Willensbekundung zu einem Regionalhalt im Zusamtal an der orangen Trasse


Daten angezeigt aus Sitzung:  072. Sitzung des Marktgemeinderates, 03.08.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Marktgemeinderat (Markt Zusmarshausen) 072. Sitzung des Marktgemeinderates 03.08.2023 ö 3.2

Beschluss

Der Marktgemeinderat unterstützt weiterhin die Resolution für den Ausbau der Bestandsstrecke für die Neubaustrecke Ulm-Augsburg. Sollte die Bestandsstrecke nicht zum Tragen kommen, gibt der MGR eine Willensbekundung für einen Schienenpersonennahverkehr (SPNV) - Haltepunkt im Zusamtal in Zusmarshausen an der sog. orangen Trassenvariante der geplanten Neubaustrecke Ulm-Augsburg der Deutschen Bahn zwischen der BAB A8 und dem Gewerbegebiet im Ortsteil Wollbach, Gemarkung Zusmarshausen ab, unter der Voraussetzung, dass die Gleise nicht mehr als 2 m über der BAB-Brücke der Zusam zum Liegen kommen.
 
Mit der Willensbekundung bringt der Marktgemeinderat seine Unterstützung eines Regionalhalts des Schienennahverkehrs zum Ausdruck und erklärt die grundsätzliche Bereitschaft der Marktgemeinde, sich konstruktiv in die Projektabstimmung einzubringen und die für den SPNV-Haltepunkt erforderlichen Umfeldmaßnahmen auf kommunaler Ebene umzusetzen. Bezüglich einer eventuellen finanziellen Beteiligung ist ein Beschluss zu einem späteren Zeitpunkt zu fassen, wenn die Höhe der möglichen Kosten bekannt ist.

Die Verwaltung wird beauftragt, die Willensbekundung der Bayerischen Eisenbahngesellschaft zu übermitteln und um die Einleitung eines Prüfungsverfahrens für einen Regionalhalt zu bitten.“

Abstimmungsergebnis
Dafür: 11, Dagegen: 2

Kurzbericht

Sachvortrag:

Bisheriger Verlauf, aktueller Sachstand:
Der Ausbau der Bahnstrecke beschäftigt die Region seit langem. Mit der letzten Auflage des Bundesverkehrswegeplanes war es bereits im Jahr 2015 sehr intensiv. 

Damals gelang es mit der Unterstützung unseres Bundestagsabgeordneten Hansjörg Durz, dass der Ausbau der Bestandsstrecke in den vordringlichen Bedarf aufgenommen wurde. Begleitend dazu unterzeichneten 13 Kommunen die Forderung, die Bestandsstrecke zu ertüchtigen.

Als dann 2020 die Trassenkorridore von der Projektgruppe der DB-Netze vorgestellt wurden, waren wir alle überrascht, dass vier Trassen ins Spiel gekommen sind.

Zwischenzeitlich gab es viele Diskussionen, Bürgerinitiativen, Info-Veranstaltungen usw.
Im Januar dieses Jahres informierte das Projektteam die Marktgemeinde über einen möglichen Regionalhalt in der Gemarkung Zusmarshausen. Hierfür sollen die Überholgleise genutzt werden, die alle 20 km notwendig sind und bislang in einer Senke im Wald zwischen dem OT Streitheim und dem Hauptort geplant waren.

Ein Bahnhof für Zusmarshausen war bereits vor ca. 2 ½ Jahren die Überschrift einer Pressemeldung wert. Damals, allerdings positioniert an der türkisen Linie auf freiem Felde zwischen Wörleschwang und Wollbach, kam diese Headline einer Zeitungsente oder eines Aprilscherzes gleich.

Zwischenzeitlich haben die detaillierten Planungen jedoch ergeben, dass es durchaus im Bereich des Möglichen sein könnte, dass an der sog. „Orangen Trasse“ ein regionaler Bahnhalt in der Gemarkung Zusmarshausen entsteht.

Davon sind wir aber momentan noch meilenweit entfernt. Es wird sich in den nächsten Monaten zeigen, inwieweit sich ein Schienenpersonennahverkehrs-Haltepunkt im Zusamtal tatsächlich realisieren lassen könnte.

Bislang blieb in den Pressemeldungen und Leserbriefen unerwähnt, dass der Platz für vier Gleise zwischen der A8 und dem Gebäude der Firma „ChefsCulinar“ nicht ausreicht. Dem Projekt müssten Teile des Firmengebäudes weichen, was einen erheblichen Einfluss auf den Betriebsablauf haben wird. Der komplette Bereich für „Obst und Gemüse“ muss an einen neuen Standort auf dem Grundstück verlegt werden, mit erheblichen Folgen für die Kommissionierung. 

