TÖB 2: Landratsamt Main-Spessart Schreiben vom 14.01.2020; Beratung und Beschlussfassung


Daten angezeigt aus Sitzung:  1. Sitzung des Gemeinderates Himmelstadt, 12.01.2023

Beratungsreihenfolge

Sachverhalt

Das Landratsamt Main-Spessart hat mit Schreiben vom 14.01.2020 folgende Stellungnahme im Bebauungsplanverfahren abgegeben: 

Städtebau/Bauleitplanung:
Aus städtebaulicher Sicht werden dem Vorhaben keine Bedenken entgegengebracht. Aus Sicht der Bauleitplanung wird der Planung grundsätzlich zugestimmt.
Es ist jedoch rechtlich nicht zulässig, in einer gemeindlichen Satzung Anforderungen an Bauherren zu stellen, die über die Forderungen der BayBO bzw. des BauGB hinausgehen. Daher muss der geänderte Festsetzungsentwurf zum Immissions­schutz als Hinweis und nicht als Festsetzung ergänzt werden. Es sollte und kann jedoch - gerade im Hinblick auf das äußert wahrscheinliche Freistellungsverfahren - die Festsetzung zu den Fenstern für die ruhebedürftigen Räume zur schallabge­wandten Seite übernommen werden.
Darüber hinaus sei der Hinweis gestattet; dass bei der lediglich durch Verkehrslärm entstehenden Belastung der Bezug auf die TA Lärm falsch ist. Dieser ist lediglich auf die DIN 18005 zulässig.

Wasserrecht/Bodenschutz:
Die geplante Änderung bezieht sich insbesondere auf das Grundstück FI.-Nr. 5769 der Gemarkung Himmelstadt. Auf diesem Grundstück befinden sich bereits ein Regenüberlauf sowie Abwasserkanäle. Der Zugang zu sowie die Unterhaltung dieser Abwasseranlagen muss zu jeder Zeit gewährleistet sein, auch bauliche Änderungen müssen jederzeit möglich sein. Auch auf die fachlichen Ausführungen in der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes Aschaffenburg vom 15.01.2021 wird verwiesen, wonach ab einem 100-jährlichen Hochwasserabfluss der· Regenüberlauf überstaut wird und verdünntes Abwasser unkontrolliert über das Grundstück abfließen kann. Wir halten daher eine wohnbauliche Nutzung des Grundstückes für nicht möglich.
Desweiteren liegt das Grundstück im amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet des Maines. Gemäß § 78 Abs. 3 WHG hat die Gemeinde bei der Änderung von Bauleitplänen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten eine Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB durchzuführen und insbesondere die in§ 78 Abs. 3 WHG aufgezählten Punkte dabei zu berücksichtigen.
Eine solche Abwägung ist nicht erfolgt und daher noch zu ergänzen. ·
Desweiteren ist die Errichtung baulicher Anlagen sowie die Erhöhung der Erdoberflächen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten untersagt (§ 78 Abs. 4 und § 78 a Abs. 1 Nr. 5 WHG). Ob eine Ausnahme nach § 78 Abs. 5 bzw. § 78a Abs. 2 WHG möglich ist, kann erst anhand der vorzulegenden Planunterlagen im Einzelbau­vorhaben geprüft werden; ein Retentionsraumausgleich wäre in jedem Fall erforderlich.
Nachdem sich die Änderung des Bebauungsplanes nur auf die Bebaubarkeit des Grundstückes FI.-Nr. 5769 bezieht, sollten die erforderlichen Nachweise im Hinblick auf das Überschwemmungsgebiet bereits jetzt geführt werden.
Schließlich weisen wir noch auf Folgendes hin: bereits in unserer Stellungnahme vom 09.07.2013 haben wir auf die wasserrechtliche Genehmigung vom 18.06.1990 verwiesen, wonach die Beseitigung der Geländeauffüllungen auf dem Grundstück FI.-Nr. 5769 der Gemarkung Himmelstadt als Ausgleich für die damals geplanten Auffüllungen im Bereich der Bauflächen, die im Überschwemmungsgebiet liegen, diente. Sollte eine Bebauung des Grundstückes nun erfolgen ist nicht nur der durch das neue Bauvorhaben verlorengehende Retentionsraum auszugleichen, sondern auch Ersatz für den damaligen Ausgleich zu schaffen.
Ergebnis: Aus wasserrechtlicher Sicht wird der Änderung des Bebauungsplanes nicht zugestimmt.

