Städtebauliche Steuerung der touristischen Beherbergungsnutzung (Beherbergungskonzept)


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 24.09.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 24.09.2019 ö beschliessend 5

Sachverhalt

Die Zahl der Gästeübernachtungen hat in Füssen in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Füssen ist nicht nur seitens der Übernachtungs- und Tagungsgäste ein begehrter (Übernachtungs-)Standort, sondern auch von Seiten der Beherbergungsbetriebe. Schließlich stehen zahlreiche aktuelle Entwicklungsprojekte in direktem Zusammenhang mit dieser Nachfrage. Nicht umsonst „schlagen“ immer wieder Anfragen von – zumeist niedrig klassifizierten – Hotelketten auf, die Grundstücke und/oder Immobilien für die Beherbergungsnutzung suchen. Ähnlich verhält es sich mit den bisher zumeist als Dauerwohnungen vermieten Immobilien. Immer wieder ist der Stadtrat bzw. der Bauausschuss mit Anträgen befasst, mit denen die Genehmigung für die Umnutzung von Dauerwohnungen in Ferienwohnungen oder einfach für touristische Beherbergungsnutzung beantragt wird. Ganz zu schweigen von der Vielzahl von bereits ohne die eigentlich notwendige baurechtliche Genehmigung vorgenommenen Umnutzungen.

Um auf die aktuellen und zukünftigen Entwicklungen zu reagieren, setzt die Stadt Füssen und dort insbesondere die Füssen Tourismus und Marketing AöR (FTM) im besonderen Maße auf „Qualitätstourismus.  Darüber hinaus schlägt die Verwaltung dem Stadtrat ein ganzes Bündel an Maßnahmen vor, um die (teilweise illegale) Vermietung von privaten Wohnraum zu Ferien-Unterkünften zu steuern und zu regeln. Folgende Maßnahmen werden dazu derzeit geprüft bzw. sind bereits in Vorbereitung:

  • Öffentlichkeitsarbeit über die Herausgabe eines Infoflyers zur Zulässigkeit von Umnutzung von privaten Wohnraum zu Ferien-Unterkünften (z.B. Ferienwohnungen, Gästezimmer usw.)
  • Erlass einer Zweckentfremdungssatzung (ähnlich wie Berchtesgaden, Schönau am Königsee ua.)
  • Maßvolle Erhöhung der Zweitwohnungssteuer (geplant für die Sitzung im Oktober 2019)
  • Erlass einer sog. Erhaltungssatzung (§ 172 BauGB)
  • Erlass eines Beherbergungskonzeptes als sog. „informelle Planung im Sinne des § 1 Abs. 6 BauGB“ und als sog. Steuerungsinstrument
  • darauf aufbauend städtebauliche Maßnahmen wie Änderung/Ergänzung bestehender Bebauungspläne nach § 30 BauGB bzw. Satzungen nach §§ 34 ff. BauGB, mit denen die Zulässigkeit von Ferien-Unterkünften bzw. die Umnutzung in solche „geregelt“ wird
       
Der Tourismus ist und bleibt ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für Füssen. Die angebotenen Beherbergungsleistungen dienen nicht nur dem Tourismus, sondern sind auch wichtiger unterstützender Standortfaktor für andere Wirtschaftszweige im Stadtgebiet, insbesondere auch für zahlreiche international agierende Unternehmen. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre haben allerdings dazu geführt, dass es zunehmend zu Nutzungskonkurrenzen zwischen den touristischen Funktionen und den übrigen Belangen der Stadtentwicklung, insbesondere der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum kommt. Die Erweiterungen des Beherbergungsmarktes finden teilräumlich konzentriert statt und Prognosen lassen sogar noch einen erheblichen Anstieg der Nachfrage und damit eine Verschärfung der Probleme erwarten.

Eine städtebauliche Steuerung zur Vermeidung von zukünftigen Fehlentwicklungen wird mehr denn je erforderlich werden. Eine solche vor allem auch deshalb, um im Falle der geplanten künftigen Bebauungsplan-Festsetzungen aber auch bei der Änderung der bestehenden Bauleitpläne die notwendige städtebauliche Rechtfertigung zu gewährleisten.

Dazu bietet sich das Instrument des sog. „Beherbergungskonzeptes“ als verbindliche informelle Planung und als städtebauliche Grundlage an (§ 1 Abs. 6 BauGB).

Der andauernde Aufschwung,  die angrenzenden Königsschlösser, die tolle Kombination aus Seen und Berge, die einzigartige Natur- und Landschaft sowie das tolle kulturelle Angebot haben Füssen in  den vergangenen Jahren nicht nur in den Fokus von Investoren großer Hotelketten gerückt; auch viele private Wohnungsbesitzer versuchen die sich bietenden Chancen durch Umnutzung von Privat-Wohnungen in Ferienunterkünfte zu nutzen. Wie bereits erwähnt, sind qualitative Angebotsausweitungen in Teilen durchaus auch erforderlich, um beispielsweise die zu erwartenden Nachfragezuwächse zu bewältigen. Erweiterungen des Angebots, die zu schnell und räumlich zu konzentriert erfolgen, stellen jedoch auch einen Risikofaktor dar, der ungewollte Marktanpassungen nach sich ziehen kann. Um erforderliche Anpassungen im Beherbergungsmarkt einzuleiten und gleichzeitig nicht gewollte Fehlentwicklungen zu vermeiden, ist aus Sicht der Verwaltung eine stärkere städtebauliche Steuerung, insbesondere vor der Dynamik der kommenden Jahre, dringend zu empfehlen.