Die Besprechungen mit den Verantwortlichen von „ChefsCulinar“ ergaben inzwischen, dass die Firma dem Projekt nicht im Wege stehen möchte und sich eine Beseitigung von Gebäudeteilen vorstellen kann. 

Damit möchte „ChefsCulinar“ auch signalisieren, dass sie mit der Region verbunden sind, zudem sehen sie durchaus Vorteile für die Rekrutierung von Beschäftigten, die ihren Arbeitsplatz mit dem Zug erreichen könnten.

Gleichzeitig legt das Unternehmen verständlicherweise großen Wert darauf, dass keine Nachteile durch den Regionalbahnhof entstehen. Vorallem wird darauf hingewiesen, dass nicht nur Gebäude beim Eingriff in das Firmengrundstück betroffen sind, sondern auch unterirdische Versorgungsleitungen, Löschwassertanks, Parkflächen usw.
Neben einem finanziellen Ausgleich benötigt das Unternehmen ein zusätzliches Grundstück mit einer Änderung des B-Planes, da immer mehr in die Höhe gebaut werden muss, um Flächen zu sparen.

Für die Marktgemeinde Zusmarshausen könnte ein Regionalhalt in Tieflage, der gerade mal 2 m über der Zusambrücke der BAB A8 verlaufen würde, zusätzliche Vorteile bringen, indem Immissionswerte überschaubar blieben und das 1,8 km lange Überholgleis nicht in einer Senke zwischen Zusmarshausen und dem OT Streitheim zum Liegen kommen würde, sondern die Strecke in einem Tunnel geführt werden könnte.

Natürlich darf der Regionalverkehr über die Bestandsstrecke durch einen Schienen-Halt in Zusmarshausen nicht geschwächt werden. Hierbei sollte berücksichtigt werden, dass eine Aktivierung der Staudenbahn zusätzliche Verkehre auf die Bestandstrecke bringen wird und dies evtl. dazu führen könnte, dass die Kapazität der Bestandsstrecke an die Grenzen kommt. Eine entsprechende Bitte ging aus der Nachbarkommune Dinkelscherben ein. Dieses Schreiben finden Sie in Ihren Sitzungsunterlagen. Dabei bittet der Markt Dinkelscherben um folgendes:


Das Schreiben der Nachbarkommune, das an die Projektgruppe, Herrn Baumann adressiert ist, nehmen wir wohlwollend zur Kenntnis, weisen aber darauf hin, dass für die Beurteilung die BEG zuständig wäre. Der Markt Dinkelscherben hat auch Landrat Martin Sailer sowie MdB Hansjörg Durz in den Schriftverkehr eingebunden.

Die Geschäftsführerin der BEG erklärte beim 6. Dialogforum im vergangenen Jahr sehr deutlich, dass für den Beginn des Prozesses eine Willensbekundung der Kommune und des Aufgabenträgers des ÖPNV gegenüber der BEG notwendig ist. Ohne Willensbekundung wird ein regionaler Bahnhalt für den Schienenpersonenverkehr in Bayern nicht entstehen.

Zwischenzeitlich hat das Dialogforum das Kriterium „Regionale Erschließung“ unter der Ziff. 2.2.2. in den Katalog zur Bestimmung der Vorzugstrasse aufgenommen. 


Weitere Vorgehensweise:
Der aktuelle Planungsstand der Projektgruppe wurde heute in der Sitzung vorgestellt. 

Sollte die heutige Abstimmung im MGR Zusmarshausen mehrheitlich für eine Willensbekundung erfolgen, werde ich für den Kreistag in den kommenden Wochen einen entsprechenden Antrag bei Landrat Martin Sailer einreichen. Er hat mir zugesagt, dass der Antrag in einer der nächsten Sitzungen des Kreistages behandelt wird. 

Dann wird der Nachweis der fahrplantechnischen Machbarkeit zu ermitteln sein, die Wirtschaftlichkeitsprüfung und die Prüfung der Integration ins ÖPNV-Angebot durch die BEG werden folgen.
Damit ist aber noch immer offen, wie der Haltepunkt des Schienenpersonennahverkehrs finanziert wird bzw. wie die Aufteilung zwischen Bund, Freistaat und Marktgemeinde erfolgen soll. Dies wird eine weitere Herausforderung sein.

Die Willensbekundung gegenüber der BEG steht heute in Zusmarshausen auf der TO zur Abstimmung im Marktgemeinderat. 

Bgm. Bernhard Uhl appelliert an die Mitglieder, sich mit einem möglichst klaren Votum für einen Haltepunkt an der orangen Trasse auszusprechen. 