Bodenschutzrecht:
Aus bodenschutzrechtlicher Sicht besteht mit der Änderung des Bebauungsplanes Einverständnis.

Beschluss

Die Stellungnahme des Landratsamtes Main-Spessart vom  14.01.2020 wird wie folgt abgewogen: 

zu Städtebau/Bauleitplanung:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen.
Die geänderte Festsetzung zum Immissionsschutz wird unter Hinweise verschoben und der Bezug auf die TA Lärm wird hinsichtlich der DIN 18005 korrigiert.

zu Wasserrecht/Bodenschutz:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen.
Zu Kanal und Regenüberlauf
Sowohl die Gemeinde Himmelstadt als auch der Grundstückseigentümer sind sich über die Lage des zusätzlich zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks im Verhältnis zur Lage des Regenüberlaufbauwerks sowie der Abwasserkanäle auf Flurstück 5769 bewusst. 
Die Baugrenzen wurden so festgesetzt, dass die Unterhaltung und der Betrieb der Abwasseranlage hierdurch nicht beeinträchtigt werden.
Darüber hinaus wurden im Bebauungsplan entsprechenden Geh-, Fahr- und Leitungsrechte festgesetzt, um einen uneinge­schränkten Zugang durch die Gemeinde zu gewährleisten.
Durch die angedachte Auffüllung im Bereich der Baugrenzen ist eine Überflutung des Gebäudes durch verdünntes Abwasser aus dem Regenüberlauf bei Hochwasser oder Rückstau nicht zu erwarten.
Zu Überschwemmungsgebiet
Sowohl die Gemeinde Himmelstadt als auch der Grundstückseigentümer sind sich über die Lage des zusätzlich zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks im Überschwemmungsgebiet des Mains bewusst.
Vor diesem Hintergrund beinhaltet der Bebauungsplan Festsetzungen, die es erlauben, das Baugrundstück für Anwesen H8 aufzufüllen und somit hochwasserfrei herzustellen.
Es wurde eine hydraulische Berechnung zur geplanten Änderung des Bebauungsplans auf Grundlage des aktuellen Hochwassermodells für den Main durchgeführt, um die Konsequenzen einer Aufschüttung im Bereich des Baugrundstückes auf den Überschwemmungsbereich des Mains bei einem HQ100 zu ermitteln.
Ergebnis dieser hydraulischen Berechnung ist, dass die geplante Aufschüttung eines Teils des Grundstückes keine signifikanten Veränderungen der Überschwemmungsgrenzen im Untersuchungsbereich ergibt. Auch flächige Wasserspiegellageveränderungen größer/gleich +/- 1 cm konnten nicht nachgewiesen werden.
Durch die geplante Maßnahme ergibt sich im untersuchten Szenario mit einer Aufschüttung, die über die im Bebauungsplan zulässige Aufschüttung hinausgeht, ein Retentionsraumverlust von ca. 107 m³. Daher wird folgende Festsetzung auf den Bebauungsplan ergänzt: 
„Eine Bebauung im Geltungsbereich ist erst dann zulässig, wenn der durch die Bebauung entstehende Verlust an Retentionsraum für den Main ausgeglichen wurde. Eine Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 5 bzw. § 78a Abs. 2 WHG ist für Einzelbauvorhaben zu beantragen, sofern diese im Überschwemmungsbereich des Main liegen. Art und Umfang der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen sind mit den zuständigen Genehmigungsbehörden abzustimmen.“
Bezugnehmend auf § 1 Abs. 7 BauGB in Verbindung mit § 78 Abs. 3 BauGB kommt der Gemeinderat Himmelstadt zu folgenden Ergebnissen:
Bei der 1. Änderung des Bebauungsplans „Häuslesäcker“ handelt es sich um einen Bebauungsplan der Innenentwicklung. Durch die Änderung des Bebauungsplans soll ermöglicht werden, dass ein bislang brachliegendes bzw. für eine Abwasseranlage verwendetes Grundstück in Teilbereichen bebaut werden kann. Es handelt sich bei der Änderung des Bebauungsplans nicht um eine Neuausweisung. Vielmehr wird für eine innerhalb des Geltungsbereiches bestehende Parzelle ein zusätzliches Baurecht geschaffen.
Andere Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung werden derzeit durch die Gemeinde Himmelstadt geprüft. So ist u. a. die Ausweisung eines Wohngebietes in Hanglage und somit deutlich außerhalb des Überschwemmungsgebiets des Mains vorgesehen. Unabhängig hiervon möchte die Gemeinde Himmelstadt auch innerhalb der bestehenden Bebauung alle Möglichkeiten zur Nachverdichtung nutzen. So wurden bereits im Bereich des Friedhofs brachliegende Flächen einer Nachverdichtung zugeführt. Gleiches gilt für Einzelgrundstücke im Bereich der Bebauungspläne „Mausberg“. Im vorliegenden Fall soll einem einzelnen Bauwerber, der sich der Risikoexposition durch die Lage im Überschwemmungsgebiet bewusst ist, die Möglichkeit gegeben werden. im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Häuslesäcker“ ein Wohnhaus zu errichten.
Die Auswirkungen auf das festgesetzte Überschwemmungsgebiet wurden durch eine hydraulische Berechnung überprüft. Diese wird dem Bebauungsplan als Anlage beigefügt. Im Rahmen dieser hydraulischen Berechnung konnte nachgewiesen werden, dass sich keine flächigen Wasserspiegellageveränderungen größer/gleich +/- 1 cm ergeben. Auch ergeben sich keine signifikanten Veränderungen der Überschwemmungsgebietsgrenzen. Eine nachteilige Beeinflussung des Hochwasserabflusses oder eine Erhöhung des Wasserstandes sind somit nicht zu erwarten. 
Durch die gemäß Bebauungsplan zulässige Aufschüttung im Bereich des Änderungsbereiches sind eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit nicht zu erwarten. Der im Bereich der Baugrenze für Anwesen H8 im Bestand errechnete Wasserstand zeigt Fließtiefen von bis zu 1 m. Durch die Auffüllung im Bereich der Baugrenzen wird das Grundstück hochwasserfrei gehalten. Somit sind auch erhebliche Sachschäden nicht zu erwarten.
Da sich weder der Hochwasserabfluss noch die Höhe des Wasserstandes nachteilig verändern, ergibt sich auch keine Beeinträchtigung der Hochwasserrückhaltung oder des Hochwasserschutzes. Der Bebauungsplan wird um eine Festsetzung ergänzt, dass mit dem Bauvorhaben erst begonnen werden darf, wenn der durch das Einzelbauvorhaben entstehende Verlust von Retentionsraum an anderer Stelle ausgeglichen wird. Eine Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 5 bzw. § 78a Abs. 2 WHG ist für das Einzelbauvorhaben ist zu beantragen
Auch ergeben sich keine nachteiligen Auswirkungen auf Ober- oder Unterlieger.
Die Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB wird in der Begründung des Bebauungsplans ergänzt.
Durch die hydraulische Berechnung mit Überprüfung der Auswirkungen des Einzelbauvorhabens auf das Überschwemmungsgebiet wurde nachgewiesen, dass das Bauvorhaben keine negativen Auswirkungen auf das Überschwemmungsgebiet hat. Die entsprechenden Nachweise werden im Bebauungsplanverfahren beigefügt, sodass diese bereits im Rahmen des Bauleitverfahrens durch die Fachbehörden geprüft werden können.