Auch und gerade durch die zunehmende, teilweise nicht legale Vermietung von privatem Wohnraum als Ferienunterkunft, verschärft sich das Problem weiter. Die Anbieter dieser Beherbergungsformen orientieren sich stark an den touristischen Lagequalitäten, so dass die Angebote ebenfalls räumlich konzentriert parallel zu den Angeboten des Beherbergungssektors auftreten. Der Verlust von Wohnraum in einem ohnehin erheblich angespannten Wohnungsmarkt in Füssen sowie eine erhöhte Anzahl von Störungen im Wohnumfeld sind nur einige der Konsequenzen. Die geplante Zweckentfremdungsverbotssatzung kann aus Sicht der Verwaltung dieses Problem nur in Teilen lösen. Flankierende Maßnahmen in Form von Kontrollen und Bußgeldern aber auch der bauleitplanerische Ausschluss beziehungsweise die Begrenzung von Nutzungsmöglichkeiten in besonders belasteten Lagen sind ebenso zu prüfen, wie eine Erhöhung der Zweitwohnungssteuer.

Gerade der bauplanerische Ausschluss bzw. die Begrenzung der Nutzungsmöglichkeiten von Ferienunterkünften bedarf aber einer rechtssicheren Grundlage. Dem soll das angedachte Beherbergungskonzept Rechnung tragen. Es soll als Richtschnur für die weitere „Ansiedlungspolitik“ dienen und bietet einen stadtweiten einheitlichen Bewertungsrahmen für Beherbergungsstätten jeglicher Art. Nur durch eine anschließende Überführung in die Bauleitplanung entfaltet das Beherbergungskonzept dann letztlich auch eine verbindliche Wirkung außerhalb der Verwaltung.

Beschlussvorschlag

Der Stadt lehnt die Beschlussfassung über die Zweckentfremdungssatzung nach dem mitgelieferten Muster ab.

Die Verwaltung wird beauftragt, einen Workshop mit Stadtrat und Verwaltung zu organisieren um die Zweckentfremdungssatzung  zu erarbeiten. Das Konzept soll dann in der Stadtratssitzung am 29.10.2019 beraten werden.

Diskussionsverlauf

Zweiter Bürgermeister Schulte fragt, ob diese Angelegenheit nicht in einem kleinen Kreis beraten werden könne. Es sei so umfangreich. Der Kreis könnte aus jeweils 2 Personen einer Fraktion und  einem Rechtsanwalt bestehen.

Armin Angeringer verweist auf die letzte  Bauausschusssitzung. Es liegen Bauanträge vor.  Er berichtet weiter über die Folgen sollten diese Bauanträge heute nicht beraten werden.

Dr. Martin Metzger berichtet über die schizophrene  Haltung des Landratsamtes. Eine Lawine werde kommen, wenn nicht heute ein  Stopp   beschlossen werde.

Heinz Hipp und Ursula Lax halten die Vorgehensweise für problematisch .

Auch Dr. Anni Derday plädiert dafür  zuerst ein Beherbergungskonzept zu machen. Es könnte jetzt bei neuen Bauanträgen aufgenommen werden, dass keine Ferienwohnungen gewünscht sind.

Peter Hartl führt aus, dass ein Beherbergungskonzept Dach und Fundament ist. Hierfür sei es durchaus wünschenswert, dass sich der Stadtrat diesem wirklich komplexen Thema in einer eigenen Klausurtagung widme. Allerdings werden bis dahin die ein oder anderen Eigentümer versuchen, vollendete Tatsachen hinsichtlich der Ferienwohnungen zu schaffen.

Ilona Deckwerth möchte heute beschließen. Eine Satzung ist ja kein Werk, das nicht mehr  geändert werden könne.

Ilona Deckwerth stellt den Antrag zu Geschäftsordnung  auf Beschlussfassung über den Tagesordnungspunkt  jetzt 5.1. Zweckentfremdungssatzung.

Beschluss 1

Entsprechend dem Antrag beschließt der Stadtrat, heute über den Erlass der Zweckentfremdungssatzung zu beraten und  ggf. auc h zu entscheiden.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 8, Dagegen: 14

Abstimmungsbemerkung
Der Antrag ist damit abgelehnt!

Beschluss 2

Die Verwaltung wird beauftragt, einen Workshop mit Stadtrat und Verwaltung zu organisieren um die Zweckentfremdungssatzung und das Beherbergungskonzept zu erarbeiten. Das Konzept soll dann in der Stadtratssitzung am 29.10.2019 beraten werden.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 21, Dagegen: 1

Datenstand vom 18.10.2019 08:27 Uhr