Ein Beschlussvorschlag wurde mit der BEG abgestimmt und dem MGR am 31.07.2023 vorab zugesandt.

Je nach Ergebnis der Abstimmungen muss der MGR möglicherweise den Beschluss vom 03.02.2020, der in Neusäß gefasst wurde, neu überdenken.

Zum damaligen Zeitpunkt waren Sachverhalte, wie sie jetzt vorliegen, noch nicht bekannt. 
Unter den heutigen Gesichtspunkten muss der MGR die Sachlage neu beurteilen und bewerten.





Diskussionsverlauf:
Erster Bürgermeister Bernhard Uhl gibt folgende Stellungnahme ab:

„Als Bürgermeister appelliere ich an die Mitglieder des MGR, wohlüberlegt und mit Weitblick die heutige Abstimmung anzugehen. Es ist eine Entscheidung, die für Zusmarshausen und die ganze Region von großer Bedeutung sein wird. Es kann der Beginn eines Verfahrens sein, das am Ende zu einer fabelhaften Weiterentwicklung unserer Marktgemeinde führen kann. 

Ein Bahnhalt, bei dem man in knapp einer Viertelstunde am Hauptbahnhof der Metropole Augsburg sein kann, wird zwar untergeordnet auch eine Prestigeangelegenheit sein, aber vielmehr wird die Bedeutung unserer Marktgemeinde erheblich verbessert werden. 

Er wird weitreichende Folgen haben, die über hunderte von Jahren Bestand haben werden. 

Es werden sich neue Chancen für den Fortschritt in der gesamten Region des westlichen Landkreises ergeben. 

Ein Beschlussvorschlag wurde mit der BEG abgestimmt und dem MGR am 31.07.2023 bzw. die komplette Sitzungsvorlage gestern vorab zugesandt. 

Je nach Ergebnis der Abstimmungen muss der MGR möglicherweise den Beschluss vom 03.02.2020, der in Neusäß gefasst wurde, neu überdenken. Zum damaligen Zeitpunkt waren Sachverhalte, wie wir sie jetzt kennen und vorliegen, noch nicht bekannt. 

Unter den heutigen Gesichtspunkten muss der MGR die Sachlage neu beurteilen und bewerten. 

Um die bisherige Haltung nicht frühzeitig aufzugeben, wurde der Beschlussvorschlag mit dem Hinweis auf die Bestandsstrecke erweitert. Die BEG war gestern in einem zweiten Abstimmungsprozess damit einverstanden. 

Von einem Bahnhalt in Zusmarshausen sind wir tatsächlich zum aktuellen Zeitpunkt meilenweit entfernt. Alles, was bisher war, hat keinen Einfluss und hat nur Zeitungen und WhatsApp-Gruppen gefüllt. 

Aber gehen wir es heute an, den Startschuss zu geben.“ 
Zweiter Bürgermeister Walter Aumann weist darauf hin, dass heute eine wegweisende Entscheidung für Zusmarshausen getroffen wird. Das Thema ist sehr komplex und mit Emotionen beladen, so dass vermutlich nicht immer sachlich argumentiert wird. Er möchte seine Entscheidungskriterien ansprechen: 

In der Willensbekundung geht es darum, dass der Markt Zusmarshausen zum Ausdruck bringt, dass der Regionalhalt gewünscht wird, sofern die Autobahntrasse kommt. Der Markt Zusmarshausen weicht damit auch nicht davon ab, dass die Bestandsstrecke favorisiert wird. Es wird damit keine Entscheidung für eine Trassenvariante getroffen. Ein ganz wichtiger Punkt ist es, einen Mehrwert für die Region zu schaffen. Einen besseren Mehrwert, als den Bahnhalt gibt es nicht. Im Dialogforum war auffallend, dass es so gut wie keine Bürgerinitiative gibt, die den Markt Zusmarshausen nicht um diese Chance beneidet, die sich jetzt bietet. Abschließend möchte er klar machen, dass heute mit einem positiven Beschluss noch nichts gewonnen ist, jedoch mit einem negativen Beschluss alles verloren werden könnte. Es wird heute nicht über die orange Trasse abgestimmt, sondern über einen Regionalhalt. 

Aus der Mitte des Gremiums wird moniert, dass die Bevölkerung nicht genügend mit einbezogen wurde. Dazu teilt Erster Bürgermeister Bernhard Uhl mit, dass zum richtigen Zeitpunkt eine Veranstaltung zur Bürgerinformation abgehalten werden wird. 

Datenstand vom 25.09.2023 13:55 Uhr