ausgleich nach § 1a BauGB sind nicht erforderlich. Solche aber würde von Seiten der Stadt Vohenstrauß auf freiwilliger Basis, wie bereits mit der Unteren Naturschutzbehörde vereinbart, durchgeführt. Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung von Gebieten gemeinschaftlicher Bedeutung (Fauna-Flora-Habitat-Gebiete) und von Europäischen Vogelschutzgebieten sind nicht gegeben.


Zum Sachverhalt teilt 1. Bürgermeister Wutzlhofer weiter folgendes mit:

Aufgrund der verschiedenen Meinungen über die Anwendbarkeit des neuen § 13b BauGB wurde der Bayerische Gemeindetag kontaktiert. Dabei stellte der zuständige Referent, Herr Dr. Gaß, ganz klar fest, dass der Gesetzestext „ ………. Durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen ………. Begründet wird ……… „ so aufzufassen ist, dass es sich um reine, also um ausschließliche Wohnnutzungen handeln muss, auch wenn das Wort reine nicht explizit aufgeführt ist. Die Formulierung Wohnnutzungen bedeutet, dass neben dem Wohnen keine anderen Nutzungen (Gewerbe, Beherbergung, etc.) gewünscht und zulässig sind. Dies hat zur Folge, dass tatsächlich bei der Anwendung des § 13b BauGB nur Bebauungspläne für die Festsetzung von WR-Gebieten aufgestellt werden können. Diese kann aber laut dem mittlerweile vorliegenden Schallschutzgutachten im Teilbaugebiet „Messerpaint“ nicht festgelegt werden.

Weiter wurde Herr Dr. Petersen, Oberregierungsrat im Sachgebiet IIB5 (Bauplanungsrecht) der Obersten Baubehörde im Bayerischen Innenministerium telefonisch kontaktiert, um die Meinung der Obersten Baubehörde zu erfahren. Herr Dr. Petersen gab zur Auskunft, dass die bayerische Meinung dahin tendiert, dass der neue § 13b nicht nur für reine, sondern auch für allgemeine Wohngebiete anwendbar sei. Insofern teilt die Oberste Baubehörde nicht die Meinung anderer Bundesländer oder des BayGT. Die Oberste Baubehörde werde bei der Fach-kommission Städtebau anregen, im Durchführungserlass zum § 13b BauGB auf Bund-Länger-Ebene die bayerische Ansicht zu berücksichtigen. Inwieweit diesem Rechnung getragen wird, ist nicht vorhersehbar. Aus Gründen der Rechtssicherheit (zur Vermeidung eines evtl. nichtigen Bebauungsplanes oder einer Normenkontrollklage) sollte bei geplanten WA-Gebieten der § 13b BauGB bis zum Durchführungserlass, mit dem in ein bis zwei Monaten zu rechnen ist, noch nicht angewandt werden.

Beschluss

Nach Kenntnisnahme vom Sachverhalt und kurzer Aussprache beschließt der Stadtrat in An-betracht der der derzeit noch unsicheren Rechtslage, von der Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Teilbaugebiet „Messerpaint“ im Ortsteil Oberlind im beschleunigten Verfahren nach § 13b i.V.m. § 13a BauGB abzusehen. Insofern wird am Stadtratsbeschluss vom 12.01.2017 Nr. 37/3 festgehalten.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 18, Dagegen: 0

Datenstand vom 20.09.2017 08:52 Uhr