Zu Ausgleichsfläche auf Fl.-Nr. 5769:
Seitens der Gemeinde Himmelstadt wurden die auf Fl.-Nr. 5769 der Gemarkung Himmelstadt als Ausgleich geplanten Auffüllungen bereits beseitigt. Somit wurde der wasserrechtlichen Genehmigung vom 18.06.1990 entsprochen.
Im Rahmen der hydraulischen Berechnung wurde, unter Berücksichtigung des aktuellen Bestandsgeländes, nachgewiesen, dass durch die rechnerische Auffüllung insgesamt Retentionsraum von 107 m³ verloren geht. Dieser Retentionsraumverlust bildet eine Worst case- Szenario ab, da eine vollständige Auffüllung des östlichen Bereiches von Fl.-Nr. 5769 simuliert wurde.
Abhängig vom durch das tatsächliche Bauvorhaben ausgelösten Retentionsraumverlust sind entsprechende Ausgleichsmaß­nahmen an anderer Stelle zu treffen. Dies wird durch eine ergänzende Festsetzung auf dem Bebauungsplan berücksichtigt.

Im Rahmen einer erneuten Auslage werden die relevanten Träger öffentlicher Belange und die Öffentlichkeit erneut am Bauleitverfahren beteiligt, um erneut zu der fortgeschriebenen Planung Stellung nehmen zu können.

Zu Bodenschutzrecht:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 0

Datenstand vom 25.01.2023 16:48 Uhr